LG Hamburg: Hat der abgemahnte Website-Betreiber sein Angebot noch auf weitere gleichartige Rechtsverstöße zu überprüfen?

veröffentlicht am 27. Oktober 2009

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtLG Hamburg, Urteil vom 16.05.2008, Az. 324 O 847/07
§§ 823, 1004 BGB; Art. 1, 2, 5 GG

Das LG Hamburg hat entschieden, dass der Betreiber einer Webseite, der bereits wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Vergangenheit abgemahnt wurde, nicht verpflichtet ist, von sich aus den damals abgemahnten Beitrag auf weitere Rechtsverletzungen zu überprüfen. Nach Ansicht des Gerichts könne der Betreiber nach erfolgter Abmahnung des Beitrags davon ausgehen, dass der Verletzte alle streitigen Punkte abgemahnt habe, nach Entfernung der streitigen Passage also keine weiteren Verstöße mehr vorlägen. Dass weitere Punkte nicht sogleich abgemahnt worden seien, dürfe der Betreiber als Einverständnis mit dem restlichen Text verstehen. Der Kläger hatte den Beklagten wegen seiner vollen Namensnennung in Zusammenhang mit einem von ihm begangenen Tötungsdelikt abgemahnt. Der Beklagte hatte auf diesen Beitrag in einer bekannten Online-Enzyklopädie von seiner Homepage aus verwiesen. Die Namensnennung war sodann aus dem Beitrag in der abgemahnten Passage entfernt worden, tauchte jedoch an anderer Stelle des Beitrags in anderem Zusammenhang nochmals auf.

Auf diese Passage bezog sich die zweite Abmahnung. Der Beklagte entfernte zwar den nunmehr streitgegenständlichen Abschnitt aus dem Bericht, verweigerte jedoch die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Das Gericht gab ihm hinsichtlich eines nicht vorhandenen Unterlassungsanspruchs des Klägers Recht. Es seien keine Prüfungspflichten verletzt worden bzw. der Beklagte sei auch durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt gewesen. Ein öffentliches Informationsinteresse bestand, da es sich bei dem Mordopfer um einen bekannten Schauspieler gehandelt habe. Die journalistische Sorgfalt sei auch gewahrt worden, da es sich erkennbar nicht um eine eigene Berichterstattung des Beklagten, sondern um Beiträge Dritter handelte, die mit Einträgen in Internetforen vergleichbar seien. Es habe keine Veranlassung für den Beklagten bestanden, den Artikel von sich aus vorab auf rechtliche Unbedenklichkeit zu prüfen. Offen gelassen hatte das Gericht, wie bei offenkundigen, persönlichkeitsrechtsverletzenden Passagen – wie z.B. der Wiederholung der zuerst abgemahnten Passage – zu entscheiden gewesen wäre, da diese Situation vorliegend nicht gegeben war.

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