LG Hamburg: Hinweispflicht für zusätzliche PayPal-Kosten

veröffentlicht am 27. August 2008

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtLG Hamburg, Urteil vom 29.11.2007, Az. 315 O 347/07
§§ 3, 4 Nr. 11, 5, 8 Abs. 2, Abs. 4 UWG, § 1 Abs. 1 PAngV

Das LG Hamburg hat entschieden, dass, soweit ein Onlinehändler die Kaufpreiszahlung per PayPal anbietet, er Verbraucher auch darauf hinweisen muss, dass und in welcher konkreten Höhe mit der Inanspruchnahme des Internetzahlsystems zusätzliche Kosten für einen Verbraucher ausgelöst werden. Geschieht dies nicht, werde der Verbraucher dadurch in die Irre geführt; hierin liege zugleich ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung (PAngV).

Landgericht Hamburg

Urteil

In dem Rechtsstreit

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 15, durch … für Recht:

I.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, – insbesondere über die Internetauktionsplattform – zum Abschluss von Fernabsatz­verträgen Artikel seines Sortiments zu bewerben und zum Verkauf anzubieten, ohne darüber aufzuklären, dass bei der Bezahlung der Ware durch den Kunden über das Internetzahlsystem für den Kunden weitere Gebühren anfallen, und ohne über die Höhe dieser Gebühren aufzuklären.

II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 17.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger verkauft als gewerblicher Computerhändler über die Internetauktionsplattform Computerhardware. Er setzt dabei monatlich ca. 250.000,00 EUR um und hat regelmäßig mehrere hundert Gegenstände gleichzeitig zur Auktion eingestellt

Der Beklagte ist beim Internetanktionshaus unter dem Benutzernamen als gewerblicher Händler zur Nutzung dieses Dienstes angemeldet. Er bietet dort Ware aus der Branche, in der auch der Kläger tätig ist, gegenüber Endverbrauchern an und bewirbt diese.

In den vergangenen Monaten hat der Beklagte über eine Vielzahl von Artikeln aus dem Bereich „Compurerhardware“ mit ganz erheblichem Warenumsatz angeboten. Seit seiner Anmeldung zur Nutzung im September 2005 hat er über 4.900 Bewertungen als Verkäufer erhalten.

In seinen Auktionen bietet der Beklagte als Zahlungsmethode das …-Bezahlsystem an (Anl. K 1 u 2).

Bei … – ein Unternehmen von … – handelt es sich um ein System, das dem Käufer die Online-Zahlung erleichtert. Der Kunde kann die Zahlung nach vorheriger Anmeldung online durchführen, indem er sich in sein Kundenkonto einloggt und die Zahlung dort durch Anklicken des Buttons „bestätigen“ an den Verkäufer anweist. Das Geld wird dem Verkäufer wie bei einer Online-Überweisung gutgeschrieben und ausgezahlt.

Der Vorzug dieser Bezahlmethode bei ist, dass die Gutschrift beim Verkäufer sofort nach Anklicken des Buttons „bestätigen“ erfolgt, der Käufer die Zahlung durch wenige Klicks anweisen kann und die Daten des Käufers (z.B. Kontonummer und Bankleitzahl) nicht an den Verkäufer weitergegeben werden; der Käufer erhält so seine Ware schneller, weil der Verkäufer die Zahlung früher als bei einer Überweisung verbuchen kann. Weiterhin ist der Käufer bis zu einem Betrag von 500,00 EUR gegen ausbleibende Lieferungen geschützt.

… erhebt für die Nutzung des Dienstes Gebühren, die sich abhängig von der Höhe des Kaufpreises staffeln (Gebührentabelle – Anl. K 3).

In seinem Angebot macht der Beklagte an keiner Stelle Angaben darüber; dass zu den in den Auktionstexten bereits angegebenen Kosten für Produkt und Versand für den Käufer weitere Kosten hinzukommen, wenn der Käufer mit … zahlt. Die ihm entstehenden Gebühren reicht der Beklagte jedoch in seinen Rechnungen an seine Kunden weiter (Anl. K 4 u. 5).

Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beklagte den kaufwilligen Verbraucher durch die Nichtangabe weiterer Preisbestandteile, die bei Bezahlung mit vom Kunden zu übernehmen seien, über die Zahlungsbedingungen, unter denen die Ware geliefert werde, täusche (irreführende Werbung i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Im Übrigen liege darin ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PAngV. Denn der Beklagte verschweige kaufinteressierten Verbrauchern weitere Preisbestandteile/Gebühren). Dadurch verschaffe sich der Beklagte gegenüber dem Kläger einen rechtswidrigen Wettbewerbsvorteil.

Der Kläger beantragt, – wie erkannt – .

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Kläger rügt die örtliche Zuständigkeit des LG Hamburg. Im Übrigen macht er geltend, die Bezahlmethode sei durchaus nicht einzigartig; andere Zahlungsmittel seien gleich schnell und stellten gleichwertige Sicherheitsvorkehrungen zur Verfügung. Auch die anderen Anbieter von Zahlsystemen erhöben Gebühren für ihre Tätigkeit. Schließlich werde der Klage der Einwand des Rechtsmissbrauchs i.S.v. § 8 Abs. 4 UWG entgegengehalten. Im Vordergrund des Klägers stehe das Kosteninteresse. Das ergebe sich aus der Vielzahl der wettbewerbsrechtlichen Verfahren, die der Kläger betreibe. Insbesondere bestehe das Kostenerzielungsinteresse in der Behinderung kleiner Wettbewerber wie des Beklagten. Der Kläger habe in den letzten 3 Jahren mindestens 50 Verfahren gleicher Art betrieben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien samt Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.
Die Zuständigkeit des LG Hamburg ergibt sich aus § 32 ZPO. Danach ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die unerlaubte Handlung begangen worden ist. Dabei ist für unlautere Wettbewerbshandlungen in elektronischen Medien anerkannt, dass der Begehungsort jeder Ort ist, an dem das Medium dritten Personen bestimmungsgemäß und nicht bloß zufällig zur Kenntnis gebracht wird (für alle Köhler/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 14 Rn. 12 m.w.N.). Da die Werbung des Beklagten auch in Hamburg abrufbar bzw. empfangbar ist, ist auch die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes begründet.

II.
Der Unterlassungsanspruch ist begründet.

Er findet seine rechtliche Grundlage ­unbeschadet weiterer Anspruchsgrundlagen in §§ 3, 5, 8 UWG – in §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 2 UWG, § 1 Abs. 1 PAngV.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat derjenige, der Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbietet von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile unabhängig von einer Rabattgewährung zu zahlen sind (Endpreise). Als sonstige Preisbestandteile sind einzurechnen – außer der Umsatzsteuer – auch alle sonstigen Preisbestandteile und Nebenkosten. Angebote zum Abschluss von Verträgen, die ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande kommen (Femabsatzverträge) müssen die Angabe enthalten, ob Versandkosten zusätzlich zum angegebenen Warenpreis anfallen. Das gilt gleichermaßen für solche Kosten, die aus der Zahlungsweise entstehen und die der Beklagte dem Käufer auferlegt. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass … seine Gebühren zunächst dem Verkäufer berechnet (vgl. Anl. K 3) und es durchaus nicht selbstverständlich ist, dass der Verkäufer die Kosten an den Käufer weitergibt. Der Beklagte hat ausweislich Anl. K 1 u. 2 auf die Zahlungsmethode über … verwiesen, die dadurch entstehenden Kosten jedoch nirgendwo angegeben. Wie sehr es im Interesse eines wirksamen Verbraucherschutzes notwendig ist, dass auch solche Kosten mit dem Angebot angegeben sind, zeigt sich im Streitfall daran, dass der Beklagte ausweislich der Rechnung vom 19.01.2007 (Anl. K 4) die …-Kosten verdeckt in die „Versandkosten 23,64 €“ eingegeben hat, so dass der Kunde nicht einmal beim Rechnungsempfang hat erkennen können, dass ihm hier die Kosten der Zahlungsweise auferlegt sind.

§ 1 Abs, 1PAngV ist dazu bestimmt, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln. Die Nichteinhaltung der Informationspflichten gern. § 1 Abs. 1 PAngV stellt deshalb ebenfalls einen Verstoß gegen § 4 Ziff. 11 UWG dar und ist mithin gem. § 8 Abs. 2 UWG zu unterlassen.

III.
Der Einwand des Rechtsmissbrauchs bleibt erfolglos.

Das Vorliegen eines Missbrauchs ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des einzelnen Falles zu beurteilen (BGH GRUR 2001, 354/355 – Verbandsklage gegen Vielfachabmahner). Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Motive verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (BGH GRUR 2000, 1089/1090 ­Missbräuchliche Mehrfachverfolgungen; BGH GRUR 2001, 82 – Neu in Bielefeld I; BGH GRUR 2001, 260/261 – Vielfachabmahner). Als typischen Beispielsfall nennt das Gesetz die Geltendmachurig eines Anspruchs, die vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Davon ist auszugehen, wenn sich die Abmahntätigkeit verselbständigt, d.h. in keinem vernünftigen Verhältnis zur eigentlichen Geschäftstätigkeit steht und bei objektiver Betrachtung an der Verfolgung bestimmter Wettbewerbsverstöße kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse außer dem Gebührenerziehmgsinteresse bestehen kann (BGH GRUR 2001, 260/261 – Vielfachabmahner; Harte/Henning, UWG, § 8 Rn. 316). Der Beklagte hat nicht hinreichend dafür vorgetragen, dass ein krasses Missverhältnis zwischen der geschäftlichen Tätigkeit des Klägers und der von ihm entfalteten Abmahntätigkeit besteht. Der Kläger hat vorgetragen, dass er monatlich ca. 250.000,00 EUR mit dem Verkauf von Computerhardware umsetzt und regelmäßig mehrere hundert Gegenstände gleichzeitig zur Auktion einstellt. Gemessen an dieser geschäftlichen Tätigkeit sind die von dem Beklagten vorgetragenen 50 Verfahren gleicher Art in den letzten 3 Jahren bei weitem nicht geeignet, den Anschein zu erwecken, ein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse des Antragstellers an der Rechtsverfolgung stehe weit im Hintergrund, die Ahmahntätigkeit habe sich verselbständigt. Es ist bei der Bewertung des Vorwurfs des Rechtsmissbrauchs im Übrigen zu berücksichtigen, dass Abmahntätigkeit systemimmanent und wettbewerbskonform ist. Denn die Einhaltung der für alle Wettbewerber geltenden Regeln, insbesondere der Regeln mit verbraucherschützerischen Inhalten wie die Preisangabenverordnung, wird nicht von Ordnungsbehörden überwacht; vielmehr sind es die Wettbewerber, die sich wechselseitig überwachen. Es ist im Wesentlichen die Abmahntätigkeit der Wettbewerber, die die Einhaltung der Regeln gewährleistet. Vor diesem Hintergrund liegen die Anforderungen, die an den erfolgreichen Einwand des Rechtsmissbrauchs zu stellen sind, hoch. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sind die von dem Beklagten vorgetragenen 50 Verfahren gleicher Art, die der Kläger in den letzten 3 Jahren geführt hat, bei weitem nicht gerechtfertigt, den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs zu rechtfertigen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

I