LG Köln: Rein reproduzierende Tatsachenberichte über Tätigkeiten eines Anwalts in Gerichtsprozessen sind zulässig / Dr. Damm und Partner

veröffentlicht am 28. Dezember 2010

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Köln, Urteil vom 13.10.2010, Az. 28 O 300/10 – unbekannt ob rechtskräftig
§§ 823; 1004 BGB

Das LG Köln hat entschieden, dass ein Rechtsanwalt wahre Tatsachenbehauptungen, die lediglich Vorgänge aus seiner Sozialsphäre benennen, grundsätzlich hinzunehmen hat, denn das Persönlichkeitsrecht verleihe seinem Träger keinen Anspruch darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es ihm genehm sei. Die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung werde bei der Mitteilung wahrer Tatsachen über die Sozialsphäre des Betroffenen regelmäßig erst überschritten, wo sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten lasse, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit stehe. Dies bedeute, dass Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden dürften, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen seien  (BGH ZUM 2009, 753 – spickmich.de). Eine derart schwerwiegende Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers war im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer jedoch nicht zu erkennen. Die wahrheitsgemäße Information, jemand sei in eine gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzung involviert, sei für sich genommen nicht ehrenrührig (BVerfG, GRUR 2008, 352). Über diese Information gehe aber die Auflistung nicht hinaus.


Landgericht Köln

Urteil

Die 28. Kammer für Zivilsachen hat … durch … für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer Veröffentlichung des Beklagten auf der von ihm betriebenen Internetseite www. … .de. Der Kläger wendet sich gegen eine auflistende Veröffentlichung des Beklagten im Zusammenhang mit zwischen den Parteien betriebenen Zivilprozessen. Er ist Rechtsanwalt in Berlin. Der Kläger und seine Kanzlei führten in den Jahren 2008 und 2009 zahlreiche gerichtliche Verfahren gegen den Beklagten. Der Beklagte veröffentlichte auf seiner Internetseite eine Auflistung aller gegen ihn im Zusammenhang mit seinen Veröffentlichungen von verschiedener Seite ergriffenen rechtlichen Schritte unter Zitierung der Aktenzeichen und Beschreibung eines Kurzinhalts. Für die vollständige Veröffentlichung wird auf die Anlage K2 (GA 13-19) verwiesen.

Das LG Berlin (Az.: 27 O 268/09) erließ am 17.03.2009 auf Antrag des Klägers eine einstweilige Verfügung dahingehend, dass es dem Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft verbot, den hier streitgegenständlichen Text in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder zur verbreiten und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder verbreiten zu lassen (GA 9ff.). Auf die auf Betreiben des Beklagten angeordnete Klageerhebung hat der Kläger die vorliegende Hauptsacheklage bei dem Landgericht Köln erhoben.

Der Kläger fühlt sich durch die Darstellung rechtswidrig in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er ist der Auffassung, es bestünde am Inhalt der Beschlüsse und überhaupt an dem Umstand, dass der Kläger bzw. seine Kanzlei wegen Rechtsverletzungen gerichtliche Schritte gegen den Beklagten eingeleitet hat, keinerlei öffentliches Interesse. Denn bei der Auflistung ginge es nicht um Berichterstattung über Gerichte in Pressesachen und die diesbezügliche berufliche Tätigkeit des Klägers, sondern im Hinblick auf ihn um massive Schmähungen, Eingriffe in die Privatsphäre, Urheberrechtsverstöße und unwahre Behauptungen über seine Person. Zudem sei es bei den aufgelisteten Verfahren in großen Teilen um Sachverhalte gegangen, die mit der konkreten beruflichen Rechtewahrnehmung durch den Kläger als Rechtsanwalt gerade nichts zu tun gehabt hätten, so bei der „Weihnachtsgeschichte“ und der Berichterstattung des Beklagten über den Vater des Klägers. Durch die geschehene Verkürzung der Verfahrensinhalte werde die Öffentlichkeit auch nicht informiert. Es ginge nur darum, den Kläger vorzuführen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bsi zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder zu verbreiten zu lassen:

a)
Zensurverfahren gegen Gerichtsberichtestatter

b)
„von den ca. 30 Einstweiligen Verfügungen sind – 5 Einstweilige Verfügungen zurückgewiesen worden (2x T, (…)) (…).

Es klagten und klagen lediglich einige Anwälte (…): drei Dutzend Mal die Kanzlei Dr. T (…) meist in eigener Sache

3 Sachen gingen für diese Kanzlei verloren.“

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, der Kläger missbrauche hier den „fliegenden Gerichtsstand“, nachdem das Landgericht Berlin ihm zuvor einmal sehr eindeutig mitgeteilt habe, dass anders als bei Erlass der einstweiligen Verfügung nach dem heutigen Kenntnisstand ein Unterlassungsanspruch nicht mehr gegeben sei.

Des Weiteren liege keine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, zumal sich die auswertende Berichterstattung nicht auf die streitgegenständliche Tabelle beschränkt habe. Die im Antrag genannten Auszüge müssten nämlich im Gesamtzusammenhang der „3-Jahresbilanz“ gesehen werden, in deren Zusammenhang die Auflistung stehe. Im Übrigen komme es nicht auf das öffentliche Interesse an der Berichterstattung an, da es Sache der Presse sei zu bewerten, ob etwas berichtenswert sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs aus §§ 823, 1004 BGB wegen unzulässiger Wortberichterstattung liegen nicht vor. Die – den Kläger allerdings identifizierende – Berichterstattung verletzt den Kläger nicht rechtswidrig in seinem Persönlichkeitsrecht.

Das Landgericht Köln ist örtlich gem. § 32 ZPO zuständig, da die Veröffentlichungen im Internet bestimmungsgemäß auch in Köln abgerufen werden konnten und – sinngemäß entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte (BGH GRUR 2010, 461 – The New York Times) – die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Internetveröffentlichung (auch) in Köln eintreten würde.

Dass der Kläger die dieser Hauptsache zugrunde liegende einstweilige Verfügung bei dem Landgericht Berlin beantragt hat, ändert nichts an der Zuständigkeit des Landgerichts Köln. Denn mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat der Gläubiger seine zulässige Wahl zwischen mehreren zuständigen Gerichten noch nicht getroffen. Er kann die Klage in der Hauptsache noch bei einem anderen dafür zuständigen Gericht erheben (Zöller-Vollkommer, ZPO, § 926 Rz.29 mit Verweis auf OLG Karlsruhe NJW 1973, 1509). Dass er dies tut – auch wenn er bestrebt ist durch den Wechsel des angerufenen Gerichts seine Erfolgschancen zu erhöhen – ist nicht rechtsmissbräuchlich, sondern nutzt lediglich die sich aus der Zivilprozessordnung ergebenden Wahlmöglichkeiten.

II.

Der Kläger ist aktivlegitimiert, da er in der streitgegenständlichen Veröffentlichung namentlich genannt wird. Der Beklagte ist passivlegitimiert, da er sich für die Internetseite www. … .de verantwortlich zeigt.

III.

Weder durch die Veröffentlichung der in lit. a des Antrags dargestellten Ausschnitte aus einer Auflistung von Gerichtsverfahren noch durch die Veröffentlichung der Zusammenfassung dieser Auflistung, insoweit sie Gegenstand des Antrags lit. b ist, greift der Beklagte rechtswidrig in die Rechte des Klägers ein.

1. Ausschnitte aus einer Auflistung von Gerichtsverfahren (lit. a)

Bei der Veröffentlichung der Auflistung von Gerichtsverfahren, soweit diese Gegenstand des Antrag zu lit. a ist, handelt es sich unstreitig um wahrheitsgemäße Tatsachenbehauptungen. Auch Tatsachenbehauptungen genießen den Schutz der Meinungsfreiheit, soweit sie geeignet sind, zur Meinungsbildung beizutragen (BVerfG, Urteil vom 08.06.2010, Az. 1 BvR 1745/06, EuGRZ 2010, 353; st.Rspr.). Das ist hier der Fall. Der Beklagte möchte mit der Auflistung zu einer Diskussion über die Rechtsprechung deutscher Gerichte in Pressesachen beitragen. Dazu sind die mitgeteilten Informationen zu Umfang und Art seiner Auseinandersetzungen aufgrund seiner Veröffentlichungen nicht ungeeignet. Insoweit ist auf die Entscheidung KG AfP 2009, 608, 610 zu verweisen, wo u.a. in Bezug auf seine Veröffentlichungen ausgeführt wird:

„Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner eine Internetseite betreibt, auf der er über die Rechtsprechung einzelner Gerichte in Pressesachen berichtet und hierbei auch das Wirken der in diesem Zusammenhang tätigen Rechtsanwälte beleuchtet. Damit übt der Antragsgegner öffentliche Kritik an der Rechtsprechung dieser Gerichte und der Tätigkeit dieser Anwälte. Dieses Bemühen des Antragsgegners um eine öffentliche Beschäftigung mit der Tätigkeit dieser Gerichte ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Ersichtlich nimmt der Antragsgegner hierbei für sich in Anspruch, sein Anliegen auch im öffentlichen Interesse und zur Einflussnahme auf die öffentliche Meinung zu verfolgen. Insoweit ist die vom Antragsgegner auf seiner Internetseite geführte öffentliche Darstellung und Diskussion der Rechtsprechung in Pressesachen im Grundsatz als adäquates Mittel für die Durchsetzung der eigenen Meinung in der geistigen Auseinandersetzung von Art. 5 Absatz 1 Satz 1 GG gedeckt (vgl. Senat, Beschluss vom 13.01.2009, Az. 9 W 178/08).“

Das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährt, sondern steht gemäß Art. 5 Abs. 2 GG insbesondere unter der Schranke der allgemeinen Gesetze, zu denen auch die hier zu beachtenden Vorschriften der §§ 823, 1004 BGB gehören. Daher war in eine Abwägung zwischen dem Grundrecht des Klägers auf Meinungsfreiheit und dem auf Seiten des Beklagten vor allem zu berücksichtigenden allgemeinem Persönlichkeitsrecht einzutreten.

Die veröffentlichten Vorgänge sind der Sozialsphäre des Klägers zuzuordnen. Die Sozialsphäre umfasst den jenseits des privaten liegenden Bereich der Person, der nach außen so in Erscheinung tritt, dass er grundsätzlich von jedem, jedenfalls aber auch von Menschen wahrgenommen werden kann, zu denen keine rein persönlichen Beziehungen bestehen (Wenzel-Burkhart Kap. 5, Rz. 65). Es handelt sich um einen Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht (BGH ZUM 2009, 753 – spickmich.de). Denn in öffentlichen Gerichtsverfahren tritt eine Person, die Partei desselben ist, jedenfalls im Rahmen der mündlichen Verhandlung und auch im Rahmen einer Endentscheidung des Gerichts derart nach außen in Erscheinung, dass sie auch von Dritten wahrgenommen werden kann, zu denen keine rein persönlichen Beziehungen bestehen. Soweit der Kläger als Rechtsanwalt an den fraglichen Gerichtsverfahren teilnahm, sind sie schon aus diesem Grund seiner Sozialsphäre zuzuordnen.

Wahre Tatsachenbehauptungen, die lediglich Vorgänge aus seiner Sozialsphäre benennen, müssen jedoch grundsätzlich hingenommen werden, denn das Persönlichkeitsrecht verleiht seinem Träger keinen Anspruch darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist (BVerfG, aaO). Die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung wird bei der Mitteilung wahrer Tatsachen über die Sozialsphäre des Betroffenen regelmäßig erst überschritten, wo sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten lässt, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (BVerfG, aaO). Dies bedeutet, dass Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden dürfen, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (BGH ZUM 2009, 753 – spickmich.de).

Eine derart schwerwiegende Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ist hier jedoch nicht zu erkennen. Die wahrheitsgemäße Information, jemand sei in eine gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzung involviert, ist für sich genommen nicht ehrenrührig (BVerfG, GRUR 2008, 352). Über diese Information geht aber die Auflistung nicht hinaus. Die in der Auflistung gegebenen Hinweise zum Gegenstand des Verfahrens sind so knapp, dass ihnen keine ehrenrührigen oder die Privatsphäre betreffenden Informationen zu entnehmen sind.

Auch ist eine Prangerwirkung nicht zu erkennen. Diese wird von der zivilgerichtlichen Rechtsprechung allerdings dann erwogen, wenn ein – nach Auffassung des Äußernden – beanstandungswürdiges Verhalten aus der Sozialsphäre einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wird und sich dies schwerwiegend auf Ansehen und Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirkt, was insbesondere dort in Betracht kommt, wo eine Einzelperson aus der Vielzahl derjenigen, die das vom Äußernden kritisierte Verhalten gezeigt haben, herausgehoben wird, um die Kritik des als negativ bewerteten Geschehens durch Personalisierung zu verdeutlichen. Dabei kann die Anprangerung dazu führen, dass die regelmäßig zulässige Äußerung einer wahren Tatsache aus der Sozialsphäre im Einzelfall mit Rücksicht auf die überwiegenden Persönlichkeitsbelange des Betroffenen zu untersagen ist (BVerfG GRUR 2010, 544). Diese Voraussetzungen sind bereits deshalb nicht anzunehmen, weil zum einen zahlreiche weitere Verfahren anderer Anwälte gegen den Beklagten ebenfalls aufgelistet werden – er also nicht aus einer Vielzahl von Personen herausgehoben wird – und andererseits nicht erkennbar ist, dass die Bekanntgabe dieser Verfahren zu einem schwerwiegenden Unwerturteil des Durchschnittspublikums oder wesentlicher Teile desselben nach sich ziehen könnte, wie es der Annahme einer Anprangerung vorausgesetzt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.02.2010, Az. 1 BvR 2477/08, Rz. 26). Der Umstand, dass jemand einen anderen aufgrund dessen Veröffentlichung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts zivilrechtlich auf Unterlassung in Anspruch nimmt, fällt nicht negativ auf den Kläger zurück. Immerhin ist durch die Gerichte in jedem Einzelfall eine nicht immer eindeutig ausfallende Abwägung zu treffen. Eine Anprangerung gerade des Klägers liegt in der Auflistung der Klageverfahren nicht.

2.

Zusammenfassung der Auflistung (lit. b des Antrags)

Auch die Zusammenfassung verletzt den Kläger nicht rechtswidrig in seinem Persönlichkeitsrecht. Bei der Veröffentlichung der Zusammenfassung der zuvor unter Ziff. 1 behandelten Auflistung von Gerichtsverfahren, soweit diese Gegenstand des Antrag zu lit. b ist, handelt es sich um wahrheitsgemäße Tatsachenbehauptungen, auch wenn diese zugleich Elemente einer Bewertung enthalten.

Bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um einen sogenannten offenen Tatbestand, d.h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Palandt-Sprau, BGB, § 823 Rn. 95 m.w.N.). Stehen sich als widerstreitende Interessen – wie vorliegend – die Meinungsfreiheit (Art. 5 I GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2, 1 GG) gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Tatsachen sind innere und äußere Vorgänge, die zumindest theoretisch dem Beweis zugänglich sind und sich damit als wahr oder unwahr feststellen lassen (BGH NJW 52, 660 – Constanze; 66, 296 – Höllenfeuer; AfP 1975, 804 – Brüning I). Unabdingbare Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung einer Äußerung ist die Ermittlung des Aussagegehalts. Dabei darf nicht isoliert auf den durch den Antrag herausgehobenen Text abgestellt werden. Vielmehr ist dieser im Zusammenhang mit dem gesamten Aussagetext zu deuten. Dabei ist auf den objektiven Sinn der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen Durchschnittslesers abzustellen (vgl. BGH NJW 1998, 3047). Die – wie die unter a) behandelte Auflistung – den Kläger in seiner Sozialsphäre betreffende Zusammenfassung ist ebenfalls nicht mit einer irgendwie gearteten unzulässigen Prangerwirkung verbunden.

Die Zusammenfassung stellt sich als Tatsachenbehauptung dar, da die Richtigkeit der Ergebnisse der Verfahren und der auf Klägerseite Beteiligten dem Beweis zugänglich ist. Dass daneben ein wertendes Element darin liegen mag, dass erwähnt wird „3 Sachen gingen für diese Kanzlei verloren“ nimmt der Äußerung im Gesamtzusammenhang nicht den Charakter einer Tatsachenbehauptung. Diese ist auch wahr, jedenfalls greift der Kläger ihren Wahrheitsgehalt nicht an.

Im Hinblick auf ihre Zulässigkeit gilt das oben unter Ziff. 1 Gesagte, da in den unter lit. b angegriffenen Äußerungen lediglich um die zahlenmäßige Zusammenfassung der Auflistung geht. Die Tatsachen sind ebenso der Sozialsphäre zuzuordnen und ihre Verbreitung greift ebenso wenig in das Persönlichkeitsrecht des Klägers ein, da keine Pragerwirkung erkennbar ist. Allein die Erwähnung, dass ein Verfahren verloren wurde, bleibt weit hinter den Voraussetzungen für die Annahme einer Schmähkritik zurück. Zudem hat ein Gewerbetreibender eine der Wahrheit entsprechende Kritik an seinen Leistungen aber grundsätzlich hinzunehmen. Bei der Annahme eines rechtswidrigen Eingriffs ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten, wenn eine gewerbliche Leistung durch eine wahre Berichterstattung betroffen ist. Nichts anderes kann für Leistungen der freien Berufe gelten (KG a.a.O.).

IV.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 15.000 EUR

I