LG Köln: Verlagsdruckerei darf gegen einstweilige Verfügung verstoßen, wenn unzumutbare Schäden drohen

veröffentlicht am 31. März 2010

LG Köln, Beschluss vom 08.03.2010, Az. 28 O 756/09
§ 890 ZPO

Das LG Köln hat entschieden, dass ein Antrag auf Verhängung eines Ordnungsmittels nicht gerechtfertigt ist, wenn die rechtsverletzende Handlung (Zeitschriftendruck unter Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes) im Zeitpunkt der Kenntnis von der einstweiligen Verfügung bereits so weit fortgeschritten ist, dass der Schuldnerin bei deren Abbruch ein unzumutbarer wirtschaftlicher Schaden droht. Der Schuldner sei nur innerhalb der Grenzen des Zumutbaren verpflichtet, alle ihm zu Gebote stehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um weitere Rechtsbeeinträchtigungen des Gläubigers auszuschließen.

Vorliegend sei der Schuldnerin ein Abbruch und Neubeginn des Druckes nicht zumutbar gewesen, so die Kammer. Zum Zeitpunkt der Gravur des Druckzylinders am 10.11.2009 ab 10:00 Uhr habe die Schuldnerin von der einstweiligen Verfügung noch keine Kenntnis gehabt. Die Zustellung sei erst im Laufe des späten Nachmittags des 11.11.2009 an ihren Prozessbevollmächtigten erfolgt. Ab diesem Zeitpunkt sei die Verbotsverfügung zu beachten gewesen. Da die Schuldnerin jedoch bis dato keine Kenntnis von der einstweiligen Verfügung gehabt habe, habe auch kein Anlass bestanden, besondere Vorkehrungen zu treffen, das Werk in Frankreich in der Nacht noch erreichen und den Druck stoppen zu können. Hierauf komme es letztendlich auch nicht an: Aufgrund der geschilderten Auslieferungsproblematik hätte mit einer neue Gravur des Druckzylinders die Auslieferung nicht mehr rechtzeitig und nur gegen Zusatzkosten erfolgen können. Denn aufgrund des französischen Feiertages hätte man wohl erst am 12.11.2009 mit der Gravur des Zylinders beginnen können, was alleine 9 bis 11 Stunden gedauert hätte und hätte hiernach noch einmal knapp einen 3/4 Tag drucken müssen, also nicht auf die bestehenden Auslieferungsmöglichkeiten zurückgreifen können.

Auch war es der Schuldnerin aufgrund der zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung am Morgen des 12.11.2009 schon gedruckten erheblichen Teilmenge von knapp 40.000 Zeitschriften nicht zuzumuten, diesen Wert zu vernichten und – inklusive eines neuen Druckzylinders – neu zu drucken.

Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Schuldnerin an der Auslieferung und dem Abverkauf der besagten Ausgabe könne bei der gebotenen Abwägung daher nicht dazu führen, die Untersagung der Bildnisverbreitung des Gläubigers im vorliegenden Verletzungsfall als vorrangig zu betrachten. Dies gerade deshalb, weil keine Unterlassung des Vertriebs der Zeitung angeordnet gewesen sei, sondern lediglich die Unterlassung mit der Werbung des Bildnisses des Gläubigers. Die Einhaltung dieser Untersagungsverfügung wäre der Schuldnerin vorliegend aber nur noch durch das Stoppen des Drucks und der Auslieferung der Zeitschrift sowie deren Neudruck und verspätete Auslieferung unter erheblichen finanziellen Konsequenzen möglich gewesen. Das sei ihr in diesem speziellen Einzelfall nicht zuzumuten gewesen.

Auf das Urteil hingewiesen hat die Kanzlei Prof. Schweizer.

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