LG München I: Die Gültigkeit eines Gutscheins für ein Aufbauseminar zum Punkteabbau im Verkehrszentralregister darf nicht auf 12 Monate befristet werden

veröffentlicht am 19. Oktober 2012

LG München I, Beschluss vom 22.03.2012, Az. 33 O 27257/11
§ 4 Nr 11 UWG, § 5a Abs 2 UWG, § 5a Abs 3 Nr 1 UWG, § 307 BGB

Das LG MÜnchen I hat entschieden, dass ein Verbraucher unangemessen benachteiligt wird, wenn ein Seminaranbieter die Gültigkeit eines Gutscheins für ein Aufbauseminar zum Punkteabbau im Flensburger Verkehrszentralregister mit den Worten „12 Monate gültig“ befristet, da diese Frist von der dreijährigen Regelverjährung der §§ 194 ff. BGB abweicht. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht München I

Urteil

1.
Die beklagte Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2.
Der Streitwert wird für die Zeit bis zum 24.01.2012 auf 15.000,00 € und für die Zeit ab 25.01.2012 auf 2.433,65 € festgesetzt.

Gründe

Die Beklagtenpartei hat der Erledigterklärung der Klagepartei nicht widersprochen, weshalb über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden war. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigterklärung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann. Danach waren die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, weil er aller Voraussicht nach unterlegen wäre:

1.
Der Kläger hat mit Klage vom 09.12.2011 gegen den Beklagten einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend gemacht und beantragt, diesem bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr handelnd Gutscheine für die Teilnahme an einem Aufbauseminar zum Punkteabbau im Flensburger Zentralregister anzubieten und/oder zu bewerben, ohne deutlich und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass eine Teilnahme an einem solchen Seminar nur einmal innerhalb von 5 Jahren möglich ist, und/oder gegenüber Verbrauchern auf der Plattform … den Verkauf von Gutscheinen gegen Zahlung eines Entgelts zu bewerben, wenn die Möglichkeit zur Einlösung eines Gutscheins befristet ist mit Hinweisen wie „12 Monate gültig“, jeweils wenn dies geschieht wie aus der auf Bl. 3 und 4 der Akte befindlichen Abbildung ersichtlich.

Darüber hinaus hat der Kläger beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 219,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

2.
Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, er sei ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, und als solcher aktivlegitimiert gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG. Der Beklagte betreibe eine Fahrschule und habe im Internet auf der Verkaufsplattform … unter … einen Gutschein für ein „Aufbauseminar ASP für Punktabbau in Flensburg“ angeboten (vgl. Internetausdruck, Anlage K 1). Ein Hinweis darauf, dass das genannte Aufbauseminar gemäß § 4 Abs. 4 StVG nur alle fünf Jahre besucht werden könne, finde sich jedoch weder in der Anzeigenwerbung selbst noch in den auf diese bezogenen Erläuterungen. Indessen heiße es im letzten Punkt unter der Überschrift „Konditionen“: „12 Monate gültig“. Aufgrund dieses Sachverhalts habe der Kläger den Beklagten vergeblich mit Schreiben vom 19.09.2011 abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert (vgl. Abmahnung, Anlage K 2). Diesem Sachvortrag des Klägers ist der Beklagte nicht entgegengetreten.

3.
Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche stehen dem Kläger gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 i.V.m. § 5a Abs. 2 und 3 Nr. 1 UWG bzw. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 307 BGB zu. Zum einen wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, in seiner Anzeigenwerbung über alle wesentlichen Merkmale der Dienstleistung Aufbauseminar ASP zu informieren (§ 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG), d.h., er hätte über alle Bedingungen informieren müssen, die für den Verbraucher von besonderem Interesse sein können, wozu auch ein Hinweis auf die Fünfjahresfrist des § 4 Abs. 4 S. 3 StVG gehört hätte.

Zum anderen sind gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB Bestimmungen in AGB unwirksam, die den Verbraucher entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, wozu auch die zeitliche Beschränkung der Inanspruchnahme der durch den Gutschein verkörperten Leistung auf 12 Monate gehört, da sie von der dreijährigen Regelverjährung der §§ 194 ff. BGB abweicht. Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

I