LG Offenburg: Kein Recht auf Gegendarstellung, wenn Redaktion nur Vermutungen anstellt / Berichtet von Dr. Damm und Partner

veröffentlicht am 14. Dezember 2010

LG Offenburg, Urteil vom 30.11.2010, Az. 2 O 414/10
§ 11 des Baden-Württembergischen Landespressegesetzes

Das LG Offenburg hat entschieden, dass ein Recht auf Gegendarstellung eines Prominenten bezüglich einer Presseveröffentlichung dann nicht besteht, wenn die Redaktion in ihrem Artikel lediglich Vermutungen angestellt hat. Eine Zeitschrift hatte über einen prominenten Moderator berichtet: Sicherlich war er auch zu Tränen gerührt, als er vom Schicksal sozial benachteiligter Kinder in seinem Wohnort Potsdam hörte. Der Verfügungskläger war der Auffassung, dass es ihm selbst obliege, die richtigen Motive für sein Handeln kund zu tun und Rührung im Übrigen kein Motiv für seine Spenden sei. Das Gericht lehnte den Anspruch auf Gegendarstellung ab. Der beanstandete Artikel beinhalte keine gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung, also weder die Behauptung, der Verfügungskläger habe tatsächlich geweint bzw. Anzeichen für Tränen und/oder Rührung erkennen lassen noch die Behauptung der inneren Tatsache, dass der Verfügungskläger aufgrund des Schicksals der Kinder entsprechende Gefühlsregungen entwickelt habe. Mit der Formulierung „sicherlich“ werde nach allgemeinem Sprachverständnis, ebenso wie „vermutlich“ oder „wahrscheinlich“ ausgedrückt, dass es sich nur um eine Annahme oder Vermutung des Verfassers handele. Das Gericht führt dazu aus:

„Der Begriff „sicherlich“ wird hier auch nicht nur als bloßes Stilmittel verwendet, sondern soll nach Auffassung des Gerichts gerade diese Einschränkung zum Ausdruck bringen. Bei der Vermutung, sicherlich sei der Verfügungskläger zu Tränen gerührt gewesen, handelt es sich auch nicht um die Wiedergabe eines Gerüchts. Weder dem Satz selbst noch dem Gesamtartikel lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass irgendjemand – außer dem Verfasser der Erstmitteilung – angenommen bzw. die Annahme geäußert habe, der Verfügungskläger sei tatsächlich zu Tränen gerührt gewesen. Der einzige Grund für diese Annahme des Verfassers der Erstmitteilung lässt sich den nachfolgenden Sätzen entnehmen, wonach der Verfügungskläger für ein Kinderhilfsprojekt gespendet habe. Daraus wird ersichtlich der Rückschluss gezogen, für diese nicht bestrittene Handlung könnten oder müssten normalerweise („auch“) emotionale Beweggründe mitursächlich gewesen sein, ohne dass dies als feststehend behauptet wird.

Auf das Urteil hingewiesen hat die Kanzlei Prof. Schweizer.

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