LG Stuttgart: Wer mit Eintrittskarten für ein „Champions League Finale“ wirbt, ohne nicht-personalisierte Eintrittskarten bereits zu besitzen oder zu deren Erwerb berechtigt zu sein, handelt wettbewerbswidrig / Ambush Marketing

veröffentlicht am 3. Juli 2012

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtLG Stuttgart, Urteil vom 19.1.2012, Az. 35 O 95/11 KfH
§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG

Das LG Stuttgart hat entschieden, dass ein Sportartikelhersteller nicht ohne Weiteres mit „VIP-Tickets für das Champions-League Finale 2012“ werben darf, soweit er nicht nachweisen kann, dass er diese bereits erworben hat oder zu einem Bezug von (hier erforderlichen) nicht-personalisierten Eintrittskarten berechtigt ist.  Zum Volltext der Entscheidung:


Landgericht Stuttgart

Urteil


1.
Die Verfügungsbeklagte hat es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je EUR 200,00 einen Tag Ordnungshaft oder sogleich Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollziehen am Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten, ab sofort zu unterlassen, im Rahmen einer geschäftlichen Handlung Eintrittskarten für Veranstaltungen der Verfügungsklägerin, insbesondere das Finale der UEFA Champions League, das für die Saison 2011/2012 am 19. Mai 2012 in München stattfinden wird, ohne Lizenz oder sonstige ausdrückliche vorherige schriftliche Zustimmung der Verfügungsklägerin zu Zwecken der Werbung, der Vermarktung, als Bonus, Werbegeschenk, Gewinn oder als Teil eines nicht autorisierten Hospitality- oder Reisepakets zu verwenden, insbesondere im Rahmen von Gewinnspielen unter dem Titel „Aspero Botschafter“, für die mit Anzeigen oder auf Webseiten wie nachfolgend beispielhaft wiedergegeben, geworben wird:


Aspero Botschafter

2.
Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Streitwert: 100.000,00 EUR

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin verlangt von der Verfügungsbeklagten Unterlassung von anlehnender Werbung durch Verwendung von Eintrittskarten für ihre Veranstaltung unter Beifügung ihrer geschützten Wortmarke.

Die Verfügungsklägerin ist der europäische Kontinentalverband des Fußballs, in dem sämtliche nationalen Dachverbände des Fußballsports in Europa Mitglied sind. Bei der Verfügungsbeklagten handelt es sich um einen Sportartikelhersteller.

Die Verfügungsklägerin veranstaltet neben der UEFA Fußball-Europameisterschaft auch europäische Wettbewerbe für die männlichen Fußballvereinsmannschaften, insbesondere die UEFA Champions League („UCL“). Teilnehmer sind im Wesentlichen die nationalen Meister der UEFA-Mitgliedsverbände. Das Finale des Wettbewerbs, der eine Saison andauert, wird in einem Spiel entschieden, das zu den publikumsträchtigsten Veranstaltungen der Welt zählt. Sowohl die Verfügungsklägerin als auch die UCL und insbesondere das Finale des Wettbewerbs genießen einen exzellenten Ruf und sind in sämtlichen Bevölkerungsschichten bekannt und beliebt. In der laufenden Saison 2011/2012 wird das Finale am 19. Mai 2012 in München ausgetragen.

Die Verfügungsklägerin genießt Markenschutz für die deutsche Wortmarke „Champions League“ (DE-39613757) und für die Gemeinschaftswortmarke „Champions League“ (GM-6280499).

Eintrittskarten für das Finale der UCL werden ausschließlich von der Verfügungsklägerin und dem national zuständigen Verband, in dieser Saison also vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) vertrieben. Damit soll eine möglichst breite Versorgung der Fans mit Eintrittskarten zu vertretbaren Preisen erzielt werden. Der Verkauf für das Finale der laufenden Saison wird im Frühjahr 2012 beginnen.

Der Weiterverkauf der Eintrittskarten ist regelmäßig nur in sehr beschränkten Einzelfällen zugelassen. Mit diesen Regelungen in den AGB soll zum einen der Aufkauf durch Kartenhändler verhindert werden und zum anderen der spätere Besucher aus Sicherheitsgründen namhaft gemacht werden.

Die Verfügungsklägerin finanziert den sportlichen Wettbewerb neben den Einnahmen durch den Verkauf der Eintrittskarten und der Vergabe der TV-Rechte vor allem auch durch die Vergabe von Werbe- und Sponsoringrechten sowie der Unterhaltung von weitläufigen Lizenzprogrammen. Die Sponsoren zahlen dabei an die Verfügungsklägerin dreistellige Millionenbeträge, um mit der Veranstaltung werben zu dürfen. Im Gegenzug muss die Verfügungsklägerin den Sponsoren exklusive Rechte zusichern. Gleichzeitig ist sie verpflichtet, diese exklusiven Rechte gegen Verletzung durch Dritte angemessen rechtlich zu schützen.

Die Verfügungsbeklagte veranstaltet unter dem Stichwort „Aspero Botschafter“ ein Gewinnspiel, das sie vor allem auf Ihrer Internetpräsenz bundesweit bewirbt. Teilnehmer an diesem Gewinnspiel können „2 VIP-Tickets für das Champions League Finale 2012, mit Flug, Taschengeld und 2 Übernachtungen im 5* Hotel in München“ gewinnen.

Die Verfügungsbeklagte wirbt mit diesem Gewinnspiel ausschließlich für Produkte ihres eigenen Unternehmens. Die Funktionsweise des Gewinnspiels ist folgende: Teilnehmer müssen Produkte der Verfügungsbeklagten besitzen, z.B. Aspero Fußballschuhe, und sich als „Aspero Botschafter“ registrieren. Die Teilnehmer erhalten dann Punkte für jede Aktivität, die sie für die Schuhe der Verfügungsbeklagten durchführen. Die Teilnehmer sollen die Aktivitäten u.a. als Beiträge auf der Internetpräsenz der Verfügungsbeklagten einstellen, z.B. durch Fotos, Videos oder Kommentare. Der „Aspero Botschafter“, der die meisten Punkte erzielt, erhält den ausgeschriebenen Gewinn, nämlich die Reise inklusive Eintrittskarten für das Finale der UCL am 19. Mai 2012 in München.

Die Verfügungsbeklagte ist kein offizieller Partner der Verfügungsklägerin. Sie hat von der Verfügungsklägerin keine Eintrittskarten erworben. Die Verfügungsklägerin hat der Verfügungsbeklagten auch nicht gestattet, mit der UEFA und insbesondere mit dem Finale der UCL am 19. Mai 2012 in irgendeiner Weise zu werben.

Die Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagte mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 29.11.2011 wegen unlauteren Wettbewerbs abgemahnt. Die Verfügungsbeklagte hat die geforderte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht abgegeben.

Die Verfügungsklägerin trägt vor, zwischen den Parteien liege ein konkretes Wettbewerbsverhältnis vor. Zum einen bewerbe und biete die Verfügungsbeklagte Eintrittskarten für das Finale der UCL an. Zum anderen beeinträchtige sie mit ihrer anlehnenden Werbung den Vertrieb der Sponsoren- und Lizenzrechte für die UCL. Denn die Verfügungsbeklagte versuche, den guten Ruf und die der UCL entgegengebrachte Aufmerksamkeit für ihre eigenen geschäftlichen Zwecke auszunutzen, ohne hierfür eine Vergütung in Gestalt einer Sponsoring- oder Lizenzgebühr zu zahlen.

Das streitgegenständliche Angebot der Verfügungsbeklagten verstoße gegen § 3 Absatz 3 Anhang Nr. 4 UWG, weil die Werbung der Verfügungsbeklagten gegenüber den angesprochenen Verbrauchern die unwahre Angabe der entsprechenden Genehmigung des Gewinnspiels durch die UEFA impliziere.

Zum Zweiten verstoße die Verfügungsbeklagte gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG, weil sie über die Verfügbarkeit des Gewinns täusche. Der Vorverkauf habe noch gar nicht begonnen. Darüber hinaus könne die Verfügungsbeklagte nach dessen Beginn allenfalls im Schwarzmarkt Karten erwerben, die jedoch ihre Gültigkeit verlieren würden.

Zum Dritten handele die Verfügungsbeklagte § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 UWG zuwider, weil sie durch ihre streitgegenständliche Werbung beim durchschnittlichen Verbraucher die Fehlvorstellung erwecke, sie sei Vertragspartner der UEFA in Bezug auf das Finale der UCL, weil eine derartige Werbung bekanntermaßen nur lizenzierten Vertragspartner der UEFA gestattet sei.

Zum Vierten behindere die Verfügungsbeklagte das Sponsorengeschäft der Verfügungsklägerin für ihre Wettbewerbe, insbesondere die UCL, durch die streitgegenständlichen Angebote im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG. Das Vorgehen der Verfügungsbeklagten entwerte die Sponsorenrechte der Verfügungsklägerin massiv und behindere sie somit in deren Geschäft, Sponsoringrechte gewinnbringend zu veräußern.

Schließlich stelle das Angebot der Verfügungsbeklagten eine unlautere Rufausbeutung im Sinne der Generalsklausel gemäß § 3 Abs. 1 UWG dar. Die Verfügungsbeklagte nutze den guten Ruf der UEFA und ihrer Veranstaltung, nämlich der UCL und insbesondere das Finale der UCL wirtschaftlich aus, in dem sie mit dem streitgegenständlichen Gewinnspiel auf Kosten der UEFA und den offiziellen Partnern der UEFA Werbung für die eigenen Produkte betreibe.

Die Verfügungsklägerin beantragt (Bl. 1/2 d.A.):

Die Verfügungsbeklagte wird im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, ab sofort zu unterlassen, im Rahmen einer geschäftlichen Handlung Eintrittskarten für Veranstaltungen der Verfügungsklägerin, insbesondere das Finale der UEFA Champions League, das für die Saison 2011/2012 am 19. Mai 2012 in München stattfinden wird, ohne Lizenz oder sonstige ausdrückliche vorherige schriftliche Zustimmung der Verfügungsklägerin zu Zwecken der Werbung, der Vermarktung, als Bonus, Werbegeschenk, Gewinn oder als Teil eines nicht autorisierten Hospitality- oder Reisepakets zu verwenden, insbesondere im Rahmen von Gewinnspielen unter dem Titel „Aspero Botschafter“, für die mit Anzeigen oder auf Webseiten wie nachfolgend beispielhaft wiedergegeben, geworben wird:

Aspero Botschafter

Die Verfügungsbeklagte beantragt (Bl. 29 d. A.): Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsbeklagte trägt vor, die Klage sei unzulässig, weil die Verfügungsklägerin ihren Antrag auf eine Reihe rechtlicher Gesichtspunkte stütze. Die Verfügungsklägerin habe es versäumt, sich auf eine bestimmte Verletzungsform festzulegen. Zudem habe die Verfügungsklägerin die Festlegung versäumt, in welchem Verhältnis bzw. in welcher Rangfolge die geltend gemachten Wettbewerbsverstöße zur Anwendung kommen sollen.

Zwischen den Parteien bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Die Parteien seien branchenfremd. Sie hätten weder ein ähnliches Leistungsangebot noch konkurrierten sie um dieselben Kundenkreise. Wettbewerblicher Zweck ihrer Werbung sei nicht der Absatz von Eintrittskarten, sondern der Absatz von Fußballschuhen. Es fehle daher an der für ein Mitbewerberverhältnis erforderlichen Wechselbeziehung zwischen Förderung des eigenen und Beeinträchtigung des fremden Wettbewerbs.

Die geltend gemachten Wettbewerbsverstöße lägen nicht vor. Es handele sich um ein übliches Gewinnspiel. Die UCL sei ohne Hervorhebung und rein beschreibend eingesetzt worden. Der durchschnittliche Verbraucher schließe hier nicht auf eine geschäftliche Verbindung zwischen den Parteien. Die Auslieferung des Gewinns könne sie gewährleisten. Die erforderlichen Karten würden ihr nach Beginn des Vorverkaufs zuverlässig überlassen werden.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.
Der Antrag der Verfügungsklägerin ist zulässig.

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist der Antrag der Verfügungsklägerin hinreichend bestimmt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH GRUR 2011, 521 Rn. 3- TÜV I). Geht der Kläger beispielsweise aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt (BGH aaO).

Im Streitfall liegt danach nur ein Streitgegenstand vor. Die Verfügungsklägerin hat den von ihr geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf eine konkrete Verletzungshandlung der Verfügungsbeklagten, nämlich die Verwendung von Eintrittskarten für Veranstaltungen der Verfügungsklägerin zu Zwecken der Werbung, insbesondere im Rahmen von Glücksspielen auf der im Urteilstenor wiedergegebenen Internetpräsenz, gestützt. Nach ihrer Ansicht ist die Werbung auf der Internetpräsenz allerdings in mehrfacher Hinsicht zur Irreführung eines Teils der Adressaten geeignet: Aufgrund der Gesamtaufmachung der Darstellung im Internet könnten diese zu Unrecht davon ausgehen, die UEFA habe das Gewinnspiel der Verfügungsbeklagten genehmigt. Darüber hinaus werde die Fehlvorstellung geweckt, dass die Verfügungsbeklagte über die entsprechenden Karten verfüge. Schließlich werde die irrige Annahme hervorgerufen, die Verfügungsbeklagte sei Partnerin der UEFA und des Finales der UCL, weil eine derartige Werbung bekanntermaßen nur lizenzierten Vertragspartner der UEFA gestattet sei. Neben der Irreführung der Adressaten beeinträchtige die Verfügungsbeklagte das Sponsoringgeschäft der Verfügungsklägerin und beute darüber hinaus den guten Ruf der Verfügungsklägerin und ihrer Veranstaltungen zum Zwecke der Bewerbung ihrer Produkte aus.

Auch wenn die Verfügungsklägerin die Darstellung auf der Internetpräsenz der Verfügungsbeklagten unter mehreren unterschiedlichen tatsächlichen Gesichtspunkten als irreführend beanstandet hat, hat sie damit nicht mehrere Streitgegenstände in den Rechtsstreit eingeführt. Die Verfügungsklägerin hat ihr Unterlassungsbegehren – wie zuvor dargelegt – auf eine konkrete Verletzungshandlung gestützt. Sie hat nur einen einzigen Lebenssachverhalt zur Begründung ihres Unterlassungsbegehrens vorgetragen und damit auch nur einen Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt. Dass der vorgetragene Lebenssachverhalt zugleich die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen erfüllt, ist für die Frage, ob nur ein Streitgegenstand vorliegt oder mehrere Streitgegenstände gegeben sind, nicht maßgeblich, da die rechtliche Würdigung der beanstandeten konkreten Verletzungshandlung Sache des Gerichts ist (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 – I ZR 157/10 -).

II.
Der Antrag der Verfügungsklägerin ist auch begründet.

1.
Der Verfügungsklägerin steht gegen die Verfügungsbeklagte ein Anspruch auf Unterlassung der im Urteilstenor bezeichneten Handlungen zu.

a)
Zwischen den Parteien besteht ein Wettbewerbsverhältnis.

Grundsätzlich sind im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes an das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 keine hohen Anforderungen zu stellen (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 2 Rdnr. 95).

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist unerheblich, dass die Beteiligten unterschiedlichen Branchen angehören (Köhler/Bornkamm, § 2 Rdnr. 96a). Es kann auch dahingestellt bleiben, dass weder ein zumindest teilweise identisches Leistungsangebot besteht noch die Parteien um die gleichen Kundenkreise konkurrieren. Maßgeblich und genügend ist vielmehr, dass die Verfügungsbeklagte mit ihrer Handlungsweise in Konkurrenz um einen wirtschaftlich ausnutzbaren Ruf der Verfügungsklägerin tritt (BGHZ 126, Seite 208 mwN). Dass die Klägerin bzw. die von ihr veranstaltete UCL, insbesondere deren Finale, einen herausragenden wirtschaftlichen Ruf haben, ist zwischen den Parteien unstreitig.

b)
Die behaupteten Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb liegen teilweise vor.

aa)
Das Angebot der Verfügungsbeklagten verstößt allerdings nicht gegen § 3 Abs. 3 Anhang Nr. 4 UWG.

Gemäß § 3 Abs. 3 Anhang Nr. 4 UWG (sogenannte Black List) ist die unwahre Angabe unzulässig, ein Unternehmer, eine von ihm vorgenommene geschäftliche Handlung oder eine Ware oder Dienstleistung sei von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt, gebilligt oder sonst genehmigt worden.

Die Angabe, eine Werbung sei vom Veranstalter des Großereignisses genehmigt, führt zu einer besonderen Wertschätzung der Werbung und des werbenden Unternehmens. Damit erfasst der Anwendungsbereich der Nr. 4 grundsätzlich auch Werbemaßnahmen.

Die Black List enthält jedoch eine abschließende Aufzählung von Geschäftspraktiken, die im Verhältnis zum Verbraucher ohne Wertungsmöglichkeiten und unabhängig von der Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG stets unlauter sind. Die Black List ist damit ein scharfes Schwert zur Verhinderung unerwünschter Verhaltensweisen. Dies bedingt aber eine restriktive Anwendung der genannten Tatbestände. Eine Ausdehnung auf nicht explizit genannte Geschäftspraktiken muss unterbleiben (Körber/Mann, GRUR 2008, Seite 737).

Ausgehend von diesen Erwägungen kann nur dann ein Fall der Nr. 4 vorliegen, wenn die Werbung die überprüfbare Angabe enthält, sie sei vom Veranstalter genehmigt. Die Verwendung offizieller Kennzeichen und Symbole allein genügt dafür nicht, da darin nicht zugleich die Erklärung liegt, zu deren Verwendung berechtigt zu sein. Die Werbung mit geschützten Kennzeichen oder Symbolen enthält nicht zugleich auch die Angabe „ich darf das“, sondern schlicht „ich mache das“. Dem steht es nicht entgegen, dass die Betrachter die offiziellen Symbole oftmals mit dem Veranstalter des Großereignisses in Verbindung bringen, denn diese Verbindung besagt noch nicht, dass der Veranstalter diese Werbung auch genehmigt hat. Falls bei dem Verbraucher ein entsprechender Eindruck entsteht, so wäre dies unerheblich, denn sonst würden die Begehungsformen des Erweckens eines Eindrucks und die der unwahren Angabe – entgegen des ausdrücklichen Wortlauts – einander angenähert bzw. vermischt. Dieses Vorgehen wäre mit einer restriktiven Auslegung und Anwendung der Black List nicht vereinbar (Körber/Mann aaO).

Das Angebot der Verfügungsbeklagten enthält jedoch gerade nicht die ausdrückliche Angabe, dass das Gewinnspiel von der Verfügungsklägerin genehmigt sei.

bb)
Das Angebot der Verfügungsbeklagten verstößt auch nicht gegen § 4 Nr. 10 UWG.

Danach handelt unlauter, wer gezielt einen Mitbewerber behindert.

Eine gezielte Behinderung i.S. von § UWG § 4 Nr. 10 UWG kann sich auch gegen den Veranstalter des Großereignisses, der die Sponsorenrechte vergibt, richten. Es ist jedoch erforderlich, dass die Behinderung „gezielt“ erfolgt und über den eigenen wirtschaftlichen Erfolg gestellt wird. Diese Voraussetzungen liegen bei der anlehnenden Werbung nicht vor. Die anlehnende Werbung erfüllt für sich genommen nicht den Tatbestand der gezielten Behinderung des Veranstalters und der Sponsoren. Durch die anlehnende Werbung soll die Aufmerksamkeit, die dem Großereignis entgegengebracht wird, auf die Produkte des Werbenden gelenkt werden, um dessen wirtschaftlichen Erfolg zu steigern. Dies impliziert noch keine gezielte Behinderung (Körber/Mann aaO mwN).

Eine gezielte Behinderung käme dann in Betracht, wenn die Werbemaßnahme des Werbenden einen konkreten Bezug zu einem Konkurrenten aufweist, der Sponsor des Ereignisses ist. Dies trifft im vorliegenden Fall aber nicht zu.

cc)
Das Angebot der Verfügungsbeklagten verstößt jedoch gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.

Danach handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über bestimmte Umstände wie zum Beispiel die Verfügbarkeit der Ware oder Dienstleistung enthält.

Die Verfügungsbeklagte handelt unlauter, weil sie über die Verfügbarkeit des Gewinns täuscht.

Zwar trifft die Verfügungsklägerin die Darlegungs- und Beweislast für ihre entsprechende Behauptung. Die Verfügungsklägerin hat jedoch dargelegt, dass der Vorverkauf noch gar nicht begonnen habe und somit die Verfügungsbeklagte noch gar keine Karten in den Händen halten könne. Auf offiziellem Wege könne die Verfügungsbeklagte mangels ihrer Eigenschaft als Sponsor bzw. Lizenznehmer keine Karten zur Verwendung in dem von ihr veranstaltetem Gewinnspiel erhalten. Selbst wenn sich die Verfügungsbeklagte auf dem Schwarzmarkt mit Karten eindecke, könne sie den Teilnehmern des Gewinnspiels keine gültigen Eintrittskarten zuteilen. Die Karten seien bis auf wenige Ausnahmen personalisiert und verlören deshalb im Falle der Weiterveräußerung ihre Gültigkeit, so dass keine Zugangsberechtigung zum Stadion mehr bestehe. Diese Darlegung hat die Verfügungsbeklagte nicht bestritten.

Der Verfügungsklägerin kommt daher eine entsprechende Darlegungs- und Beweiserleichterung zugute, weil es um Aufklärung von Tatsachen geht, die in den Verantwortungsbereich der Verfügungsbeklagten fallen. Nach Treu und Glauben muss die Verfügungsbeklagte die erforderliche Aufklärung leisten, die ihr in diesem Fall auch zuzumuten ist.

Die Verfügungsbeklagte hat hierzu behauptet, sie habe von einem autorisierten Kartenverkäufer eine Zusage über den Verkauf von VIP-Karten aus dem UEFA Gold-Package, die nicht personalisiert seien.

Die Verfügungsbeklagte hat den erforderlichen Nachweis nicht erbracht. Die Verfügungsbeklagte hat hierzu im Termin zur mündlichen Verhandlung ein an ihren Verfahrensbevollmächtigten adressiertes Schriftstück vom 09.01.2012 zu den Akten übergeben mit der Behauptung, es handele sich hier um die Bestätigung des autorisierten Kartenverkäufers über die Vermittlung der Eintrittskarten an die Verfügungsbeklagte. Zwar genügt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO). Es handelt sich bei dem Schriftstück jedoch nicht um ein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung. Dem Schriftstück fehlt die Urkundenqualität, weil der Aussteller aus dem Schriftstück nicht hervorgeht. Die Verfügungsbeklagte hat nach der Darstellung ihres Verfahrensbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung den Aussteller absichtlich unterdrückt, um seine Identität nicht preisgeben zu müssen. Die anwaltliche Versicherung des Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten im Termin, es handele sich um eine Bestätigung des autorisierten Kartenverkäufers, genügt ebenfalls nicht. Zwar ist eine anwaltliche Versicherung grundsätzlich als Mittel der Glaubhaftmachung geeignet. Die Verfügungsbeklagte kann jedoch ihre Pflicht zur vollständigen Vorlage der Urkunde vom 09.01.2012 (§ 420 ZPO) nicht durch eine anwaltliche Versicherung ihres Verfahrensbevollmächtigten umgehen. Im Übrigen hat die Verfügungsbeklagte ihre Behauptung durch die Angaben ihres Verfahrensbevollmächtigten auch nicht glaubhaft gemacht. Er hat nicht angegeben, wer Aussteller des Schriftstücks vom 09.01.2012 ist, so dass weder für das Gericht noch für die Verfügungsklägerin nachprüfbar ist, ob die Bestätigung den Schluss zulässt, dass die Verfügungsbeklagte über die erforderlichen Karten wird verfügen können.

dd)
Das Angebot der Verfügungsbeklagten verstößt auch gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 UWG.

Danach ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Aussagen oder Symbole enthält, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen.

Für das Vorliegen unwahrer oder zur Täuschung geeigneter Angaben genügt es, dass ein unzutreffender Eindruck erweckt wird. Dies folgt aus der in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 UWG zur Umsetzung gelangten Regelung in Art. 6 Abs. 1 UCP-Richtlinie (Richtlinie 2005/29 EG). Die Irreführung muss sich auf die Sponsorenstellung beziehen.

Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Verletzer durch die Verwendung offizieller Symbole oder Slogans nur den Eindruck einer Sponsorenstellung erweckt. Die erfassten Slogans und Symbole müssen so bekannt sein, dass der Verbraucher sie mit dem Sponsoring der Veranstaltung in Verbindung bringt. Die Verwendung ist irreführend, wenn das werbende Unternehmen nicht als Sponsor dazu berechtigt ist.

Die Werbung der Verfügungsbeklagten erweckt beim Durchschnittsverbraucher die Fehlvorstellung, diese sei Vertragspartner der UEFA in Bezug auf das Finale der UCL. Denn die Ausnutzung der Veranstaltungen der UEFA ist nur lizenzierten Vertragspartnern der UEFA gestattet. Dies weiß der Durchschnittsverbraucher, dem die UEFA, die von ihr veranstaltete UCL, insbesondere das Finale, bestens bekannt sind. Seine Fehlvorstellung beruht darauf, dass die Verfügungsbeklagte VIP-Eintrittskarten für das Finale der UCL als Hauptgewinn eines Gewinnspiels unter Verwendung des Begriffs Champions League zu einem Zeitpunkt ausschreibt, in dem der Vorverkauf der Eintrittskarten noch gar nicht begonnen hat und ohnehin gültige Karten nur von der UEFA oder vom DFB erworben werden können. Der Verfügungsbeklagten ist dies bewusst.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass hier das Verwenden von Eintrittskarten für eine Veranstaltung der Verfügungsklägerin verboten wird, werden auch Freihaltebedürfnisse aus dem Bereich des Markenschutzes nicht berührt.

Die Irreführung muss darüber hinaus geeignet sein, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Zwar muss die Verfügungsklägerin die tatsächlichen Voraussetzungen für diese wesentliche Beeinflussung nachweisen. Zugunsten der Verfügungsklägerin spricht jedoch der Beweis des ersten Anscheins. Der Verfahrensbevollmächtigte der Verfügungsklägerin hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Sponsorenpakete, die ein jeder Sponsor zu erwerben hat, mindestens im mittleren zweistelligen Millionen-Bereich liegen. Kein wirtschaftlich vernünftig handelndes Unternehmen wäre bereit, derartige Beträge einzusetzen, wenn sich keine entsprechenden wirtschaftlichen Vorteile beim Absatz ihrer Produkte an die Verbraucher einstellen würden.

ee)
Das Angebot der Verfügungsbeklagten verstößt schließlich auch gegen die Generalklausel gemäß § 3 Abs. 1 UWG.

Danach sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

Mit ihrem Gewinnspiel und der dazugehörigen Werbung lehnt sich die Verfügungsbeklagte an die Verfügungsklägerin, die von ihr veranstaltete UCL und deren Finale an und beutet deren Ruf in unlauterer Weise aus.

Die Verfügungsbeklagte, die UCL und deren Finale weisen gerichtsbekannt einen hohen Bekanntheitsgrad auf. Die Verbreitung in den Medien, insbesondere durch Übertragungen im Fernsehen, hat zu einem hohen Prestigewert geführt. Diesen Ruf kann die Verfügungsklägerin auf dem Markt in beachtlichem Ausmaß insbesondere durch Lizenzvergabe und Sponsoring wirtschaftlich verwerten. Die Verfügungsklägerin hat dies im einzelnen vorgetragen. Die Verfügungsbeklagte hat dies nicht bestritten.

Die Rufausbeutung setzt zwar im Regelfall voraus, dass die Qualität der eigenen Ware mit der – entsprechend angesehenen – anderen Ware in Beziehung gesetzt wird, um letztere als Vorspann für den eigenen Absatz zu nutzen. Jedoch braucht dies nicht notwendigerweise in jedem Falle so zu sein. Vielmehr kann eine Ausbeutung fremden Rufs auch dann anzunehmen sein, wenn letzterer aus anderen Gründen als denen einer direkten Übertragung von Qualitätsvorstellungen eine wichtige Voraussetzung des Absatzes einer bestimmten Ware ist (BGH NJW-RR 1994, Seite 1323).

Für die Anlehnung genügt es danach, dass die Verfügungsbeklagte ihre Produkte mit einem Gewinnspiel vertreibt, in dem wiederum der Hauptgewinn ein Produkt der Verfügungsklägerin, nämlich Eintrittskarten für das von dieser veranstaltete Finale der UCL ist, wobei die Verfügungsbeklagte die geschützte Wortmarke „Champions League“ verwendet. Der gute Ruf der Verfügungsklägerin und ihrer Veranstaltungen wird von der Verfügungsbeklagten dergestalt ausgebeutet, dass der Verbraucher diesen guten Ruf auf die Produkte der Verfügungsbeklagten überträgt und somit deren Absatz gefördert wird.

Die von der Verfügungsbeklagten betriebene Ausnutzung diese guten Rufs ist anstößig, weil die Beziehung zwischen der Verfügungsklägerin, der UCL und deren Finale nur deshalb hergestellt wird, um von diesem guten Ruf zu profitieren. Es sind bei vernünftiger Betrachtungsweise keine anderen Gründe für das Verhalten der Verfügungsbeklagten erkennbar. Die Verfügungsbeklagte hängt sich mit ihren Handlungen absichtlich an den guten Ruf der Verfügungsklägerin und ihrer Veranstaltungen zum Zwecke der Förderung des Absatzes der eigenen Produkte an, ohne den hinter dem guten Ruf stehenden wirtschaftlichen Wert zu vergüten, der der Verfügungsbeklagten angesichts des gängigen Sponsorings und der Vergabe von Lizenzrechten bestens bekannt ist.

Eine spürbare Beeinträchtigung der Interessen der Verfügungsklägerin ist gegeben.

Dazu ist kein bestimmtes Ausmaß der Beeinträchtigung erforderlich. Spürbar ist die Beeinträchtigung schon, wenn sie nicht bloß theoretisch möglich ist, sondern tatsächlich eintritt oder eintreten kann (Köhler/Bornkamm, § 3 Rdnr. 119).

Die anlehnende Werbung der Verfügungsbeklagten beeinträchtigt den Wert der Vergabe von Sponsoring- und Lizenzrechten für Veranstaltungen der Verfügungsklägerin. Den Sponsoren und Lizenznehmern wird mit der anlehnenden Werbung die Exklusivität ihrer eigenen Werbung genommen, auf die es ihnen mit dem Rechtserwerb maßgeblich ankommt. Ohne Einhaltung der Exklusivität auch in Bezug auf die anlehnende Werbung wird jedoch kein Sponsor oder Lizenznehmer in Zukunft bereit sein, den wirtschaftlichen Wert der erworbenen Rechte in der bisherigen Höhe zu vergüten.

c)
Die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG ist gegeben.

Aufgrund der festgestellten Wettbewerbsverstöße streitet eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr.

Diese Vermutung ist allerdings widerleglich. Sie zu widerlegen, obliegt dem Verletzer. Dies gelingt im Allgemeinen nur dadurch, dass der Verletzer eine bedingungslose und unwiderrufliche Unterlassungsverpflichtungserklärung unter Übernahme einer Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung abgibt. Trotz Aufforderung der Verfügungsklägerin mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 29.11.2011 (Anlage AS 12) hat die Verfügungsbeklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

2.
Der Verfügungsgrund ist gegeben. Gemäß § 12 Abs. 2 UWG spricht zugunsten der Verfügungsklägerin eine tatsächliche Vermutung für die Dringlichkeit. Im Übrigen hat die Verfügungsklägerin vorgetragen, dass sie am 29.11.2011 erstmals Kenntnis von der rechtsverletzenden Handlung der Verfügungsbeklagten erlangt habe. Ein frühere Kenntniserlangung durch die Verfügungsklägerin ist von der Verfügungsbeklagten nicht behauptet worden. Unter Berücksichtigung des Eingangs des Antrags bei Gericht am 13.12.2011 ist die Antragstellung nicht verzögert.

III.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 3 ZPO, § 53 GKG, die Entscheidung über die Kosten auf § 91 ZPO.

Auf die Entscheidung hingewiesen hat RA Sebastian Dosch (hier).

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