LG Trier: Eine Widerrufsbelehrung mit der Bitte um Warenrücksendung in der Originalverpackung und als versichertes Paket ist wettbewerbswidrig

veröffentlicht am 8. September 2008

LG Trier, Urteil vom 22.02.2007, Az. 7 HK.O 125/06
§§
3, 4 Nr. 11 UWG, §§ 312 b ff., 355 ff. BGB

Das LG Trier hat entschieden, dass eine Bitte im Zusammenhang mit der Widerrufsbelehrung, Rücksendung der Ware „nicht unfrei, son­dern als versichertes Paket“ unter Aufbewahrung des Einlieferungs­beleges vorzunehmen und weiterhin „in Originalverpackung und mit allen Verpackungsbestandteilen“ unter Verwendung einer schützenden Um­verpackung gegen geltendes Recht verstoße und wettbewerbswidrig sei. Dies erschwere dem Verbraucher die Ausübung seines Widerrufsrechtes durch das Aufstellen gesetz­lich nicht vorgesehener Anforderungen. Daran ändere auch die Formulierung der Anforderungen als Bitten nichts. Entsprechend dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Aus­legung (§ 305 c Abs 2 BGB) sei die kundenfeindlichste – also letztlich die dem Verbraucher günstigste – Verständnismöglichkeit der Formulierung zugrundezulegen. Lediglich völlig fernliegende hätten außer Betracht zu bleiben.


Landgericht Trier

Urteil

In dem Verfahren der einstweiligen Verfügung

hat die 7. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen ­des Landgerichts Trier – auf die mündliche Verhandlung vom 25.01.2007 durch … für Recht erkannt:

I.
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28.11.2006 bleibt aufrechterhalten.

II.
Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des Rechts­streits zu tragen.

Tatbestand:

Die Parteien sind Mitbewerber beim Verkauf von Elektrogeräten an Verbraucher im Wege von Fernabsatzgeschäften über die Internetverkaufsplattform eBay. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um ein bedeutendes Unternehmen mit einem Jahresumsatz in der Grö­ßenordnung von 60 Mio. Euro. Die Antragstellerin beanstandet die von der Antragsgegnerin ver­wendeten Widerrufsbelehrungen als wettbewerbsrechtlich unzuläs­sig, soweit es dort heißt:

„Senden Sie die Ware bitte wenn möglich nicht unfrei, son­dern als versichertes Paket an uns zurück und bewahren Sie den Einlieferbeleg auf oder nutzen Sie unseren kostenlosen Rücknahmeservice via DHL. Senden Sie die Ware bitte mög­lichst in Originalverpackung und mit allen Verpackungsbe­standteilen an uns zurück und verwenden Sie ggf. eine schüt­zende Umverpackung.“

Dazu macht die Antragstellerin geltend, die Aufforderungen zur Rücksendung der Ware „nicht unfrei, son­dern als versichertes Paket“ unter Aufbewahrung des Einlieferungs­beleges und zur Rücksendung „in Originalverpackung und mit allen Verpackungsbestandteilen“ unter Verwendung einer schützenden Um­verpackung gingen über den gesetzlich abschließend fixierten Rah­men hinaus, erschwerten dem Verbraucher die Ausübung des Wider­rufsrechtes und seien daher unzulässig. Entsprechend der Regel der kundenfeindlichsten Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedin­gungen seien aus der Sicht eines Kunden auch als Bitte formulier­te Regelungen als zwingend einzuhalten anzusehen; der Kunde bewer­te auch Bitten als von ihm einzuhaltende vertragliche Pflichten.

Durch die Verwendung der unzulässigen Klausel verschaffe sich die Antragsgegnerin dadurch einen Wettbewerbsvorteil, dass Verbrau­cher sich an einer Ausübung ihres Widerrufsrechts gehindert fühlten, weil sie für ihn an gesetzlich nicht vorgesehene Bedingungen geknüpft sei.

Durch Beschlussverfügung vom 28.11.2006 hat die Kammer der Antragsgegnerin aufgegeben es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr im Rahmen von Fernabsatzgeschäf­ten mit Verbrauchern oder im Rahmen der Anbahnung solcher Geschäfte eine Widerrufsbelehrung mit folgendem Inhalt zu verwenden: „Senden Sie die Ware bitte, wenn möglich, nicht unfrei, son­dern als versichertes Paket an uns zurück und bewahren Sie den Einlieferbeleg auf. Senden Sie die Ware bitte möglichst in Originalverpackung und mit allen Verpackungsbestandteilen an uns zurück und verwenden Sie ggf. eine schützende Umverpackung … „

Gegen die ihr am 05.12.2006 zugestellte einstweilige Verfü­gunghat die Antragsgegnerin am 14.12.2006 Widerspruch ein­gelegt.

Die Antragstellerin beantragt, die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28.11.2006 aufrechtzuerhalten.

Die Antragsgegnerin beantragt, die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28.11.2006 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zu­rückzuweisen.

Sie bestreitet die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Trier unter Hinweis darauf, dass keine der Parteien im hiesigen Bezirk ihren Geschäftssitz hat.

In der Sache beruft sich die Antragsgegnerin darauf, aus der For­mulierung und dem Gesamtzusammenhang ihrer Widerrufsbelehrungen werde für den Verbraucher hinreichend deutlich, dass es sich bei den von ihr gewünschten Rücksendungsmodalitäten nicht um eine rechtliche Notwendigkeit, sondern vielmehr lediglich um eine Bit­te handele, welche keine rechtliche Verpflichtung formuliere und die Ausübung des Widerrufsrechtes nicht erschwere.

Die Bitte zur Wahl einer schützenden Umverpackung für die Rücksen­dung stelle allenfalls einen unerheblichen Verstoß dar und recht­fertige das geltend gemachte Unterlassungsbegehren auch deshalb nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schrift­sätze nebst der vorgelegten Urkunden verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet. Deswegen ist die im Beschlusswege erlassene einst­weilige Verfügung der Kammer auf den Widerspruch der Antrags­gegnerin hin zu bestätigen (§§ 936, 925 ZPO).

1.
Das Landgericht Trier ist zur Entscheidung des Verfahrens örtlich zuständig (§ 14 Ahs. 2 UWG). Für Wettbewerbsverstöße im Internet gilt der sogenannte fliegende Gerichtsstand. Begehungsort ist jeder Ort, an dem die Information Verbrauchern bestimmungsgemäß zur Kenntnis gebracht wird, also auch Trier (vgl. Hefer­mehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O. § 14 UWG Rn. 15 f.).

2.
Zu Recht beanstandet die Antragstellerin die von der Antrags­gegnerin verwendeten Widerrufsbelehrungen als nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG wettbewerbswidrig. In den von der Antragstellerin bean­standeten Formulierungen gehen die Widerrufsbelehrungen über die gesetzlich nach §§ 312 b ff., 355 ff. BGB geregelten Voraussetzungen für einen rechtswirksamen Widerruf hinaus. Beim Fernabsatzgeschäft hat der Verbraucher das Recht, die Ware unfrei und ohne die Original verpackung zurückzusenden. Allerdings wird er sich bei unzureichender Schutzverpackung dem Risiko einer Inanspruch­nahme auf Schadensersatz aussetzen.

Sofern die Beklagte den Verbraucher auffordert, die Ware wenn mög­lich nicht unfrei, sondern als versichertes Paket und möglichst in Originalverpackung und mit allen Verpackungsbestandteilen ge­gebenenfalls unter Verwendung einer schützenden Umverpackung zu­rückzusenden und den Einlieferbeleg aufzubewahren, erschwert sie dem Verbraucher in wettbewerbsrechtlich zu beanstandender Weise die Ausübung seines Widerrufsrechtes durch das Aufstellen gesetz­lich nicht vorgesehener Anforderungen. Daran ändert auch die Formulierung der Anforderungen als Bitten nichts. Entsprechend dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Aus­legung (§ 315 c Abs 2 BGB) ist die kundenfeindlichste – also letztlich die dem Verbraucher günstigste – Verständnismöglichkeit der Formulierung zugrundezulegen. Lediglich völlig fernliegende Auslegungsmöglichkeiten, von denen Störungen des Rechtsverkehrs nicht ernstlich zu besorgen sind, haben außer Betracht zu bleiben (vgl. Palandt, BGB 66. AUflage § 305 c Rn. 19).

Nach der Überzeugung der Kammer wird aber jedenfalls ein nicht un­beträchtlicher Teil der Verbraucher die in der Widerrufsbelehrung der Antragsgegnerin formulierten Erfordernisse als für ihn ver­bindlich ansehen, auch wenn sie als Bitten formuliert sind. Etwas anderes wird er auch dem Kontext nicht entnehmen. Er wird zu­mindest davon ausgehen, dass sein Widerrufsrecht erschwert ist, wenn er den als Bitte formulierten Aufforderungen der Antrags­gegnerin nicht entspricht.

Die Entscheidung über die Kosten des weiteren Verfahrens folgt aus § 91 ZPO.

Der Gegenstandswert des Verfahrens ist angemessen auf jedenfalls 15.000,00 EUR festzusetzen. Der von der Antragstellerin mit le­diglich 10.000,00 EUR angegebene Wert erscheint unangemessen niedrig und bindet daher nicht. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten der Wert des Angriffsfaktors grundsätzlich nach den Angaben des Antragstellers bemisst. Substantiierte Angaben zur Wertbemessung sind dem Vor­bringen der Antragstellerin hier jedoch nicht zu entnehmen.

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