LG Wiesbaden: Arglistige Täuschung bei Eintragungsofferten in Gewerbeverzeichnisse

veröffentlicht am 11. November 2009

LG Wiesbaden, Urteil vom 10.12.2008, Az. 10 S 27/08
§§
123 Abs.1, 142 BGB

Das LG Wiesbaden hat entschieden, dass über so genannte „Angebote“ zum Eintrag in ein Gewerbeverzeichnis auf Grund von Anfechtung kein Vertrag zu Stande kommt, wenn der betreffende Gewerbetreibende aufgefordert wird, seine bereits vorausgefüllten Daten auf dem Formular zu „prüfen“ und zu „korrigieren“ bzw. zu „ergänzen“. Durch diese Vorgehensweise werde dem Gewerbetreibenden suggeriert, dass es sich lediglich um die Aktualisierung eines bereits bestehenden (kostenlosen) Eintrags handele, und nicht um ein Angebot zum Abschluss eines Vertrages, der einen monatlichen Kostenbeitrag vorsehe, zumal die Kostenlosigkeit für solche Dienste auch üblich sei. Das Gericht wies auch auf weitere Umstände hin, die für eine Täuschungsabsicht sprächen:

Das Schreiben weise einen amtlichen Charakter auf, da mehrfach das „Deutsche Gewerbeverzeichnis“ erwähnt und damit suggeriert werde, dass es sich dabei um den Absender handele. Darüber hinaus sei die Vergütungsklausel unauffällig platziert und deren Inhalt durch die Nutzung von Abkürzungen verschleiert worden. Auch sei der Geschäftsführer der Klägerin bereits wegen ähnlicher Geschäftsgebahren wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. All dies führe zu der Annahme einer arglistigen Täuschung, die zur Anfechtung berechtige. Eine eigene Fahrlässigkeit des Schuldners, der das Angebot nicht aufmerksam gelesen habe, dürfe nicht zum Ausschluss des Schutzes vor arglistigen Täuschungen führen.

Landgericht Wiesbaden

Versäumnisurteil

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden durch … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2008 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 13.06.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um die Frage, ob zwischen ihnen ein wirksamer Vertrag über die Aufnahme der Firmendaten des Beklagten in ein von der Klägerin betriebenes Gewerbeverzeichnis im Internet zustande gekommen ist, der den Beklagten ver­pflichtet 932,64 Euro (12x67x1, 16) an diese zu zahlen.

Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage mit dem angefochtenen Urteil i.H.v. 932,64 Euro statt­gegeben.

Dabei hat es in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Parteien hätten einen Vertrag geschlossen über die Aufnahme des Beklagten in das „Deutsche Gewerbe­verzeichnis“, indem der Beklagte das Angebot der Klägerin durch Unterschreiben und Zurückfaxen angenommen habe. Die Klägerin habe auch die von ihr geschulde­te Leistung erbracht, so dass der Betrag von 932,64 Euro zur Zahlung fällig wäre.

Der Beklagte habe die von ihm abgegebene Willenserklärung auch nicht wirksam widerrufen mangels Widerrufsrecht aufgrund Verbrauchereigenschaft. Auch habe der Beklagte den Vertrag nicht wirksam angefochten gem. § 123 Abs. 1 BGB, da es an einer vorsätzlichen Täuschungshandlung zum Zwecke der Erregung, Bestärkung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums fehle, da das Angebotsschrieben weder objektiv unrichtige Angaben enthalte noch offenlegungspflichtige Tatsachen verschweige.

Vielmehr enthalte es alle für die Entschließung des Angebotsempfängers maßgebli­chen Angaben in vollständiger und richtiger Weise. Auch sei zu Lasten des Beklag­ten zu berücksichtiqen, dass er im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit besonde­ren Sorgfaltspflichten unterliege und so auch seinen Schriftverkehr sehr genau zu überprüfen habe.

Auch läge kein Inhaltsirrtum gem. § 119 Abs. 1 BGB vor, da der Beklagte sich nicht über die klägerische Leistung geirrt habe, sondern nur über die Entgeltlichkeit. Dieser Irrtum beruhe aber allein darauf, dass er das Angebot nicht richtig durchgelesen ha­be. Damit handele es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum.

Gegen dieses Urteil, das dem Beklagten am 18.06.2008 zugestellt wurde, hat er am 26.06.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegrün­dungsfrist mit einem am 18.09.2008 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begrün­det.

Mit der Berufungsbegründung rügt der Beklagte die Annahme des Amtsgerichtes, eine Anfechtbarkeit läge nicht vor. Tatsächlich enthalte das Angebotsschreiben der Klägerin Kriterien, die auf ein Täuschungsverhalten schließen ließen. Die Gesamt­schau der Umstände führe zu einer klägerseits beabsichtigten Täuschung. Dies er­gäbe sich nicht zuletzt aus der strafrechtlichen Verurteilung des Geschäftsführers der Klägerin sowie einem anhängigen Strafverfahren bei der StA Wiesbaden in Zusammenhang mit dem „Deutschen Gewerberegister“.

Das Angebot der Klägerin erwecke einen geradezu amtlichen Eindruck und erzeuge bei dem Leser den Irrglauben, dass es um eine Eintragung im „Deutschen Gewerbe­verzeichnis“ handele.

Auch erwecke das Angebot den Eindruck der Kostenlosigkeit, da der Markt für Inter­net-Verzeichnisse durch die Kostenlosigkeit gekennzeichnet sei. Auch erwecke das Angebot bewusst die Annahme, es handele sich nur um eine Korrekturfahne, mit dem Ziel, die Daten zu vervollständigen. Schließlich sei der Betriebsnahme des Be­klagten bereits eingetragen gewesen und die Klägerin habe um „Überprüfung und ggf. Korrektur“ der Angaben gebeten.

Ebenso sei der völlig unauffällige Punkt bei „Basisauskunft“ nicht ausreichend trans­parent und würde vom Kunden auch nicht gesondert ausgewählt. Auch dies ließe den Schluss auf ein bewusst arglistiges Verhalten der Klägerin zu ebenso wie die Verwendung des Terminus „Marketingbeitrag“, was von einem unaufmerksamen Kunden nicht als Vergütung verstanden werde.

Auch läge ein unbeachtlicher Motivirrtum des Beklagten nicht vor, vielmehr habe der Beklagte allein bereits bestehende Datensätze korrigieren wollen. Da bei der Kläge­rin noch gar keine Datensätze des Beklagten vorhanden waren, habe die Klägerin auch darüber getäuscht.

Desweitern sei der Vertrag sittenwidrig wegen eines groben Missverhältnisses zwi­schen Leistung und Gegenleistung. Auch habe die Klägerin die Gegenleistung nicht erbracht.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des AG Wiesbaden vom 13.06.2008 – Az: 93 C 60/08 – 40- wird aufgeho­ben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 10.12.2008 keinen Antrag ge­steilt. Der Beklagte hat daraufhin Erlass eines Versäumnisurteils beantragt.

II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 516,518,519; 520 ZPO.

Gem. § 539 Abs. 2, Abs. 3 LV.m. § 333 ZPO war gegen die Klägerin ein Versäum­nisurteil zu erlassen, da das als zugestanden anzunehmende Vorbringen des Be­klagten die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und damit die Abweisung der Klage rechtfertigt.

Die Klägerin kann von dem Beklagten die Begleichung der Rechnung vom 04.09.2006 über 932,64 € nicht verlangen.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist aufgrund einer wirksamen Anfechtung vom 15.09.2006 ein vertraglicher Vergütungsanspruch nicht entstanden, §§ 123 Abs.1, 142 BGB.

Durch das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 15.09.2006 wurde die Annahmeerklärung zum Vertrag vom 29.08.2006 wirksam und fristgerecht angefochten. Der Beklagte kann sich darauf berufen, seitens der Klägerin bei Ver­tragsschluss arglistig getäuscht worden zu sein.

Das Anfechtungsrecht gemäß § 123 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Anfechtende sich bei Abgabe seiner Willenserklärung aufgrund einer der Gegenseite zurechenba­ren Täuschungshandlung über einen vertragswesentlichen Umstand geirrt hat, und der Irrtum seine Entschließung – hier zum Vertragsschluss – zumindest beeinflusst hat (vgl. nur BGH NJW 1982, 2861, 2863). Der Beklagte macht geltend, bei Unter­schrift unter das „Eintragungsangebot“ sei er davon ausgegangen, einen schon vor­handenen Datensatz bei der Klägerin zu vervollständigen bzw. zu korrigieren und schon bei der Klägerin Kunde zu sein. Damit sei er insgesamt im Irrtum über das An­gebot der Klägerin gewesen, dass ein erstmaliger Eintrag ein einem Online­Verzeichnis erfolgen solle zu einem monatliche Preis von 67 Euro für zwei Jahre.

Zwar ergeben sich aus dem streitgegenständlichen Vertragsformular die einzelnen Faktoren, aus denen sich der Jahresbeitrag des Angebots ergibt. So nennt das An­gebot explizit den monatlichen Marketingbeitrag von 67 Euro.

Als mögliche Täuschungshandlung im Rahmen des § 123 BGB kommt aber nicht nur das Vorspiegeln falscher oder das Entstellen oder Verschweigen bestehender Tatsa­chen trotz Aufklärungspflicht in Betracht (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl. § 123 Rn. 3 ff.). Als Handlungsvariante der arglistigen Täuschung kommt darüber hinaus auch jedes andere Verhalten in Betracht, sofern es geeignet ist, beim Gegenüber einen Irrtum hervorzurufen und den Entschluss zur Abgabe der gewünschten Wil­lenserklärung zu beeinflussen. So reicht es aus, wenn der Handelnde sich darüber bewusst ist, dass sein Verhalten jedenfalls in der Gesamtschau aller Einzelakte ge­eignet ist, den anderen in die Irre zu führen. Er muss insoweit zumindest mit der Möglichkeit rechnen, der Gegner würde bei Kenntnis aller Umstände die begehrte Willenserklärung nicht oder nicht mit dem erhofften Inhalt abgeben (vgl. BGH VersR 1985, 156; BGH NJW 1982, 2861, 2863 m.w.N.), wobei ein bedingter Vorsatz beim Täuschungswillen für die Annahme eines „arglistigen“ Verhaltens im Sinne des § 123 BGB ausreicht (vgl. BGH NJW-RR 1998, 904). Es ist – entgegen den Ausführungen im angegriffenen Urteil – für die Berechtigung zur Anfechtung nicht entscheidend, ob der Beklagte seinerseits die im geschäftlichen Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet oder hinsichtlich des „Überiesens“ gewisser Vertragsinformationen selbst fahrlässig gehandelt haben (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGHZ 33,302,310; BGH NJW 1971, 1795, 1798 m.w.N.; BGH NJW 1989, 287, 288). Die Bestimmung des § 123 BGB verfolgt ersichtlich das Ziel, ein auf Arglist und Täuschung beruhendes Ge­schäftsgebaren in aller Regel die Rechtswirkung zu nehmen. Es muss mithin auch derjenige anfechten können, der dem Täuschenden die Irreführung leicht gemacht hat (BGH NJW-RR 2005, 1082, 1083). Mit anderen Worten: soweit der Irrtum beim Kunden durch ein rechtserhebliches Täuschungsverhalten der Klägerin ausgelöst worden ist, so scheitert die Möglichkeit zur Vertragsanfechtung nicht daran, dass der Irrtum der Beklagten auch auf eigene Fahrlässigkeit im Umgang mit Werbepost be­ruht. Andererseits kann ein besonders hohes Maß an Unaufmerksamkeit auf der ei­nen Seite im Rahmen der Gesamtabwägung dazu führen, dass der anderen Seite ein arglistiges Täuschungsverhalten nicht mehr nachgewiesen werden kann. Maß­geblich für die Beurteilung dieser Frage sind die Umstände des Einzelfalles, eine rein schematische Bewertung verbietet sich (LG Köln, Urteil vom 26.09.2007, Az: 9 S 139107). Insbesondere in Fällen, in denen der Verfasser eines Vertragsangebotes mittels Aufmachung und Formulierung eine Art der Gestaltung wählt, die objektiv ge­eignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine fehlerhafte Vorstellung über die tatsächlichen Angebotsparameter hervorzurufen, kann eine Täuschung selbst dann angenommen werden, wenn der wahre Charakter des Schreibens bei sorgfälti­gem Lesen hätte erkannt werden können (vgl. BGH NJW 2001, 2187, 2189). Die je­weilige Täuschung muss mithin planmäßig eingesetzt worden und nicht bloß Folge, sondern Zweck des Handeins sein (BGH a.a.O.) Der Bundesgerichtshof hat dies an genannter Stelle für das Strafrecht ausdrücklich festgestellt. Die Grundsätze gelten indes gleichermaßen für das Zivilrecht (vgl. nur BGH NJW-RR 2005, 1082, 1084): so kommt es nach der Rechtsprechung des BGH bei einer lediglich irreführenden Dar­stellung im Angebotsschreiben vor allem darauf an, wie stark maßgebliche Vertrags­parameter verzerrt oder entstellt aufbereitet worden sind.

Vorliegend führt die Gesamtschau der Umstände nicht nur zur Annahme einer von der Klägerin in Kauf genommenen, sondern zu einer klägerseits sogar beabsichtigten Täuschung der von ihr angeschriebenen Unternehmen. Bereits der Text, der Aufbau, die unaufgeforderte Zusendung und die konkrete Gestaltung des „Eintragungsange­bots“ legen diesen Schluss nahe. Eine endgültige Gewissheit hinsichtlich der Tatbe­standsvoraussetzungen der arglistigen Täuschung – auch in Bezug auf den erforder­lichen Täuschungswillen der Klägerin – ergibt sich zudem aus der Strafverurteilung des Geschäftsführers der Klägerin wegen ähnlicher Geschäfte im sog. „Adressbuch­bereich“ durch das Landgericht Frankfurt am Main im Jahre 2004 (Urteil vom 1.12.2004 – 5/12 KLs 92 Js 20791/99-). Aus dem Urteil des Landgerichtes Frankfurt vom 01.12.2004 (Az: 5/12 KLs 92 Js 20791/99) ergibt sich, dass der Geschäftsführer der Klägerin dort ebenfalls den Kunden Formulare zusandte, die so aufgemacht wa­ren, dass diese irrtümlich einen Zahlungspflicht annahmen.

Soweit die Klägerin ihre Offerte im Briefkopf mittels Großlettern überschreibt mit „DEUTSCHES GEWERBEVERZEICHNIS FÜR INDUSTRIE, HANDEL UND GE­WERBE“, erweckt dieser durch Wortwahl und äußere Gestaltung einen offiziellen und beinahe amtlichen Eindruck. Auch ein in geschäftlichen Angelegenheiten erfah­rener Betrachter kann beim Lesen des Angebots zu der Auffassung gelangen, Ab­sender des Schreibens sei das „Deutsche Gewerbeverzeichnis“ und die DPM Pres­se- und Medienverlag GmbH – soweit man diesen Namen im Schreiben überhaupt wahrnimmt – führe für das „Deutsche Gewerbeverzeichnis“ lediglich die Bewerbung durch. Dieser Eindruck verfestigt sich beim Leser durch die weitere Abfassung. So heißt es in der Betreffzeile der Offerte: „Deutsches Gewerbeverzeichnis, Hier: Eintra­gungsangebot zur Empfehlung Ihres Hauses“.

Auch diese Formulierung suggeriert, man habe es offiziell mit der Einrichtung des „Deutschen Gewerbeverzeichnisses“ zu tun, wobei sich erneut das „Deutsche Ge­werbeverzeichnis“ als Vertragspartner aufdrängt (und nicht etwa die Firma der Kläge­rin). Diese Fehlvorstellung wird beim Leser auch im weiteren Text des Anschreibens verfestigt, in welchem die Klägerin ihr Anschreiben mit den Worten: „Mit freundlichen Grüßen Ihr Deutsches Gewerbeverzeichnis“ beendet.

Der Verdacht, dass die Klägerin mit der Gestaltung der Offerte bewusst die Person des Absenders und des potentiellen Vertragspartners zu verschleiern sucht, wird da­durch bestärkt, dass die Klägerin ansonsten in Angelegenheiten des „Deutschen Gewerbeverzeichnisses“ durchaus ihre offizielle Firmenbezeichnung DPM Presse- ­und Medienverlag GmbH im Briefkopf verwendet.

Auch ist das vorliegende Eintragungsangebot von der Klägerin so abgefasst, dass bei einem potentiellen Kunden leicht der Eindruck entstehen kann, lediglich eine kostenlose Leistung in Anspruch zu nehmen. Der Markt für Internet-Firmenverzeichnisse ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass zahlreiche Anbieter den Verbänden und Gewerbetreibenden den Grundeintrag kostenlos andienen (vgl. hierzu u.a. BGH NJW 2005, 67, 68). Die Klägerin konnte ohne weiteres davon ausgehen, dass diese Praxis einem Großteil der von ihr angeschriebenen Firmen bekannt ist. Bei dieser Aus­gangslage konnte sie damit rechnen, dass eine gewisse – und sei es auch eher ge­ringe – Anzahl der angeschriebenen Firmen beim Lesen des Eintragungsangebots davon ausgehen wird, letztlich nur eine sogenannte Korrekturfahne erhalten zu ha­ben, welche zum Ziel hat, die Richtigkeit der zu veröffentlichenden Adressdaten im Internet sicherzustellen. Folgerichtig bittet die Klägerin in ihrem Serienbrief den Ad­ressaten auch nachdrücklich darum, die klägerseits bereits vorausgefüllten Datenfel­der des Formulars zu „prüfen“ und zu korrigieren bzw. zu „ergänzen“.

Durch die bereits voreingetragene Betriebsstätte sowie Telefon- und Telefaxnummer wurde beim Beklagten der Anschein eines bereits bestehenden Registereintrags und einer bereits laufenden Geschäftsbeziehung hervorgerufen. Gerade wegen der un­verbindlich klingenden Bitte um Überprüfung und Korrektur allgemein bekannter Da­ten sowie aufgrund des Umstandes, dass der Beklagte nicht mit Gesamtkosten von über 1.850,- Euro für eine einfache Onlineeintragung rechnen musste, konnte die Klägerin darauf bauen, dass dieser – überhöhte – Preis zumindest von einigen Kun­den wie auch dem Beklagten schlicht übersehen wird. Im Übrigen wird seitens der Klägerin die Rechtsverbindlichkeit, die mit der Rücksen­dung des ausgefüllten Formulars für den Kunden einhergeht, bewusst verschleiert: so heißt es – worauf der Beklagte zu Recht hinweisen – unter „Lö­schung/Betriebsaufgabe“ völlig überraschend: „Das Deutsche Gewerbeverzeichnis behält sich vor, Eintragungsanträge, welche nicht zum Gesamtangebot des Dienstes passen, abzulehnen. Mit Rücksendung dieses unterzeichneten Angebotes gilt die Basisauskunft als verbindlich bestellt. “ Eine Vertragsgestaltung mit derart versteck­ten Hinweisen auf die Verbindlichkeitsklauseln, in deren Rahmen zudem seitens der Klägerin die Bestellalternative „Basisauskunft“ für 67,- Euro mtl. bereits vormarkiert ist – und zwar mittels eines nicht besonders auffälligen Punktes im Wahlfeld -, mithin vom Kunden für einen Vertragsschluss gar nicht mehr bewusst ausgewählt werden muss, ist jedenfalls nicht ausreichend transparent. Denn die Verbindlichkeit der Be­stellung soll sich gerade aus der Rubrik „Löschung/Betriebsaufgabe“ ergeben, ob­wohl diese nicht vormarkiert ist. Hinsichtlich der Verbindlichkeit der Bestellung „Ba­sisauskunft“ beruft sich die Klägerin aber auch den bereits eingetragenen Punkt.

Auch die von der Klägerin gewählte Formulierung zur Vergütung („Marketingbeitrag mtl. zzgl. MwST: EUR 67,-‚) ist geeignet, von einem unaufmerksamen Kunden nicht richtig verstanden zu werden. So ist schon der Begriff „Marketingbeitrag“ im Lichte der konkreten Offerte unklar. Auch hat die Klägerin die Tatsache des „monatlichen“ Beitrags geschickt mit „mtl.“ im Rahmen mehrerer Abkürzungen eher unauffällig plat­ziert.

Die Klägerin kann angesichts des dargestellten Befundes auch im Hinblick auf die Regelung des § 539 Abs. 2 ZPO nicht mit Erfolg einwenden, in Bezug auf die Offerte ohne Täuschungswillen gehandelt zu haben. So lassen vorliegend die objektiv fest­gestellten Tatsachen (vgl. insoweit BGH WM 1985, 673) nur die Annahme eines von Täuschungswillen getragenen Verhaltens der Klägerin zu. Die Täuschungsabsicht der Klägerin steht vorliegend auch deshalb zweifelsfrei fest, weil der Geschäftsführer der Klägerin wegen vergleichbarer Geschäftsgebaren bereits strafrechtlich in Er­scheinung getreten und vom Landgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 1.12.2004 wegen abertausender von Betrugsstraftaten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt worden ist.

Damit ist in Anbetracht der dargestellten Gesamtgestaltung des streitgegenständlichen Serienbriefes sowie aufgrund der skizzierten Vorstrafen des Geschäftsführers hier zweifelsfrei von einer bewussten Irreführung auszugehen ist, und die Täuschung der Kunden klägerseits war von Anfang an beabsichtigt.

Demnach hat die Klägerin den Beklagten bewusst getäuscht und dadurch bei ihm den Irrtum erregt, nur eine bereits bestehende Eintragung zu aktualisieren, die nicht mit weiteren Kosten verbunden ist.

Im Übrigen erachtet das Gericht den Vertrag auch als sittenwidrig und damit nichtig gem. § 138 BGB. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin im konkreten Fall eine mögliche Unerfahrenheit des Beklagten bei Vertragsschluss ausgenutzt hat (vgl. § 138 Abs. 2 BGB) oder im Rahmen des „Marketinggeschäfts“ die Zahlung einer wu­cherähnlichen Vergütung durchsetzen wollte (vgl. § .138 Abs. 1 BGB). Der Vertrags­schluss auf Eintragung der Gewerbedaten des Beklagten in das „Deutsche Gewer­beverzeichnis“ ist nämlich seitens der Klägerin in der erkennbaren und ausschließli­chen Absicht initiiert worden, den Vertragspartner zu schädigen und sich dabei ohne nennenswerte Gegenleistung auf Kosten des Gegenübers zu bereichern (s.o.) Ein derartiges Geschäftsgebaren ist nach Beweggrund und Zweck mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren (8GHZ 146, 298, 301; 107, 92, 97; 86, 82, 88) und verstößt ge­gen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden (vgl. nur BGH NJW 2005, 2991, 2992). Dabei ist im Rahmen der anstehenden rechtlichen Überprüfung nicht nur der objektive Gehalt des betroffenen Rechtsgeschäfts zu würdigen, sondern es sind auch die Umstände, die zu seiner Vornahme geführt haben, sowie die Absicht und die hinter dem Rechtsgeschäft stehenden Motive in die Gesamtschau einzube­ziehen (vgl. BGH NJW-RR 1998, 590, 592). Liegt dem Vertragsschluss eine Täu­schung im Sinne von § 123 BGB zugrunde, müssen zwar besondere Umstände hin­zukommen, damit das Rechtsgeschäft nach seinem Gesamtcharakter als sittenwidrig und damit gemäß § 138 Abs. 1 BGB als nichtig eingestuft werden kann (vgl. BGH NJW 1988, 2599, 2601 m.w.N.). Soweit allerdings über die Täuschungshandlung im Sinne von § 1238GB hinaus auch die für eine Straftat gemäß § 263 Abs. 1 StGB erforderliche Bereicherungsabsicht sowie die bewusste Schädigung des Vermögens des Vertragspartners hinzukommen (vgl. hierzu Palandt, BGB, 68. Aufl. § 123 Rn. 2), so ist grundsätzlich von einem insgesamt sittenwidrigen Vorgehen der einen Seite auszugehen. Dies gilt erst recht für Fallkonstellationen in denen der Vertragspartner – wie hier – Opfer einer strafrechtlich relevanten Betrügerei geworden ist: keinesfalls stellt sich die Rechtsordnung schützend vor Verträge oder Forderungen, die durch
ein einseitig strafrechtlich relevantes Verhalten erlangt worden sind, § 138 Abs. 1 BGB (vgl. nur Schack/Westermann, BGB, 6. Aufl., Rn. 262).

Soweit der Beklagte vorträgt, die Klägerin habe die Leistung nicht ordnungsgemäß erfüllt, ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Das Gericht kann nicht erkennen, inwieweit die Klägerin ihre Leistung nicht erbracht haben soll.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 539 Abs. 3, 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 2.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeu­tung hat und weder die Rechtsfortbildung noch die Rechtsprechungseinheitlichkeit eine Entscheidung des Revisionsgerichtes fordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

I