OLG Brandenburg: Zu Unrecht eingetragener Domaininhaber kann nicht zu einer Einwilligung zur Umschreibung verurteilt werden

veröffentlicht am 2. Dezember 2011

OLG Brandenburg, Urteil vom 15.09.2010, Az. 3 U 164/09
§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB, § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 BGB

Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass ein zu Unrecht eingetragener Inhaber einer Domain nicht dazu verurteilt werden kann, die Einwilligung zur Eintragung des eigentlich Berechtigten zu erteilen. Ein dinglicher Beseitigungsanspruch des Klägers bestehe nicht. Der Inhaber einer Internet-Adresse erwerbe an der jeweiligen Domain kein absolutes Recht, sondern erhalte als Gegenleistung für die zu zahlende Vergütung ein relativ wirkendes, vertragliches Nutzungsrecht von regelmäßig unbestimmter Dauer. Ein kondizierbarer Vermögensvorteil durch eine „Buchposition“ sei dem Beklagten auch nicht entstanden, da die Datenbank der DENIC, in der die Domaininhaber verzeichnet sind, keinen öffentlichen Glauben genieße. Zum Volltext der Entscheidung:

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Urteil

I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. Dezember 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam – 8 O 458/08 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

II.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

IV.
Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Prozessparteien streiten in der Hauptsache darum, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet ist, einer Änderung der Eintragung in die W…-Datenbank, die von der D… … e.G., der zentralen Vergabestelle ( R… ) für Internet-Domains unterhalb der Top-Level-Domain „ .de “ mit Sitz in F… (nachfolgend kurz als D… bezeichnet), geführt wird und verschiedene Angaben, darunter zum Domain-Inhaber ( descr/holder ) und zu dessen administrativem Ansprechpartner ( admin-c ) enthält, dahingehend zuzustimmen, dass als Inhaber und administrativer Ansprechpartner der Internet-Domain „ g….de “ der Kläger eingetragen wird. Das gleiche Ziel verfolgt Letzterer gegenüber der D… in einem Zivilprozess, der vor dem Landgericht Frankfurt a.M. unter dem Aktenzeichen 2-7 O 33/09 begonnen hat und dessen erste Instanz am 27. Juli 2010 mit einem klageabweisenden Urteil (Kopie Anlage BK5/GA II 243 ff.) beendet wurde. Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Vom Landgericht Potsdam, das in der Vorinstanz entschieden hat, wurde der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Zur Begründung hat die Zivilkammer ausgeführt, der Kläger sei im materiell-rechtlichen Sinne nach wie vor Inhaber der streitgegenständlichen Domain; bei seiner daraus resultierenden alleinigen Nutzungsbefugnis handele es sich um ein sonstiges Recht nach dem Verständnis von § 823 Abs. 1 BGB, das – analog § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB – Schutz vor Störungen durch die Beklagte genieße. Das landgerichtliche Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, ist der Beklagten – zu Händen ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten – am 10. Dezember 2009 (GA I 108) zugestellt worden. Sie hat am 14. Dezember 2009 (GA I 109) mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel – nach antragsgemäßer Verlängerung der Frist zur Begründung bis zum 03. März 2010 (GA I 132) – mit einem an diesem Tage per Telekopie bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet (GA I 134 ff.).

Die Beklagte ficht das landgerichtliche Urteil – unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Darlegungen – in vollem Umfange ihrer Beschwer an. Hierzu trägt sie insbesondere Folgendes vor:

Ihr – der Beklagten – fehle schon nach dem klägerischen Vorbringen die Passivlegitimation. Denn nicht sie, sondern ihr Geschäftsführer persönlich sei laut dem vom Kläger als Anlage K1 (GA I 7 ff.) zur Klageschrift eingereichten Auszug aus dem D…-Register als Inhaber der streitgegenständlichen Internet-Domain eingetragen. Deshalb hätte richtigerweise er verklagt werden müssen; von ihr werde in einer solchen Situation ein rechtlich und faktisch unmögliches Handeln verlangt. Auch der Tatbestand des angefochtenen Urteils bedürfe insoweit der Berichtigung, die sie – die Beklagte – beim Landgericht beantragt habe.

Die Eingangsinstanz sei ihren Hinweispflichten nicht nachgekommen. Mit der Ladungsverfügung vom 6. April 2009 (Kopie Anlage BK3/GA I 202 f.) habe das Landgericht, eine rechtliche Würdigung vornehmend und auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verweisend, auf mangelnde Erfolgsaussichten der Klage aufmerksam gemacht. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils werde dann plötzlich die gegenteilige Auffassung vertreten, ohne dass dies zuvor von der Zivilkammer angekündigt worden sei. Diese Hinweispflichtverletzung erweise sich als entscheidungserheblich, weil sie – die Beklagte – in Kenntnis der geänderten Rechtsauffassung der Vorinstanz weiter zu ihrer fehlenden Passivlegitimation vorgetragen hätte.

Keineswegs könne von ihr, der Beklagten, der Nachweis dafür verlangt werden, dass der Kläger seine Rechtsposition an der streitgegenständlichen Internet-Domain verloren habe. Die Eintragungen im D…-Register, die – analog § 892 BGB – öffentlichen Glauben genössen, seien im Laufe der Zeit geändert und die Angaben betreffend den Kläger gelöscht worden. Dabei gehe es um Umstände, die allein in dessen Sphäre lägen, und von denen sie – die Beklagte – naturgemäß nichts wissen könne. Deshalb trete eine Beweislastumkehr zum Nachteil des Klägers ein, zumal von diesem mehr als zwei Jahre abgewartet wurden, bevor er seinen Anspruch gerichtlich geltend gemacht habe. Insbesondere sei von ihm zur Art und Weise des Verlusts der Internet-Domain nichts dargetan worden. Dass sie, die Beklagte, die Domain ordnungsgemäß gekauft habe, gehe – entgegen der Auffassung der Zivilkammer – aus der Zahlungsaufforderung vom 3. Februar 2006 (Kopie Anlage B4/GA I 46 ff. = BK4/GA I 204 ff.) ohne weiteres hervor. Mittlerweile habe das LG Frankfurt a.M. in dem Parallelverfahren des Klägers gegen die D… für Recht erkannt, dass er sich die Handlungen seines Providers zurechnen lassen müsse, weshalb ihm die Internet-Domain nicht abhanden gekommen sei.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt – seine erstinstanzlichen Darlegungen ebenfalls wiederholend und vertiefend – das ihm günstige Urteil des Landgerichts. Hierzu trägt er insbesondere Folgendes vor:

Die Passivlegitimation der Beklagten sei, wie sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ergebe, dessen Berichtigung die Zivilkammer mit Beschluss vom 12. März 2010 (GA I 126 f.) zutreffend abgelehnt habe, in der Vorinstanz unstreitig gewesen. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründeten, lägen nicht vor. Eintragungen in die D…-Datenbank seien weder rechtsverbindlich noch genössen sie öffentlichen Glauben. Die Inhaberschaft einer Internet-Domain bestimme sich allein danach, wer den Domainregistrierungsvertrag mit der D… abgeschlossen habe. In die Änderung der W…-Datenbank könne die Beklagte unabhängig davon einwilligen, ob sie derzeit noch als Domain-Inhaberin eingetragen sei oder lediglich zwischenzeitlich eingetragen gewesen. Für seine, des Klägers, Wiedereintragung spiele es – auch nach Auffassung des LG Frankfurt a.M. im Parallelverfahren gegen die D… – ohnehin keine Rolle, ob die Beklagte oder deren Geschäftsführer formelle Domain-Inhaber seien. Zu einer – erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachten – Übertragung der Internet-Domain von der Beklagten auf ihren Geschäftsführer fehle es an konkretem Vorbringen. Dass die Eingangsinstanz an ihrer ursprünglich geäußerten Rechtsauffassung nicht mehr festhalte, habe die Beklagte spätestens den Erörterungen der Sach- und Rechtslage im Termin der mündlichen Verhandlung am 10. Juli 2009 entnehmen können. Die Beweislast der Beklagten für seinen – des Klägers – Rechtsverlust und ihren Rechtserwerb ergebe sich aus den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung im Zivilprozess; keineswegs gehe es um Umstände, die ausschließlich in seiner Sphäre lägen. Zum Abhandenkommen der Internet-Domain könne und müsse er – der Kläger – nichts vortragen. Ein gutgläubiger Erwerb von Rechten an Rechten sei nicht möglich.

Im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz wurde die Sach- und Rechtslage mit den Prozessbevollmächtigten beider Seiten eingehend erörtert. Dabei hat der Senat im Rahmen von § 139 ZPO auf alle entscheidungserheblichen Punkte hingewiesen. Der Kläger wurde persönlich gehört. Am 6. September 2010 ist ein nicht nachgelassener Anwaltsschriftsatz von ihm eingegangen (GA II 232 ff.). Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte verweist der Senat ergänzend auf die anwaltlichen Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt.

II.

A.
Das Rechtsmittel der Beklagten ist zulässig; es wurde von ihr insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache selbst führt die Berufung zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und zur Klageabweisung. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt kann der Kläger von der Beklagten die Einwilligung dazu verlangen, dass er an ihrer Stelle als Inhaber und administrativer Ansprechpartner der Domain „ g….de “ in die W…-Datenbank der D… eingetragen wird. Der Auffassung des Landgerichts, wonach das Nutzungsrecht an einer jeden Internet-Domain als sonstiges Recht über § 1004 Abs. 1 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB quasinegatorischen Drittschutz genießen kann (LGU 4), ist nicht zu folgen. Anders als der Kläger meint, hat die Beklagte mit ihrer bloßen Datenbank-Eintragung im Verhältnis zu ihm auch keine vermögenswerte „Buchposition“ erlangt, die als Gegenstand eines Kondiktionsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB in Betracht kommt. Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte dem Kläger die Nutzungsmöglichkeit der streitgegenständlichen Domain unter Beteiligung an der Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB entzogen hat; sofern er Opfer krimineller Datenbank-Manipulationen durch Dritte geworden ist, wovon er bei seiner persönlichen Anhörung im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausging, können sich seine deliktischen Ansprüche nur gegen die jeweiligen Tatbeteiligten richten (§ 830 BGB). Die Hilfsanträge sind unzulässig, weil für sie unter den im Streitfall gegebenen Umständen ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1.
Einen dinglichen Beseitigungsanspruch hat der Kläger nicht. Zwar genießen, wie das Landgericht an sich zutreffend angenommen hat, nach der ganz herrschenden Meinung, die der Senat in ständiger Rechtsprechung teilt, außer dem Eigentum – analog § 1004 BGB – alle absoluten Rechte und sonstigen deliktisch geschützten Rechtsgüter im Sinne des § 823 BGB (einen so genannten quasinegatorischen) Schutz vor störenden Beeinträchtigungen (vgl. dazu Jauernig, BGB, 10. Aufl., § 1004 Rdn. 2; Palandt/ Bassenge, BGB, 69. Aufl., § 1004 Rdn. 4; jeweils m.w.N.). Zu Unrecht entnimmt die Zivilkammer aber der Entscheidung des BVerfG, Beschl. v. 24.11.2004, 1 BvR 1306/02 (WM 2005, 149 = NJW 2005, 589 – adacta.de ), diese Voraussetzungen seien mit Blick auf die Inhaberschaft einer jedweden Internet-Domain ohne Weiteres gegeben. Das Bundesverfassungsgericht erörtert in der zitierten Entscheidung den Eigentumsbegriff des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, der mit dem privatrechtlichen nicht identisch ist, sondern – entsprechend dem Schutzzweck der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt – auch obligatorische Forderungen umfasst, die auf dem Abschluss von Verträgen beruhen (vgl. BVerfG aaO juris-Rdn. 8; eingehend BVerfG, Beschl. v. 09.01.1991 – 1 BvR 929/89, BVerfGE 83, 201, juris-Rdn. 35 f. – Vorkaufsrecht ; ferner ErfKommArbR/Dieterich, 10. Aufl., GG Art. 14 Rdn. 4, m.w.N.). Mit Recht weist Utz (MMR 2006, 469, 471) in seiner ablehnenden Anmerkung zu der Entscheidung des OLG Köln, Urt. v. 17.03.2006 – 6 U 163/05 (MMR 2006, 469 = OLG-Rp 2006, 659 – investment.de ), in der die gleiche Schlussfolgerung gezogen wird wie in dem hier angefochtenen Urteil, darauf hin, dass nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts in den Schutzbereich des Art. 14 GG unter anderem schuldrechtliche Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter sowie der Anspruch des Verkäufers gegen den Käufer auf Zahlung des Kaufpreises und Abnahme der Waren fallen, weshalb allein die Zuerkennung einer mit dem Eigentum im Sinne des Grundgesetzes gleichgestellten Vermögensposition keineswegs deren Anerkennung als sonstiges Recht nach dem Verständnis von § 823 Abs. 1 BGB präjudiziert, das – gemäß der nahezu einhelligen Auffassung (vgl. hierzu Palandt/Sprau aaO, § 823 Rdn. 11) – nicht durch schuldrechtliche Forderungen begründet wird.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung geht übereinstimmend davon aus, dass der Inhaber einer Internet-Adresse an der jeweiligen Domain kein absolutes Recht erwirbt, sondern als Gegenleistung für die der D… oder einer anderen Vergabestelle zu zahlende Vergütung ein – relativ wirkendes – vertragliches Nutzungsrecht von regelmäßig unbestimmter Dauer erhält (vgl. BVerfG [ adacta.de ] aaO juris-Rdn. 9; BGH, Beschl. v. 05.07.2005, VII ZB 5/05, WM 2005, 1849 = MMR 2005, 685, juris-Rdn. 7 ff.; BFH, Urt. v. 19.10.2006, III R 6/05, BFHE 215, 222 = BStBl. II 2007, 301, juris-Rdn. 20). Denn die ausschließliche Stellung des Nutzers, die darauf beruht, dass eine Internet-Domain – im Kern eine bloße technische Adresse im Internet – von der zentralen Registrierungsstelle nur einmal vergeben wird, ist allein technisch bedingt; eine derartige – rein faktische – Ausschließlichkeit begründet noch kein absolutes Recht (vgl. BGH aaO; BFH aaO). Dem steht nicht entgegen, dass eine Domain bei rein wirtschaftlicher Betrachtung, wie sie im Steuerrecht vorzunehmen ist, mit einem gewerblichen Schutzrecht in gewisser Weise inhaltlich vergleichbar erscheint. Ein unabweisbares Bedürfnis, den Anwendungsbereich des quasinegatorischen Rechtsschutzes auf rechtliche Positionen zu erstrecken, die weder absolute Rechte noch sonstige deliktisch geschützten Rechtsgüter betreffen, ist nicht ersichtlich. Sobald an einer Internet-Domain Namens-, Firmen-, Marken- oder vergleichbare Kennzeichnungsrechte existieren, genießt deren Inhaber bereits aufgrund spezieller Vorschriften auch unmittelbaren Schutz gegenüber Dritten. Dass dies im Streitfall nicht zutrifft, weil die hier verfahrensgegenständliche Domain aus einem Begriff des allgemeinen Sprachgebrauchs besteht, der für sich genommen keinerlei Kennzeichnungskraft hat und dem eine solche auch nicht infolge Verkehrsgeltung zukommt, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. In gleicher Weise muss hingenommen werden, dass die zentrale Registrierungsstelle, sollte sie mit Blick auf ein und dieselbe Domain verschiedenen Personen gegenüber vertraglich verpflichtet sein, ähnlich wie ein Vermieter im Falle der Doppelvermietung nur eines der Rechtsgeschäfte tatsächlich erfüllen kann; dies ergibt sich aus der Natur schuldrechtlicher Beziehungen, die nicht vertretbare Gegenstände betreffen. Derjenige, dem gegebenenfalls nur Schadensersatzansprüche in Geld verbleiben, ist im Übrigen keineswegs vollständig von der Nutzung des Internets ausgeschlossen; bereits geringfügige Änderungen oder Zusätze wie beispielsweise in „ g… e .de „, „ g… er .de „, „ g… -c… .de “ oder „ s…- g….de “ führen zu möglichen Domain-Alternativen sogar noch unterhalb derselben Top-Level-Domain.

2.
Gleichermaßen ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf den § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB als Anspruchsgrundlage (GA I 55). Denn die Beklagte hat auf seine Kosten nichts rechtsgrundlos erlangt. Als Bereicherungsgegenstand im Sinne des Kondiktionsrechts kommt allein ein Vorteil auf Seiten des Begünstigten in Betracht, der dessen wirtschaftliches Vermögen vermehrt hat (vgl. dazu Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 812 Rdn. 8, m.w.N.). Hierzu gehören gewiss Rechtsscheinstatbestände, die einen Rechtsverlust für den wahren Berechtigten zur Folge haben können, wie sie sich etwa aus unrichtigen Grundbucheintragungen, Erbscheinen oder Abtretungsanzeigen ergeben (vgl. aaO Rdn. 9). Die Eintragungen in die W…-Datenbank der D… genießen allerdings, worauf der Kläger selbst völlig zutreffend hingewiesen hat, weder öffentlichen Glauben noch ermöglichen sie sonst einen gutgläubigen Erwerb von Rechten an einer Internet-Domain. Sie haben auch keinerlei konstitutive Wirkungen. Bei der D…-Datenbank handelt es sich um ein rein privates Verzeichnis der Vertragspartner der Domain-Vergabestelle. Die Veröffentlichung eines Teils der Daten, darunter der Namen des Domain-Inhabers ( descr/holder ) und seines administrativem Ansprechpartners ( admin-c ), erfolgt nach dem eigenen Verständnis der D…, erstens um die Erreichbarkeit des Inhabers bei technischen Schwierigkeiten zu gewährleisten, die durch die Domain beziehungsweise deren Nutzung verursacht werden und andere behindern können, sowie zweitens damit im Falle einer von der Domain ausgehenden Rechtsverletzung festgestellt werden kann, wer eventuell in Anspruch zu nehmen ist (vgl. dazu die FAQ für Domain-Inhaber unter dem URL http://www. d…. de/f…/403/247.html?cH…=c2447d1bfd). Auch unter Berücksichtigung dessen drohen für die rechtliche Position des Klägers keinerlei Gefahren, wenn sich jemand derzeit statt an ihn an die Beklagte wendet. Mit öffentlichen Katastern und Baulastenverzeichnissen, deren Berichtigung – nach verbreiteter Auffassung (vgl. dazu BeckOK-BGB/Fritzsche, Edition 17, § 1004 Rdn. 116, m.w.N.) – gemäß § 1004 BGB verlangt werden können soll, hat die W…-Datenbank der D… nichts gemein.

3.
Die klägerischen Hilfsanträge, über die das Landgericht – aus seiner Sicht völlig zutreffend – nicht entschieden hat, sind mangels Rechtsschutzinteresse bereits unzulässig. Beide zielen im Kern darauf ab festzustellen, ob der Kläger oder die Beklagte hinsichtlich der streitgegenständlichen Internet-Domain Vertragspartner der D… ist. Dabei handelt es sich um Drittrechtsverhältnisse. Gemäß der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung können auch solche den Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO bilden, falls sie zugleich für die rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien untereinander von Bedeutung sind und der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Klärung hat (vgl. hierzu Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 256 Rdn. 9; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 256 Rdn. 3b; m.w.N.). Bejaht wird dies – im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts – regelmäßig dann, wenn zwei Parteien miteinander kollidierende Rechte gegen einen Dritten geltend machen, weil dadurch zwischen den beiden Forderungsprätendenten ein Rechtsverhältnis begründet werde (vgl. BGH, Urt. v. 29.06.1987, II ZR 198/86, WM 1987, 1207 = NJW-RR 1987, 1439). Dahinter steht jedoch die Erwägung, dass sich mit einem solchen – quasi vorweggenommenen – Prätendentenstreit praktisch ausreichend Rechtssicherheit schaffen lässt, ohne dass der Schuldner in einen Zivilprozess verwickelt werden muss. Das mag im Allgemeinen zutreffen. Im Streitfall ergeben sich indes zwei Besonderheiten: Erstens handelt es sich nicht um einen bloßen Gläubigerstreit im Sinne des § 75 ZPO, der eine (einmalige) Leistung zu Gegenstand hat, die vom Schuldner unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt werden könnte; es geht vielmehr um die Klärung der Frage, welche der beiden Prozessparteien Partner – also Gläubiger und Schuldner – eines laufenden Dauerschuldverhältnisses ist. Zweitens hat zwischen dem Kläger und der D… schon ein Rechtsstreit vor dem LG Frankfurt a.M. begonnen, in dem – unter anderem – dem hiesigen Beklagten und ihrem Geschäftsführer persönlich den Streit verkündet wurde und der in erster Instanz zu Gunsten der Domain-Vergabestelle ausgegangen ist. In einer derartigen Konstellation vermag die Zulassung einer Feststellungsklage betreffend das Drittverhältnis den Prozessaufwand keineswegs mehr zu vermindern und den gerichtlichen Rechtsschutz zu effektivieren, sondern würde zu einem ganz erheblichen prozessualem Mehraufwand führen und könnte divergierende gerichtliche Entscheidungen zur Folge haben. Dann würde sich die Domain-Vergabestelle gewiss nach dem Urteil richten, das ihr gegenüber Rechtskraftwirkungen entfaltet und sie selbst auch im Verhältnis zu beiden Parteien des vorliegenden Rechtsstreits absichert.

B.
Der am 06. September 2010 eingegangene – nicht nachgelassene – Anwaltsschriftsatz des Klägers vom 03. September 2010 (GA II 232 ff.) gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO). Der Senat kommt auch unter Berücksichtigung der darin enthaltenen Ausführungen zu keinem abweichenden Ergebnis. Die Voraussetzungen des § 156 Abs. 2 ZPO, bei deren Vorliegen die mündliche Verhandlung zwingend wiederzueröffnen ist, sind im Streitfall nicht gegeben.

C.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Danach hat der Kläger als unterliegende Partei die gesamten Verfahrenskosten zu tragen.

D.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils ergibt sich aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Art und Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat nach § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken.

E.
Die Revision wird vom Senat – unbeschränkt – zugelassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO i.V.m. § 133 GVG). Der Ausgang des vorliegenden Rechtstreits hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob das Recht auf Nutzung einer Internet-Domain, obwohl der Berechtigte an Letzterer weder Eigentum noch ein sonstiges absolutes Recht erwirbt, ohne weiteres den Schutz des § 823 BGB genießt, so dass – analog § 1004 Abs. 1 BGB – quasinegatorische Beseitigungs- beziehungsweise Unterlassungsansprüche mit Erfolg geltend gemacht werden können. In der Entscheidung des OLG Köln, Urt. v. 17.03.2006, 6 U 163/05 (MMR 2006, 469 = OLG-Rp 2006, 659 – investment.de) wird dies bejaht. Dem haben sich das Landgericht Düsseldorf (Urt. v. 19.08.2009, 34 O 16/09, BeckRS 2010, 05759) und – ohne eine Anspruchsgrundlage explizit zu benennen – wohl auch das Landgericht Köln (Urt. v. 08.05.2009, 81 O 220/08, K&R 2009, 511 = GRUR-RR 2009, 260 m. Anm. v. Terhaag) angeschlossen. Der Senat vermag dem aus den oben erörterten Gründen nicht beizutreten. Er hält die Position des rechtmäßigen Domain-Inhabers ebenfalls nicht für vergleichbar mit der eines Besitzers, dem das Recht zum Besitz schuldrechtlich, etwa durch einen Miet- oder Pachtvertrag, gewährt wurde. Denn der berechtigte Besitz wird in einer solchen Konstellation – worauf Utz (MMR 2006, 469, 471) zutreffend hinweist – als Erfolg des Nutzungsvertrags eingeräumt, wogegen die Nutzungsrechte an einer Domain die schuldrechtlichen Forderungen selbst darstellen. Anders liegt der Sachverhalt, wenn – was hier nicht zutrifft – dem jeweiligen Anspruchsteller zugleich Namensrechte an der Domain zustehen (vgl. dazu OLG Nürnberg, Urt. v. 05.06.2001, 3 U 817/01, abrufbar u.a. unter der URL http://www. jurpc.de/rechtspr/20020357.pdf).

F.
Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug beträgt € 25.000,00 (§ 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die vom Kläger geltend gemachten Hilfsansprüche bleiben schon deshalb streitwertneutral, weil über sie keine Sachentscheidung ergeht (arg. e c. § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG; vgl. dazu Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 2. Aufl., GKG § 45 Rdn. 19; Hartmann, KostG, 38. Aufl., GKG § 45 Rdn. 30). Unabhängig davon betreffen sie denselben Gegenstand wie der Hauptanspruch und haben keinen höheren Wert als dieser (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).

Vorinstanz:
LG Potsdam, Az. 8 O 458/08

I