OLG Celle: Gesellschafter einer „Limited“ (Ltd.) haften persönlich, wenn die Gesellschaft erloschen ist / Automatische Umwandlung in oHG oder GbR

veröffentlicht am 6. Juli 2012

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Celle, Beschluss vom 29.05.2012, Az. 6 U 15/12
§ 128 S. 1 HGB

Wird eine sog. Limited-Gesellschaft (Ltd.) im Ausland aufgelöst und sind die Gesellschafter in Deutschland weiterhin gewerblich tätig, so haften die Gesellschafter persönlich weiter als Teil einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Dies hat das OLG Celle entschieden. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Celle

Beschluss

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag ist unbegründet.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO).

Die Klägerin hat gegen die Liquidationsgesellschaft, welche mit dem Tod des Ehemannes der Beklagten an die Stelle der Gesellschaft bürgerlichen Rechts getreten ist (§ 727 Abs. 1 Halbs. 1, § 730 Abs. 2 Satz 1, § 733 Abs. 1 Satz 1 BGB), die an die Stelle der A. Solar G.technik Ltd. getreten war, Anspruch auf Werklohn für die Montage von Photovoltaikanlagen bei den Bauherren G. in … in Gesamthöhe von 29.267,86 EUR aus den Verträgen über die Montagen zwischen ihr und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vertreten durch den verstorbenen Ehemann der Beklagten, (§ 631 Abs. 1 Halbs. 2 BGB), für welche Verbindlichkeiten die Beklagte als Gesellschafterin der Gesellschaft bürgerlichen Rechts haftet (entsprechend § 128 Satz 1 HGB).

1.
Der Anspruch ist entstanden.

a)
Die Werkverträge sind zwischen dem Kläger und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zustande gekommen.

aa)
Der Kläger durfte die mündlichen Anträge des Ehemannes der Beklagten (§ 145 BGB) zu den Montageverträgen (Seite 2 des Schriftsatzes des Klägers vom 2. Dezember 2011 – Bl. 107 d. A.; Seite 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 24. November 2011 – Bl. 103 d. A.), die er angenommen hat (§ 147 Abs. 1 Satz 1 BGB), den Umständen nach (§ 164 Abs. 1 Satz 2 BGB) so verstehen, dass dieser sie im Namen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts machte, welche die Geschäfte der A. Solar G.technik Ltd. fortführte. Die Anträge zielten auf den Abschluss von auf das Unternehmen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bezogenen Verträgen (vgl. BGH Urt. v. 18. Jan. 1996, III ZR 121/95, zit. nach juris: Rn. 9, 10).

(1)
Die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit der A. Solar G.technik Ltd. durch die Aufträge an den Kläger zwischen Ende Juni und Mitte Dezember 2010 war eine solche der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Dadurch, dass der Registerbeamte (registrar) des Companies House in Cardiff (vgl. Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 11. November 2011 – Bl. 76 d. A.) die A. Solar G.technik Ltd. am 4. Mai 2010 im englischen Register löschte und die Löschung veröffentlichte (Anlage wie vor – Bl. 75 d. A.), hörte dieses Unternehmen nach dem maßgeblichen englischen Recht auf zu bestehen (dazu: LG Duisburg, Beschl. v. 20. Feb. 2007, 7 T 269/06, zit. nach juris: Rn. 10), und die Geschäftstätigkeit unter dessen Namen war von jetzt an diejenige einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. An dem Zusammenschluss der Beklagten und deren Ehemannes zum Erreichen und Fördern der Gewinnerzielung mit Geschäften auf dem Gebiet der Solartechnik insbesondere durch Leisten der vereinbarten Beiträge (§ 705 BGB) als shareholder je zur Hälfte bei einem share capital von 100 englischen Pfund (Anlage wie vor – Bl. 61, 65 f. d. A.) hatte sich nichts geändert (zum Entstehen persönlicher Haftung der Gesellschafter in diesem Falle: LG Duisburg a. a. O. Rn. 12; Cranshaw, jurisPR-InsR 20/2007 Buchst. D), und das Entstehen einer offenen Handelsgesellschaft lässt sich nicht feststellen. Die Gesellschaft ist nicht im deutschen Handelsregister eingetragen und nicht auszuschließen, dass der Umfang ihrer Geschäfte keinen kaufmännisch eingerichteten Gewerbebetrieb erforderte (§ 1 Abs. 2, § 105 Abs. 2 Satz 1 HGB).

(2)
Unerheblich ist, dass die A. Solar G.technik Ltd., als sie zu bestehen aufhörte, und jetzt noch Eigentum in Deutschland hat in Gestalt von sechs Modulen. Ihre Geltung als fortbestehend in Form einer deutschen Rest- und Spaltgesellschaft (hierzu: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10. Mai 2010, 24 U 160/09, zit. nach juris: Rn. 6, 7) ermöglicht nicht, im Namen dieser Gesellschaft neue Verbindlichkeiten einzugehen. Die Rechtsfigur vorbezeichneter Gesellschaft soll nur verhindern, dass Vermögen einer englischen Gesellschaft, die es nicht mehr gibt, in Deutschland „herrenlos“ wird, und die Liquidation im Interesse der Gläubiger der englischen Gesellschaft ermöglichen, die sich nur auf Vermögen erstreckt, das die englische Gesellschaft hatte, als sie zu bestehen aufhörte (§ 11 Abs. 3 Fall 1 InsO).

(3)
Das Vorbringen der Beklagten, das Handeln ihres Ehemannes sei nur auf Vermittlung von Werkverträgen zwischen den Bauherren und dem Kläger gerichtet gewesen, ist ohne die notwendige Substanz. Es setzt sich nicht mit den Auftragsbestätigungen und Rechnungen für die Solaranlagen auseinander, welche der Kläger (Anlagen zum Schriftsatz vom 11. November 2011 – Bl. 91 – 98 d. A.) vorgelegt und die A. Solar G.technik Ltd. den Bauherren erteilt hat.

bb)
Dem Ehemann der Beklagten stand die Vertretungsmacht zu, für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Verträge mit dem Kläger zu schließen. Seine Vertretungsmacht als Organ der A. Solar G.technik Ltd. [Director 1 (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 11. November 2011 – Bl. 64 d. A.); Nr. 23 – 27 Articles of Association, Anlage wie vor – Bl. 67, 71 f. d. A.)] wirkte fort. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist, wie ausgeführt, mit dem Untergang der A. Solar G.technik Ltd. an deren Stelle getreten.

b)
Der Anspruch besteht in der geltend gemachten Höhe. Die Beklagte ist der Behauptung des Klägers, ihr Ehemann und er hätten stets 46 € netto je Standardmodul und ansonsten 200 € netto je installierte kWp-Leistung vereinbart, nicht entgegengetreten. Ihr Bestreiten mit Nichtwissen ist unzulässig (§ 138 Abs. 4 ZPO). Die Vergütungsvereinbarungen zwischen ihrem Ehemann und dem Kläger sind Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung. Dazu genügt die Wahrnehmbarkeit (s. Baumbach, ZPO, 70. Aufl., § 138 Rn. 51, 53), welche die Beklagte hatte. Als Mitgesellschafterin der A. Solar G.technik Ltd. war sie solche der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geworden, als welche sie sich über deren Geschäfte hätte in Kenntnis setzen können.

2.
Weder mindert der Anspruch sich noch ist er ganz oder teilweise erloschen. Das Bestreiten seitens der Beklagten, dass der Kläger seine Leistungen ordnungsgemäß erbracht habe, bewirkt dieses nicht. Die Beklagte hat Mängel der Werke des Klägers im Einzelnen nicht dargetan und Gegenrechte, die sie geltend machen will, nicht bezeichnet.

3.
Der Anspruch ist fällig (§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auf die Abnahme der Werke des Klägers durch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts kommt es nicht an. Die Beklagte erhebt keine Ansprüche auf Nacherfüllung gegen den Kläger.

I