OLG Celle: Zuwarten von 6 Wochen nach Abmahnung lässt ohne besondere Umstände die Dringlichkeit eines Antrags auf einstweilige Verfügung entfallen

veröffentlicht am 2. April 2014

OLG Celle, Beschluss vom 20.01.2014, Az. 13 W 100/13
§ 12 Abs. 2 UWG

Das OLG Celle hat entschieden, dass die Dringlichkeit für die Geltendmachung eines Verfügungsanspruchs nicht gegeben ist, wenn der Antrag auf Erlass der Verfügung erst mehrere Wochen nach Abmahnung und einer dort gesetzten kurzen Frist erfolgt. Vorliegend hatte die Antragstellerin unter dem 25. Oktober mit Fristsetzung zum 31.  Oktober abgemahnt, einen Verfügungsantrag jedoch erst am 05. Dezember gestellt. Dies sei bei einer nicht komplexen Materie zu lang. Das Warten auf die Zusage eines Rechtsschutzversicherers rechtfertige das lange Zuwarten ebenfalls nicht, soweit keine wirtschaftliche Notlage vorliege. Zitat:


„Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ist vorliegend die Dringlichkeitsvermutung widerlegt. Die Antragstellerin hatte spätestens seit dem 22. Oktober 2013 Kenntnis von der Änderung der Bewertung für ihr Geschäft nach Übernahme des Internetportals durch die Antragsgegnerin. Dies ergibt sich aus den dem Antrag beigefügten E-Mail-Kontakten. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. Oktober 2013 wurde die Antragsgegnerin unter Fristsetzung zum 31. Oktober 2013 aufgefordert, die negative Bewertung zu entfernen bzw. die früheren positiven Beiträge auf der Internetplattform der Antragsgegnerin auf der ersten Seite zu veröffentlichen. Gleichzeitig wurde die Antragsgegnerin auf die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist hingewiesen. Nachdem eine Reaktion der Antragsgegnerin nicht erfolgte, erbat die Antragstellerin mit weiterem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 1. November 2013 unter erneuter Fristsetzung zum 5. November 2013 eine Stellungnahme. Auch in diesem Schreiben wurde erneut auf die Notwendigkeit der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe hingewiesen. Die Antragsgegnerin lehnte mit E-Mail vom 8. November 2013 den geltend gemachten Anspruch ab. Sie teilte mit, dass es ihr freistehe, die Inhalte, die von den Nutzern auf der Plattform hinzugefügt werden, zu veröffentlichen, sie habe auch die Freiheit, Entscheidungen hinsichtlich der Veröffentlichung zu treffen. Die Antragstellerin stellte erst am 5. Dezember 2013 den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung. Einen nachvollziehbaren Grund für das über einen Monat andauernde Zuwarten seit Kenntnis der behaupteten Verletzung hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Antragstellerin nach Ablauf der von ihr gesetzten Frist zum 31. Oktober nicht alsbald den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung stellte, sondern der Antragsgegnerin eine weitere Frist setzte, obwohl diese auf das Schreiben vom 25. Oktober 2013 nicht reagiert hatte und damit offensichtlich nicht einlenkungsbereit war. Es ist ferner nicht nachvollziehbar dargetan, warum die Antragstellerin nach der eindeutigen E-Mail der Antragsgegnerin vom 8. November 2013 bis zum 5. Dezember 2013 mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zuwartete. Die streitgegenständliche Materie ist weder besonders komplex noch schwierig, so dass die Abfassung der Antragsschrift kurzfristig, jedenfalls innerhalb weniger Tage hätte erfolgen können. Dies lässt sich der Antragsschrift entnehmen, die im Wesentlichen die Schilderung des überschaubaren, bekannten Sachverhalts enthält und diesem eine kurze rechtliche Würdigung zum Verfügungsanspruch anfügt. Soweit die Antragstellerin auf den Versuch eines telefonischen Kontakts mit der Antragsgegnerin zur Erklärung des Zeitverlustes verweist, vermag dies an der Beurteilung nichts zu ändern. Es war schriftlich eine Frist gesetzt worden, die weitere Vorgehensweise war angekündigt und die Antragsgegnerin hatte hierauf nicht reagiert, so dass es keinen plausiblen Grund dafür gab, ein fernmündlicher Kontakt könnte ein Einlenken der Antragsgegnerin bewirken. Im Übrigen erklärt dies auch nicht den nach Ablehnung der Ansprüche durch die Antragsgegnerin am 8. November 2013 weiteren Zeitraum des Zuwartens von fast einem Monat.

Die Antragstellerin kann sich ferner nicht darauf berufen, sie hätte zunächst eine Deckungszusage ihrer Rechtsschutzversicherung für die Kosten des Verfahrens abwarten müssen. Eine wirtschaftliche Notsituation hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Eine solche ist im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin – wie sich aus ihrer E-Mail vom 22. Oktober 2013 ergibt – jedenfalls Inhaberin von zwei Geschäften ist, auch nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus erklärt die Antragstellerin auf Seite 5 unten ihrer Beschwerdebegründung, sie habe die Kosten eines Gerichtsverfahrens nicht zusätzlich auf sich nehmen wollen. Dies rechtfertigt es nicht, mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zuzuwarten, sondern lässt vielmehr erkennen, dass es der Antragstellerin selbst nicht so eilig war und widerlegt die Vermutung der Eilbedürftigkeit.“

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