OLG Düsseldorf: Die Bezeichnung des Konkurrenzprodukts als „Sondermüll“ ist ein unzulässiger Werbevergleich

veröffentlicht am 3. September 2015

OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.03.2014, Az. I-20 U 151/13
§ 8 Abs. 1 UWG, § 3 UWG, § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass ein Informationsschreiben eines Unternehmens an Fachkreise für Wärmedämmverbundsysteme, welches ein Produkt eines Mitbewerbers als „Dämmfalle“ und „Sondermüll“ bezeichnet, einen unzulässigen Werbevergleich enthält. Der Mitbewerber, der durch die konkrete Nennung seines Produkts identifizierbar sei, werde dadurch in unlauterer Weise herabgewürdigt. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 17. Juli 2013 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg teilweise abgeändert und zwar dahingehend, dass die Verurteilung zur Unterlassung der Werbung mit dem Vorteil „maximal sicher“ in Ziffer 2. entfällt. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin zu 9/10 und dem Antragsteller zu 1/10 auferlegt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist ein Verband, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört. X. ist die Abkürzung für X…, ein Schaumstoff, der beispielsweise unter der Marke „Z.“ vertrieben wird. Derartige Schaumstoffplatten finden in Wärmedämmverbundsystemen im Bereich der Außenwanddämmung Verwendung. Die Beklagte ist ein Anbieter von Baustoffen. Sie vertreibt unter der Bezeichnung „Y.“ eine poröse Mineraldämmplatte auf Calciumsilikatbasis, die als Wärmedämmverbundsystem im Bereich der Außenwanddämmung an der Stelle von Schaumstoffplatten aus X., aber auch im Bereich der Innenwanddämmung zum Einsatz kommen kann.

Unter dem Datum des 10. April 2013 versandte die Beklagte das im Tenor der landgerichtlichen Entscheidung wiedergegebene Kundeninformationsschreiben bundesweit an potentielle Abnehmer aus dem Kreis der mit der Verarbeitung von Wärmedämmverbundsystemen befassten Firmen des Malerhandwerks. In diesem Schreiben nimmt sie einleitend im ersten Absatz auf einen beigefügten Sonderdruck der Zeitschrift „C.“ Bezug, in dem über die Risiken bei der Verwendung von X. im Wärmeverbundsystem berichtet werde. In dem Sonderdruck wird X. als „Dämmfalle“ und „Sondermüll“ bezeichnet. Der Bericht – so das Schreiben weiter – zeige deutlich, dass Z. als Dämmmaterial in vielerlei Hinsicht nicht optimal sei. Der nachfolgende Absatz beginnt mit den Worten „mit Y. steht Ihnen als Maler-Profi ein energieeffizientes Wärmedämmverbundsystem zur Verfügung“, wobei das Produkt im Folgenden mit den Adjektiven „energieeffizient“, „extrem leicht“, „schnell zu verarbeiten“, „zu 100% recycelbar“, „hochwertig“, „langlebig“, „wartungsfrei“ und „maximal sicher“ beschrieben wird.

Der Antragsteller, der hierin eine unzulässige vergleichende Werbung sieht, hat die Antragsgegnerin auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Antragsgegnerin zur Unterlassung der Bewerbung ihres Produkts „Y.“ verurteilt, wenn sie einen Vergleich mit dem Dämmstoff-Produkt X. herstellt und dieses als „Dämmfalle“ oder „Sondermüll“ bezeichnet oder ihrem Produkt im Rahmen des Vergleichs einen Vorteil in den Bereichen Energieeffizienz, Leichtheit, Verarbeitbarkeit, Recycelbarkeit, Hochwertigkeit, Langlebigkeit, Wartungsfreiheit und Sicherheit zuweist, wenn dies wie in der Kundeninformation geschieht. Zur Begründung hat es ausgeführt, es handele sich um eine wettbewerbswidrige vergleichende Werbung. Der Vergleich ergebe sich aus der Nennung beider Produkte. Die Bezeichnung eines Konkurrenzproduktes als „Dämmfalle“ oder „Sondermüll“ sei unter dem Gesichtspunkt der Herabsetzung unzulässig. Dass das Produkt „Y.“ bei den ihm zugeschriebenen Eigenschaften Vorteile gegenüber X. aufweise, behaupte die Antragsgegnerin selbst nicht.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung. Sie trägt vor, der Antrag sei bereits nicht hinreichend bestimmt. Daran ändere auch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform nichts, weil das Kundeninformationsschreiben den im Obersatz beschriebenen Vergleich gerade nicht enthalte. Dort berichte sie im ersten Absatz lediglich über die Titelstory der Zeitschrift „C.“. Dies erfülle die in der Entscheidung „Coaching-Newsletter“ aufgestellten Voraussetzungen für eine vergleichende Werbung nicht. Danach stelle sie dann ihr Produkt „Y.“ vor und bewerbe es mit einzelnen positiven Produktmerkmalen. Wegen Fehlens eines Verfügungsgrundes könne der Antragsteller den Antrag zu Ziffer 2. auch nicht alternativ auf Irreführung, § 5 UWG, stützen, da insoweit die notwendige Dringlichkeit jetzt nicht mehr gegeben sei. Es fehle aber auch ansonsten an einem Verfügungsgrund. Durch die Einreichung bei dem örtlich unzuständigen Landgericht K., um sich durch den kurzen Weg für ihre Verfahrensbevollmächtigten einen taktischen Vorteil zu verschaffen, habe der Antragsteller gezeigt, dass es ihm nicht in erster Linie auf eine zügige Prozessführung ankomme.

Die Antragsgegnerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 17.07.2013, Az.: 26 O 24/13, aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Antragsteller verteidigt das landgerichtliche Urteil. Der Antrag genüge dem Konkretisierungsgebot; das als konkreter Verletzungsfall in Bezug genommene Kundeninformationsschreiben enthalte einen Vergleich. Es bestehe nicht aus zwei Teilen, sondern bilde eine einheitliche Aussage, bei der dem im ersten Absatz als „Sondermüll“, „Dämmfalle“ und „in vielerlei Hinsicht nicht optimalen“ Produkt X. im zweiten Absatz das Alternativprodukt „Y.“ als mit einer „Menge wichtiger Vorteile“ versehen gegenübergestellt werde.

Im Rahmen der Erörterung hat der Senat die Parteien darüber in Kenntnis gesetzt, dass er die Auffassung des Landgerichts im Wesentlichen teile. Es handele sich um vergleichende Werbung, der Vergleich ergebe sich aus der Gegenüberstellung der Produkte. Dabei werde der Eindruck erweckt, Y. komme bei den genannten Eigenschaften eine Vorrangstellung gegenüber X. zu. Sie sei jedoch nicht dargetan. Eine Ausnahme bilde insoweit lediglich die Eigenschaft „maximal sicher“; hier ergebe sich der Vorrang bereits aus dem eigenen Vortrag des Antragstellers, da ein Produkt der Brandschutzklasse A 1 sicherer sei als eines der Brandschutzklasse B 1. Für die Frage der Dringlichkeit sei es ohne Belang, dass die Irreführung im Rahmen eines Vergleichs von § 5 UWG erfasst werde; die Subsumtion des Lebenssachverhalts sei allein Sache des Gerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, Bl. 149 ff. d. GA., wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg.

Der Unterlassungstenor ist hinreichend bestimmt. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten. Ein Verbotsantrag darf nicht derart undeutlich gefasst sein, dass sich der Beklagte nicht erschöpfend verteidigen kann und es in der Zwangsvollstreckung, wenn dem im Erkenntnisverfahren gestellten Antrag Rechnung getragen würde, die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre (BGH, GRUR 1998, 489, 491 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III). Vorliegend ist der Tenor schon deshalb hinreichend bestimmt, weil er auf die konkrete Verletzungsform Bezug nimmt und auf sie allein. Die Frage, ob in das in Bezug genommene Kundeninformationsschreiben einen Vergleich der Produkte X. und Y. enthält, ist keine Frage der Bestimmtheit, sondern der Begründetheit des Antrags.

Der Antragsteller ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG prozessführungs- und anspruchsberechtigt. Die Voraussetzungen der Zugehörigkeit einer erheblichen Zahl von Unternehmen, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und einer für die Wahrnehmung seiner satzungsgemäßen Aufgabe erforderlichen personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung erfüllt der Antragsteller als Verband der Hersteller von X., der der Dämmstoff mit dem größten Marktanteil sein dürfte, fraglos, was auch die Antragsgegnerin nicht in Zweifel zieht.

Der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund ist gegeben; die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist nicht widerlegt. Das bisherige Verhalten des Antragstellers rechtfertigt nicht den Rückschluss, dass ihm die Sache selbst nicht so wichtig ist. Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass die Zeitspanne zwischen der Erlangung der Kenntnis von der Person der Verletzers und den maßgeblichen Umständen der Verletzungshandlung bis zur Einreichung des Verfügungsantrags in Fällen durchschnittlicher Bedeutung und Schwierigkeit sowie mittleren Umfangs zwei Monate betragen darf, diese Dauer aber auch nicht überschreiten soll (GRUR-RR 2011, 315, 316 – Staubsaugerbeutel; NJWE-WettbR 1999, 15; ebenso: Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rn. 76, m. w. Nachw.). Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist am 13. Mai 2013 und mithin gut einen Monat nach der Versendung des streitgegenständlichen Schreibens eingereicht worden.

Die Anrufung des unzuständigen Landgerichts K. ist nicht geeignet, zu zeigen, dass die Sache dem Antragsteller selbst nicht so eilig ist. Das Verkennen, dass der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UWG für ihn als Verband nicht gilt, war ein Fehler, kein Ausdruck eines bewusst nachlässigen Betreibens. Doch selbst wenn der Antragsteller das Landgericht K. in Kenntnis seiner Unzuständigkeit angerufen haben sollte, wäre dies nicht in dem Bestreben geschehen, die Sache durch eine Verweisung an das zuständige Gericht zu verzögern, sondern in der Hoffnung, die Unzuständigkeit werde vom Gericht nicht erkannt und die einstweilige Verfügung rasch erlassen.

Das Auswechseln der Norm, auf die der Antragsteller die Wettbewerbswidrigkeit des mit dem Antrag zu Ziffer 2. angegriffenen Verhaltens stützt, ist für die Frage der Dringlichkeit ohne Bedeutung. Es kann dahinstehen, ob das späte Auswechseln der Begründung, auf die die Wettbewerbswidrigkeit eines bestimmten Handelns gestützt wird, die Dringlichkeit entfallen lassen kann. Vorliegend hat der Antragsteller nicht die Begründung ausgewechselt. Er hat lediglich das unverändert mit der Begründung beanstande Verhalten, der Vergleich erwecke den Eindruck, Y. käme bei den genannten Eigenschaft der Vorrang vor X. zu, im Rahmen der rechtlichen Würdigung auch unter § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG subsumiert. Dies ist schon deswegen unschädlich, weil die rechtliche Subsumtion eines aus einem konkreten Grund beanstandeten Verhaltens allein Sache des Gerichts ist. Der Senat wäre auch dann nicht gehindert, ein Verbot auf § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG zu stützen, wenn sich der Antragsteller nie auf diese Norm, sondern immer nur auf § 6 Abs. 2 UWG berufen hätte (vgl. BGH, GRUR 2014, 91 Rn. 14 – Treuepunkte-Aktion).

Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Zu dem Lebenssachverhalt, der die Grundlage für die Bestimmung des Streitgegenstands bildet, rechnen alle Tatsachen, die bei einer natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören. Ob der vorgetragene Lebenssachverhalt die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen erfüllt, ist ohne Bedeutung. Die rechtliche Würdigung der beanstandeten konkreten Verletzungshandlung ist allein Sache des Gerichts (BGH, GRUR 2014, 91 Rn. 15 – Treuepunkte-Aktion).

Der Antragsteller hat gegenüber der Antragsgegnerin einen Anspruch auf Unterlassung der Bezeichnung von X. als „Dämmfalle“ oder „Sondermüll“ im Rahmen eines Produktvergleichs mit „Y.“ aus § 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG.

Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft. Nach § 6 Abs. 1 UWG ist vergleichende Werbung jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Aus Art. 4 lit. b der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung folgt zudem, dass für den Verkehr erkennbar sein muss, dass die verglichenen konkurrierenden Produkte einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit aufweisen.

Vergleichende Werbung im Sinne des § 6 Abs. 1 UWG setzt daher neben dem Erkennbarmachen konkreter Wettbewerber zwingend einen Vergleich der von diesen angebotenen, hinreichend austauschbaren Produkte voraus (BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 18 – Coaching-Newsletter). Für ein Erkennbarmachen reicht eine Bezugnahme auf eine Warengattung aus, wenn es möglich ist, den Mittbewerber oder die von ihm angebotenen Waren als diejenigen zu erkennen, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt. Dabei ist es für die Frage, ob die Werbung als vergleichende Werbung anzusehen ist, ohne Bedeutung, wenn mehrere Mitbewerber des Werbenden oder die von ihnen angebotenen Waren oder Dienstleistungen als diejenigen erkennbar werden, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt (EuGH GRUR 2007, 511 Rn 24 – De Landtsheer/CIVC).

Ob eine Werbung ein oder mehrere bestimmte Unternehmen oder die von ihnen gelieferten Waren oder Dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar für den Verkehr als diejenigen erkennbar macht, auf die die Werbeaussage sich konkret bezieht, richtet sich nach der mutmaßlichen Wahrnehmung des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. EuGH GRUR 2007, 511 Rn 23 – De Landtsheer/CIVC; Köhler/Bornkamm, 32. Aufl., § 6 Rn. 79), bei einer sonstige Markteilnehmer gerichteten Werbung, nach deren Wahrnehmung.

Das Kundeninformationsschreiben der Antragsgegnerin war an die mit der Verarbeitung von Wärmedämmverbundsystemen befassten Firmen des Malerhandwerks und damit auch an inhabergeführte Handwerksbetriebe gerichtet. Deren Verständnis kann der Senat selbst beurteilen, da nicht ersichtlich ist, dass diese Fachkreise über besondere Kenntnisse und Erfahrungen für die Beurteilung der Werbeaussage verfügen, die nicht auch ein ständig mit Wettbewerbssachen befasster Spruchkörper nachvollziehen könnte (BGH, GRUR 2004, 244, 245 – Marktführerschaft).

Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze stellt sich das Kundeninformationsschreiben der Antragsgegnerin als ein klassischer Produktvergleich dar. Die Produkte „X.“ und „Y.“ werden einander als die Alternativen im Bereich der Wärmedämmverbundsysteme gegenübergestellt: dort die Dämmfalle und der Sondermüll „X.“, ein in vielerlei Hinsicht nicht optimales Produkt, hier „Y.“, ein Wärmedämmverbundsystem mit einer Menge gewichtiger Vorteile. „Y.“ wird folglich als vorzugswürdige Alternative zu „X.“ präsentiert. Dabei ordnen die mit „X.“ als Dämmmaterial vertrauten Handwerksbetriebe dieses Produkt den im Antragsteller zusammengeschlossenen Herstellern zu. Die Annahme, der Verkehr sehe in der Vorstellung des Produkts „Y.“ eine vom ersten Absatz völlig losgelöste Produktbeschreibung, liegt gänzlich fern.

Die Bezeichnung von X. als „Dämmfalle“ und „Sondermüll“ stellt sich als eine nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG stets unzulässige Herabsetzung der Waren eines Wettbewerbers dar. Anderes behauptet auch die Antragsgegnerin nicht. Dass das Produkt nicht im Schreiben selbst, sondern in dem beigefügten und in Bezug genommenen Pressebericht so bezeichnet wird, ist unerheblich. Wer sich zu Wettbewerbszwecken fremder Äußerungen bedient, macht sich diese zu Eigen (Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 5 Rn. 2.160).

Der Antragsteller hat gegenüber der Antragsgegnerin auch einen Anspruch auf Unterlassung der Bezeichnung von „Y.“ als „energieeffizient“, „extrem leicht“, „schnell zu verarbeiten“, „zu 100% recycelbar“, „hochwertig“, „langlebig“ und „wartungsfrei“ im Rahmen eines Produktvergleichs mit X., soweit „Y.“ als hinsichtlich dieser Eigenschaft X. überlegen dargestellt wird, aus § 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 3 UWG.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält. Dies gilt nach § 5 Abs. 3 UWG auch für Angaben im Rahmen der vergleichenden Werbung. Ein Werbevergleich ist nur zulässig, wenn er nicht irreführend ist (EuGH, GRUR 2007, 69 Rn. 56 – Lidl Belgium/Colruyt; BGH, GRUR 2010, 658 Rn. 14 – Paketpreisvergleich; Senat, GRUR-RR 2012, 218, 220 – Sortenvergleich). Ob eine Werbeaussage unwahre Angaben enthält, richtet sich wiederum nach dem Verständnis der angesprochen Verkehrskreise (vgl. BGH, GRUR 2004, 244, 245 – Marktführerschaft; Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. § 5 Rn. 2.67).

Wie bereits ausgeführt, sehen die angesprochenen Verkehrskreise in dem Kundeninformationsschreiben einen Produktvergleich in Gestalt einer Produktgegenüberstellung. Sie entnehmen dieser Gegenüberstellung die Aussage, dass Produkt „Y.“ weise die im beiliegenden Pressebericht ausgeführten Nachteile von X. nicht auf und sehen in den dem Produkt „Y.“ zugeschriebenen Eigenschaften – energieeffizient, extrem leicht, schnell zu verarbeiten, zu 100% recycelbar, hochwertig, langlebig, wartungsfrei und maximal sicher – eine Konkretisierung der Bereiche, in denen „Y.“ X. überlegen ist.

Der Senat hat vorliegend davon auszugehen, dass eine solche Überlegenheit in den Bereichen Energieeffizienz, Leichtheit, Verarbeitbarkeit, Recycelbarkeit, Hochwertigkeit, Langlebigkeit und Wartungsfreiheit nicht gegeben und die entsprechende Berühmung folglich unwahr ist, da die Antragsgegnerin der Behauptung des Antragstellers zur Gleichwertigkeit des Produkts X. nicht entgegengetreten ist, sondern sich darauf beschränkt hat, darzulegen, dass das Produkt „Y.“ die ausgelobten Eigenschaften besitzt.

Anders stellt sich die Sache allerdings bei der Bezeichnung von „Y.“ als „maximal sicher“ dar. Insoweit behauptet der Antragsteller eine maximale Sicherheit des Produkts „X.“ selbst nicht, sondern nur, dass dieses nicht unsicher sei. Die Aussage „Y.“ sei „maximal sicher“ wird aufgrund des Adverbs „maximal“ aber nicht dahingehend verstanden, X. sei unsicher, sondern nur im Sinne eines höheren Maßes an Sicherheit. Insoweit ist eine Überlegenheit von „Y.“ aber gegeben. „Y.“ ist als rein mineralischer Dämmstoff nicht brennbar (Brandschutzklasse A 1). X. ist hingegen brennbar, mag es auch schwer entflammbar sein (Brandschutzklasse B 1).

Ein auf die Umwelt oder die Gesundheit bezogenes Verständnis von „maximal sicher“ liegt eher fern. Nach dem Kundeninformationsschreiben soll „Y.“ den Kunden der Empfänger „maximale Sicherheit“ bieten, die Schonung der Umwelt wird im selben Absatz als weiterer Vorteil genannt. Dies kann jedoch letztendlich dahinstehen, da die Aussage „maximal sicher“ zumindest auch auf das Brandverhalten bezogen wird, weshalb der Vorsprung in diesem Bereich selbst bei einer Gleichwertigkeit in übrigen sicherheitsrelevanten Bereichen in der Summe ebenfalls einen Vorsprung begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO. Die Werbung mit dem Vorteil einer maximalen Brandsicherheit hat Gewicht, ihre Zulässigkeit muss sich daher in der Kostenentscheidung widerspiegeln. Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht; die Sache ist kraft Gesetzes nicht revisibel, § 542 Abs. 2 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Übereinstimmung mit der unbeanstandet gebliebenen erstinstanzlichen Festsetzung auf 125.000,00 Euro festgesetzt.

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