OLG Frankfurt a.M.: Die Darlegungslast für die Durchführung eines geordneten Testverfahrens liegt beim Tester

veröffentlicht am 27. September 2017

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.08.2017, Az. 16 U 10/15
§ 824 BGB, § 1004 Abs. 1 BGB

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass bei der Abwehr von Tatsachenbehauptungen, die auf einem Produkttestverfahren beruhen, zwar grundsätzlich der Geschädigte die Unwahrheit der Behauptungen zu beweisen hat. Die Darlegungs- und Beweislast für die Durchführung eines geordneten Testverfahrens liege jedoch bei der Institution, welche den Test durchgeführt habe. Der Geschädigte habe in die internen Abläufe keinen Einblick, was die Umkehr der Darlegungs- und Beweislast rechtfertige. Zu den Tatsachen, welche der Tester beweisen müsse, gehöre auch die Darlegung der Umstände, aufgrund welcher davon auszugehen sei, dass überhaupt das richtige Testobjekt untersucht worden sei. Im entschiedenen Fall sei der Nachweis, dass dasselbe Produkt, über welches berichtet wurde, auch tatsächlich den Tests unterzogen worden sei, nicht erbracht worden, so dass der Geschädigte seine Unterlassungsansprüche durchsetzen konnte. Zum Volltext der Entscheidung nachstehend:


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Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Dezember 2014 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 2-03 O 46/12 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt,

es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,– €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen,

zu behaupten und/oder zu verbreiten, der von der Klägerin unter der Bezeichnung „Marke1“ (beige) vertriebene Teppichboden der Herstellerin A sei

in Bezug auf die Eigenschaft „Angegebene Beanspruchungsklasse erreicht“ „nicht einstufbar wegen hohem Masseverlust“

und /oder

in Bezug auf das Testergebnis „Praxisprüfung“ und/oder in Bezug auf das „Gesamturteil“ „mangelhaft“

und zu behaupten und/oder zu verbreiten

„weder A noch B konnten nachvollziehen, wie es bei der Tretradprüfung zu dem hohem Materialverlust bei Marke1 kommen konnte: 38,5 Prozent des Materials hatten sich herausgelöst. B schickte eigene Proben ins Labor und ließ nachprüfen. Der Masseverlust lag bei gerade mal 2,7 Prozent. Zufällig hatte B das gleiche Labor beauftragt wie C, weshalb nicht der übliche Vorwurf folgen konnte, das Institut sei inkompetent. Obwohl das Labor keinen Zweifel an der Richtigkeit des für uns ermittelten Testergebnisses hatte, ließen wir eine weitere Prüfung am Rückstellmuster durchführen. Dieses Mal lösten sich 32,4 Prozent des Materials heraus. Damit wurde bestätigt: Die Grundanforderungen der Norm, wonach der Gewichtsverlust nach der Tretradprüfung nicht mehr als 25 Prozent betragen darf, werden nicht erfüllt.“.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 938,11 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 23. Dezember 2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten der 1. Instanz haben die Klägerin 62,6 % und die Beklagte 37,4 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien bleibt vorbehalten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 150.000,- € festgesetzt (Unterlassungsantrag: 75.000,- €; Widerrufsanträge: zusammen 50.000,- € ; Feststellungsantrag: 20.000,- € ; Auskunftsverlangen: 5.000,- €).

Gründe


I.
Die Parteien streiten über einen Testbericht in der Zeitschrift „C“ vom …2010.

Die Klägerin ist führende Anbieterin von Teppichen, die Beklagte Herausgeberin des bundesweit erscheinenden „C“-Magazins.

Der streitgegenständliche Testbericht befasste sich unter der Überschrift „Titel1“ mit Teppich-Auslegeware. Zugrunde lag ein im Auftrag der Beklagten von der Firma D Institut (D), Stadt1, durchgeführter Test. Das von der Klägerin vertriebene Produkt „Marke1 (beige)“ erhielt das Gesamturteil „mangelhaft“ und belegte den letzten Platz. Nach dem sogenannten Tretrad-Test gemäß DIN EN 1307 sei die Beanspruchungsklasse des Teppichbodens wegen zu hohem Masseverlust von mehr als 25 % nicht einschätzbar.

Hinsichtlich näherer Einzelheiten des Testberichtes wird auf die Anlage K 2 (Bl. 25 ff d. A.) verwiesen.

Die Klägerin erfuhr von der bevorstehenden Veröffentlichung mit Schreiben der Beklagten vom 21. September 2010 (Anlage K 3, Bl. 32 ff d. A.). Sie gab ihrerseits einen Test des Produktes beim D in Auftrag und erhielt einen ersten Teilbericht am 29. September 2010, dessen Ergebnis erheblich von den Testergebnissen der Beklagten abwich (Anlage K 7, Bl. 41 ff d. A.). Die Beklagte legte – damit konfrontiert – ihrerseits unter dem 11. Oktober 2010 das Ergebnis einer Nachuntersuchung vor, das wiederum von den Werten der von der Klägerin veranlassten Untersuchung abwich (Anlage K 8, Bl. 49 ff d. A.).

Auch die Herstellerin des Teppichbodens A gab ihrerseits bei dem französischen Testinstitut E Untersuchungen in Auftrag (Anlagen K 9 und K 10, Bl. 51 ff d. A.). Die Klägerin beauftragte ebenfalls weitere Untersuchungen (Anlagen K 12, K 13, Bl. 83 ff d. A.).

Über die Rechtmäßigkeit der Testberichterstattung kam es bereits zu einem einstweiligen Verfügungsverfahren (…/10 LG Frankfurt am Main). In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (…/10) haben sich die Parteien darauf verständigt, eine Überprüfung des Sachverhalts durch Einschaltung eines unabhängigen Sachverständigen vorzunehmen. Der im Vergleich genannte Test sollte durch das Institut für F GmbH (F) durchgeführt werden, wobei hierfür eine „Rückstellprobe“ durch die Beklagte, das angebliche „Nachbarstück“ des getesteten Teppichbodens durch die Klägerin und ein weiteres in der Filiale in Stadt2 am 24. Februar 2011 von der Beklagten nachgekauftes Teppichstück zum Test vorgelegt worden sind. Es kam nicht zum Verschleißtest nach DIN EN 1963, da das sogenannte „Nachbarstück“ zu klein war, um den Test durchzuführen. Ein weiteres Stück Teppichboden unter der Bezeichnung „Marke1“ erwarb die Beklagte im April 2014.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe bei den ihrer Testberichterstattung zugrunde liegenden Untersuchungen kein Produkt der Qualität „Marke1“ getestet. Das ergebe sich bereits daraus, dass – wie sie behauptet hat – sie weitere Stücke aus der derselben Teppichrolle der Filiale Stadt3 zurückerworben habe, u.a. das direkte Nachbarstück, und diese Stücke ausweislich der Tests durch E und G nur einen relativen Masseverlust von 5,94 % bzw. 5,1 % aufwiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht eingetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,– €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen,

1.1. zu behaupten und/oder zu verbreiten, der von der Klägerin unter der Bezeichnung „Marke1“ (beige) vertriebene Teppichboden der Herstellerin A sei

1.1.1. in Bezug auf die Eigenschaft „Angegebene Beanspruchungsklasse erreicht“ „nicht einstufbar wegen hohem Masseverlust“ und/oder

1.1.2.
in Bezug auf das Testergebnis „Praxisprüfung“ und/oder in Bezug auf das „Gesamturteil“ „mangelhaft“; und/oder

1.2.
zu behaupten und/oder zu verbreiten „weder A noch B konnten nachvollziehen, wie es bei der Tretradprüfung zu dem hohen Materialverlust bei Marke1 kommen konnte: 35,8 Prozent des Materials hatte sich herausgelöst. B schickte eigene Proben ins Labor und ließ nachprüfen. Der Masseverlust lag bei gerade mal 2,7 Prozent. Zufällig hatte B das gleiche Büro beauftragt wie C, weshalb nicht der übliche Vorwurf folgen konnte, das Institut sei inkompetent. Obwohl das Labor keinen Zweifel an der Richtigkeit des für uns ermittelten Testergebnisses hatte, ließen wir eine weitere Prüfung an Rückstellmustern durchführen. Dieses Mal lösten sich 32,4 Prozent des Materials heraus. Damit wurde bestätigt: Die Grundanforderungen der Norm, wonach der Gewichtsverlust nach der Tretradprüfung nicht mehr als 25 Prozent betragen darf, werden nicht erfüllt.“;

2.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin schriftlich Auskunft über Art und Umfang der Verbreitung der Behauptungen gemäß Ziffer 1. zu erteilen, und zwar unter Angabe

2.1. der Auflagenhöhe des Heftes …/2010 der Zeitschrift C,

2.2.
der Anzahl der online abgerufenen Testberichte zu dem in Heft …/2010 der Zeitschrift C unter dem Titel „Titel1“ veröffentlichten Warentest und

2.3.
der Art und des Umfangs der Verbreitung der Behauptungen gemäß Ziffer 1. in anderen Medien;

3.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus der Verbreitung der unter Ziffer 1. genannten Behauptungen entstanden ist, entsteht und zukünftig entstehen wird;

4.
die Beklagte zu verurteilen, in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der Zeitschrift C in einer vom Gericht zu bestimmenden Größe und Aufmachung folgende Widerrufe zu veröffentlichen:

4.1. „In der Zeitschrift C …2010, S. 126 haben wir behauptet, der von B angebotene Teppichboden Marke1 (beige) sei in Bezug auf die Eigenschaft „Angegebene Beanspruchungsklasse erreicht“ nicht einstufbar wegen hohem Masseverlust. Diese Behauptung widerrufen wir als unwahr.“

4.2.
„In der Zeitschrift C …2010, S. 124 f. haben wir in Bezug auf den Teppichboden Marke1 behauptet, die Grundanforderungen der Norm DIN EN 1307, wonach der Gewichtsverlust nach der Tretradprüfung nicht mehr als 25 Prozent betragen darf, werde nicht erfüllt. Diese Behauptung widerrufen wir als unwahr.“;

5.
der Klägerin die Befugnis zuzusprechen, auf Kosten der Beklagten in einer vom Gericht zu bestimmenden Größe und Aufmachung die Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziffer 1. (1.1.2) in einer deutschlandweit erscheinenden Tageszeitung bekannt zu machen.
Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat Zulässigkeitsbedenken geäußert und im Übrigen die Auffassung vertreten, dass sie ein ordnungsgemäßes Testverfahren durchgeführt habe und das Testergebnis nicht falsch sei.

Die Beklagte hat im Rahmen der Widerklage Erstattung der Kosten verlangt, die ihr für die vergeblichen Termine bei dem Institut F in Stadt4 am 08. September und 15. November 2011 entstanden seien und hat beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an sie 1.093,13 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2011 zu zahlen.

Die Klägerin hat Abweisung der Widerklage beantragt.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 547 – 553 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme der Klage im Wesentlichen entsprochen und lediglich den Anspruch auf Veröffentlichung des Unterlassungsgebots (Antrag zu 5) verneint. Dem Widerklageantrag der Beklagten hat es in Höhe von 938,11 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 23. Dezember 2011 entsprochen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Für die Klage fehle nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Vergleich vor dem Oberlandesgericht nur das allein damals anhängige Eilverfahren beendet habe und keine Abgeltungsklausel beinhalte. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 823 Abs. 1, 824, 1004 analog BGB zu, weil vorliegend nicht von einem ordnungsgemäßen Testverfahren ausgegangen werden könne. Die Beklagte habe nicht dargelegt und bewiesen, dass das bei der Klägerin erworbene Teppichstück auch das Stück sei, das dem Test des von der Beklagten beauftragten Testinstituts zugrunde gelegt worden sei. So habe sie nicht bewiesen, dass im Rahmen des Prüfungsverfahrens die Identität des Prüfmusters hinreichend sichergestellt und eine Verwechslung ausgeschlossen worden sei. Die Kammer habe aufgrund der Vernehmung des Zeugen Z1 nicht die Überzeugung gewinnen können, dass dieser das später an das Testinstitut D versandte Teppichstück vor dem Zerteilen und Versehen mit einem Probenetikett tatsächlich in einer Filiale der Klägerin erworben habe. Denn der Zeuge habe daran keine Erinnerung mehr gehabt. Demgegenüber habe die weitere Beweisaufnahme den Vortrag der Klägerin zum Vorhandensein des Nachbarteppichstücks mit deutlich abweichenden Eigenschaften bestätigt. Das ergebe sich nicht nur aus den Zeugenaussagen, sondern auch aus den Feststellungen des gemeinsam von den Parteien beauftragten Testinstituts F, wonach der Vergleich der Teppichseiten ergeben habe, dass die Rückenausführung der Testprobe der Beklagten und die des Nachbarstücks unterschiedlich sei. Entsprechende Abweichungen am Vliesrücken hinsichtlich der verschiedenen Teppichstücke (Testprobe, Rückstellprobe, Nachbarstück, Teppichstück aus Stadt2) habe auch die Kammer bei ihrer Augenscheinseinnahme in der Sitzung vom 10. April 2014 (Bl. 324 ff d. A.) feststellen können.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 554 – 561 d. A.) Bezug genommen.

Gegen das ihr am 06. Januar 2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einer am 09. Januar 2015 bei Gericht eingegangenen Schrift Berufung eingelegt und diese mit einer am 02. März 2015 bei Gericht eingegangenen Schrift begründet.

Die Beklagte rügt unzutreffende Tatsachenfeststellungen und Rechtsfehler.

Mit ihrer Berufung wendet sie sich gegen ihre Verurteilung. Sie ist der Meinung, dass jetzt das Rechtsschutzbedürfnis für die Klageanträge fehle, weil die Teppichware „Marke1“ jedenfalls mit dieser Bezeichnung nicht mehr im Sortiment der Klägerin vorhanden sei. Ferner hält sie ihre Behauptung aufrecht und wendet sich insoweit gegen die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, dass das getestete Teppichstück tatsächlich in einer Filiale der Klägerin gekauft und auch sichergestellt worden sei, dass es später zu keinen Verwechslungen kommen konnte. So seien auch die von ihr erworbenen Stücke der Produktbezeichnung „Marke1“ sowie zwei nach den Angaben der Klägerin baugleiche Produkte „Marke2 und Marke3“ untereinander nicht identisch und wiesen keine einheitlichen Produktqualitäten auf. Deshalb sei es nicht überzeugend, wenn die Klägerin mit Hinweis auf die von ihr vorgelegten Gutachten ihre Behauptung aufrecht erhalte, dass die nachgewiesenen Unterschiede marginal seien und deshalb feststehe, dass allein die von der Beklagten untersuchte Teppichprobe von allen anderen Teppichen der Bauart „Marke1“ abweiche.

Die Beklagte beantragt,

das am 18. Dezember 2014 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 2-03 O 46/12 – teilweise aufzuheben, soweit

I. die Beklagte verurteilt worden ist,

1. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht eingetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen, zu behaupten und/oder zu verbreiten, der von der Klägerin unter der Bezeichnung „Marke1“ (beige) vertriebene Teppichboden der Herstellerin A sei

1.1.1 in Bezug auf die Eigenschaft „Angegebene Beanspruchungsklasse erreicht“ „nicht einstufbar wegen hohem Masseverlust“
 
und/oder

1.1.2
in Bezug auf das Testergebnis „Praxisprüfung“ und/oder in Bezug auf das „Gesamturteil“ „mangelhaft“.
 
und/oder

1.2
zu behaupten und/oder zu verbreiten

„Weder A noch B konnten nachvollziehen, wie es bei der Tretradprüfung zu dem hohen Materialverlust bei Marke1 kommen konnte: 35,8 Prozent des Materials hatte sich herausgelöst. B schickte eigene Proben ins Labor und ließ nachprüfen. Der Masseverlust lag bei gerade mal 2,7 Prozent. Zufällig hatte B das gleiche Labor beauftragt wie C, weshalb nicht der übliche Vorwurf folgen konnte, das Institut sei inkompetent. Obwohl das Labor keinen Zweifel an der Richtigkeit des für uns ermittelten Testergebnisses hatte, ließen wir eine weitere Prüfung am Rückstellmuster durchführen. Dieses Mal lösten sich 32,4 Prozent des Materials heraus. Damit wurde bestätigt: Die Grundanforderungen der Norm, wonach der Gewichtsverlust nach der Tretradprüfung nicht mehr als 25 Prozent betragen darf, werden nicht erfüllt“;

2.
der Klägerin schriftlich Auskunft über Art und Umfang der Verbreitung der Behauptungen gemäß Ziffer 1. zu erteilen, und zwar unter Angabe

2.1 der Auflagenhöhe des Hefts …/2010 der Zeitschrift C,

2.2
der Anzahl der Online abgerufenen Testberichte zu dem im Heft …/2010 der Zeitschrift C unter dem Titel „Titel1“ veröffentlichten Warentest und

2.3
der Art und des Umfangs der Verbreitung der Behauptungen gemäß Ziffer 1. in anderen Medien;

3.
in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der Zeitschrift C in der Größe und Aufmachung der Erstmitteilung folgende Widerrufe zu veröffentlichen:

3.1 „In der Zeitschrift C …2010, Seite 126 haben wir behauptet, der von B angebotene Teppichboden Marke1 beige sei in Bezug auf die Eigenschaft „Angegebene Beanspruchungsklasse erreicht“ nicht einstufbar wegen hohem Masseverlust. Diese Behauptung widerrufen wir als unwahr.“

3.2
„In der Zeitschrift C …2010, Seite 124 f. haben wir in Bezug auf den Teppichboden Marke1 behauptet, die Grundanforderungen der Norm DIN EN 1307, wonach der Gewichtsverlust nach der Tretradprüfung nicht mehr als 25 Prozent betragen darf, werde nicht erfüllt. Diese Behauptung widerrufen wir als unwahr“;

II.
festgestellt worden ist, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus der Verbreitung der unter Ziffer 1. genannten Behauptungen entstanden ist, entsteht und zukünftig entstehen wird;

und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt insoweit das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 24. März 2016 (Bl. 760 ff d. A.) durch Vernehmung der Zeugen Z2 und Z3. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07. Juli 2016 (Bl. 809 ff. d. A.) Bezug genommen. Der als Zeuge geladene Z4 war verstorben. Die Zeugin Z2 hatte sich vorab bereits gemäß § 377 Abs. 3 ZPO schriftlich geäußert. Insoweit wird auf Bl. 796 ff d. A. verwiesen.

Der Senat hat ferner Beweis erhoben durch Einholung richterlichen Augenscheins gemäß Auflagen- und Beweisbeschluss vom 6. Oktober 2016 (Bl. 866 f. d.A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Augenscheinseinnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 2. Februar 2017 (Bl. 912 ff. d.A.) verwiesen.

II.
Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung der Beklagten hat teilweise auch in der Sache Erfolg.

1.
Die Klage ist zulässig. Der Klägerin fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klageanträge, obwohl die Teppichware „Marke1“ mit dieser Bezeichnung nicht mehr im Sortiment der Klägerin vorhanden ist.

Denn der Ruf der Klägerin ist auch dann tangiert, wenn eine Testberichterstattung ein Produkt betrifft, das unter diesem Namen nicht mehr im Handel verfügbar ist.

2.
Die Klageanträge sind jedoch nur teilweise begründet, sodass die Berufung der Beklagten teilweise erfolgreich ist. Erfolg hat die Berufung hinsichtlich des Widerrufsverlangens, der Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung und des Auskunftsbegehrens. Keinen Erfolg hat die Berufung hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens, da die Beklagte insoweit zu Recht von dem Landgericht verurteilt worden ist.

a)
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 824, 1004 Abs. 1 BGB in dem Umfang zu, wie die Beklagte verurteilt worden ist.

Im Rahmen des § 824 BGB ist der Geschädigte für die Unwahrheit der aufgestellten Tatsachenbehauptungen beweispflichtig (vgl. BGH, Urteil v. 21. Februar 1989, VI ZR 18/88, zitiert nach juris, Rn. 12; Palandt/Sprau, BGB, aaO, § 824 Rn. 7; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl.,Kapitel 12, Rn. 138).

Einschränkend ist es jedoch bei Testverfahren, bei denen – wie hier – der Einblick des Geschädigten in den ordnungsmäßen Ablauf fehlt, gerechtfertigt, der Auftraggeberin und Berichterstatterin über das Testverfahren die Darlegungs- und Beweislast für die lückenlose Darstellung eines geordneten Testverfahrens aufzuerlegen (BGH Urt. v. 9. Juli 1974 – VI ZR 112/73, Rn 41 zitiert nach iuris; vgl. Palandt/Sprau, aaO, sowie § 823 Rn. 104 „erweiterte Darlegungslast“).

Zum Ablauf des Testverfahrens gehört aber auch die Darlegung der Frage, aufgrund welcher Umstände davon auszugehen ist, dass das richtige Testobjekt untersucht worden ist. Zwar behauptet die Beklagte, dass es sich bei dem getesteten Teppichstück um ein Teppichstück der Firma B handelt und genau das Teppichstück, das Gegenstand der Testberichterstattung geworden ist, auch dem Test unterzogen worden ist. Die Angaben der Beklagten zum näheren Ablauf des Testverfahrens sind aber lückenhaft geblieben. Die Beklagte hat sich diesbezüglich auf die Eidesstattliche Versicherung und das Zeugnis des Zeugen Z1 berufen. Zwar hat der Zeuge Z1 im Rahmen seiner Eidesstattlichen Versicherung vom 21. Februar 2011 (Bl. 452 d. A.) die Aussage getroffen, dass er am 2. August 2010 im Hause C zusammen mit seiner Kollegin vor dem Versand an die verschiedenen Labore, darunter auch an das Labor D Institut GmbH in Stadt1, das Stück Teppichboden zerteilt habe und jedes einzelne Stück direkt nach dem Abschneiden in eine Plastiktüte verpackt habe und diese dann mit einem Probenetikett beklebt worden sei, auf dem neben einer internen Probennummer auch der Name des Anbieters (hier: B) verzeichnet gewesen sei. Er könne eine Verwechselung mit einer anderen Probe auch daher ausschließen, weil der Teppich der Firma B mit einem entsprechenden Klebestreifen gekennzeichnet gewesen sei. Bei seiner Vernehmung am 14. Oktober 2014 vor dem Landgericht hat der Zeuge jedoch bekundet, sich an die Vorgänge nicht mehr zu erinnern. Er habe die Eidesstattliche Versicherung unterschrieben, nachdem sie ihm zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Zwar hat er auch bekundet, dass es damals so gewesen sei, wie er es unterschrieben habe. Weitere Details vermochte der Zeuge jedoch nicht mehr aus seiner Erinnerung heraus zu berichten. Er konnte sich noch nicht einmal mehr daran erinnern, den konkreten Teppichboden zerteilt und verpackt zu haben. Auch hat er bekundet, öfter Teppiche eingekauft zu haben.

Da der Zeuge keine Erinnerungen an die von ihm in der Eidesstattlichen Versicherung bestätigten Angaben hatte, bedurfte es auch keiner erneuten Vernehmung des Zeugen. Die Angaben in der Eidesstattlichen Versicherung reichen jedoch für eine Beweisführung nicht aus.

Die Beklagte vermochte daher den konkreten und reibungslosen Ablauf des Testverfahrens bereits nicht lückenlos darzulegen und zu beweisen. Auch im Übrigen sind nach der insoweit durchgeführten Beweisaufnahme Zweifel daran gerechtfertigt, ob es sich bei dem getesteten Teppichstück tatsächlich um ein solches der Firma B handelt. Dabei lässt sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten:

Das von der Beklagten als „Teststück“ oder „Probenstück“ bezeichnete Teppichstück wurde am 16. Juli 2010 in der Filiale Stadt3 der Klägerin erworben. Darüber verhält sich eine Rechnung vom 16. Juli 2010 (Bl. 267 f. d. A.). Nach dem Vorbringen der Klägerin konnte aus der Teppichrolle, von der das angebliche Teststück stammt, ein Nachbarstück ausfindig gemacht werden. Dieses wurde am 29. Juli 2010 von dem Käufer Z4 gekauft (vgl. Rechnung, Bl. 82 d. A.). Entsprechendes gilt für ein Teppichstück aus dieser Teppichrolle, das von der Zeugin Z2 am 16. Dezember 2009 gekauft worden war (vgl. Rechnung, Bl. 67 d.A.) Von beiden Teppichstücken sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme Teilstücke zurückerworben worden. Das hat zum einen der Zeuge Z5 glaubhaft bekundet. Diese Aussage des Zeugen Z5 wird auch durch die ebenfalls glaubhafte Aussage des Zeugen Z3 bestätigt, der bekundet hat, dass ihn der Zeuge Z5 gebeten habe, bei dem später verstorbenen Herrn Z4 ein Stück des Teppichbodenstücks zurück zu kaufen. Der Zeuge hat sodann bekundet, zu Herrn Z4 gefahren zu sein und ein solches mitgenommen zu haben. Dieses Stück habe er dann an die Abteilung Einkauf zu Händen des Zeugen Z5 per Kurier1 geschickt. Ferner hat der Zeuge bestätigt, dass sich auf diesem Teppichreststück ein Etikett mit der Größe und der Bezeichnung befunden habe und es sich tatsächlich um „Marke1“ gehandelt habe. Auch hat der Zeuge Z3 bestätigt, von Herrn Z5 beauftragt worden zu seien, ein Teppichstück von Frau Z2 zurück zu erwerben. Auch bei diesem habe er besonders darauf geachtet, dass es auch ein Teppichstück der Teppichrolle „Marke1“ gewesen sei. Diese beiden Teppichreststücke sind sodann einem Test zur Materialbeschaffenheit unterzogen worden durch die Firma H GmbH vom 24. Oktober 2014 (Anlage K28). Das Institut ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass das Rückenvlies des Probestücks von den beiden Teppichreststücken Z4 und Z2 abweiche, also nicht im gleichen Batch mit den beiden anderen Proben gefertigt worden sein kann. Das direkte Nachbarstück Z4 weicht also in doppelter Hinsicht von dem Probenstück ab. Es ist hinsichtlich des Materialverlusts Tests durch die Institute E (Anlage K12) und G (Anlage K13) unterzogen worden, die einen Materialverlust von lediglich 5,94 bzw. 5,1 Prozent festgestellt haben. Darüber hinaus weichen eben die Rückenvliese in ihrer Beschaffenheit derart voneinander ab, dass das Teststück und die anderen Stücke nicht im gleichen Batch gefertigt worden sein können. Auch farblich bestehen erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Rückenansichten, wovon sich der Senat bei der vergleichenden Betrachtung des Teilstücks der Testprobe, das in der Sitzung vom 2. Februar 2017 vorgelegt wurde, überzeugen konnte. Demgegenüber hat der Senat bei der Augenscheinseinnahme der Rückenansichten der beiden Teppichstücke Z4 und Z2 die Überzeugung gewinnen können, dass diese identisch sind. Entsprechendes gilt mit geringfügigen Einschränkungen hinsichtlich der Farbnuancen auch bezüglich der Vorderansichten. Dass bei der Augenscheinseinnahme durch den Senat das von der Beklagten vorgelegte kleine Stück der Testprobe, das aus dem großen Musterstück herausgeschnitten worden ist, bezüglich der Vorderseite keinen nennenswerten optischen Unterschied zu dem Teppich Z4 erkennen lässt, genügt nicht, die Zweifel an der Verschiedenheit des Teppichstücks mit den sog. Nachbarstücken zu zerstreuen. Dafür sind die anderen genannten Unterschiede zu groß.

Vor diesem Hintergrund bestehen erhebliche Zweifel an der Tatsache, dass es sich bei dem im Auftrag der Beklagten getesteten Teppichstück tatsächlich um das Teppichstück handelt, dass am 16. Oktober 2010 in der Stadt3 Filiale der Klägerin gekauft worden ist. Denn von der gleichen Teppichrolle kann es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht stammen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass sich bei der Aussage der ebenfalls vernommenen Zeugin Z2, die das Anfangsstück der Rolle erworben haben soll, einige Abweichungen zur Aussage des Zeugen Z3 ergeben haben. Diese betreffen den Zeitpunkt des Rückkaufs, die Art des Transports, den Zustand des Teppichs und seine Größe. Diese Abweichungen erscheinen dem Senat jedoch marginal im Vergleich zu der entscheidenden Übereinstimmung bei allen drei Zeugenaussagen, dass nämlich ein Teil des an die Zeugin Z2 in der Stadt3 Filiale erworbenen Teppichbodens der Bezeichnung „Marke1“ zurückerworben wurde. Gestützt wird die Annahme, dass es sich bei dem zuvor von der Zeugin Z2 gekauften Teppichstück um Ware gehandelt hat , die von der gleichen Rolle gekauft wurde wie das Teststück, auch durch die in den Rechnungen aufgeführten Nummern, die identisch mit … angegeben sind (Bl. 267 d.A. und Bl. 67 d.A). Nach der überzeugenden Aussage des Zeugen Z5 handelt es sich insoweit um die Nummer der streitgegenständlichen Teppichrolle. Dass auf der Rechnung für den Käufer Z4 eine andere Nummer steht, hat der Zeuge Z5 nachvollziehbar und überzeugend dahingehend erläutert, dass das letzte Stück einer Rolle, welches nicht mehr „zimmertauglich“ ist, ausgebucht wird und als Reststück eine andere Nummer erhält.

Zwar weist die Beklagte in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass sich auf Probestück und Rückstellprobe B-Aufkleber befunden haben, die ebenfalls Gegenstand der Augenscheinseinnahme vor dem Senat gewesen sind. Die Frage, wie diese B-Aufkleber auf die Teppichrollen gelangt sind, konnte letztlich aber nicht aufgeklärt worden. Durch Zeugenbeweis ist lediglich die generelle Praxis in der Stadt3 Filiale bestätigt worden, auf Teppichreststücke B-Aufkleber zu befestigen, nicht aber auf den direkt von den Rollen abgeschnittenen Teppichstücken. Möglicherweise sind auch B- Aufkleber zur leichteren Beförderung des Teppichstücks mitgegeben worden. Diese Feststellungen sind aber spekulativ, da der konkrete Vorgang -und das geht zu Lasten der Beklagten- nicht aufgeklärt werden konnte, wie es bei dem Probenstück zu den Teppichaufklebern gekommen ist. Auffällig ist allerdings, wovon sich der Senat durch eigene Anschauung überzeugen konnte, dass die Aufkleber fest mit dem Teppichstück verbunden sind und auch gerade und mit Bedacht aufgeklebt wurden, also nicht das Ergebnis eines eher zufälligen Aufdrückens sind. Schließlich stimmen auch die unregelmäßigen Schnittkanten der Klebestreifen und der Teppichkanten völlig überein, was die Annahme stützt, dass die Aufkleber vor dem Zerschneiden des Teppichs – und nicht danach angebracht wurden. Da die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit des Ablaufs des Testverfahrens trägt, wozu auch eine lückenlose Herleitung der Umstände der Befestigung der B-Aufkleber gehört, geht die mangelnde Aufklärbarkeit zu Lasten der Beklagten. Denn es ist trotz der hierzu durchgeführten Beweisaufnahme letztlich offen geblieben, wie und wann diese Aufkleber auf die Teppichrücken gelangt sind.

Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr, die durch die erstmalige Rechtsverletzung indiziert wird. Die Ordnungsmittelandrohung beruht auf § 890 ZPO.

b)
Dagegen steht der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch auf Veröffentlichung der begehrten Widerrufe gemäß § 1004 Abs. 1 BGB analog zu.

Was den Antrag zu 3.1 anbetrifft, also die Aussage, dass der Teppichboden Marke1 beige in Bezug auf die Eigenschaft „Angegebene Beanspruchungsklasse erreicht“ nicht einstufbar sei wegen hohem Masseverlust, so steht der Klägerin schon deshalb kein Widerrufsanspruch zu, weil es sich um eine Wertung und damit um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt. Ob etwas einstufbar ist, ist eine dem Beweis nicht zugängliche Meinungsäußerung. Bei einer Meinungsäußerung entfällt aber ein Berichtigungsanspruch (vgl. BGH, Urt. v. 22. April 2008, VI ZR 84/07, zitiert nach juris).

Im Übrigen sind auch die sonstigen Voraussetzungen eines Widerrufsanspruchs nicht erfüllt. Das gilt entsprechend für die unter Ziffer 3.2 genannte Behauptung, die Grundanforderungen der Norm DIN EN 1307, wonach der Gewichtsverlust nach der Tretradprüfung nicht mehr als 25 Prozent betragen dürfe, werde nicht erfüllt. Zwar handelt es sich insoweit um eine Tatsachenbehauptung.

Ein Anspruch auf Widerruf bzw. Richtigstellung setzt aber voraus, dass die Unwahrheit feststeht, weil niemand durch einen Richterspruch verpflichtet werden darf, etwas als unrichtig zu bezeichnen, was möglicherweise wahr ist (vgl. BGH, Urt. v. 22. April 2008 – VI ZR 84/07, aaO; BGH Urt. v. 5. Juni 1962 – VI ZR 236/61, Rn 8). Dies ergibt sich aus der besonderen Eigenart des Widerrufsanspruchs, der dazu führt, dass die Klägerin insofern den Vollbeweis führen muss, dass die aufgestellten Behauptungen unwahr sind (BGH aaO).

Der Senat vermochte diese Feststellung, dass die inkriminierte Aussage in dem Testbericht unwahr ist, jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu treffen.

Sie setzt voraus, dass zur vollen Überzeugung des Senats feststeht, dass es sich bei dem der Tretradprüfung unterzogenen Teppichstück nicht um ein Teppichstück der Klägerin handelt, dieses also verwechselt worden sein muss.

Die für eine Verwechslung sprechenden Argumente hat der Senat bereits im Zusammenhang mit dem Unterlassungsanspruch ausgeführt, auf die hier Bezug genommen wird. Gegen eine Verwechslung spricht jedoch der durch eine Augenscheinseinnahme des Senats bestätigte Umstand, dass sich an dem Probenstück bzw. der Rückstellprobe B-Aufkleber befinden und nicht zu klären war, wann genau und wie und durch wen sie darauf gelangt sind. Da dieser Widerspruch mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln nicht zur vollen Überzeugung des Senats aufgeklärt werden konnte, ist der der Klägerin obliegende Beweis für die Unwahrheit der Behauptungen nicht geführt. Dies schließt den Widerrufsanspruch aus.

c)
Aus den gleichen Gründen entfällt auch der Anspruch der Klägerin auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Verbreitung der angegriffenen Äußerungen in der Testberichterstattung entstanden ist, entsteht und künftig entstehen wird.

Im Hinblick auf die B-Aufkleber, die sich an der Rückstellprobe befinden, also an dem Teil, aus dem das dem Test unterzogene Probenstück stammen soll, kann der Beklagten nicht ein Verschulden i.S.d. § 824 BGB nachgewiesen werden.

Zwar genügt insoweit Fahrlässigkeit, aber die diesbezügliche Beweislast trägt der Geschädigte (vgl. Palandt /Sprau, BGB, 76. Aufl., § 824 BGB, Rdnr.10).

Die Beklagte hat jedoch nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt, wenn sie aufgrund der B-Aufkleber die Zuordnung zum Unternehmen der Klägerin vorgenommen hat.

d)
Da ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht begründet ist, steht ihr auch nicht der geltend gemachte Auskunftsanspruch zu. Die mit den Anträgen 2, 2.1, 2.2 und 2.3 begehrten Informationen über Art und Umfang der Verbreitung der Testergebnisse können lediglich zur Bemessung eines Schadensersatzanspruchs erforderlich und gerechtfertigt sein. Ein solcher scheidet jedoch aus.

3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs.2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gemäß §§ 3 ZPO, 63 GKG festzusetzen.

Vorinstanz:
LG Frankfurt a.M., Az. 2-03 O 46/12

I