OLG Frankfurt a.M.: Aus einem aufgehobenen Unterlassungstitel darf nicht vollstreckt werden / Kein Ordnungsgeld

veröffentlicht am 20. Mai 2012

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 03.04.2012, Az. 6 W 43/12
§ 890 ZPO

Das OLG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass ein Ordnungsgeld wegen Verstoßes gegen eine einstweilige Verfügung nicht verhängt werden darf, wenn die einstweilige Verfügung aufgehoben wird. Dies gelte auch dann, wenn gegen die Aufhebung der einstweiligen Verfügung erfolgreich Berufung eingelegt werde, da in diesem Fall nicht die ursprüngliche einstweilige Verfügung rückwirkend bestätigt, sondern eine neue, allerdings inhaltsgleiche erlassen werde. Wie das OLG Frankfurt a.M. entschied das OLG Hamburg, WRP 1997, 53; anders entschied (zum Ordnungsgeld) indessen das OLG München, NJWE-WettbR 2000, 147. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschluss

….

Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 50.000,00 EUR

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Vollstreckungsanträge nach § 890 ZPO mit Recht zurückgewiesen, nachdem das Landgericht mit Urteil vom 24.01.2012 die Beschlussverfügung vom 21.11.2011 unter Zurückweisung des Eilantrages aufgehoben hat. Infolge dieser Aufhebungsentscheidung ist die Wirkung der Unterlassungsverfügung von Anfang an (ex tunc) entfallen, so dass dieser Titel keine Grundlage für eine Ahndung bereits begangener Zuwiderhandlungen mehr sein kann (vgl. Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., Rdz. 19 zu Kap. 66 m.w.N., sowie – für den Fall des Titelfortfalls infolge übereinstimmender Erledigungserklärungen BGH GRUR 2004, 264 – Euro-Einführungsrabatt, Tz. 30).

Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass die Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt hat, mit der sie den Verfügungsanspruch weiterverfolgt.

Solange über diese Berufung nicht entschieden ist, besteht ohnehin kein Unterlassungstitel, der Grundlage für eine Vollstreckung nach § 890 ZPO sein könnte; die Beschwerde kann daher derzeit ohnehin keinen Erfolg haben.

Aber auch für die von der Antragstellerin mit der Berufungsbegründung angeregte Aussetzung des Beschwerdeverfahrens bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens besteht kein Anlass. Denn selbst wenn die Berufung Erfolg hat, kann dies allenfalls zum Erlass einer neuen einstweiligen Verfügung gleichen Inhalts, nicht aber zu einer rückwirkenden Bestätigung der Beschlussverfügung vom 21.11.2011 führen; die Wirkung dieser einstweiligen Verfügung ist nämlich mit der Aufhebungsentscheidung des Landgerichts endgültig wirkungslos geworden (vgl. hierzu OLG Hamburg WRP 1997, 53). Insoweit unterscheidet sich die Situation maßgeblich von derjenigen, dass lediglich die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einer – weiterhin bestehenden – einstweiligen Verfügung zunächst angeordnet und sodann wieder aufgehoben wird (vgl. hierzu Ahrens a.a.O., Rdz. 18 zu Kap. 66).

Der gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgericht München, wonach bei erneutem Erlass der einstweiligen Verfügung auf Grund des identischen Sachverhalts der Schuldner auch wegen einer während des Bestands der aufgehobenen Beschlussverfügung begangenen Zuwiderhandlung zu bestrafen sei (NJWE-WettbR 2000, 147) vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Denn sie trägt nicht dem Umstand Rechnung, dass die Wirkung der Beschlussverfügung mit der Aufhebungsentscheidung des Landgerichts endgültig beseitigt worden ist und – wovon auch das OLG München ausgeht (a.a.O. Tz. 18) – mit der Berufungsentscheidung gerade nicht wiederhergestellt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt (§§ 574 Abs. 2 i.V.m. 542 Abs. 2 ZPO).

I