OLG Frankfurt a.M.: Die Nutzungsbedingungen öffentlich zugänglicher Websites entfalten keine Rechtswirkung / Das virtuelle Hausrecht

veröffentlicht am 25. März 2009

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Frankfurt a.M., Urteil vom 05.03.2009, Az. 6 U 221/08
§§
3, 4 Nr. 10, 8 Abs. 2 Nr. 1 UWG, § 87b UrhG, § 823 Abs. 1 BGB

Das OLG Frankfurt a.M. hat im Gegensatz zum LG Hamburg (Urteil vom 28.8.2008, Az. 315 O 326/08) entschieden, dass bei öffentlich zugänglichen Websites ohne eine Zugriffsbeschränkung den auf der Internetseite wieder gegebenen Nutzungsbedingungen wie auch allen weiteren einseitigen Erklärungen des Websitebetreibers über gewollte und ungewollte Nutzungsbeschränkungen keine Rechtswirkung zukommt. Die Befugnis zur Ausübung des Hausrechts in Räumen oder auf Grundstücken lasse sich mangels vergleichbarer Interessenlage auf eine Internetseite nicht übertragen. Das Hausrecht habe seine gesetzliche Grundlage im Eigentums- oder Besitzrecht des Hausrechtsinhabers an einer Sache und schütze damit absolute Rechtspositionen. Demgegenüber liege das Wesen einer Internetseite – die als solche nicht mit einem vergleichbaren absoluten Rechtsschutz versehen sei – gerade darin, von Dritten „besucht“ und damit zur Kenntnis genommen zu werden. Dabei stehe dem Betreiber einer Internetseite die Möglichkeit offen, den Zugang zu seiner Seite tatsächlich durch entsprechende technische Maßnahmen zu begrenzen und den Zugriff auf deren Inhalt etwa von dem vorherigen Abschluss eines Vertrages über die Nutzung abhängig zu machen. Solange die Antragsgegnerin von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, seien die Nutzung reglementierende Nutzungsbedingungen wirkungslos.

Das Verhalten der Antragstellerin stelle sich weiter auch nicht deswegen als rechtswidrig dar, weil die Funktionsfähigkeit des Internetauftritts der Antragsgegnerin dadurch gestört würde. Es könne dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen sich die Antragsgegnerin gegen solche Störungen – möglicherweise unter dem Gesichtspunkt der gezielten Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG) oder des Eingriffs in den Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB) – zur Wehr setzen könnte. Denn die Antragsgegnerin habe jedenfalls nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass es auf ihrer Internetseite infolge des Zugriffs durch die Antragstellerin und andere Anbieter zu derartigen Störungen kommt. Hierzu reicht auch die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Zeugen nicht aus; denn aus ihr ergebe sich schon nicht, auf welchen konkreten Erkenntnissen die darin geäußerte Einschätzung beruhten, zu gewissen Zeiten würden durch die Aktivitäten der Zugreifenden die Buchungen bis zu 80 % oder mehr reduziert.

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