OLG Frankfurt a.M.: Fordert eine Werbung zum Vertragsschluss auf, muss die Identität des Unternehmers genannt werden

veröffentlicht am 26. September 2013

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 21.05.2013, Az. 6 U 60/13
§ 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG

Das OLG Frankfurt hat – ebenso wie wenig später das OLG Schleswig (hier, m.w.N.) – entschieden, dass in einer Zeitungsanzeige für eine Kreuzfahrt, die bereits eine Aufforderung zum Vertragsschluss für Verbraucher enthalte, Identität und Anschrift des Werbenden angegeben werden müssen. Werde die Anzeige durch einen Vermittler aufgegeben, sei dieser für die Angabe der notwendigen Infomationen verantwortlich. Eine Aufforderung zum Vertragsschluss sei bereits dann gegeben, wenn die wesentlichen Merkmale der Reise und ein Mindestpreis angegeben würden, Details wie verschiedene Kabinenkategorien seien nicht erforderlich. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschluss

In dem Rechtsstreit … wird die Berufung der Beklagten gegen das am 8.2.2013 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a. M. auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 20.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO). Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter; wegen der Einzelheiten wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter II. sowie die Berufungsbegründung (Bl. 289 ff. d.A.) und den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 16.5.2013 (Bl. 308 ff. d.A.) verwiesen. Die Prozessführungsbefugnis des Klägers zieht die Beklagte in der Berufung nicht mehr in Zweifel.

II.
Die Berufung war durch Beschluss zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 II ZPO erfüllt sind. Zur Begründung wird Bezug genommen auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 18.4.2013 (§ 522 II 3 ZPO), dessen Inhalt wird nachfolgend wiedergegeben wird:

„Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 5a III Nr. 2, 8 III Nr. 2 UWG zu. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Auch das Vorbringen in der Berufungsbegründung rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

Wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, enthält die Anzeige gemäß Anlage K 3 (Seite 3) eine Aufforderung zum Vertragsschluss im Sinne der – richtlinienkonform (Art. 2 i, 7 Abs. 4 b der Richtlinie 2005/29) auszulegenden – Vorschrift des § 5a III UWG.

Hierfür ist es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (GRUR 2011, 930 – Konsumentenombudsmann/Vin Sverige AB) erforderlich, dass der Verbraucher in der Werbung hinreichend über die beworbene Leistung und deren Preis informiert wird, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können. Eine in diesem Sinn hinreichende Konkretisierung liegt schon dann vor, wenn jedenfalls die wesentlichen Merkmale der Leistung und ein Mindestpreis mitgeteilt werden; unschädlich ist es dagegen, wenn die Leistung in unterschiedlichen Ausführungen oder mit anderen Merkmalen zu Preisen angeboten werden, die nicht angegeben werden. Im konkreten Fall, in dem eine Flugreise von Arlanda nach New York mit zwei Übernachtungen in einem bestimmten Hotel unter Angabe eines Mindestpreises beworben worden war, hat der EuGH die Voraussetzungen für eine „Aufforderung zum Kauf“ nach Art. 2 i der Richtlinie 2005/29 als erfüllt angesehen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt enthält – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – auch die streitgegenständliche Anzeige eine Aufforderung zum Vertragsschluss. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die Werbung keine näheren Angaben zu der Kabinenkategorie enthält, die für den genannten Mindestpreis gebucht werden kann. Denn insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall hinsichtlich der vorgenommenen Konkretisierung der Leistungen und des Preises nicht maßgeblich von dem Sachverhalt, der der genannten Entscheidung des EuGH zugrunde lag; auch dort bezog sich das Angebot u.a. auf die Unterbringung in einem bestimmten Hotel, ohne dass mitgeteilt worden war, für welche Zimmerkategorie der Mindestpreis gefordert wurde. Insoweit kann für eine Schiffskabine auf einem bestimmten Schiff nichts anderes gelten als für ein Zimmer in einem bestimmten Hotel. Die nach der Werbung verbleibende Unsicherheit des Verbrauchers darüber, welchem Standard die Schiffskabine oder das Hotelzimmer im Einzelnen entspricht, steht nach der Rechtsprechung des EuGH der Einordnung der Werbung als Aufforderung zum Vertragsschluss nicht entgegen.

Erfüllt somit die Anzeige die Voraussetzungen des § 5a III UWG, sind nach Nr. 2 dieser Vorschrift die Identität und Anschrift „des Unternehmers“ oder „des Unternehmers, für den er handelt“, anzugeben. Dieser Anforderung wird die streitgegenständliche Anzeige nicht gerecht, weil sie kein Unternehmen mit Firma und Anschrift nennt. Die Telefonnummer sowie die Internetadresse, die in der Anzeige mitgeteilt werden, stellen im vorliegenden Fall keine ausreichende Angabe der Identität und der Anschrift eines Unternehmens dar. Dies gilt selbst dann, wenn die Buchung bei etwa 300 Reisebüros, die dem Franchisesystem der Beklagten angeschlossen sind, erfolgen kann. Es kann dahinstehen, ob auch in einem solchen Fall die Daten jedes dieser Unternehmen bereits in der Werbung selbst genannt werden müssen, oder ob – wovon selbst die Klägerin ausgeht (vgl. den Schriftsatz des Klägervertreters vom 11.9.2012, S.3; Bl. 78 d.A.) – unter diesen Umständen wegen dieser Daten möglicherweise auch auf eine Internetseite oder eine Telefonnummer verwiesen werden darf. Denn im letztgenannten Fall müsste die Werbung – wie in den im Schriftsatz des Klägervertreters vom 11.9.2012 beispielhaft genannten Anzeigen anderer Unternehmen (Anlagen K 10-12; Bl. 108 ff. d.A.) – jedenfalls den konkreten Hinweis enthalten, dass Firma und Anschrift der einzelnen Unternehmen unter der genannten Internetadresse oder der genannten Telefonnummer in Erfahrung gebracht werden können. Einen solchen Hinweis enthält die streitgegenständliche Anzeige jedoch nicht.

Da die Beklagte die Anzeige hat veröffentlichen lassen, ist sie für den Wettbewerbsverstoß verantwortlich und kann vom Kläger deswegen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Dies gilt unabhängig davon, in welchem vertraglichen Verhältnis zu den Reisebüros steht, zu deren Gunsten die Werbung veröffentlicht worden ist.

Die weitere Frage, ob die Beklagte zur Erfüllung der sich aus § 5a III Nr. 2 UWG ergebenden Verpflichtung die Daten ihres eigenen Unternehmens, die Daten der den Reisevertrag vermittelnden Reisebüros oder die Daten des die Reise durchführenden Veranstalters angeben muss, ist für die Entscheidung ohne Bedeutung. Der vom Landgericht zuerkannte Unterlassungsantrag richtet sich allein gegen die konkrete Verletzungsform, deren Unlauterkeit sich – wie ausgeführt – daraus ergibt, dass sie keinerlei ausreichende Angaben zu Firma und Anschrift eines Unternehmens enthält. Auch der verallgemeinernde Teil des Unterlassungstenors enthält keine Vorgaben dazu, wessen Daten in der Anzeige künftig genannt werden müssen.

Dem titulierten Verbot wird die Beklagte daher gerecht, wenn sie künftig entweder ihre Unternehmensdaten oder die Unternehmensdaten ihrer Franchisenehmer – auch in der oben erläuterten Form eines qualifizierten Verweises auf eine Internetseite oder eine Telefonnummer – oder auch die Unternehmensdaten des Reiseveranstalters angibt. Ob eine solche Werbung im Übrigen den Anforderungen des § 5a III Nr. 2 UWG gerecht wird, ist im Hinblick auf den gestellten Klageantrag nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und müsste gegebenenfalls in einem neuen Erkenntnisverfahren geklärt werden.“

Das Vorbringen im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 16.5.2013 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

Der Senat bleibt bei seiner Einschätzung, dass zwischen der Zimmerkategorie eines Hotels und der Kabinenkategorie eines Schiffs keine Abweichungen bestehen, die im Hinblick auf die Frage der hinreichenden Konkretisierung der angebotenen Reiseleistung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine unterschiedliche Bewertung gebieten.

Für die Passivlegitimation der Beklagten ist es ohne Bedeutung, ob sie selbst für das andere Unternehmen im Sinne von § 5a III Nr. 2 UWG handelt. Entscheidend ist allein, dass sie die angegriffene Werbung veranlasst hat. Selbst wenn dies im Interesse ihrer Franchisenehmer geschehen ist und diese für das veranstaltende Reiseunternehmen handeln, ändert dies nichts daran, dass die Beklagte als für die Werbung verantwortliches Unternehmen dafür sorgen muss, dass die Anzeige die nach § 5 III Nr. 2 UWG erforderlichen Angaben enthält.

Schließlich bleibt es dabei, dass im Hinblick auf den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens keine Veranlassung besteht, abschließend zu entscheiden, welche Angaben die Beklagte künftig machen muss, um ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 5 III Nr. 2 UWG nachzukommen. Wie im Beschluss vom 18.4.2013 dargelegt, besteht das Charakteristische des mit der konkreten Verletzungsform begangenen Wettbewerbsverstoßes darin, dass die beanstandete Anzeige keinerlei ausreichende Angaben zu Firma und Anschrift eines Unternehmens enthält. Mit der Klage verfolgt der Kläger ein enges Verbotsziel, da sich der antragsgemäß zuerkannte Unterlassungstenor gegen die konkrete Verletzungsform richtet. Denn ungeachtet des verallgemeinernden Teils des Tenors gilt das Verbot nur, „wenn dies geschieht wie“ in der angegriffenen Anzeige. Daraus folgt einerseits, dass das beantragte Verbot bereits deswegen ausgesprochen werden kann, weil – wie ausgeführt – die konkret angegriffene Anzeige die erforderlichen Angaben nicht enthält. Andererseits ist der Kern dieses Verbots auf die konkrete Verletzungsform nebst kerngleicher Abwandlungen begrenzt; dies hat der Senat zum Anlass für den Hinweis im letzten Absatz seines Beschlusses vom 18.4.2013 genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

I