OLG Frankfurt a.M.: Gibt der Unterlassungsschuldner Anlass zur Klage, wenn die Übermittlung der Abmahnung fehlschlägt?

veröffentlicht am 2. Juli 2014

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29.01.2014, Az. 6 W 62/13
§ 93 ZPO

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass der Schuldner einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsforderung sich im Fall eines Anerkenntnisses einer einstweiligen Verfügung nicht auf § 93 ZPO (Kostentragung des Klägers) berufen kann, wenn der Gläubiger ihn zuvor per Einschreiben mit Rückschein abgemahnt und der Schuldner die Abmahnung wegen Abwesenheit nicht innerhalb der Abholfrist abgeholt hat. Zwar sei die Übermittlung der Abmahnung dann fehlgeschlagen, dem Gläubiger sei ein weiterer Abmahnversuch auf Grund der kurzen Fristen für eine einstweilige Verfügung jedoch grundsätzlich nicht zumutbar. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschluss

Auf die Beschwerde wird das am 8. Mai 2013 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wiesbaden abgeändert. Die im Beschlusswege ergangene einstweilige Verfügung der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wiesbaden vom 16.01.2013 wird auch im Kostenpunkt bestätigt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse der Antragsgegnerin.

Gründe

I.
Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin am 16.01.2013 im Beschlusswege eine Unterlassungsverfügung erwirkt, nachdem er sie per Einschreiben vom 21.12.2012 abgemahnt hatte. Die Antragsgegnerin befand sich zum Zeitpunkt der Zustellung der Abmahnung im Urlaub und holte das Abmahnschreiben nicht innerhalb der Abholfrist ab.

Auf den Kostenwiderspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht seine Beschlussverfügung vom 16. Januar 2013 hinsichtlich der Kostenentscheidung abgeändert und dem Antragsteller die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens auferlegt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

II.
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen des § 93 ZPO liegen nicht vor, da die Antragsgegnerin Anlass zur Einleitung des Eilverfahrens gegeben hat. Denn die Antragsgegnerin muss sich gemäß § 242 BGB so behandeln lassen, als sei ihr die Abmahnung zugegangen. Zwischen den Parteien besteht ein durch den Wettbewerbsverstoß begründetes gesetzliches Schuldverhältnis, welches den Anwendungsbereich des § 242 BGB eröffnet. Entscheidend für die Frage, ob eine per Einschreiben zugestellte aber nicht abgeholte Abmahnung als zugegangen gilt, ist es, ob dem Absender ein nochmaliger Zustellungsversuch zuzumuten ist oder nicht (BGHZ 137, 205, 209). Bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung ist die mit einem zweiten Zustellungsversuch verbundene Zeitverzögerung für den Gläubiger eindeutig unzumutbar (Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 31. Auflage, § 12 Rdz. 1.34a; Ahrens/Deutsch, Der Wettbewerbsprozess, Kapitel 1 Rdz. 105, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt (§§ 574 Abs. 2 in Verbindung mit 542 Abs. 2 ZPO).

Vorinstanz:
LG Wiesbaden, Az. 11 O 4/13

I