OLG Frankfurt a.M.: Wer den Euro nicht ehrt… – Zur Zulässigkeit von Werbegaben in Apotheken

veröffentlicht am 1. Dezember 2011

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Frankfurt a.M., Hinweisbeschluss vom 26.04.2011, Az. 6 U 44/11
§ 2 UKlaG, § 7 Abs. 1 UWG, § 7 Abs. 1 Nr. 1 HeilMWerbG

Das OLG Frankfurt hat in diesem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass bereits bei Werbegaben von Apotheken, die den Wert von 1 Euro auch nur geringfügig überschreiten (hier: Billig-Fieberthermometer), bereits eine unzulässige Beeinflussung von Verbrauchern vorliegen kann. Maßgeblich sei dabei auch nicht der tatsächliche Wert der Zugabe, sofern dieser nicht ausdrücklich angegeben werde, sondern der Wert, den der Verbraucher der Zugabe beimesse. Dieser würde in der Regel bei einem Fieberthermometer deutlich höher als 1 Euro sein. Zum Volltext des Beschlusses:


Oberlandesgericht Frankfurt

Beschluss

Gründe

In dem Rechtsstreit

beabsichtigt der Senat, die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 3.2.2011 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main durch Beschluss zurückzuweisen, da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO erfüllt sind.

Wie das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen angenommen hat, steht dem Antragsteller der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 2 UKlaG i.V.m. 7 I UWG zu. Das von der Antragsgegnerin als Werbegabe zu dem Arzneimittel „X“ verwendete Fieberthermometer erfüllt nicht die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 7 I Nr. 1 HWG, weil es die Grenze der Geringwertigkeit im Sinne dieser Vorschrift überschreitet.

Die Vorschrift des § 7 HWG dient dazu, die Wertreklame der Heilmittelwerbung, welche in diesem Bereich mit der besonderen Gefahr der unsachlichen Beeinflussung der Verbraucher verbunden ist, weitgehend zu beschränken (vgl. BGH GRUR 2010, 1133 – Bonuspunkte, Tz. 18). Ein nach Satz 1 Nr. 1 der Regelung ausnahmsweise erlaubter geringwertiger Gegenstand oder eine geringwertige Kleinigkeit liegt daher nur dann vor, wenn wegen des Wertes der Werbegabe ausgeschlossen werden kann, dass der Werbeadressat durch die Aussicht, die Zugabe zu erhalten, in relevanter Weise unsachlich beeinflusst wird (vgl. BGH a.a.O., Tz. 22 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die insoweit maßgebliche Grenze zwar bei einem zugewandten Betrag von 1,- € noch nicht (vgl. BGH a.a.O. Tz. 22), bei einem Betrag von 5,- € jedoch überschritten (vgl. BGH GRUR 2010, 1136 – Unser Dankeschön für Sie). Nach Auffassung des erkennenden Senats liegt der vom Bundesgerichtshof gebilligte Betrag von 1,- € allerdings bereits an der Obergrenze des nach § 7 I Nr. 1 HWG Zulässigen. Ein Wert, der diese Grenze jedenfalls nicht unwesentlich überschreitet, übt auf den Durchschnittsverbraucher bereits eine Anziehungskraft aus, die bei der Beurteilung der Frage, ob hiermit der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung verbunden ist, nicht vernachlässigt werden darf.

Der demzufolge maßgebliche Wert der Werbegabe richtet sich – soweit er in der Werbung nicht ausdrücklich genannt ist – danach, welchen Wert der Durchschnittsverbraucher dem in Rede stehenden Gegenstand nach dem Inhalt der Ankündigung auf Grund seiner allgemeinen Erwartung beimisst. Insbesondere ist eine Werbegabe nicht etwa deshalb zulässig, weil der Gegenstand von minderer Qualität ist und aus diesem Grund hinter dem erwarteten Wert zurückbleibt.

Danach liegt der Wert des von der Antragsgegnerin als Werbegabe verwendeten Fieberthermometers über der nach § 7 I Nr. HWG zulässigen Grenze. Nach der Vorstellung der angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder des erkennenden Senats gehören, sind auch einfache Fieberthermometer im Allgemeinen zu einem Preis erhältlich, der deutlich über 1,- € liegt. Dies wird bestätigt durch die vom Antragsteller vorgelegten Y-Angebote, in denen Preise zwischen 2,50 € und 6,29 € verlangt werden. Dem steht nicht entgegen, dass nach dem Vortrag der Antragsgegnerin vereinzelt Fieberthermometer auch schon zum Preis von 1,- € verkauft werden und das von ihr tatsächlich zugegebene Thermometer qualitativ den zu diesem Preis angebotenen Erzeugnissen entspricht. Denn darauf kommt es aus den oben dargestellten Gründen für die Beurteilung nicht an.

Die Antragsgegnerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 26.5.2011.

I