OLG Frankfurt a.M.: Zur rechtmäßigen Nutzung eines fremden Unternehmenskennzeichens

veröffentlicht am 3. Juni 2015

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.04.2015, Az. 6 U 35/15
§ 15 Abs. 2 MarkenG, § 23 Nr. 3 MarkenG

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Nutzung eines fremden Unternehmenskennzeichens in der Form „Unabhängige Interessenvertretung der Handelsvertreter der XVZ“ nicht markenrechtswidrig ist. Es sei bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine Benutzung der Marke „XVZ“ vorliege. Jedenfalls aber sei diese Art der Verwendung gemäß § 23 Nr. 3 MarkenG erlaubt, sofern die Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Dienstleistung diene, dafür notwendig sei und nicht gegen die guten Sitten verstoße. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschluss

In dem Rechtsstreit

beabsichtigt der Senat, die Berufung der Antragstellerin gegen das am 10.12.2014 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt a. M. zurückzuweisen, da die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 II ZPO erfüllt sind.

Gründe

Wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, steht der Antragstellerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 15 II MarkenG nicht zu. Dies gilt selbst dann, wenn man – wie mit der Berufungsbegründung gefordert – ein Handeln des Antragsgegners im geschäftlichen Verkehr bejaht. Denn jedenfalls sind die weiteren Voraussetzungen für einen solchen Anspruch nicht erfüllt.

Fraglich ist bereits, ob der Antragsgegner das Unternehmenskennzeichen „Marke1″ mit dem angegriffenen Verbandsnamen „Unabhängige Interessenvertretung der Handelsvertreter der Marke1″ im Sinne von § 5 II MarkenG „benutzt“. Denn innerhalb dieses Vereinsnamens dient der Bestandteil „Marke1″ gerade nicht der Kennzeichnung des Vereins oder Unternehmens des Beklagten. Vielmehr wird erkennbar ein Dritter, nämlich die Antragstellerin, zutreffend mit dessen Namen bezeichnet, um den Gegenstand der Tätigkeit des Antragsgegners bereits in dessen eigenem Namen zu beschreiben. Ob eine solche bloße Nennung eines fremden Kennzeichens im Rahmen des eigenen Kennzeichens den Benutzungsbegriff im Sinne von § 15 II MarkenG erfüllt, erscheint zweifelhaft. Zwar hat der Senat dies in einer früheren, einen vergleichbaren Fall betreffenden Entscheidung (vgl. Urt. v. 19.8.1999 – 6 U 84/99; MD 1999, 1344 – Hapimag) im Hinblick auf die Entscheidung „BMW/Deenik“ des EuGH (WRP, 1999, 407) zumindest für möglich gehalten. Zum einen hat der EuGH diese Rechtsprechung jedoch inzwischen in der Entscheidung „Adam Opel“ (GRUR 2007, 318; Tz. 27-29) relativiert (vgl. hierzu im Einzelnen Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., Rdz. 106 und 327 zu § 14 MarkenG). Zum andern lassen sich die vom EuGH weiterentwickelten Grundsätze über die „funktionsbeeinträchtigende“ Benutzung einer eingetragenen Marke (vgl. GRUR 2009, 756 – L’Oréal/Bellure) auf den Benutzungsbegriff in § 15 II MarkenG nicht ohne weiteres übertragen. Denn diese vom Anwendungsbereich der Markenrechtsrichtlinie 2008/95/EG nicht erfasste Vorschrift ist allein nach deutschem Recht auszulegen (vgl. BGH GRUR 2009, 500 – Beta Layout, Tz. 25) und unterscheidet sich von der den Schutz der eingetragenen Marke betreffenden Regelung des § 14 II MarkenG dadurch, dass § 15 II MarkenG Schutz allein gegen eine verwechslungsfähige, also die Herkunftsfunktion des Unternehmenskennzeichens beeinträchtigende Benutzung gewährt; demgegenüber kann nach der Rechtsprechung des EuGH (a.a.O. – L’Oréal/Bellure) für eine „doppelidentische“ Benutzung einer Marke (§ 14 II Nr. 1 MarkenG) auch die Beeinträchtigung einer anderen als deren Herkunftsfunktion ausreichen.

Die Frage der kennzeichenmäßigen Benutzung im Sinne von § 15 II MarkenG kann aber im vorliegenden Fall dahinstehen, da sich der Antragsgegner jedenfalls mit Erfolg auf die Schutzschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG berufen kann (vgl. auch hierzu Senat a.a.O.). Die Vorschrift erlaubt es, eine fremde geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung hierfür notwendig ist und nicht gegen die guten Sitten verstößt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Wenn man – wie zugunsten der Antragstellerin unterstellt – in dem Angebot des Antragsgegners an seine Mitglieder, deren geschäftliche Interessen gegenüber der Antragstellerin zu vertreten, eine Dienstleistung sieht, dient die Erwähnung des Unternehmenskennzeichens der Antragstellerin im Verbandsnamen des Antragsgegners dazu, den Inhalt dieser Dienstleistung zu beschreiben. Es ist auch nicht ersichtlich, wie der Antragsgegner dies innerhalb seines Verbandsnamens anders tun könnte als durch die Verwendung des Unternehmenskennzeichens der Antragstellerin.

Die Verwendung des Unternehmenskennzeichens der Antragstellerin durch den Antragsgegners ist auch nicht sittenwidrig. Ohne Erfolg wiederholt die Antragstellerin in der Berufungsbegründung ihren Vorwurf, der Verbandsname des Antragsgegners erwecke den unzutreffenden Eindruck, es handele sich um eine Vereinigung, bestehend aus „aktiven“ Handelsvertretern der Antragstellerin, deren Verträge ungekündigt seien. Der Verbandsname schließt nicht aus, dass dem Antragsgegner auch frühere oder solche Marke1-Handelsvertreter angehören, deren Vertragsverhältnis gekündigt ist; denn auch deren Interessen kann der Antragsgegner sinnvoll gegenüber der Antragstellerin vertreten. Im Übrigen ist die Antragstellerin der Behauptung des Antragsgegners, ihm gehörten jedenfalls auch „aktive“ Handelsvertreter der Antragstellerin an, nicht substantiiert entgegengetreten.

Ebenso wenig vermittelt der angegriffene Verbandsname des Antragsgegners den Eindruck, der Antragsgegner handele im Auftrag der Antragstellerin oder stehe mit ihr in einer wirtschaftlichen Verbindung (vgl. hierzu Senat WRP 2014, 981; juris-Tz. 21). Der in den Verbandsnamen aufgenommene Hinweis auf die Unabhängigkeit geht vielmehr in die gegenteilige Richtung.

Unter diesen Umständen hat das Landgericht auch mit zutreffenden Erwägungen, auf die Bezug genommen wird, eine Verletzung des Namensrechts (§ 12 BGB) der Antragstellerin verneint.

Den hilfsweise geltend gemachten und vom Landgericht ebenfalls verneinten Anspruch aus der Verletzung ihrer eingetragenen Marke (§ 14 MarkenG) hat die Antragstellerin mit der Berufungsbegründung nicht weiterverfolgt.

Die Antragstellerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 23.4.2015.

Vorinstanz:
LG Frankfurt, Az. 3-8 O 145/14

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