OLG Hamburg: Eine Salvatorische Klausel kann unwirksam sein und dann kostenpflichtig abgemahnt werden

veröffentlicht am 26. Mai 2011

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Hamburg, Urteil vom 02.04.2008, Az. 5 U 81/07
§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB; §§ 3; 4 Nr. 11 UWG

Das OLG Hamburg hat in diesem älteren Urteil entschieden, dass die häufig in Schlussbestimmungen verwendete sog. Salvatorische Klausel „XYZ und der Kunde werden die nichtige Bestimmung durch eine solche wirksame ersetzen, die dem Willen der Vertragspartner wirtschaftlich am nächsten kommt.“ unwirksam ist und gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Dies hatte früher auch schon das LG Hamburg (hier) in einem anderen Verfahren entschieden. Zitat des Senats:

„b.
Denn bei der von der Klägerin angegriffenen AGB-Klausel in § 11 der Geschäftsbedingungen handelt es sich um eine solche Bestimmung, deren Verwendung sich am Markt, d. h. bei der Nachfrageentscheidung des Verbrauchers im Vorfeld des Vertragsschlusses auswirken kann.

aa.
Die streitgegenständliche sog. „salvatorische Klausel“ ist AGB-rechtlich gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam und damit nichtig. Hierauf hat das Landgericht zutreffend hingewiesen. Weitere Ausführungen hierzu sind nicht veranlasst, zumal auch der Beklagte die Unwirksamkeit nicht ernsthaft in Frage stellt.

bb.
Die rechtliche Besonderheit dieser Klausel in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht liegt darin, dass eine salvatorische Klausel aus der Natur der Sache keinen materiell-rechtlichen Regelungsgehalt zum konkreten Vertragsinhalt bzw. zur Vertragsabwicklung enthält. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine allgemeine Bestimmung, die sich uneingeschränkt auf das gesamte AGB-Klauselwerk bezieht. Die Funktion der nichtigen salvatorischen Klausel ist deshalb nicht die Regelung einer bestimmten Vertragskonstellation, sondern die Vorsorge, dass irgendeine AGB-Bestimmung wegen Unwirksamkeit ersatzlos entfallen könnte. Mit diesem Regelungsgehalt erfasst die salvatorische Klausel sämtliche anderen AGB-Bestimmungen, deren Schicksal sie zu regeln gedacht ist. Dementsprechend besteht ihr (wettbewerbs)rechtlich relevanter Gehalt nicht darin, dass sie einen bestimmten Wettbewerbssachverhalt regelt, sondern darin, dass sie verhindert soll, dass eine wettbewerbsrechtliche relevante AGB-Klausel ersatzlos fortfällt. Die unwirksame salvatorische Klausel entfaltet damit bei jeder einzelnen AGB-Bestimmung des streitgegenständlichen Klauselwerks des Beklagten ihre Wirkung. Sie erfasst damit zwar nicht nur, aber auch solche AGB-Bestimmungen, die sich im Vorfeld des Vertragsschlusses auswirken. Dies ist etwa bei AGB-Klauseln der Fall, die den Vertragsschluss, dessen Zustandekommen bzw. nähere Ausgestaltung selbst oder z.B. Vorschriften über die Speicherung von Kundendaten im Falle eines Vertragsschlusses regeln. Derartige Klauseln, deren Verwendung – wenn sie unwirksam sind – auch nach der Rechtsprechung des Senats einen Wettbewerbsverstoß darstellt, soll die salvatorische Klausel vor einer ansonsten drohenden Nichtigkeit bewahren. Sie ist deshalb auch dazu gedacht, insoweit die Nachfrageentscheidung des Verbrauchers im Markt zu beeinflussen und dem Beklagten Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Aus den genannten Gründen stellt sich deshalb auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats die Verwendung der streitgegenständlichen salvatorische Klausel als Verstoß gegen §§ 3,4 Nr. 11 UWG dar.

cc.
Für die wettbewerbsrechtliche Relevanz einer unwirksamen salvatorische Klausel ist es unerheblich, ob sich das sonstige Klauselwerk konkret als rechtlich unbedenklich darstellt oder nicht. Es insbesondere nicht veranlasst, für die Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit einer derartigen Klausel das gesamte Regelungsgefüge der AGB vollständig auf seine rechtliche Unbedenklichkeit zu überprüfen. Wettbewerbsrechtlich relevant ist eine derartige Klausel bereits dann, wenn sie darauf zielt, gegenwärtige oder zukünftige Vertragsbestimmungen vor den Folgen einer etwaigen rechtlichen Unwirksamkeit möglichst effektiv im Sinne des Klauselverwenders zu schützen.“

Der Volltext der Entscheidung findet sich bei telemedicus.

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