OLG Hamburg: Zur Festsetzung der Kosten eines Testkaufs im Kostenfestsetzungsverfahren / Zur Zug-um-Zug-Herausgabe

veröffentlicht am 1. Oktober 2014

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Hamburg, Beschluss vom 12.03.2014, Az. 4 W 23/13
§ 104 Abs. 3 ZPO, § 567, § 569 ZPO

Das OLG Hamburg hat entschieden, dass die Festsetzung der Testkaufkosten im Rahmen des gerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahrens nicht von der Rückgabe des Testkaufgegenstands abhängig zu machen ist, wenn der Erstattungspflichtige keinen Herausgabeanspruch geltend macht. Im vorliegenden Fall ging es um einen nachgeahmte Marken-Jacke. Zum Volltext der Entscheidung:

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg

Beschluss

In der Sache

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 4. Zivilsenat – durch … am 12.03.2014:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 16.12.2013 dahin geändert, dass hinsichtlich der unter Ziffer II. tenorierten Zahlungsverpflichtung von 242,90 EUR die Zug um Zug-Festsetzung entfällt.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert in Höhe von EUR 242,90 zu tragen.

Gründe

I.
Die Klägerin nahm den Beklagten wegen einer Markenrechtsverletzung mit der Begründung in Anspruch, dass der Beklagte über eBay gefälschte Jacken der Marke … verkauft habe. Mit Versäumnisurteil vom 03.12.2013 hat das Landgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt und ihm die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 11.12.2013 hat die Klägerin u. a. die Kosten für einen Testkauf einer vom Beklagten angebotenen Jacke in Höhe von EUR 242,90 zur Erstattung angemeldet. Das Landgericht hat den Kostenfestsetzungsbeschluss weitgehend antragsgemäß erlassen, allerdings einschränkend tenoriert, dass der Beklagte einen Betrag in Höhe von EUR 242,90 nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Testkaufgegenstands zu erstatten habe.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin. Zur Begründung führt die Klägerin aus, dass es sich bei der von ihr zu Testzwecken gekauften Jacke um eine Produktfälschung handele, deren Besitz für den Beklagten als gewerblicher Anbieter strafbar sei. Im Übrigen würde sie durch eine Herausgabe der gefälschten Jacke aufgrund der Zug um Zug-Festsetzung in den ihr zustehenden Markenrechten verletzt, da nicht ausgeschlossen sei, dass der Beklagte nach Zurückerhalt der Jacke diese erneut zur Versteigerung anbieten werde. Jedenfalls stünde ihr bei Rückgabe der Jacke ein urheberrechtlicher Vernichtungsanspruch zu.

II.
Die nach §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Festsetzung der Testkaufkosten, deren grundsätzliche Erstattungsfähigkeit hier nicht im Streit steht, ist hier nicht von der Rückgabe des Testkaufgegenstands abhängig zu machen.

Die Frage, ob im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähige Testkaufkosten nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Testkaufgegenstands festgesetzt werden können, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt: Nach einer Auffassung erfolgt die Erstattung immer nur Zug um Zug gegen Übereignung des Testkaufprodukts (OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 978; KGR Berlin 2003, 163; von Eicken/Hellstab/Madert/Lappe/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 19. Aufl., Rn. B 424), selbst dann, wenn der Erstattungsgläubiger geltend macht, ihm stehe im Fall der Rückgabe der Sache ein urheberrechtlicher Vernichtungsanspruch zu (KG, a.a.O.). Nach anderer Auffassung kommt eine Einschränkung der Festsetzung der Testkaufkosten durch eine Zug um Zug-Festsetzung nur in Betracht, wenn der Gegenanspruch des Erstattungspflichtigen unschwer feststellbar oder unstreitig ist (OLG Düsseldorf JurBüro 2009, 199; so offenbar auch Zöller-Herget, ZPO, 30. Aufl., § 91 Rn. 13 „Testkauf“ ) bzw. wenn der Erstattungspflichtige sämtliche Kosten des Rechtsstreits (und damit auch den Kaufpreis in voller Höhe) zu tragen hat oder der Erstattungsberechtigte mit der Überlassung einverstanden ist (OLG Stuttgart, Die Justiz 1986, 412; Münchener Kommentar-Schulz, ZPO, 4. Aufl., § 91 Rn. 187). Schließlich wird die Auffassung vertreten, dass die Erstattung der Testkaufkosten nicht von einer Herausgabe des Testkaufprodukts abhängig gemacht werden könne (OLG Koblenz JurBüro 1985, 1865 m. zust. Anm. Mümmler).

Die Streitfrage braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Denn eine Festsetzung der Erstattung der Testkaufkosten Zug um Zug gegen Herausgabe des Testkaufgegenstands setzt voraus, dass der Erstattungspflichtige – wie auch bei der Einrede nach § 273 BGB – einen Herausgabeanspruch geltend macht. Dies ist hier nicht der Fall. Der Beklagte hat sich weder im Rechtsstreit noch im Kostenfestsetzungsverfahren trotz Gewährung rechtlichen Gehörs zur sofortigen Beschwerde zur Akte legitimiert und keinerlei Ansprüche auf Herausgabe der streitgegenständlichen Jacke, die die Klägerin zur Überprüfung der Fälschung von ihm erworben hat, geltend gemacht. Eine Einschränkung von Amts wegen dahin, dass dem Erstattungspflichtigen Zug um Zug der Testkaufgegenstand zu übertragen ist, ist nicht veranlasst (so auch OLG München GRUR-RR 2004, 190).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

I