OLG Hamm: 129 Bewertungen in 6 Monaten sprechen für gewerbliche Tätigkeit eines eBay-Verkäufers

veröffentlicht am 14. März 2013

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Hamm, Urteil vom 21.08.2012, Az. I-4 U 114/12
§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG, § 3 UWG, § 4 Nr. 11 UWG; § 355 BGB, § 475 Abs. 1 BGB; § 5 TMG

Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine Anzahl von 129 Bewertungen in einem Zeitraum von sechs Monaten auf einer Internethandelsplattform für eine gewerbliche Tätigkeit eines Verkäufers sprechen, insbesondere, wenn die verkauften Waren alle aus demselben Bereich (hier: Computerzubehör) stammen. Zu der Anzahl der Bewertungen komme auch das erhebliche Indiz der größeren Dauerhaftigkeit hinzu, da der Antragsgegner über ein ganzes Jahr lang jeden Monat mindestens 15 Festplatten verkauft habe. Dies ließe sich nicht mit einem „Hobby“ erklären. Folglich sei der Verkäufer dann verpflichtet, die Anforderungen für Unternehmer an die Anbieterkennzeichung und das Vorhalten von Pflichtinformationen für Verbraucher zu erfüllen. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Hamm

Urteil

Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 2. Mai 2012 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Unterlassungstenor statt „Waren“ heißt: „Computerzubehör“, und dass es am Ende des Unterlassungsantrags nach dem Wort „verwenden“ nach einem Absatz heißt: „wie geschehen bei den Angeboten des Antragsgegners vom 22. März 2012 gemäß Anlage 3 zur Antragsschrift.“

Der Antragsgegner trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Antragstellerin bietet auf der Auktionsplattform Y Restposten an, darunter auch Computerfestplatten. Der Antragsgegner hat jedenfalls bis Ende März 2012 bei Y unter dem Mitgliedsnamen „Y75″ gleichfalls Festplatten verkauft. Dabei hat er dem Käufer keine vollständige Anbieterkennzeichnung zur Verfügung gestellt, nicht über ein Widerrufsrecht des Käufers belehrt und als privater Verkäufer die Gewährleistung eingeschränkt.

Die Antragstellerin hat den Antragsgegner mit Schreiben vom 27. März 2012 (Bl.68) abgemahnt, wobei sie widersprüchlich im Betreff sich selbst als GmbH angegeben hat, aber als Anspruchstellerin im Übrigen als Firma T aufgetreten ist. Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 4. April 2012 (Anlage 8 zur Antragsschrift) auf diesen Widerspruch hingewiesen, deshalb die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigert, aber eine Unternehmereigenschaft auch in der Sache verneint. Die Antragstellerin hat am 4. April 2012 erneut eine Abmahnung ausgesprochen, aus der sich eindeutig ergibt, dass sie die Anspruchstellerin ist und ihr gegenüber auch die Unterlassungserklärung abgegeben werden soll (Anlage 7 zur Antragsschrift).

Mit dem am 20. April 2012 bei Gericht eingegangenen Verfügungsantrag hat sie geltend gemacht, bei dem Antragsgegner handele es sich um einen gewerblichen Verkäufer. Sie hat behauptet, aus dem Bewertungsprofil des Antragsgegners bei Y ergebe sich, dass dieser in den letzten sechs Monaten durchschnittlich 129 Transaktionen getätigt habe; es sei somit im Schnitt zu 22 Verkäufen pro Monat gekommen. Schon wegen der Vielzahl der Angebote sei von einem gewerblichen Verkauf auszugehen. Der Antragsgegner biete mit gebrauchten Festplatten gleichartige Ware an und berechne beim Kauf von mehreren Festplatten geringere Versandkosten. Es komme hinzu, dass seine Ehefrau in großen Mengen gebrauchte Festplatten angekauft habe, darunter auch 112 Stück von ihr, der Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat beantragt,

dem Antragsgegner unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Zusammenhang mit dem Angebot von Waren im Fernabsatz auf der Auktionsplattform Y

a) den Verbraucher nicht auf das Bestehen eines Widerrufsrechts gemäß § 355 Abs. 1, 2 BGB hinzuweisen,

und/oder

b) nicht den vollständigen Namen des Inhabers der Unternehmung, Angaben zur schnellen elektronischen Kontaktaufnahme einschließlich der Adresse der elektronischen Post und die ladungsfähige Anschrift leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten,

und/oder

c) für gewerbliche Angebote die Ankündigung „es handelt sich um einen Privatverkauf unter Ausschluss der Sachmängelhaftung“ zu verwenden.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Er hat die Mitbewerbereigenschaft der Antragstellerin in Frage gestellt. Er hat behauptet, die Verkaufsangebote seien in Zusammenhang mit seinem Hobby zu sehen und nicht als gewerbliches Handeln. Er sei von Beruf Chemielaborant und verfüge über mehrere ältere Computer, auf denen er noch alte Software und alte Spiele benutzen könne, die bei neuen moderneren Computern nicht mehr genutzt werden könnten. Er müsse für diese Computer die Ersatzteile, insbesondere auch die Festplatten gebraucht einkaufen und tue dies bei mehreren Händlern in größerem Umfang. Ware, die er selbst nicht (mehr) benötige, biete er anderen Interessenten im Internet an. Dabei erziele er nur einen ganz geringen Gewinn. Neue Platten habe er nur dann verkauft, wenn er diese für defekte Platten im Rahmen der Gewährleistung von den entsprechenden Herstellern erhalten habe. Inzwischen habe er eine entsprechende Verkaufstätigkeit sogar ganz aufgegeben.

Die Richtigkeit seiner im Rahmen der Anhörung durch das Landgericht gemachten Angaben hat der Antragsgegner an Eides Statt versichert.

Das Landgericht hat die begehrte einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragstellerin stehe der Anspruch auf Unterlassung nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 4 Nr. 11 UWG zu. Die Parteien seien Wettbewerber, da beide Computerzubehör und insbesondere auch Festplatten als gleichartige Waren im Internet anböten. Darauf, dass die Antragstellerin in erheblich größerem Umfang geschäftlich tätig sei, komme es nicht an. Der Antragsgegner sei auch Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG und § 14 BGB. Danach sei Unternehmer eine Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handele. Es müsse sich um eine Tätigkeit handeln, die nicht nur gelegentlich, sondern planmäßig erfolge. Auch Verkäufe aus einem Privatvermögen stünden einer Unternehmereigenschaft nicht zwingend entgegen. Würdige man hier die Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtschau, sei eine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen. Der Antragsgegner, der bereits relativ lange, nämlich mindestens 12 Monate Waren bei Y angeboten habe, habe innerhalb von sechs Monaten 119 Bewertungen im Internet erhalten, was durch Ausdrucke von Internetseiten glaubhaft gemacht worden sei. Er habe im Wesentlichen Waren aus dem Gebiet des Computerzubehörs angeboten, aber in einem breitgefächerten Spektrum. Dabei habe er auch Waren „neu und original verpackt“ verkauft. Er habe nach seinen eigenen Angaben einen Großteil der Waren selbst vorher im Internet erworben. Auch die Aufmachung seines Angebots, bei dem ein Bild und eine genaue Beschreibung der Ware eingestellt würden, sei typisch für einen gewerblichen Anbieter. Hinzu komme noch, dass ein Versandrabatt beim Kauf mehrerer Artikel angeboten werde.

Der gegen den Antragsgegner sprechende Anschein einer gewerblichen Tätigkeit sei durch seine eidesstattliche Versicherung nicht ausgeräumt worden. Es sei nach wie vor nicht nachvollziehbar, dass er Waren in der Größenordnung angeschafft habe, um sie privat oder für seine Familienangehörigen zu nutzen. Selbst wenn er über mehrere ältere Computer verfüge, sei eine solche Vorratshaltung von Festplatten unüblich. Der Antragsgegner habe auch selbst eingeräumt, dass er aus dem Weiterverkauf dieser Ware einen Gewinn gezogen habe, auch wenn dieser relativ gering ausgefallen sein möge.

Mit seinem Verhalten habe der Antragsgegner als Gewerbetreibender gegen Verbraucherschutzvorschriften verstoßen. Er habe nicht über das gesetzliche Widerrufsrecht belehrt, keine Anbieterkennzeichnung vorgenommen und sei von den gesetzlichen Vorschriften über die Gewährleistung abgewichen, als er zu Unrecht erklärt habe, es handele sich um einen Privatkauf unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Die Wiederholungsgefahr sei auch nicht dadurch entfallen, dass der Antragsgegner nach seinen Angaben nunmehr keine Waren mehr im Internet anbiete. Dazu sei die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich gewesen, an der es fehle.

Der Antragsgegner greift das Urteil mit der Berufung an. Er rügt zunächst, dass das Landgericht den Schriftsatz vom 25. April 2012 der Gegenseite verwertet habe, ohne dass ihm dieser Schriftsatz vorgelegen habe. Das Landgericht habe auch zu Unrecht als unstreitig in den Tatbestand aufgenommen, der Kläger habe „in den letzten 6 Monaten durchschnittlich 129 Transaktionen getätigt“. Dies könne nicht anders zu verstehen sein, als ob er 129 Verkäufe pro Monat abgewickelt habe. Das sei aber eine völlig falsche Tatsachengrundlage. Selbst wenn man das „durchschnittlich“ streiche, käme man zu 129 Transaktionen in 6 Monaten, was den weiter angesprochenen 22 Verkäufen pro Monat entsprechen könnte. Im Schriftsatz vom 4. April 2012 habe er aber bereits darauf hingewiesen, dass innerhalb der letzten 12 Monate durchschnittlich nur 15 Auktionen monatlich stattgefunden hätten. Die Anzahl von 22 Verkäufen pro Monat ergebe sich nirgendwo, insbesondere auch nicht aus seinem Bewertungsprofil.

Die Antragstellerin habe zunächst am 27. März 2012 ein Abmahnschreiben ohne ihren GmbH-Zusatz versandt. Bereits mit Schreiben vom 4. April 2012 habe er, der Antragsgegner, der Antragstellerin mitgeteilt, dass er zukünftig bei Y unter dem Benutzernamen „Y75″ keine Angebote mehr einstellen werde. Diese Erklärung sei ausdrücklich zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr erfolgt. Somit habe bereits vor der hier streitgegenständlichen Abmahnung vom 4. April 2012 keine Wiederholungsgefahr mehr bestanden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin bis zum 20. April 2012 Zeit gelassen habe, um den Verfügungsantrag zu stellen. Das spreche gegen die Dringlichkeit.

Das Landgericht hätte prüfen müssen, ob es sich bei den unterschiedlichen Angeboten von 52 Festplatten auf einen Schlag bei der Antragstellerin und einzelnen Festplatten bei ihm wirklich um gleichartige Angebote an denselben Abnehmerkreis gehandelt habe. Die Parteien hätten eine völlig unterschiedliche Stellung auf dem Markt. Das führe dazu, dass seine wenigen Angebote die wettbewerblichen Interessen der Antragstellerin überhaupt nicht berühren könnten. Diese habe sich offenbar nur dadurch gestört gefühlt, dass seine Ehefrau bei einem bei der Antragstellerin getätigten Kauf den Widerruf erklärt habe. Es sei der Antragstellerin nur um eine Antwort darauf gegangen. Deshalb sei auch ein Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG zu prüfen gewesen.

Er, der Antragsgegner, sei auch kein Unternehmer, sondern Chemielaborant. Er habe kein Gewerbe angemeldet. Auch die vom Landgericht angeführten Indizien für eine Unternehmereigenschaft seien nicht zwingend. So gebe es bei ihm kein breit gefächertes Spektrum an Waren, sondern er biete den Interessenten ausschließlich Computerfestplatten an. Das Vorhandensein von Neuware habe er im Termin erklärt. Bei den gekauften defekten Festplatten gebe es auch solche, die nicht älter seien als 3 oder 5 Jahre. Auf solche Festplatten gewährten die Hersteller eine Garantie. Wenn er, der Antragsgegner, diese defekten Festplatten an die Händler versende, bekomme er jeweils eine neue Festplatte zugeschickt. Da er an diesen neuen Festplatten kein Interesse habe, hätte er sie dann zum Kauf angeboten. Weder das Angebot mit Bild noch der Versandrabatt sprächen für eine gewerbliche Tätigkeit. Gegen eine solche sprächen vielmehr der geringe Umfang der Verkäufe und auch die geringen Erlöse. Ein wichtiges Argument gegen die Gewerbsmäßigkeit sei auch die von ihm beschriebene Hobbyszene. Die Tatsache, dass es eine solche Szene tatsächlich gebe, belege schon das Angebot der Antragstellerin mit dem Verkauf von 54 gebrauchten Festplatten an Bastler. Dafür spreche auch, dass eine Vielzahl der Bewertungen an einem Tag von ein und demselben Käufer abgegeben wurde. Der Antragsgegner meint auch, dass in Einzelfällen erzielte Gewinne solchen Privatverkäufen innerhalb der Szene nicht entgegenstünden.

Bei der Wiederholungsgefahr sei zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des ersten Abmahnversuches keine berechtigte Abmahnung vorgelegen habe. Es habe an der richtigen Bezeichnung der abmahnenden Partei gefehlt. Deshalb habe die Antragstellerin zur Korrektur die zweite Abmahnung vom 4. April 2012 ausgesprochen. Zwischen den Abmahnungen sei es zu keinem erneuten Verstoß mehr gekommen. Ein etwaiges Wettbewerbsverhältnis wäre zu diesem Zeitpunkt bereits beendet gewesen.

Der Antragsgegner beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass es im Urteilstenor statt „Waren“ heißt: „Computerzubehör“, und dass es am Ende des Unterlassungsantrags nach dem Wort „verwenden“

nach einem Absatz heißt: „wie geschehen bei den Angeboten des Antragsgegners vom 22. März 2012 gemäß Anlage 3 zur Antragsschrift.“

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Nach ihrer Einschätzung ergibt sich die gewerbliche Tätigkeit des Antragsgegners bereits daraus, dass dieser bei seinen Y-Angeboten unter „Y75″ innerhalb von sechs Monaten 129 Bewertungen erhalten habe, wie sich aus Anlage 2 zur Antragsschrift ergebe. Das später mit Schriftsatz vom 25. April 2012 eingereichte vollständige Bewertungsprofil weise zwar nur 119 Transaktionen innerhalb von sechs Monaten aus. Dies beruhe aber nur darauf, dass der Antragsgegner nach dem Erhalt der Abmahnung seine dortige Geschäftstätigkeit alsbald eingestellt habe. Das Bewertungsprofil von Y gebe nur die Bewertungen des laufenden Monats, der letzten 6 Monate und der letzten 12 Monate wieder. Als Basis der Bewertung sei hier ohnehin nur der Zeitraum der letzten 6 Monate in Betracht gekommen. Die Bewertungsprofile der Auktionsplattform Y würden grundsätzlich von den Gerichten bei der Abgrenzung der gewerblichen von einer privaten Tätigkeit herangezogen. Da nicht alle Käufer eine Bewertung abgäben, sei hier davon auszugehen, dass in dem ersten entscheidenden Sechsmonatszeitraum noch mehr als 129 Transaktionen insgesamt und damit 22 pro Monat durchgeführt worden seien. Für eine gewerbliche Tätigkeit sprächen auch die Umsätze. Innerhalb eines Monats vom 22. Februar bis 22. März 2012 habe der Antragsgegner mindestens 1.721,40 € für den Verkauf von 24 Artikeln als Umsatz erzielt. Er habe gleichartige Waren verschiedener Hersteller sowohl neu als auch gebraucht zum Kauf angeboten. Die Angebote seien auch professionell aufgemacht und es würden Versandrabatte beim Kauf mehrerer Festplatten angeboten. Es handele sich bei den angebotenen Waren um zuvor selber vom Antragsgegner oder seiner Ehefrau angekaufte gebrauchte Festplatten. Für die Gewerblichkeit des Handels spreche insbesondere, dass defekte Festplatten, bei denen die Gewährleistungsfrist noch nicht abgelaufen sei, planmäßig aufgekauft und bei den Herstellern reklamiert würden. Die im Rahmen der Garantie übersandten neuen Festplatten würden dann originalverpackt als neu mit Gewinn verkauft. Zu den insoweit zu erzielenden Verkaufspreisen der neuen Festplatten trägt die Antragstellerin sodann im Einzelnen vor (Bl.83). Auch wenn der Antragsgegner die Neuware mit verringerter Garantiezeit verkaufe, lägen seine Erlöse nur geringfügig unter den Preisen, zu denen sonstige Angebote bei Amazon erfolgten. Es sei also lebensfremd und falsch, wenn der Antragsgegner auf nur geringe Gewinne verweise.

Unerheblich sei es, dass der Antragsgegner einen weiteren Beruf ausübe und dass er kein Gewerbe angemeldet habe. Auch die Tatsache, dass mehrere Bewertungen an einem Tag vom gleichen Verkäufer stammten, spreche nicht gegen dessen gewerbliche Tätigkeit.

Die bloße Mitteilung, dass ein Verletzer in Zukunft keinen Anlass mehr für weitere Beanstandungen geben wolle, reiche nicht aus, um die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Das gelte insbesondere deshalb, weil sich der Antragsgegner beharrlich geweigert habe, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die zu ihren Gunsten bestehende Dringlichkeitsvermutung sei hier auch nicht widerlegt. Auch wenn sie über einen höheren Warenumschlag verfügt habe als der Antragsgegner, bestehe ein Wettbewerbsverhältnis. Sie, die Antragstellerin, sei tatsächlich durch die Transaktionen mit der Ehefrau des Antragsgegners auf dessen Verkaufstätigkeiten aufmerksam geworden. Sie durchforste gerade nicht das Internet auf Wettbewerbsverstöße. Der Antragsgegner hätte aber die Angelegenheit durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kostengünstig beilegen können. Er könne sich angesichts des Konkurrenzkampfes auf der Internetplattform Y nicht als Opfer darstellen. Die Abmahnung vor Erlass der einstweiligen Verfügung sei als Folge der Verletzungshandlung des Antragsgegners berechtigt gewesen.

II.

Die Berufung des Antragsgegners hat keinen Erfolg, weil der Antragstellerin der nach der Klarstellung des Antrages zuletzt geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen den Antragsteller zusteht.

1)
Der Antrag ist jedenfalls jetzt bestimmt genug sein im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auch wenn die Verletzungshandlung aus der Unternehmereigenschaft und damit dem gesamten Anbieterverhalten der letzten Monate hergeleitet wird, sind die konkreten Verletzungshandlungen die Internetangebote des Antragsgegners vom 22. März 2012 betreffend die Festplatten K 60GB und K2 123,5 GB, wie sie sich aus der Anlage 3 zur Antragsschrift ergeben. Diese Angebote sind in den Antrag einbezogen worden. Er bezieht sich nun nicht mehr auf alle Waren, sondern nur noch auf Computerzubehör, weil der Antragsgegner unstreitig nur solche Waren anbietet. Bei der Antragsänderung handelt es sich um eine kostenunschädliche Klarstellung, weil die Antragstellerin von Anfang an vortragen hat, dass es ihr um das Verkaufsverhalten im Hinblick auf neue und gebrauchte Computerfestplatten gehe.

2)
Für eine fehlende Antragsbefugnis wegen einer rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG sind keine hinreichenden Anhaltspunkte geltend gemacht oder ersichtlich. Die Tatsache, dass sich die Antragstellerin dafür interessiert hat, was die Ehefrau des Antragsgegners mit den massenweise aufgekauften Festplatten gemacht hat, insbesondere, ob und wie sie sie weiterverkauft hat, ist nur ganz natürlich.

3)
Der Verfügungsgrund ist im vorliegenden Fall unproblematisch gegeben. Selbst wenn die Antragstellerin schon am 22. März 2012 Kenntnis von den Internetangeboten des Antragsgegners erhalten und bald danach auch das Bewertungsprofil, das mit den Bewertungen bis zum 23. März 2012 geht, in den Händen gehabt haben sollte, hat sie bis zur Antragstellung am 20. April 2012 keinen Monat verstreichen lassen. Ob sie vor der mit dem Antrag vorgelegten Abmahnung vom 4. April 2012 bereits vorher am 27. März 2012 abgemahnt und dabei die Partei unrichtig bezeichnet haben könnte, ist dafür unerheblich. Das gesamte denkbare Szenarium hat sich innerhalb der Frist von einem Monat vor der Antragstellung abgespielt.

4)
Als Verfügungsanspruch steht der Antragstellerin ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 355 BGB, 5 TMG, 475 Abs. 1 BGB zu. Der Antragsgegner hat als Unternehmer im geschäftlichen Verkehr und damit zugleich als Mitbewerber der Antragstellerin gegen die genannten Verbraucherschutzvorschriften, die auch sämtlich Marktverhaltensvorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind, verstoßen. Es spricht nach der für diesen Einzelfall anzustellenden Gesamtschau alles dafür, dass es sich bei den Angeboten des Antragsgegners, die die Verletzungshandlungen darstellen, um gewerbliche Angebote gehandelt hat, bei denen über ein Widerrufsrecht hätte belehrt werden und die Anbieterkennzeichnung hätte erfolgen müssen und bei der auch nicht die Sachmängelhaftung hätte ausgeschlossen werden dürfen. Da ein solches Handeln im geschäftlichen Verkehr vorliegt, kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Antragstellerin als Mitbewerberin im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG einen Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner geltend machen kann. Denn es besteht dann ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Beide verkaufen gebrauchte Festplatten bei Y im Internet. Der unterschiedliche Umfang des Handels kann nichts daran ändern, dass austauschbare Waren angeboten werden und ein Kauf bei dem Antragsgegner zu Lasten der Antragstellerin gehen kann. Da der Mitbewerber­begriff handlungsbezogen ist, ist für das Wettbewerbsverhältnis an die jeweilige konkrete Verletzungshandlung anzuknüpfen (Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage, § 2 Rdn. 96). Als die Internetangebote vom Antragsgegner eingestellt wurden, bestand ein Wettbewerbsverhältnis. An diesem Wettbewerbsverhältnis hat sich auch nichts dadurch geändert, dass der Antragsgegner seit einiger Zeit im Internet überhaupt keine Festplatten im Internet mehr anbieten will. Solange sich wie hier noch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Antragsgegner das frühere gewerbliche Handeln nunmehr endgültig eingestellt hat, bleibt es bei dem Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Entscheidend ist, dass der Antragsgegner durch das geschäftliche Handeln eine Wiederholungsgefahr begründet hat und dass er die Tätigkeit weiterhin jederzeit wieder aufnehmen kann.

a)
Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr, an das im Sinne eines effektiven Verbraucherschutzes keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen, liegt nahe, wenn ein Anbieter im Internet wiederholt mit gleichartigen, insbesondere auch neuen Gegenständen handelt. Dafür können neben der Art der angebotenen Waren auch die Anzahl der getätigten Verkäufe und die Zahl der vorliegenden Bewertungen durch die Käufer entscheidend sein. Eine Anzahl von 74 Bewertungen in etwa 10 Monaten ist dabei als erhebliches Indiz gewürdigt worden (vgl. BGH GRUR 2009, 871, 873 -Ohrclips). Gerade auch wenn ein Anbieter zum Kauf angebotene Produkte erst kurz zuvor erworben hat, spricht dies für ein Handeln im geschäftlichen Verkehr. Ein weiteres Argument für eine gewerbliche Tätigkeit ist nach der genannten BGH-Entscheidung die Tatsache, dass der Anbieter auch ansonsten gewerblich tätig ist.

b)
Legt man dies zugrunde, spricht hier für eine gewerbliche Tätigkeit zunächst die Art und der Umfang der Verkaufstätigkeit des Antragsgegners. Der Antragsgegner hat in der Mehrzahl neue und daneben auch gebrauchte Festplatten verschiedener Hersteller in erheblicher Zahl während des letzten Jahres vor der gerügten Verletzungshandlung angeboten und verkauft. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Bewertungsprofilen ergibt sich, dass der Antragsgegner während der letzten 6 Monate vor den beanstandeten Angeboten 129 Bewertungen erhalten hat (vgl. Anlage 2 zur Antragsschrift); in der Zeit bis zum 22. April 2012 waren es dann immer noch 119 Bewertungen in sechs Monaten. Die erste Zahl der Bewertungen hat das Landgericht zutreffend zugrunde gelegt, auch wenn es sich im Tatbestand des Urteils etwas ungenau ausgedrückt haben sollte. Es war auch nach den Entscheidungsgründen völlig klar, dass es von ca. 22 Verkäufen im Monat ausging und nicht etwa von 129 monatlichen Verkäufen. Wenn man die oben erwähnte BGH-Rechtsprechung zugrunde legt, legt eine solche Zahl gewerbliches Verhalten bereits sehr nahe. Aber auch eine Zahl von „nur“ 180 Bewertungen in 12 Monaten lässt den Antragsgegner nicht eher als einen privaten Verkäufer erscheinen. Es sinkt beim Heranziehen der Zahlen der letzten 12 Monate zwar der Durchschnitt der monatlichen Verkäufe etwas. Es kommt aber auch das erhebliche Indiz der größeren Dauerhaftigkeit hinzu. Wer über ein ganzes Jahr nach den vorliegenden Käuferreaktionen jeden Monat mindestens 15 Festplatten bei Y verkauft, kann dies kaum anders als gewerblich tun. Insbesondere die größere Zahl der Verkäufe von neuen und original verpackten Festplatten bestärkt das noch. Zwar hat der Antragsgegner diese neuen Festplatten nicht zuvor selbst käuflich erworben. Er hat aber gebrauchte und defekte Festplatten günstig angekauft und anschließend Gewährleistungsrechte bei den Herstellern geltend gemacht, soweit die Gewährleistungsfristen noch nicht abgelaufen waren. Daraufhin wurden ihm von den Herstellern für die gekauften defekten Festplatten die neuen Festplatten übersandt, für die er nach seinem eigenen Vortrag keine Verwendung hatte und die er deshalb gewinnbringend weiter veräußerte. Diese „Masche“ spricht zumindest in gleichem Maße für ein gewerbliches Handeln wie ein Ankauf mit anschließendem Wiederverkauf. Weitere Indizien von geringerem Gewicht sind schließlich auch die Aufmachung der Verkaufsangebote, der Hinweis auf die anderen Artikel und die Versandrabatte. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass auch Privatangebote sehr professionell wirken können und die Versandkosten bei allen Fernabsatzgeschäften immer ein besonderes Problem darstellen.

c)
Gegen diese Gewerblichkeit des Festplattenhandels spricht es hier nicht, dass der Antragsgegner im Übrigen nicht gewerblich tätig ist, sondern in abhängiger Beschäftigung als Chemielaborant arbeitet. Zwar hat der Bundesgerichtshof in der sonstigen Gewerbetätigkeit ein zusätzliches Indiz für gewerbliche Tätigkeit gesehen. Das bedeutet aber nicht, dass nicht von Gewerblichkeit auszugehen ist, wenn diese Besonderheit wie hier fehlt. Dann kommt es in der Gesamtschau nach wie vor auf Art und Umfang des Handelns an, die hier kaum einen anderen Schluss zulässt als den auf die gewerbliche Tätigkeit. Erst recht kann es dann nicht darauf ankommen, ob der Antragsgegner als Gewerbetreibender eingetragen ist. Gerade das Internet ermöglicht auch abhängig Beschäftigten, nebenher mit bestimmten Waren gewerbsmäßig Handel zu treiben, wie der Senat aus verschiedenen Verfahren weiß.

d)
Gegen die Gewerblichkeit der Verkaufsangebote des Antragsgegners spricht schließlich auch nicht das von ihm dargestellte Hobby und die darin eingebundene Hobbyszene der Liebhaber von alten Computern und Computerspielen, die nur auf diesen laufen. Diese Szene mag es sicherlich geben und es ist genauso sicher in erster Linie das Internet, wo die Mitglieder der Szene ihre Computer und insbesondere das zum Basteln erforderliche Zubehör kaufen. Das Vorhandensein der Hobbyszene vermag aber in keiner Weise zu erklären, wieso der Antragsgegner als deren Mitglied in solcher Menge durch Mängelrügen neue Festplatten erlangen und anschließend gewinnbringend absetzen muss. Die neuen Festplatten dürften die Szene vom Hobby her ebenso wenig interessieren wie den Antragsgegner. Die Verkäufe von defekten Festplatten, die für den Antragsgegner auch als Sammler uninteressant sein können, bilden nur einen geringen Anteil von dessen Umsatz, der durch die Verkäufe der erheblich teureren neuen Festplatten in die Höhe getrieben wird. Insofern können das Hobby des Antragsgegners und die zugehörige Szene auch kein aussagekräftiges Indiz dafür sein, dass es hier auch beim Verkauf von Neuware ausschließlich um Privatverkäufe aus Sammlerbeständen geht. Dagegen steht die Art der Angebote. Deshalb kommt auch der Tatsache, dass eine Reihe von Käufen durch dieselben Käufer erfolgt sein soll, für die Frage des gewerbsmäßigen Handelns keine entscheidende Bedeutung zu. Auch ein relativ kleiner Kreis von Abnehmern steht einem gewerblichen Handel mit Festplatten nicht entgegen.

5)
Die durch die Verletzungshandlungen im März 2012 begründete Wiederholungsgefahr ist auch nicht zwischenzeitlich weggefallen. Dafür genügt es bekanntermaßen und eindeutig nicht, wenn das verletzende Verhalten schlicht eingestellt wird. Auch im vorliegenden Falle kann es vom Antragsgegner ohne Weiteres jederzeit wieder aufgenommen werden, etwa unter einem anderen Benutzernamen, wie die Antragstellerin befürchtet. Weggefallen wäre die Wiederholungsgefahr nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Daran fehlt es aber nach wie vor. An diesen Grundsätzen ändert sich hier auch nichts dadurch, dass zwei Abmahnungen der Antragstellerin vorliegen. Selbst wenn bei der ersten Abmahnung vom 27. März 2012 wegen widersprüchlicher Bezeichnungen der Antragstellerin unklar geblieben wäre, wer als Anspruchsteller und Adressat der Unterlassungserklärung anzusehen sein könnte, wäre diese Unklarheit durch die spätere Abmahnung vollständig beseitigt worden. Allein dadurch, dass der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 4. April 2012 trotz des Leugnens des Anspruchs ein künftiges Wohlverhalten in Aussicht gestellt hat, war die Antragstellerin nicht gehindert, wegen der vorliegenden Verletzungshandlungen (erneut) abzumahnen und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu verlangen. Das ist die zwangsläufige Folge davon, dass die Wiederholungsgefahr trotz der Ankündigung des tatsächlichen Wohlverhaltens in der Zukunft weiter bestand. Es kommt hinzu, dass es fraglich ist, ob der Antragsgegner tatsächlich sofort und vollständig sein Verhalten eingestellt hat, woran zweifeln lässt, dass bis zum 22. April 2012 noch Bewertungen zu Verkäufen von Festplatten eingingen, wie sich aus der Anlage zum Schriftsatz vom 25. April 2012 der Antragstellerin eindeutig ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Vorinstanz:
LG Essen, Az. 41 O 48/12

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