OLG Hamm: Werbung „bis zu 45,00 € pro Gramm Gold“ ist wettbewerbsrechtlich zulässig

veröffentlicht am 11. November 2013

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Hamm, Urteil vom 16.04.2013, Az. 4 U 156/12
§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG

Das OLG Hamm hat entschieden, dass die Werbung eines Goldankäufers mit dem Text „bis zu 45,00 € pro Gramm Gold“ nicht irreführend und daher zulässig ist. Die Werbung vermittele nicht den unrichtigen Eindruck, dass die Beklagte nicht nur Feingold, sondern auch Gold geringeren Legierungsgrades zum angegebenen Höchstpreis ankaufe. Dem angesprochenen Verkehr sei nämlich bekannt, dass der Goldwert vom Legierungsgrad abhänge. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Hamm

Urteil

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 07. August 2012 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster teilweise abgeändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.
Von der Tatbestandsdarstellung wird gemäß § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

B.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.

Denn die zulässige Klage ist unbegründet.

I.
Die Klage ist zulässig.

1.
In Hinblick auf die nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderliche hinreichende Bestimmtheit des Klageantrags bestehen keine Bedenken, nachdem die Klägerin den Klageantrag zu 1. im Senatstermin am 16.04.2013 mit einem Maßgabezusatz versehen und auf den Halbsatz „ohne genau anzugeben, für welche Legierung dieser Preis bezahlt wird“ verzichtet hat.

2.
Die Klägerin ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt.

Denn die Parteien sind Mitbewerber.

Das nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG hierfür erforderliche konkrete Wettbewerbsverhältnis setzt voraus, das sich die beteiligten Parteien beim Anbieten oder Nachfragen gleichartiger oder austauschbarer Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises beeinträchtigen, also im Absatz behindern oder stören können, mithin auf demselben sachlichen und räumlichen Markt tätig sind (hierzu BGH GRUR 2002, 828, 829 – Lottoschein; Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 2 UWG Rdnr. 106a; Teplitzky, 10. Aufl., Kap. 13 Rdnr. 5). Insoweit sind im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes keine hohen Anforderungen zu stellen (BGH GRUR 2004, 877, 878 – Werbeblocker).

Danach liegt hier ein solchermaßen konkretes Wettbewerbsverhältnis vor. Denn die Parteien sind mit dem Ankauf von Gold auf demselben sachlichen Markt tätig.

Die Parteien sind ebenfalls auf demselben räumlichen Markt tätig. Denn die Klägerin richtet sich mit ihrem Internetauftritt an einen überregionalen Verbraucherkreis, mithin auch an die durch die Werbung des Beklagten angesprochenen Adressaten.

II.
Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der solchermaßen aktiv legitimierten Klägerin steht der mit der Klage verfolgte Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1; 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG nicht zu.

Sie hat damit auch keinen Anspruch auf Ersatz der von ihr verauslagten Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

1.
Die Verwendung der beanstandeten Werbeanzeige stellt zwar zweifelsohne eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.

2.
Die hier maßgebliche Werbeaussage „bis zu 45,00 € pro Gramm Gold“ – und diese stellt den Streitgegenstand dar, dessen rechtliche Würdigung dem Gericht obliegt (vgl. BGH, Urt. v. 13.09.2012 – I ZR 230/11 – Biomineralwasser) – ist jedoch nicht unlauter i.S.d. §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG.

Die Werbung mit sog. „Bis-Preisen“ ist im Allgemeinen zulässig (vgl. Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 5 UWG Rn. 101). Sie erfüllt auch in ihrer hier konkret angegriffenen Verwendung nicht den Tatbestand des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG.

Denn eine Werbung ist nur dann irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG, wenn durch sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen ein unrichtiger, da von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichender Eindruck über die Preisbildung vermittelt wird (vgl. u.a. Piper/Ohly/Sosnitza, 5. Aufl., § 5 UWG, Rn. 107 m.w.N.).

Dies ist hier nicht der Fall.

Durch die streitgegenständliche Werbung wird den angesprochenen Verkehrskreisen nämlich nicht der Eindruck vermittelt, die Beklagte kaufe nicht nur Feingold, sondern auch Gold geringeren Legierungsgrades zum angegebenen Höchstpreis an.

a)
Wie eine Werbung verstanden wird, hängt maßgeblich von der Auffassung des Personenkreises ab, an den sie sich richtet.

Die in Rede stehende Werbung richtet sich an jeden potentiellen Kunden, der ggf. Gold verkaufen will. Ihr Adressat ist damit das allgemeine Publikum, mithin im Prinzip jedermann – und dessen Verkehrsauffassung können die Mitglieder des erkennenden Senates aufgrund eigener Sachkunde beurteilen, ohne dass es hierfür besonderer Sachkunde bedürfen würde (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 5 UWG, Rn. 2.77; 3.11f.).

b)
Maßgeblich ist sodann, wie ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher die hier in Rede stehende Aussage auffasst (vgl. u.a. BGH GRUR 2000, 619 – Orient-Teppichmuster). Dieser wird die Anzeige nicht nur flüchtig betrachten, auch wenn es sich bei der hier in Rede stehenden Werbung in einer Zeitschrift regelmäßig um eine solche handelt, die schon darauf angelegt ist, vom Verbraucher nur beiläufig wahrgenommen zu werden (vgl. Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 5 UWG Rn. 2.89). Vielmehr wird der am nicht alltäglichen Verkauf von Gold als hochwertiger Ware interessierte Verbraucher auch eine solchen Werbung zumindest mit normaler Aufmerksamkeit beurteilen (vgl. Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 5 UWG Rn. 2.88 m.w.N.).

Hierbei wird der angesprochene Verbraucher nicht den Eindruck gewinnen, dass der Beklagte Gold jeglicher Legierungsform zum angegebenen Preis von „bis 45,00 € pro Gramm Gold“ erwirbt. Denn er wird schon und gerade aufgrund des gleichermaßen fett, wenn auch in einem etwas kleineren Schriftgrad gedruckten Begriffs „bis“ damit rechnen, dass die Beklagte Gold nicht ausnahmslos zum Preis von 45,00 € ankauft, mithin der angegebene Preis nur eine Obergrenze darstellt.

Er wird sodann damit rechnen, dass die Beklagte nur Gold mit höchstem und nicht etwa mit geringem Legierungsgrad zum Höchstpreis ankauft. Denn dem allgemeinen und erst recht dem am Verkauf von Gold interessierten Verkehr ist geläufig, dass der Preis für Gold neben dem Gewicht – und dieser Parameter ist in der streitgegenständlichen Werbung bereits mit einem Gramm festgelegt – maßgeblich vom jeweiligen Legierungsgrad abhängt.

3.
Die Werbeaussage ist auch nicht unlauter i.S.d. §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 PAngV. Denn vorliegend geht es nicht um die Abgabe einer Ware oder Dienstleistung i.S.d. § 1 Abs. 1 PAngV.

C.
Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Vorinstanz:
LG Münster, Az. 25 O 6/12

I