OLG Hamm: Zum Rechtsmissbrauch bei einer Zweit- und Drittabmahnung / Abmahner muss Angebot des Wettbewerbers nicht vollständig auf Wettbewerbsverstöße überprüfen

veröffentlicht am 8. April 2010

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Hamm, Urteil vom 21.01.2010, Az. 4 U 168/09
§ 8 Abs. 4 UWG

Das OLG Hamm hat entschieden, dass der Abmahnende nicht verpflichtet ist, bei einer Abmahnung das Internetangebot des Wettbewerbers vollständig auf Wettbewerbsverstöße zu untersuchen und sämtliche vorhandenen Wettbewerbsverstöße abzumahnen. Insoweit gebe es keine Beobachtungs- oder Untersuchungspflicht. Wenn der weitere Wettbewerbsverstoß zwar vorgelegen habe, aber von ihr zunächst nicht entdeckt worden sei, sei die Antragstellerin nicht gehindert gewesen, den bei einer Kontrolle des weiteren Verhaltens erstmals festgestellten weiteren Verstoß im Rahmen der erforderlichen allgemeinen Informationspflichten erneut abzumahnen. In diesem Fall komme es für eine etwaige Widerlegung der Dringlichkeit nur auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnisnahme von dem nunmehr entdeckten Verstoß an. Selbst wenn man im Gleichklang mit der geänderten Rechtslage in Zusammenhang mit der Kenntnis im Rahmen der Verjährungsproblematik davon ausginge, dass auch ein Fall einer grob fahrlässigen Unkenntnis genügen würde (vgl. dazu Ahrens/Schmukle, Der Wettbewerbsprozeß, 6. Auflage, Kap 45 Rdn. 19 ff., 22), läge ein solcher Fall hier aus den oben genannten Gründen nicht vor.

Aus den gleichen Gründen seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Folgeabmahnung im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG rechtsmissbräuchlich sei. Dafür lägen ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Es sei nicht festzustellen, dass die Antragstellerin hier zwei unterschiedliche Verstöße, von denen sie gleichzeitig Kenntnis genommen habe, scheibchenweise verfolgt habe, um zusätzliche Kosten zu generieren. Zu der ebenfalls gerügten Vielzahl der Abmahnungen fehle es im Übrigen an konkretem, nachvollziehbaren Vortrag der Antragsgegnerin. Schließlich sei es zwar kaum zu glauben, dass die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin die Angabe des Streitwerts einer Schreibkraft überlassen hätten. Dennoch würde allein die Angabe eines Streitwert von 20.000,00 EUR und damit eine gegenüber der Angabe in der Abmahnung erhöhte, aber auf der anderen Seite angesichts der üblichen Werte nicht völlig überhöhte Streitwertangabe für sich nicht ausreichen, um allein daraus auf ein vorrangiges Gebührenerzielungsinteresse zu schließen.

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