OLG Koblenz: AGB-Klausel „Die Zustimmung zur Vertragsänderung gilt als erteilt, wenn Sie nicht innerhalb von 4 Wochen widersprechen“ ist unwirksam und wettbewerbswidrig

veröffentlicht am 14. Oktober 2010

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Koblenz, Urteil vom 30.09.2010, Az. 2 U 1388/09
§§ 3, 4 Nr. 11 UWG; § 307 ff. BGB

Das OLG Koblenz hat entschieden, dass unter anderem die AGB-Klausel „Die Zustimmung zur Vertragsänderung gilt als erteilt, sofern der Kunde der Änderung nicht binnen vier Wochen nach Zugang der Änderungsmitteilung widerspricht“ unwirksam ist und zugleich einen Wettbewerbsverstoß gemäß § 4 Nr. 11 UWG darstellt. Eine Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen mittels Zustimmungsfiktion erlaube, dass das Vertragsgefüge insgesamt umgestaltet werden könne. Es ermögliche bei kundenfeindlichster Auslegung eine Änderung der wesentlichen Vertragsbestandteile des Vertrages. Dies könne insbesondere die Preise, Vertragslaufzeiten und Kündigungsmöglichkeiten betreffen. Allein die Möglichkeit des Widerrufs sei  nicht geeignet, die Benachteiligung durch diese Klausel zu kompensieren (BGH, Urteil vom 11.10.2007, Az. 111 ZR 63/07 – BGH NJW-RR 2008, 134). Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2010 (GA 219) argumentiert habe, die Trägheit des Kunden könne nicht als Argument für eine Unwirksamkeit der Klausel herangezogen werden, könne sie, so der Senat, mit diesem Einwand nicht durchdringen. Es bestehe durchaus die Gefahr, dass viele Kunden einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und ggf. einer Umgestaltung der wesentlichen Vertragsbestandteile deshalb nicht widersprächen, weil sie sich der nachteiligen Auswirkungen nicht bewusst seien. Zum Volltext der Entscheidung:


OLG Koblenz

Urteil

In dem Rechtsstreit

gegen

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch … auf die mündliche Verhandlung vom 09.09.2010 für Recht erkannt:

I.
Die Berufung der Beklagten gegen Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz – Einzelrichter – vom 04.11.2009 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin wird das vorbezeichnete Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte über die Verurteilung des Landgerichts hinaus wie folgt verurteilt:

Die Beklagte hat es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 100.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft eines organschafllichen Vertreters der Beklagten bis zu sechs Monaten zu unterlassen, die nachfolgenden oder eine inhaltsgleiche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bezug auf Webhostingverträge zu verwenden, ausgenommen gegenüber einer Person, die in ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

„(1.2) [Beklagte] ist berechtigt, den Inhalt dieses Vertrages mit Zustimmung des Kunden zu ändern, sofern die Änderung unter Berücksichtigung der Interessen von [Beklagte] für den Kunden zumutbar ist. Die Zustimmung zur Vertragsänderung gilt als erteilt, sofern der Kunde der Änderung nicht binnen vier Wochen nach Zugang der Änderungsmitteilung widerspricht.“

„(1.4) Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten auch für zukünftige Geschäfte der Parteien.“

„(6.9) Bei Rücklastschriften berechnet [Beklagte] eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von EUR 9,60 pro Lastschrift zzgl. der für [Beklagte] angefallenen Bankgebühren.“

II.
Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von mehreren Klauseln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, welche diese bei dem Abschluss von Webhosting-Verträgen verwendet.

Dabei ist es im Laufe des Prozesses unstreitig geworden, dass die von der Klägerin angegriffene als Ziffer 1.3 bezeichnete Klausel sich vielmehr unter Ziffer 1.4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wieder findet.

Die streitgegenständlichen Klauseln lauten wie folgt:

1. (1.2) [Beklagte] ist berechtigt, den Inhalt dieses Vertrages mit Zustimmung des Kunden zu ändern, sofern die Änderung unter Berücksichtigung der Interessen von [Beklagte] für den Kunden zumutbar ist. Die Zustimmung zur Vertragsänderung gilt als erteilt, sofern der Kunde der Änderung nicht binnen vier Wochen nach Zugang der Änderungsmitteilung widerspricht.“

2. „(1.4) Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten auch für zukünftige Geschäfte der Parteien.“

3. „(4.6) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 4.1 bis 4.5 geregelten Pflichten verspricht der Kunde [Beklagte] eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 2.500,00 €.“

4. „(5.3) [Beklagte] ist bei Verträgen, die eine Laufzeit oder eine Mindestvertragslaufzeit von bis zu 12 Monaten haben, berechtigt, den Vertrag mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende zu kündigen.“

5. „(5.6) Unberührt bleibt das Recht bei der Parteien zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt für [Beklagte] insbesondere dann vor, wenn der Kunde mit der Zahlung der Entgelte mehr als 20 Kalendertage in Verzug gerät.“

6. „(6.4) Im Verzugsfall berechnet [Beklagte] Zinsen in Höhe von zehn Prozent jährlich und ist berechtigt, die Internet-Präsenzen des Kunden, auch des Kunden des Wiederverkäufers, sofort zu sperren.“

7. „(6.8) Wird das im Tarif enthaltende Datentransfervolumen in einem Monat überschritten, so ist [Beklagte] berechtigt, den Kunden auf den Tarif umzustellen, bei dem ein entsprechendes Datenvolumen enthalten ist. [Beklagte] wird dem Kunden die Umstellung mitteilen. Der Kunde ist verpflichtet, ab diesem Zeitpunkt die für diesen Tarif in der gültigen Preisliste ausgewiesenen Entgelte zu zahlen.“

8. (6.9) Bei Rücklastschriften berechnet [Beklagte] eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von EUR 9,60 pro Lastschrift zzgl. der für [Beklagte] angefallenen Bankgebühren.“

Zudem lautet Ziffer 1.1: „Die [Beklagte] erbringt alle Leistungen und Leistungen für [..] WebHosting, [..] Server, [..] E-Shop, [..] MailXchange sowie für [..] ipayment ausschließlich auf Grundlage dieser Geschäftsbedingungen.“

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Abmahnschreiben vom 27.04.2007 auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzeriden Ordnungsgeldes bis 100.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft eines organschaftlichen Vertreters der Beklagten bis zu sechs Monaten zu unterlassen, die nachfolgenden oder eine inhaltsgleiche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bezug auf Webhostingverträge zu verwenden, ausgenommen gegenüber einer Person, die in ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

a) „(4.6) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Zffer 4.1 bis 4.5 geregelten Pflichten verspricht der Kunde [Beklagte] eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 2.500,00 €.“,

b) „(5.3) [Beklagte] ist bei Verträgen, die eine Laufzeit oder eine Mindestvertragslaufzeit von bis zu 12 Monaten haben, berechtigt, den Vertrag mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende zu kündigen.“,

c) „(5.6) Unberührt bleibt das Recht beider Parteien zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt für [Beklagte] insbesondere dann vor, wenn 6 der Kunde mit der Zahlung der Entgelte mehr als 20 Kalendertage in Verzug gerät.“,

d) „(6.4) Im Verzugsfall berechnet [Beklagte] Zinsen in Höhe von zehn Prozent jährlich und ist berechtigt, die Internet-Präsenzen des Kunden, auch des Kunden des Wiederverkäufers, sofort zu sperren“,

e) „(6.8) Wird das im Tarif enthaltende Datentransfervolumen in einem Monat überschritten, so ist [Beklagte] berechtigt, den Kunden auf den Tarif umzustellen, bei dem ein entsprechendes Datenvolumen enthalten ist. [Beklagte] wird dem Kunden die Umstellung mitteilen. Der Kunde ist verpflichtet, ab diesem Zeitpunkt die für diesen Tarif in der gültigen Preisliste ausgewiesenen Entgelte zu zahlen.“

Die Beklagte ist darüber hinaus verurteilt worden, an die Klägerin 180,00 € zu zahlen.

Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.

Das Urteil wird von bei den Parteien mit Berufungen angegriffen. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Berufung eine Abänderung des Urteils, soweit das Landgericht die beanstandeten Klauseln als wirksam angesehen hat (vgl. Tenor der Senatsentscheidung).

Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Abweisung der Klage. Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

Die Berufung des Klägers ist begründet. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

1) Berufung der Klägers

a) Die Berufung des Klägers beanstandet zu Recht die Klausel 1. 2 der AGB. Diese hat folgenden Wortlaut:

„(1.2) [Beklagte] ist berechtigt, den Inhalt dieses Vertrages mit Zustimmung des Kunden zu ändern, sofern die Änderung unter Berücksichtigung der Interessen von [Beklagte] für den Kunden zumutbar ist. Die Zustimmung zur Vertragsänderung gilt als erteilt, sofern der Kunde der Änderung nicht binnen vier Wochen nach Zugang der Änderungsmitteilung widerspricht.“

Das Landgericht hat in dieser Klausel keinen Verstoß gegen § 307 BGB gesehen. Danach sind Bestimmungen in den AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Das Landgericht hat zwar in der allgemeinen Formulierung „für den Kunden zumutbar“ keine ausreichende Einschränkung des Änderungsrechts gesehen. Das Kriterium der Zumutbarkeit sei nicht ausreichend konkretisiert. In formeller Hinsicht müsse die Anpassungsklausel die Gestaltungsmöglichkeiten des Verwenders so konkretisieren, dass sein Vertragspartner erkennen könne, in welchen Bereichen er mit Änderungen zu rechnen habe (BGHZ 141, 153, 258). Eine Einschränkung der Anpassungsbefugnis des Verwenders durch die generalklauselartige Formulierung, die Anpassung müsse dem Vertragspartner „zumutbar“ sein, führe nicht zu einer ausreichenden Konkretisierung in diesem Sinne (BGHZ 141, 158). Die Kunden der Beklagten könnten auf dieser Grundlage die Berechtigung einer Anpassung von Geschäftsbedingungen nicht sachgerecht beurteilen. Darin sei auch eine unangemessene Benachteiligung wegen Missachtung des Transparenzgebots zu sehen.

Das Landgericht gelangte jedoch zu der Auffassung, dass dieser Mangel durch das Widerspruchsrecht des Kunden, der die Möglichkeit habe, seine Zustimmung zur Vertragsänderung zu verweigern, kompensiert werde. Mit dem Widerspruch des Vertrages sei auch nicht die Kündigung des Vertrages durch die Beklagte verbunden, sondern der Vertrag gelte zu den ursprünglichen Geschäftsbedingungen. Die in der Klausel enthaltene Genehmigungsfiktion nach Ablauf von 4 Wochen sei nicht zu beanstanden. Sie sei auch für einen rechtsunkundigen Verbraucher ausreichend, um sich über die Konsequenzen einer Vertragsänderung kundig zu machen und seinen Vertrag zu überdenken. Das Landgericht hat dabei insbesondere auf die Interessenlage eines wirtschaftlich tätigen Unternehmens in einem Massengeschäft mit einer schnelllebigen technischen Entwicklung abgestellt.

Diese Ausführungen des Landgerichts werden von der Berufung des Klägers zu Recht angegriffen. Eine Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen mittels Zustimmungsfiktion erlaubt, dass das Vertragsgefüge insgesamt umgestaltet werden kann. Es ermöglicht bei kundenfeindlichster Auslegung eine Änderung der wesentlichen Vertragsbestandteile des Vertrages. Dies kann insbesondere die Preise, Vertragslaufzeiten und Kündigungsmöglichkeiten betreffen. Allein die Möglichkeit des Widerrufs ist nicht geeignet, die Benachteiligung durch diese Klausel zu kompensieren (BGH Urteil vom 11.10.2007 – 111 ZR 63/07 – BGH NJW-RR 2008, 134).

Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2010 (GA 219) argumentiert hat, die Trägheit des Kunden könne nicht als Argument für eine Unwirksamkeit der Klausel herangezogen werden, vermag sie mit diesem Einwand nicht durchzudringen. Es besteht durchaus die Gefahr, dass viele Kunden einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und ggf. einer Umgestaltung der wesentlichen Vertragsbestandteile deshalb nicht widersprechen, weil sie sich der nachteiligen Auswirkungen nicht bewusst sind.

Der nicht näher spezifizierte Hinweis, dass in den AGB der Banken seit Jahrzehnten eine gleichlautende Klausel existiere, die nie beanstandet worden sei, verfängt nicht, weil die Geschäftsbeziehung des Kunden zu seiner Bank nicht mit derjenigen des Kunden zu einem Internet-Anbieter vergleichbar ist. So ist z. B. der Bankkunde bei der Unterhaltung eines Girokontos nicht mit Mindestlaufzeiten konfrontiert, er kann jederzeit die Geschäftsbeziehung beenden.

Die Klausel verstößt gegen § 307 BGB.

b) Die Berufung der Kläger wendet sich zu Recht gegen den Inhalt der Klausel 1.4. der AGB, die folgenden Inhalt hat:

„(1.4) Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten auch für zukünftige Geschäfte der Parteien.“

Das Landgericht stimmt zwar mit dem Kläger insoweit überein, dass die Klausel nicht den Anforderungen des § 305 Abs. 3 BGB genügt. Danach können die Parteien für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Voraus vereinbaren. Das Landgericht führt indes zu Recht aus, dass die Einbeziehungsabreden in Rahmenvereinbarungen nur dann wirksam sind, wenn die Art der betroffenen Rechtsgeschäfte bestimmt bezeichnet ist (Palandt-Grüneberg, BGB, 68. Aufl. 2009, § 305 Rn, 45). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da allgemein nur von zukünftigen Geschäften die Rede ist, ohne dass eine Begrenzung ersichtlich ist. Das Landgericht hat im Ergebnis jedoch keinen Nachteil für den Kunden ersehen können, da der Verstoß gegen § 305 Abs. 3 BGB lediglich zur Folge habe, dass die AGB bei künftigen Geschäften nicht einbezogen würden. Da eine Einbeziehung in den Vertrag nicht erfolge, bedürfe es keiner Inhaltskontrolle nach § 307 BGB.

Diese Ausführungen des Landgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die unangemessene Benachteiligung resultiert gerade daraus, dass die Beklagte die AGB selbst dann für künftige Geschäfte als maßgeblich ansieht, wenn sie nicht wirksam einbezogen werden. Auch der Kunde wird in der Regel davon ausgehen, dass diese AGB für zukünftige Geschäfte gelten.

Die Klausel ist mit § 305 Abs. 3 BGB nicht zu vereinbaren und stellt einen Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar.

c) Der Kläger beanstandet zu Recht die Verwendung der Klausel zuZiffer 6.9 der AGB, die folgenden Inhalt hat:

„(6.9) Bei Rücklastschriften berechnet [Beklagte] eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von EUR 9,60 pro Lastschrift zzgl. der für [Beklagte] angefallenen Bankgebühren.“

Das Landgericht hat diese Klausel für wirksam erachtet. Es hat offen gelassen, ob es sich bei dieser Regelung um eine Entgeltvereinbarung oder eine pauschalierte Schadensersatzforderung handelt. Die Klausel genüge den Anforderungen des § 309 Nr. 5 a BGB, da der Betrag in Höhe von 9,60 € den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteige. Das Landgericht verweist darauf, dass auf Seiten der Beklagten ein erheblicher Arbeitsaufwand mit einer Rücklastschrift verbunden sei.

Die Berufung des Klägers rügt zu Recht, dass nach der Rechtsprechung des BGH die bei einer Rücklastschrift entstehenden Personalkosten als Schadensersatz nicht erstattungsfähig sind (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.09 – Xa ZR 40/08NJW 2009, 3570). Es handelt sich hierbei nicht um einen durch die Rücklastschrift entstandenen Schaden, sondern um Aufwendungen zur weiteren Durchführung und Abwicklung des Vertrages. Der Schädiger hat aber nur für entstandene Schäden einzustehen. Die Geltendmachung der Rücklastschrift lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer zulässigen Preisnebenabrede rechtfertigen. Zwar entstehen durch das vertragswidrige Verhalten einer bestimmten Anzahl von Kunden dem Unternehmer Aufwendungen. Dieser Verwaltungsaufwand gehört jedoch zum Aufgabenkreis des Untemehmers. Er hat diese Kosten selbst zu tragen. Die Klausel stellt insoweit eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 2 S. 1 BGB dar.

Die Bearbeitungsgebühr bei einer Rücklastschrift ist auch keine Vergütung für vertraglich geschuldete Zusatzleistungen der Beklagten. Solche Zusatzleistungen sind vertraglich nicht geregelt. Der Kunde hat hierauf keinen vertraglichen Anspruch. (BGH ebd.).

Die Klausel verstößt gegen §§ 309 Nr. 5 und § 307 Abs. 2 S. 1 BGB.

Die Androhung der Festssetzung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft im Sinne von § 890 Abs. 2 ZPO ist im Hinblick auf eine mögliche Verwendung der AGB auf eine Vielzahl von Kunden berechtigt.

Die Berufung des Klägers hat aus den dargelegten Gründen in vollem Umfang Erfolg.

2) Berufung der Beklagten

a) Das Landgericht hat einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Klausel Ziffer 4.6. zugesprochen. Hiergegen wendet sich die Beklagte. Die Klausel hat folgenden Inhalt:

„(4.6) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 4.1 bis 4.5 geregelten Pflichten verspricht der Kunde [Beklagte] eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 2.500,00 €.“

Das Landgericht hat diese Klausel zu Recht im Hinblick auf § 339 S. 2 BGB für unwirksam gehalten. Die Verwirkung der Strafe tritt mit der Zuwiderhandlung ein.

Es gilt generell der Verschuldensgrundsatz (Palandt/Grüneberg, BGB, § 339 Rn. 15). Mit dem Landgericht ist die beanstandete Klausel als verschuldensunabhängige Klausel auszulegen. Das Verschuldenserfordernis ist für den Verbraucher nicht erkennbar. Die Verwendung der Bezeichnung „Zuwiderhandlung“ lässt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht auf ein Verschuldenserfordernis schließen. Auch wenn für das Unternehmen die Gefahr der illegalen Verwendung von Software besteht, muss die Klausel bei Beteiligung eines Verbrauchers verschuldensabhängig ausgestaltet sein. Für den Verbraucher, insbesondere den IT-unerfahrenen Kunden, der möglicherweise erstmals mit einer solchen Software in Berührung kommt und nicht technisch versiert ist, ist die Haftung ohne Verschuldenserfordernis erheblich.

Der Hinweis der Berufung, die Klausel 4.6. müsse im Zusammenhang mit den Klausel 4.1 bis 4.5 der AGB gesehen werden und berühre urheberrechtliche Fragen, rechtfertigt keinen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch. Die Regelungen in §§ 97 Abs. 1, 98, 99 und 101 UrhG sehen nur verschuldensunabhängig Ansprüche auf Unterlassung, Abmahnung, Rückruf und Auskunft vor. Schadensersatzansprüche nach § 97 Abs. 2 UrhG sind hingegen verschuldensabhängig. Die Klausel stellt eine unangemessene Benachteiligung des Kunden im Sinne von § 30,7 Abs. 1 S 1 BGB dar.

b) Das Landgericht hat hinsichtlich der Klausel 5.3 einen Unterlassungsanspruch zuerkannt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Die Klausel hat folgenden Wortlaut:

„(5.3) [Beklagte] ist bei Verträgen, die eine Laufzeit oder eine Mindestvertragslaufzeit von bis zu 12 Monaten haben, berechtigt, den Vertrag mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende zu kündigen.“

Das Landgericht hat in dieser Klausel eine unangemessene Benachteiligung für den Verbraucher gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB gesehen. Es bestehen unterschiedliche Regelungen über die zeitliche Bindung an den Vertrag und die bestehenden Kündigungsmöglichkeiten für Verbraucher und Unternehmer. Die Beklagte behält sich vor, aus beliebigen Gründen und nicht nur bei Kapazitätsengpässen den Vertrag zu kündigen. Zwar mag es wirtschaftlich sinnvoll sein, eine Kontrolle über die Kundenzahl zu haben, um dadurch günstigere Konditionen für alle Kunden zu erzielen. Hier liegt aber eine Ungleichbehandlung beider Vertragspartner vor. Dies lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass im Miet- und Dienstvertragsrecht auch assymetrische Kündigungsfristen möglich sind. Bei kundenfeindlichster Auslegung könnte die Beklagte bereits unmittelbar nach Vertragsschluss ohne Angaben von Gründen kündigen. Die Klausel lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass anders als bei der TK-Anschlüssen und der fehlenden Erreichbarkeit des Kunden über mehrere Tage bei Webhosting-Verträgen ein Wechsel des Webhosting-Anbieters in Stunden möglich sei. Es kann nicht erwartet werden, dass ein Kunde mit seiner Webseite in kürzester Zeit „umzieht“. Er benötigt Zeit für die Auswahl eines neuen Anbieters und das Kopieren sämtlicher zum Webauftritt gehörender Daten. Dies kann je nach dem Umfang der Webseite mit einem erheblichen Aufwand verbunden sein. Für den Kunden stellt sich dieses Klausel zudem als überraschend dar. Ein Kunde, der einen Vertrag mit einer Laufzeit von 12 Monaten abschließt, rechnet nicht damit, dass der Vertrag vom Vertragspartner jederzeit ohne Angaben von Gründen gekündigt werden kann.

c) Das Landgericht hat hinsichtlich der Klausel 5.6 einen Unterlassungsanspruch zuerkannt Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten. Die Klausel hat. folgenden Inhalt:

„(5.6) Unberührt bleibt das Recht beider Parteien zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt für [Beklagte] insbesondere dann vor, wenn der Kunde mit der Zahlung der Entgelte mehr als 20 Kalendertage in Verzug gerät.“

Das Landgericht hat in dieser Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Kunden gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB gesehen. Die Klausel widerspreche dem Grundgedanken des § 626 BGB, wonach eine außerordentliche Kündigung einen wichtigen Grund voraussetze. Diese Ausführungen werden von der Berufung der Beklagten ohne Erfolg angegriffen. Die Regelung, wonach bereits ein Verzug von 20 Tagen ein wichtiger Grund für eine Kündigung darstellt, ist unangemessen. Bei verbraucherfeindlichster Auslegung wäre eine außerordentliche Kündigung bereits möglich, wenn der Kunde mit einem sehr geringen Betrag mehr als 20 Tage in Verzug gerät. Der Unternehmer ist durch die Möglichkeit, in diesen Fällen den Vertrag ordentlich zu kündigen, ausreichend geschützt.

Der Hinweis des Landgerichts auf das Wohnraummietrecht, wonach eine fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 a BGB erst bei Ausbleiben von zwei aufeinanderfolgenden Mieten möglich sei, verfängt allerdings nicht, da das für den Mieter existentielle Bedürfnis auf Wohnraum nicht auf die Internetnutzung und Webhostingverträge übertragen werden kann. Das außerordentliche Kündigungsrecht ohne jegliche Geringfügigkeitssperre lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass die typische Leistung der Beklagten die Anmietung einer Domain bei Dritten, nämlich den Registrys wie der DENIC eG, ist und damit eine Vorleistungspflicht der Beklagten besteht.

d) Das Landgericht hat einen Unterlassungsanspruch hinsichtlichder Klausel 6.4 angenommen. Hiergegen wendet sich die Beklagte. Die Klausel hat folgenden Inhalt:

„(6.4) Im Verzugsfall berechnet [Beklagte] Zinsen in Höhe von zehn Prozent jährlich und ist berechtigt, die Internet-Präsenzen des Kunden, auch des Kunden des Wiederverkäufers, sofort zu sperren.“

Das Landgericht hat hierin einen Verstoß gegen § 309 Nr. 5 b) BGB gesehen, weil die Regelung einen pauschalierten Schadensersatzanspruch vorsehe. Im Falle des Verzugs sehe § 288 Abs. 1 S. 2 BGB einen bestimmten Zinssatz aus Verbraucherschutzgründen vor. Zur Geltendmachung ei nes weiteren Schadens müssten die Voraussetzungen des § 286 BGB gegeben sein. Mit der Klausel werde die gesetzliche Regelung umgangen. Es handele sich nicht um eine einfache Entgeltvereinbarung. Diese Ausführungen werden von der Berufung – hinsichtlich der Höhe des Zinssatzes – nicht angegriffen. Die Ausführungen des Landgerichts sind diesbezüglich auch nicht zu beanstanden, da es aus Sicht des Verbrauchers 15 des ausdrücklichen Hinweises in der Klausel bedurft hätte, dass der Nachweis eines geringeren Schadens möglich ist.

Das Landgericht hat auch zu Recht die Sperrregelung beanstandet, da eine Sperre des Internetzugangs bereits bei einem Zahlungsverzug in einer minimalen Höhe unangemessen ist; insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen unter c) entsprechend.

e) Das Landgericht hat einen Unterlassungsausspruch hinsichtlich der Klausel 6.8 ausgesprochen. Dies wird von der Berufung der Beklagten angegriffen. Die Klausel hat folgenden Wortlaut:

„(6.8) Wird das im Tarif enthaltende Datentransfervolumen in einem Monat überschritten, so ist [Beklagte] berechtigt, den Kunden auf den Tarif umzustellen, bei dem ein entsprechendes Datenvolumen enthalten ist. [Beklagte] wird dem Kunden die Umstellung mitteilen. Der Kunde ist verpflichtet, ab diesem Zeitpunkt die für diesen Tarif in der gültigen Preisliste ausgewiesenen Entgelte zu zahlen.“

Das Landgericht hat in dieser Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Kunden gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB gesehen. Aus der Auslegung der Klausel ergebe sich nicht, dass der Kunde ein Recht hat, vor einem Wechsel in einen höheren Tarif zu intervenieren. Zwar habe die Beklagte ein berechtigtes Interesse, bei Überschreitung des Transfervolumens einen höheren Tarif zu verlangen. Bei verbraucherfeindlichster Auslegung könne die Beklagte aber selbst bei einmaliger minimaler Überschreitung auf Dauer einen höheren Tarif verlangen.

Die Berufung greift diese Ausführungen mit der Begründung an, dass es sich bei dieser Regelung um eine der AGB-rechtlichen Überprüfung entzogene Preis- und Leistungsbestimmung handele. Der Angriff der Berufung verfängt nicht. Es handelt sich nicht um eine allgemeine Preis- und Leistungsbestimmung, sondern um eine Regelung, die auf eine Änderung des Vertrages hinausläuft. Bei einer ggf. einmaligen Überschreitung des Datentransfers ist die automatische Umstellung auf einen Vertrag mit entsprechendem Datenvolumen nicht angemessen.

f) Die Beklagte wendet sich ohne Erfolg gegen die Verurteilung zu den vollen Abmahnkosten. Nach der Rechtsprechung des BGH sind die Abmahnkosten auch dann in vollem Umfange berechtigt, wenn die Abmahnung lediglich teilweise berechtigt war (BGH Urteil vom 11.03.2009 – I ZR 194/06GRUR 2009, 1064 Tz 47). Im Übrigen hat das Unterlassungsbegehren des Klägers hier in vollem Umfange Erfolg.

Die Berufung der Beklagten hat aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 20.180.00 € (8 Klauseln á 2.500,00 € + 180,00 € Abmahnkosten).

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.

I