OLG Köln: Ein Verstoß gegen wesentliche Informationspflichten ist auch immer ein Verstoß gegen die fachliche Sorgfalt – Grundpreisangaben

veröffentlicht am 18. Januar 2013

OLG Köln, Urteil vom 19.10.2012, Az. 6 U 46/12
§ 4 Nr. 11 UWG; § 2 PAngV

Das OLG Köln hat entschieden, dass bei falschen Grundpreisangaben eine Rechtfertigung durch Einhaltung der fachlichen Sorgfalt und dem Vorhandensein lediglich einiger „Ausreißer“ nicht möglich ist. Bei Fehlen wesentlicher Pflichtinformationen sei die Nichteinhaltung der fachlichen Sorgfalt und damit die Wettbewerbswidrigkeit gerade indiziert. Es handele sich bei falschen oder fehlenden Grundpreisangaben nicht um Bagatellverstöße. Vorliegend habe die Beklagte zudem nicht belegen können, dass es sich bei den falsch bezeichneten Gemüsekonserven lediglich um Ausreißer gehandelt habe, welche nicht durch bessere Kontrollen hätten verhindert werden können. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Köln

Urteil

Die Berufung der Beklagten gegen das am 09.02.2012 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln (31 O 219/11) wird zurückgewiesen.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beklagte betreibt unter ihrer Domainadresse „B.de“ einen großen Online-Versandhandel (wobei sie nicht nur Dritten eine Verkaufsplattform bietet, sondern bei den Angeboten mit der Angabe „Verkauf und Versand durch B.de“ selbst als Verkäuferin auftritt). Der Kläger ist ein Wettbewerbs­verband, dem mehrere Verbände und Unternehmen aus dem Bereich des Lebensmitteleinzelhandels angehören. Er nimmt die Beklagte wegen eigener (in den Klageantrag eingeblendeter) Angebote von Gemüsekonserven, bei denen (in fünf Fällen) der Grundpreis überhaupt nicht oder (in einem Fall) nicht zutreffend auf das Abtropfgewicht bezogen angegeben war, auf Unterlassung in Anspruch. Die Beklagte, die vorgerichtlich die Angaben korrigiert und dem Kläger die Kosten seiner Ab­mahn­ung erstattet hat, hält den Unterlassungsanspruch nicht für gegeben, weil ihr keine Verletzung der fachlichen Sorgfalt zur Last zu legen sei. Hierzu hat sie behauptet, bei den fehler­haften Angaben habe es sich um vereinzelte „Ausreißer“, nämlich versehentliche Fehleintragungen sonst zuverlässiger Mitarbeiter oder Dienstleister in die zum Hochladen der Angebote auszufüllenden Onlineformulare („Upload-Sheets“) gehandelt. Daneben hat sie die Antragsfassung beanstandet sowie die Klagebefugnis und Aktivlegitimation des Klägers in Abrede gestellt.

Das Landgericht hat der Klage unter Modifikationen stattge­geben. Gegen dieses Urteil, auf dessen Feststellungen verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihr Abweisungsbegehren weiter verfolgt, ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft und sich gegen die Fassung des Urteilstenors wendet. Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und bittet im Wege der Anschlussberufung hilfsweise für den Fall, dass der Senat von einer relevanten Abweichung von Klageantrag und Urteilstenor ausgehen sollte, um Verurteilung der Beklagten nach seinem Antrag aus der Klageschrift.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg, während die ebenfalls zulässige Hilfsanschlussberufung mangels Eintritts der dafür maßgeb­lichen Rechtsbedingung gegenstandslos ist.

1.
Indem das Landgericht den Klageantrag modifiziert, nämlich im verbalen Teil des Urteils­tenors die genauen Produktbezeichnungen weggelassen hat, hat es (wie bei der Veränderung der Reihenfolge von Unterlassungsgebot und Ord­nungs­mittelandrohung, mit der ersichtlich keine Inhaltsänderung einher ging) den Antrag lediglich redaktionell geändert, dem Kläger aber keineswegs entgegen § 308 Abs. 1 ZPO ohne vorangegangenen Hinweis nach § 139 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und 4 ZPO etwas anderes zugesprochen als dieser beantragt hatte. Denn bereits die Klage war durch die Bezugnahme auf die einblendeten Online-Ange­bote mit „wie nachstehend … wiedergegeben“ eindeutig auf die daraus ersichtliche konkrete Verletzungsform beschränkt (vgl. BGH, GRUR 2011, 340 = WRP 2011, 459 [Rn. 21] – Irische Butter; GRUR 2011, 742 = WRP 2011, 873 [Rn. 17] – Leistungspakete im Preisvergleich; GRUR 2012, 842 = WRP 2012, 1096 [Rn. 13] – Neue Personenkraftwagen; GRUR 2012, 943 = WRP 2012, 1083 [Rn. 18] – Call-by-Call). Die vom Landgericht in den Tenor übernommenen verbalen Zusätze „unter Preisangabe zu bewerben, ohne für das betreffende Produkt den Grundpreis anzugeben“ bzw. „unter Preisangabe zu bewerben, ohne für das betreffende Produkt den Grundpreis bezogen auf das Abtropfgewicht anzugeben“ machen erkennbar, in welchem Umfang der Kläger über die Umstände des konkret beanstandeten Verhaltens hinaus andere Verletzungshandlungen als im Kern gleichartig ansieht (vgl. BGH, GRUR 2011, 340 = WRP 2011, 459 [Rn. 21] – Irische Butter). Eine Wiederholung der genauen Produktbezeichnungen, die nur klarstellen sollten, dass der Klageantrag die nachfolgend in der Rubrik „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch“ wiedergegebene Werbung nicht umfasste, war dagegen entbehrlich. Es liegt auf der Hand, dass der Kläger sein Unterlassungsbegehren weder auf diese Werbung ausdehnen noch auf bestimmte Gemüsesorten oder Gebindegrößen beschränken wollte, so dass beispielsweise eine fehlerhafte Grundpreisangabe für Spargel oder Champignons in 580-ml-Gläsern nicht anders zu bewerten wäre als die fehlerhaften Angaben für Mais in der 212-ml- und 425-ml-Dose.

2.
Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat zustimmend Bezug nimmt, hat das Landgericht den Kläger gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG als prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert angesehen. Die Beklagte und eine erhebliche Zahl von wenigstens mittelbaren Mitgliedern des Klägers aus dem Bereich des Lebensmitteleinzelhandels vertreiben gleichartige Waren auf demselben räumlich und sachlich relevanten Markt, indem sie bundesweit Gemüsekonserven anbieten. Für die Begegnung auf demselben relevanten Markt genügt eine nicht ganz unbedeutende potentielle Beeinträchtigung durch das beanstandete Angebot (vgl. Senat, GRUR-RR 2011, 472 – Pizza-Lieferser­vice; Köhler / Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 8 Rn. 3.40). Davon ist hier auszugehen; denn dass die Beklagte mit den von ihr über das Internet vertriebenen konservierten Lebensmitteln wenigstens teilweise die gleichen Abnehmerkreise anspricht wie die vorwiegend im stationären Einzelhandel tätigen Mitgliedsunternehmen des Klägers und deren Warenangebote damit zu substituieren und zurückzudrängen vermag, ist füglich nicht zu bezweifeln.

3.
Bei den streitbefangenen Angeboten fehlte es – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat und die Berufung nicht in Abrede stellt – an einer den § 2 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 3 S. 5 PAngV entsprechenden korrekten Grundpreisangabe. Der Senat lässt offen, ob der nach dem Unterlassungs­klagen­ge­setz anspruchsberechtigte Kläger diesen Verstoß gegen Verbraucherschutzvorschriften (vgl. Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 2 UKlaG Rn. 10) auch dann angreifen könnte, wenn es sich dabei um keine unlautere Geschäftspraxis im Sinne der durch die UWG-Novelle 2008 in deutsches Recht umgesetzten Richtlinie 2005/29/EG handelte. Denn im Streitfall steht dem Kläger gegen die Beklagte auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens zugleich ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsan­spruch aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 UWG zu, weil sie einer gesetzlichen Marktverhaltensregelung zuwidergehandelt hat.

a)
Im Ergebnis ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass ihr vor der Abmahnung des Klägers keine Verletzung der fachlichen Sorgfalt vorzuwerfen gewesen sei. Der Berufung ist zwar einzuräumen, dass es für die Annahme einer wettbewerbs­rechtlich unzulässigen geschäftlichen Handlung im hier maßgeblichen Verhältnis zwischen Unternehmen und Verbrauchern („business to customer“ = „B2C“) grundsätzlich eines Verstoßes gegen die für den Unternehmer geltende fachliche Sorgfalt nach § 3 Abs. 2 S. 1 UWG bedarf; unabhängig von der Frage, inwieweit § 3 Abs. 1 UWG in Verbindung mit der Verwirklichung eines der Unlauter­keits­tatbestände der §§ 4 ff. UWG schon im Allgemeinen die Feststellung eines solchen Verstoßes entbehrlich macht, ergibt sich aber jedenfalls unter den Umständen des Streitfalls die fehlende fachliche Sorgfalt ohne Weiteres aus der Verletzung unionsrechtlich begründeter Informationspflichten.

aa)
Die in ihrem Anwendungsbereich zu einer vollständigen Rechtsharmonisierung führende Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken regelt das B2C-Verhältnis abschließend (vgl. BGH, GRUR 2012, 842 = WRP 2012, 1096 [Rn. 15] – Neue Personenkraftwagen m.w.N.). Daraus wird gefolgert, dass sich in diesem Verhältnis ein Rückgriff auf § 3 Abs. 1 UWG verbiete (vgl. Götting / Nordemann / Wirtz, UWG, § 3 Rn. 58). Zumindest mag, weil Unlauterkeit nach der unionsrechtlichen Generalklausel einen Verstoß gegen die Erfordernisse der beruflichen Sorgfaltspflicht voraussetzt (Art. 5 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2005/29/EG; vgl. zur rechtstechnischen Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber kritisch Fezer, UWG, 2. Aufl., § 3 Rn. 56), die Erfüllung dieses Kriteriums in richtlinienkonformer Auslegung auch bei einer nach § 3 Abs. 1 UWG in Verbindung mit §§ 4 bis 6 UWG als unlauter anzusehenden Handlung gegenüber Verbrauchern zu verlangen sein. Für das österreichische Recht hat der Oberste Gerichtshof deshalb in seiner von der Berufung angeführten Vorlage zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union erwogen, ob bei einer irreführenden Geschäftspraktik ihre Unvereinbarkeit mit den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt zusätzlich zu prüfen und dem Unternehmer der Beweis des Gegenteils auf Grund der Umstände des Einzelfalls zu eröffnen ist (OGH, GRUR Int 2012, 268 [270] – Exklusivbuchung).

bb)
Vergleichbare Zweifelsfragen ergeben sich indessen nicht für Zuwiderhandlungen gegen gesetzliche Informationspflichten, wie sie hier in Rede stehen:

Auf Grund der Vollharmonisierung kann ein Verstoß gegen derartige nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG nur insoweit begründen, als die betreffenden Informationspflichten eine Grundlage im Unionsrecht haben (vgl. BGH, GRUR 2012, 842 = WRP 2012, 1096 [Rn. 15] – Neue Personenkraftwagen; WRP 2012, 1086 [Rn. 47] – Missbräuchliche Vertragsstrafe m.w.N.). Bei den auf Art. 3 Abs. 4 der Preis­angaben­­richt­linie 98/6/EG beruhenden Bestimmungen des § 2 PAngV ist dies der Fall (vgl. Senat, GRUR-RR 2011, 472 – Pizza-Lieferser­vice; Urteil vom 29.06.2012 – 6 U 174/11 = MD 2012, 862 – Grundpreisangabe für Gratisware).

Steht der objektive Verstoß des Unternehmers gegen eine solche Informationspflicht fest, entfällt entgegen der Auffassung der Berufung jede weitere Prüfung einer Verletzung der fachlichen Sorgfalt. Dieser widerspricht eine geschäftliche Handlung nämlich nicht nur, wenn Verantwortungsträger des Unternehmens die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lassen, so dass sie ein persönlicher Fahrlässigkeitsvorwurf trifft (§ 276 Abs. 2 BGB). Anzulegen ist vielmehr ein objektiv-normativer Maßstabes ohne Rücksicht auf Fahrlässigkeit (vgl. Art. 11 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2005/29/EG) oder sonstige subjektive Gesichtspunkte (vgl. Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 3 Rn. 38, 41; Götting / Nordemann / Wirtz, a.a.O., § 3 Rn. 57). Diesen Maßstab, der definiert ist als Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Marktgepflogenheiten einhält (§ 2 Nr. 7 UWG; Art. 2 lit. h der Richtlinie 2005/29/EG), konkretisieren aber (unter anderem) gerade die Informationspflichten, deren Einhaltung das Unionsrecht als wesentlich einstuft (vgl. § 5a Abs. 4 UWG; Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG; BGH, GRUR 2012, 842 = WRP 2012, 1096 [Rn. 25] – Neue Personenkraftwagen m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund widerspricht die objektive Zuwiderhandlung gegen unionsrechtlich begründete verbraucherschützende Marktverhaltensregeln gemäß § 4 Nr. 11 UWG regelmäßig auch der fachlichen Sorgfalt im Sinne von § 3 Abs. 2 S. 1 UWG (vgl. BGH, GRUR 2010, 1117 = WRP 2010, 1475 [Rn. 17] – Gewährleistungsausschluss im Internet; Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 3 Rn. 8e; § 4 Rn. 11.6b). Werden den Verbrauchern wesentliche Informationen vorenthalten, deren Mitteilung das Unionsrecht verbindlich vorschreibt, ist dieses Tatbestandsmerkmal von vornherein und ausnahmslos verwirklicht (vgl. Götting / Nordemann / Ebert-Weidenfeller, a.a.O., § 4 Nr. 11, Rn. 11.27). Folgerichtig wendet die höchstrichterliche Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen bei der Spürbarkeitsprüfung sowohl § 3 Abs. 1 UWG als auch § 3 Abs. 2 S. 1 UWG an (vgl. BGH, GRUR 2010, 852 = WRP 2010, 1143 [Rn. 21] – Gallardo Spyder; GRUR 2010, 1117 = WRP 2010, 1475 [Rn. 34] – Gewährleistungsausschluss im Internet).

b)
Die von der Berufung erneut für die wettbewerbliche Irrelevanz einzelner „Ausreißer“ im Rahmen werblicher Angaben angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 04.06.1986 (GRUR 1987, 52 = WRP 1987, 101 – Tomatenmark) trägt zu den hier maßgeblichen Fragen eines Verstoßes gegen die fachliche Sorgfalt und der Spürbarkeit des Verstoßes nichts bei.

Die Entscheidung betraf keine Verletzung von Informations­pflichten, sondern die nach § 3 UWG 1909 zu beurteilende Frage der Irreführung über die Verfügbarkeit einzelner in der Zeitungswerbung eines Lebensmittelmarktes aufgeführter und dort nicht besonders herausgestellter Artikel. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof Feststellungen des Berufungsgerichts zu dem für die Irreführung maßgeblichen Verbraucher­verständnis – nicht etwa im Rahmen einer von der Irre­führung unabhängigen zusätzlichen Prüfung der Verletzung der fachlichen Sorgfalt – beanstandet, wonach das werbende Unternehmens die Lieferbarkeit der Artikel ohne Rücksicht auf vorhersehbare vereinzelte Fehlleistungen bei der Disposition und Lagerhaltung zugesagt habe.

Mit dem versehentlichen Vorenthalten von Pflichtinformationen, die der Unionsgesetzgeber als wesentlich ansieht, hat dies nichts zu tun. Werden solche Informationen den Verbrauchern vorenthalten, ist im Gegenteil zugleich geklärt, dass dies keine Bagatelle, sondern das Erfordernis der Spürbar­keit nach § 3 Abs. 2 S. 1 UWG erfüllt ist (vgl. BGH, GRUR 2010, 852 = WRP 2010, 1143 [Rn. 21] – Gallardo Spyder; GRUR 2010, 1117 = WRP 2010, 1475 [Rn. 34] – Gewährleistungsausschluss im Internet; GRUR 2012, 842 = WRP 2012, 1096 [Rn. 25] – Neue Personenkraftwagen).

c)
Im Streitfall belegen die fehlenden oder fehlerhaften Grundpreisangaben bei den angebotenen Gemüsekonserven ohne Weiteres, dass die beanstandeten geschäftlichen Handlungen der Beklagten nicht der für sie geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen. Wer wie die Beklagte als Anbieter von Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt und deshalb unter den weiteren Voraussetzungen des § 2 PAngV die richtigen Grund­preise anzugeben hat, muss die ordnungsgemäße Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung durchgängig und in jeder Hinsicht sicherstellen. Begründen einzelne Pflichtverstöße wie im Streitfall die Gefahr, dass notwendige Grundpreisangaben den Verbrauchern auch in weiteren Einzelfällen vorent­halten werden, haftet der Unternehmensinhaber wegen der Zuwiderhandlung auch von Mitarbeitern und Beauftragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG ohne eine dem § 831 Abs. 1 S. 2 BGB vergleichbare Entlastungsmöglichkeit auf Unterlassung. Es kann keine Rede davon sein, dass in Bezug auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Preisangaben geringere Anforderungen an die fachliche Sorgfalt eines Internetver­sandhändlers zu stellen wären als an die eines stationären Lebensmitteleinzelhändlers. Keiner von ihnen kann sich damit rechtfertigen und den verschuldensunabhängigen Verletzungsunterlassungs­ansprüchen anspruchsberechtigter Mitbewerber, Verbände oder Einrich­tungen die Grundlage entziehen, indem er auf im Massengeschäft immer wieder vorkommende Versehen und Nachlässigkeiten sonst zuverlässiger Mitarbeiter oder Beauftragter verweist.

Abgesehen davon ist nicht einmal nach dem Vorbringen der Beklagten anzunehmen, dass die angeblich nur ganz vereinzelt vorgekommenen Fehler bei den Grundpreisangaben weder durch eine verbesserte technische Auslegung ihres Datenverarbeitungssystems noch durch bessere Kontrolle ihrer im Internet veröffentlichten eigenen Verkaufs­an­gebote zu vermeiden waren. Soweit sie sich auf Fehler im Bereich des Dienstleisters N und des Großhändlers L berufen hat, steht auch dies ihrer Inanspruchnahme als Unterlassungsschuldnerin nicht entgegen, denn es genügt für die Erfolgshaftung des Betriebsinhabers, dass ihm ein bestimmender und durch­setzbarer Einfluss jedenfalls auf diejenige Tätigkeit eingeräumt ist, in deren Bereich das fragliche Verhalten fällt (vgl. BGH, GRUR 2011, 543 = WRP 2011, 749 [Rn. 13] – Änderung der Voreinstellung III). So liegt es hier jedenfalls in Bezug auf die Veröffentlichung eigener Verkaufsangebote der Beklagten auf ihrer eigenen Internetseite.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Es besteht kein Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Die Entscheidung beruht auf der tatrichterlichen Anwendung gesetzlicher und höchstrichterlich geklärter Rechtsgrundsätze im Einzelfall, ohne dass der Sache grundsätzliche Bedeutung zukommt oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof erfordert. Ebenso wenig ist es geboten, gemäß Art. 267 AEUV eine Vorab­entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Auslegung des Merkmals der beruflichen Sorgfalt bei der Erfüllung von Informationspflichten einzuholen, denn dass die Beklagte im Streitfall die Anforderungen des Art. 2 lit. h der Richtlinie 2005/29/EG verfehlt hat, ist offenkundig.

Der Gegenstandswert der Berufung beträgt 20.000,00 € (Senatsbeschluss vom 20.06.2012) und derjenige der Hilfsanschlussberufung 2.000,00 €.

Vorinstanz:
LG Köln, Az. 31 O 219/11

I