OLG Köln: Herkunftstäuschung durch Nachahmung eines Regalsystems?

veröffentlicht am 16. November 2011

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Köln, Urteil vom 22.06.2011, Az. 6 U 152/10
§ 3 Abs. 1 UWG, § 4 Nr. 9 lit. a UWG, § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG, § 9 UWG; § 242 BGB

Das OLG Köln hat entschieden, dass in dem Nachbau eines Regalsystems eine unlautere Nachahmung liegen kann. Werde das System der Klägerin nahezu identisch nachgebaut, sei auch unerheblich, dass bei näherer Betrachtung sich bei der Nachahmung Einprägungen des Firmenkennzeichens der Beklagten fänden. Der Kunde neige bei einem solchen System dazu, die Gesamtheit wahrzunehmen und nicht auf eventuell angebrachte Kennzeichen zur betrieblichen Herkunft zu achten. Schließlich hätte die Täuschung über die betriebliche Herkunft des Nachbaus auch durch verschiedene Maßnahmen vermieden werden können, so dass die Unlauterkeit zu bejahen sei. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Köln

Urteil

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr Regalsysteme für den Ladenbau gemäß den folgenden Abbildungen anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen:

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2.
der Klägerin über den Umfang der zu Nr. I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 01.02.2009 vollständig Auskunft zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines einheitlichen und geordneten Verzeichnisses unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, welcher nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den zu Nr. I.1 genannten Regalsystemen unmittelbar zugeordnet werden,

wobei die Beklagte hinsichtlich ihrer Angaben zu Nr. 2 lit. a und b sämtliche Belege (Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere) vorzulegen hat.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Nr. I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 01.02.2009 entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, die hinsichtlich der Unterlassung 2 Mio. €, hinsichtlich der Auskunft 1 Mio. € und im Übrigen 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages beträgt, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung des Unterlassungs- und Auskunftsanspruchs Sicherheit in gleicher Höhe und im Übrigen Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin vertreibt in Nachfolge der U GmbH ein seit den 1970er Jahren in Deutschland eingeführtes Regalsystem für den Ladenbau. Die Beklagte stellt her und liefert unter anderem nach Deutschland das in der Urteilsformel zu Nr. I.1 abgebildete Regalsystem, das die Klägerin ungeachtet als unlautere Nachahmung ihres eigenen Systems ansieht. Sie geht von einer vermeidbaren Täuschung der Endabnehmer über die betriebliche Herkunft aus, die nicht durch ein Kompatibilitätsinteresse oder dadurch ausgeschlossen werde, dass die Teile vielfach mit Einstanzungen des Beklagtenkennzeichens

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versehen sind. Außerdem werde die Wertschätzung ihres Regalsystems von der Beklagten ausgenutzt und beeinträchtigt. Hierzu behauptet sie, die Bauteile der Beklagten seien qualitativ minderwertig, weil sie nur wesentlich geringeren statischen Anforderungen genügten als die Originalprodukte und daher bei erhöhter Belastung ähnliche Schäden drohten wie bei dem spektakulären Zusammenbruch eines von einer Schwestergesellschaft der Beklagten gelieferten Weinregals in einem englischen Supermarkt. Die Klägerin nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung in Anspruch.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Im Berufungsrechtszug verfolgt die Klägerin unter Vertiefung und Ergänzung ihres Vorbringens die Klageanträge aus der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz weiter. Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung mit umfangreichen ergänzenden Darlegungen und rechtlichen Erwägungen; unter anderem wendet sie Verwirkung ein. Hilfsweise beantragt sie, ihr die Abwendung der Vollstreckung des Urteils ohne Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin zu gestatten, weil die Unterlassung des Vertriebs der Regale nach Deutschland, der 30 % ihrer gesamten gewerblichen Tätigkeit ausmache, ihre Existenz gefährde. Beide Parteien haben dem Senat Anschauungsstücke der streitbefangenen Regalbauteile präsentiert, die in Augenschein genommen wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf die zweitinstanzlichen Schriftsätze der Parteien und die Sitzungsniederschrift vom 13.04.2011 verwiesen. Nach der Berufungsverhandlung hat sich die Beklagte gemäß ihrem Schriftsatz vom 07.06.2011 (S. 23) gegenüber der Klägerin strafbewehrt verpflichtet, den Vertrieb von Regalfachböden und Säulen der im Berufungsantrag wiedergegebenen Art in Deutschland zu unterlassen, wenn sie nicht mit bestimmten zusätzlichen Einstanzungen ihres Kennzeichens versehen sind.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Wie bereits das Landgericht im Ansatz zutreffend angenommen hat, verfügt die Produktserie der Klägerin über wettbewerbliche Eigenart und eine für den Schutz gegen unlautere Produktnachahmungen hinreichende Bekanntheit am Markt. Wegen der bis auf die Kennzeichnungen (nahezu) identischen Nachahmung des Produktprogramms durch die Beklagte und unter Berücksichtigung des Verständnisses der als Endabnehmer der Regalbausysteme in Betracht kommenden Verkehrskreise sieht der Senat nach Würdigung aller Umstände des Streitfalls auch das Unlauterkeitsmerkmal der vermeidbaren Herkunftstäuschung als gegeben an, was die Zuerkennung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs und der Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung (§§ 3 Abs.1, 4 Nr. 9 lit. a, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, 9 UWG, § 242 BGB) rechtfertigt. Auf das Vorliegen einer Rufausbeutung oder einer (zwischen den Parteien umstrittenen, letztlich nur mit sachverständiger Hilfe aufklärbaren) Rufbeeinträchtigung durch Qualitätsmängel der Beklagtenprodukte (§ 4 Nr. 9 lit. b UWG) kommt es nicht an.

1.
Der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses ist wettbewerbswidrig, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht eine Wechselwirkung in der Weise, dass bei größerer wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Nachahmungsgrad geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (st. Rspr., vgl. nur BGH, GRUR 2009, 79 = WRP 2009, 76 [Rn. 27] – Gebäckpresse; GRUR 2009, 1073 = WRP 2009, 1372 [Rn. 10] – Ausbeinmesser; GRUR 2010, 80 = WRP 2010, 94 [Rn. 21] – LIKEaBIKE; BGHZ 185, 11 = GRUR 2010, 536 = WRP 2010, 750 [Rn. 48] – Modulgerüst II; GRUR 2010, 1125 = WRP 2010, 1465 [Rn. 19] – Femur-Teil).

a)
Dass das klägerische Produktprogramm – wie vom Landgericht mit sorgfältiger und zutreffender Begründung angenommen – wettbewerblich eigenartig ist, also die angesprochenen Verkehrskreise durch seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte wiederkehrende Merkmale auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen vermag (vgl. BGH, GRUR 2008, 793 = WRP 2008, 1196 [Rn.29] – Rillenkoffer), stellt die Beklagte in zweiter Instanz nicht mehr in Frage. Die Kammer hat zu Recht berücksichtigt, dass technisch bedingte, doch ohne Qualitätseinbuße frei austauschbare Merkmale und auch eine für den Gebrauchszweck optimale Kombination technisch vorteilhafter Merkmale einem Produkt wettbewerbliche Eigenart verleihen können (BGH, GRUR 2007, 339 = WRP 2007, 313 [Rn. 27] – Stufenleitern; GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 [Rn. 20] – Gartenliege; GRUR 2009, 1073 = WRP 2009, 1372 [Rn. 10] – Ausbeinmesser; GRUR 2010, 80 = WRP 2010, 94 [Rn. 27; 34] – LIKEaBIKE; GRUR 2010, 1125 = WRP 2010, 1465 [Rn. 22] – Femur-Teil). Das Regalsystem der Klägerin hebt sich, wie der Augenschein lehrt, von anderen marktgängigen Systemen für den Ladenbau deutlich ab, die in Deutschland namentlich von den Mitbewerbern Kind, Linde, Storebest und Hansa Kontor angeboten werden (Anlage rop 2). Die spezifische Form der Konsolen, die mit einer vorderen und einer rückwärtigen Nut sowie einer abgeschrägten vorderen Blende versehenen Fachböden, die H-Lochung der Säulen und die vier Schlitze an der vorderen Schmalseite der Fußteile finden sich in dieser Anordnung bei keinem der Konkurrenzprodukte und verleihen den Regalen der Klägerin ihren besonderen Charakter. Soweit Gestaltungselemente für sich genommen dem freien Stand der Technik angehören, ist ihre von der Klägerin gewählte Kombination zur Lösung der Aufgabe ausweislich der von den Mitbewerbern gewählten abweichenden Gestaltungen ersichtlich technisch nicht notwendig.

Abgesehen davon wird der Gesamteindruck des im Rahmen seines Gebrauchszwecks auch als formschön empfunden Regalsystems der KIägerin nicht allein von seinen technisch und funktional bedingten Elementen, sondern auch von seinen gefälligen Linien, Winkeln und Proportionen bestimmt, für die beispielhaft die Gestaltung der Fachböden im Bereich der vorderen Blenden und der nicht unmittelbar zur Verbindung mit anderen Elementen bestimmten Teile der Konsolen angeführt werden können; selbst bei Wahrung völliger technischer Austauschbarkeit wäre hier auch eine andere Formgebung denkbar. Der Versuch der Beklagten in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 07.06.2011, sämtliche Einzelheiten der streitbefangenen Regalelemente als rein technisch bedingt darzustellen, verfängt angesichts der aus den Abbildungen des wettbewerblichen Umfeldes ersichtlichen Vielfalt möglicher Gestaltungsvarianten nicht.

Der von der Beklagten darüber hinaus angeführte Kundenwunsch nach nicht nur technisch, sondern auch optisch „tego-kompatiblen“ Systemteilen bestätigt die Eigenart des Produktprogramms der Klägerin und spricht dafür, dass es sogar in erhöhtem Maß die Eignung besitzt, auf seine Besonderheiten hinzuweisen. Während einerseits – auch angesichts weiterer in den letzten Jahren auf den Markt drängender Nachahmungen – keine Rede davon sein kann, dass seine Merkmale inzwischen Allgemeingut geworden wären und das Programm seine Eigenart damit verloren hätte (vgl. BGH, GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 [Rn. 25] – Gartenliege), deuten andererseits seine vierzigjährige erfolgreiche Vermarktung, sein weiterhin vergleichsweise hoher Marktanteil von (nach Angaben der Klägerin) 30 % oder (nach Angaben der Beklagten) 50 % und seine aktive Verteidigung gegen Nachahmer (vgl. die aktenkundigen Verfahren 81 O 89/04 LG Köln = 6 U 13/06 OLG Köln; 84 O 124/08 LG Köln = 6 U 118/09 OLG Köln; 81 O 147/09 LG Köln = 6 U 139/10 OLG Köln) auf eine durch Verkehrsbekanntheit gesteigerte wettbewerbliche Eigenart hin.

Nach alledem steht – wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt – auch nicht in Frage, dass das Produktprogramm der Klägerin bei den maßgeblichen Verkehrskreisen über die für eine Herkunftstäuschung vorauszusetzende Bekanntheit (BGH, GRUR 2007, 339 = WRP 2007, 313 [Rn. 39] – Stufenleitern; GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 [Rn. 34] – Gartenliege) verfügt. Schon das von der Beklagten eingewandte Kompatibilitätsinteresse belegt im Gegenteil eine solche Bekanntheit, da ein Interesse an kompatiblen Nachbauten erst entstehen wird, wenn der Hersteller des Originals eine gewisse Marktposition und sein Erzeugnis entsprechende Verbreitung erlangt hat (vgl. Senatsurteil vom 23.06.2006 – 6 U 13/06 = 81 O 89/04 LG Köln). Darauf, dass relevante Teile des angesprochenen Verkehrs das Regalsystem der Klägerin auch zutreffend gerade ihr als Herstellerin zuordnen, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (BGH, GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 [Rn. 34] – Gartenliege).

b)
Wie das Landgericht fehlerfrei festgestellt und die Augenscheinseinnahme in der Berufungsverhandlung nochmals bestätigt hat, handelt es sich bei dem von der Beklagten vertriebenen Regalsystem um eine nahezu identische Nachahmung des Produktprogramms der Klägerin. Unterschiede sind beim unmittelbaren Vergleich der Erzeugnisse beider Parteien nicht in ihrer den Gesamteindruck prägenden Gestaltung, namentlich bei den oben angeführten, in ihrer spezifischen Kombination für das klägerische Regalsystem charakteristischen Merkmalen, sondern bei näherer Betrachtung nur insoweit erkennbar, als sich auf den von der Klägerin im vorliegenden Berufungsverfahren präsentierten Fachböden und Konsolen lediglich einige ganz unauffällige Einprägungen ihres Firmenschlagworts befinden, während die den Abbildungen unter Nr. I.1 der Urteilsformel entsprechenden Systembauteile der Beklagten mehrfach mit Einstanzungen des Kennzeichens

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versehen sind. Die tatbestandliche Feststellung des Landgerichts, dass ein Regal aus Systembauteilen der Beklagten, welches aufgebaut dem im Klageantrag und in der Urteilsformel abgebildeten Regal entspricht, insgesamt 85 Einstanzungen dieses Kennzeichens aufweise, legt auch der Senat seiner Entscheidung zu Grunde. Soweit einerseits die Klägerin beim Landgericht erfolglos Tatbestandsberichtigung beantragt hat, übersieht sie, dass sich die abweichenden Angaben der Beklagten in der Klageerwiderung auf ein Regal mit vier Fachböden bezogen haben, zu dem abgebildeten Regal aber fünf Fachböden gehören. Soweit andererseits der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der Berufungsverhandlung erklärt hat, auf dem von der Klägerin angegriffenen Regal befänden sich sogar 87 Einprägungen, musste dies nicht im Einzelnen verifiziert werden. Auf den Gesamteindruck wirkt sich die genaue Zahl der Einprägungen nämlich nicht aus. Diese sind zwar dauerhaft und waren bei Einnahme des Augenscheins aus der Nähe auch deutlich sichtbar; betrachtet man die aufgebauten Regale allerdings aus einem Abstand, der es gestattet, ihren Gesamteindruck aufzunehmen, fallen die von der Farbbeschichtung der Metallelemente überdeckten Einstanzungen schon nicht mehr ins Auge, was sich bei den an Unterseiten der Elemente oder anderen versteckten Stellen angebrachten Kennzeichnungen von selbst versteht, aber auch auf die Einstanzungen an der vorderen schrägen Kante der Fachböden zutrifft.

c)
Bei dieser Sachlage ist im Ergebnis eine vermeidbare Herkunftstäuschung durch den Vertrieb des Regalsystems der Beklagten zu bejahen, was der Senat als Wettbewerbsgericht auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts festzustellen vermag, ohne sich über (im angefochtenen Urteil nicht zum Ausdruck gekommenes) überlegenes Erfahrungswissen der Kammer für Handelssachen in ihrer das Urteil tragenden Besetzung hinwegzusetzen und ohne dass es der Aufklärung bedarf, ob und welche nicht ins Protokoll aufgenommenen Fragen bei einer früheren mündlichen Verhandlung erster Instanz von nicht mehr an der Urteilsfindung beteiligten Handelsrichter an im Sitzungssaal anwesende Personen gestellt wurden.

aa)
Bei weit gehenden Übereinstimmungen in der Technik und äußeren Formgestaltung und erst recht bei identischen Leistungsübernahmen liegt es nahe, dass sich dem interessierten Betrachter zwangsläufig der Eindruck aufdrängt, die in Rede stehenden Produkte stammten von demselben Hersteller (BGH GRUR 2002, 820 [823] = WRP 2002, 1054 – Bremszangen; GRUR 2004, 941 [943] = WRP 2004, 1498 – Metallbett; GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 [Rn. 36] – Gartenliege; GRUR 2009, 1073 = WRP 2009, 1372 [Rn. 15] – Ausbeinmesser). Dazu ist es nicht erforderlich, dass der Verkehr das Unternehmen, dem er eine ihm bekannte Ware zuschreibt, namentlich kennt. Vielmehr genügt es, dass er die Vorstellung hat, die Ware sei von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen möge, oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht worden (BGH, GRUR 2007, 339 = WRP 2007, 313 [Rn. 40] – Stufenleitern; GRUR 2007, 984 = WRP 2007, 1455 [Rn. 32] – Gartenliege). Soweit Abweichungen bestehen, ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die Produkte in aller Regel nicht gleichzeitig wahrnimmt, sondern seine Auffassung auf Grund eines Erinnerungseindrucks gewinnt, bei dem die übereinstimmenden Merkmale mehr hervortreten als die Unterschiede (BGH, GRUR 2010, 80 = WRP 2010, 94 [Rn. 41] – LIKEaBIKE).

Von den konkreten Umständen des Einzelfalles hängt es ab, ob das Hinzufügen eigener Herstellerkennzeichen geeignet ist, eine Herkunftsverwechslung auszuschließen; so pflegen die Verkehrskreise bei verpackten, unter der Marke des Herstellers vertriebenen Lebensmitteln des täglichen Bedarfs (vgl. BGH, GRUR 2001, 443 [446] = WRP 2001, 534 – Viennetta; GRUR 2009, 1069 [Rn. 14] = WRP 2009, 1374 – Knoblauchwürste) stärker auf solche Kennzeichnungen zu achten als bei der Beschaffung von Bauteilen, wo das Interesse der potentiellen Abnehmer vor allem auf die technisch-konstruktiven Merkmale und die äußere Gestaltung gerichtet ist (vgl. BGH, GRUR 2000, 521 [524] = WRP 2000, 493 – Modulgerüst). Zu berücksichtigen ist ferner, ob das Erzeugnis von Fachleuten auf Grund sorgfältiger vergleichender Planung bestellt und eingesetzt (vgl. BGH, GRUR 2010, 1125 = WRP 2010, 1465 [Rn. 28 ff.] – Femur-Teil; Senat, WRP 2011, 109 – Joghurtbecher) oder von den Endabnehmern (vgl. BGH, GRUR 2003, 892 [893] = WRP 2003, 1220 – Alt Luxemburg) vor der konkreten Kaufentscheidung (vgl. BGH, GRUR 2007, 339 = WRP 2007, 313 [Rn. 39] – Stufenleitern; GRUR 2008, 793 = WRP 2008, 1196 [Rn.33] – Rillenkoffer) eher mit früher wahrgenommenen gleichartigen Produkten in Beziehung gesetzt wird.

bb)
Im Streitfall wenden sich die Parteien mit ihren Angeboten nicht an die Gesamtheit der Verbraucher, sondern an die als Endabnehmer von Ladenbausystemen der streitbefangenen Art in Betracht kommenden Gewerbetreibenden. Dazu gehören entgegen der Auffassung der Beklagten aber nicht nur Fachleute, die den Markt für Ladenbauregale so genau kennen, dass sie die auf den Produkten der Beklagten angebrachten Kennzeichen als Herstellerangabe zu zu identifizieren und diese dadurch von den Erzeugnissen der Klägerin als denen eines anderen Herstellers zu unterscheiden vermögen.

Ein Bedarf an Ladenbauregalen entsteht in Deutschland nämlich nicht nur bei einigen wenigen spezialisierten Einkäufern mit überragender Marktkenntnis, sondern bei einer Vielzahl von Ladeninhabern, die dabei auf die Leistungen kleinerer oder größerer Ladenbaubetriebe zurückgreifen. In den Vertrieb der verschiedenen Regalsysteme sind auf den höheren Absatzstufen Zwischen- und Großhändler eingeschaltet. Unmittelbare Lieferbeziehungen zwischen den im benachbarten Ausland ansässigen Parteien und den Endabnehmern ihrer Regalsysteme mögen nicht völlig ausgeschlossen sein, sind nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten, wonach sie ihre Regalsysteme über Vertriebspartner, namentlich die M GmbH und – bis Herbst 2009 – die E GmbH absetzt, aber ersichtlich nicht die Regel.

Hinzu kommt, dass der Markt für Ladenbausysteme neben der marktführenden Klägerin und den vier großen Anbietern konkurrierender Regalsysteme (Kind, Linde, Hansa-Kontor und Storebest) unstreitig noch etliche kleinere Herstellerunternehmen sowie verschiedene Vertriebspartner eines oder mehrerer Hersteller umfasst (vgl. die oben zu lit. a erwähnten Verfahren). Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass Endabnehmer, die sich unter Vermittlung von Ladenbauunternehmen für ein Regalsystem entscheiden, typischerweise sowohl die Parteien namentlich kennen als auch um das zwischen ihnen bestehende Konkurrenzverhältnis wissen. Vielmehr hat die Klägerin schon erstinstanzlich vorgetragen und die Beklagte im ersten Verhandlungstermin vor dem Landgericht zugestanden (Sitzungsniederschrift vom 09.12.2009, Bl. 111R d.A.), dass manche Vertriebsunternehmen die Ladenbausysteme verschiedener Hersteller „mischen“ und „gemischt“ verkaufen, ohne ihre Kunden darüber zu informieren.

cc)
Dazu kann es kommen, weil die Kennzeichnungen der – mit den Regalbauteilen der Klägerin im Übrigen identischen – Beklagtenprodukte in ihrer streitbefangenen Form nicht geeignet sind, die Gefahr von Herkunftsverwechslungen auszuräumen.

(1)
Zum einen kann nach Lage der Dinge nicht durchweg davon ausgegangen werden, dass die als Endabnehmer in Betracht kommenden Ladeninhaber oder auch nur die in der vorgelagerten Absatzstufe tätigen Inhabern von handwerksmäßig betriebenen Ladenbauunternehmen vor ihrer jeweiligen Kaufentscheidung die unterschiedliche Kennzeichnung der Beklagtenprodukte überhaupt wahrnehmen. Die Annahme der Beklagten, dass ihre Regalbauteile von den Endabnehmern immer zuerst im Einzelnen in die Hand genommen und genau betrachtet werden, so dass ihnen die mehrfachen Einprägungen des Kennzeichens

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nicht entgehen könnten, erscheint keineswegs zwingend. Ein relevanter Teil der in Betracht kommenden Abnehmer, die das Regal bei einem Zwischenhändler erwerben, wird seine Entscheidung für die äußere Form des Regalsystems eher auf Grund einer Katalog- oder Internetabbildung oder nach Besichtigung eines in einem Ausstellungsraum aufgebauten Regals treffen. Dass diese Kunden dabei die in das Metall vor Aufbringen der Farbbeschichtung eingeprägten und trotz ihrer Zahl optisch kaum hervorgehobenen Kennzeichen wahrnehmen werden, liegt fern.

(2)
Zum anderen gewährleisten die Kennzeichnungen mit dem Firmenschlagwort der Beklagten für sich genommen auch nicht, dass potentielle Abnehmer ihre Regalteile von den Originalprodukten der Klägerin zu unterscheiden vermögen.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Klägerin ihre Erzeugnisse in der Vergangenheit (wie in den oben zu lit. a erwähnten Verfahren festgestellt worden ist) überhaupt nicht zu kennzeichnen pflegte und bis heute (wie die Augenscheinseinnahme ergeben hat) keine auffällige Herstellerkennzeichnung vornimmt. Dagegen können die von der Beklagten angebrachten Einprägungen von Endabnehmern, denen die Marktverhältnisse und die Markenstrategie der Herstellerunternehmen solcher Regalsysteme nicht im Einzelnen bekannt sind, auch als bloße Bezeichnungen einer Produktlinie aufgefasst werden. Vor allem aber kann – weil eine Herkunftstäuschung nicht davon abhängt, ob den Kaufinteressenten der Name des Originalherstellers bekannt ist – die Situation eintreten, dass ein Endabnehmer, der die in Deutschland unstreitig weit verbreiteten, nicht gekennzeichneten Originalregale der Klägerin bei ihrem Gebrauch im allgemeinen Verkehr wahrgenommen hat, diese später in dem von den Beklagten vertriebenen Modell wiederzuerkennen glaubt. Soweit ihm die zusätzlichen Kennzeichnungen überhaupt auffallen und er sich an das Fehlen entsprechender Kennzeichnungen an den ihm bekannten Regalen erinnert, liegt es nahe, dass er unter diesen Umständen die Überzeugung gewinnt, der Originalhersteller sei jetzt dazu übergegangen, seine Regalbauelemente mit dem Zeichen „eden“ zu versehen.

Des weiteren besteht unter den Umständen des Streitfalles auch die Gefahr, dass Kunden mangels auffällig angebrachter unterschiedlicher Herstellerangaben (vgl. BGH, GRUR 2001, 251 [254] = BGH, WRP 2001, 153 – Messerkennzeichnung) auf den Regalsystemen beider Parteien gesellschafts- oder lizenzvertragliche Beziehungen zwischen dem Anbieter der „eden“-Produkte und der Klägerin als Originalherstellerin vermuten und insoweit einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinn unterliegen.

d)
Diese nach alledem anzunehmende Herkunftstäuschung war für die Beklagten auch vermeidbar. Insbesondere steht das von ihr angeführte Interesse am Angebot technisch und optisch „tego-kompatibler“ Systembauteile nicht der Vornahme von geeigneten Maßnahmen entgegen, durch die ein hinreichend deutlicher, durch die Kennzeichnungen allein nicht hergestellter Abstand zwischen den streitgegenständlichen Regalsystemen der Klägerin und der Beklagten geschaffen würde.

aa)
Im Zusammenhang mit der Frage, ob die Übernahme von Gestaltungsmerkmalen, die für sich genommen dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Verbrauchererwartung wettbewerbsrechtlich unlauter oder die dadurch hervorgerufene Gefahr einer Herkunftstäuschung auch durch zumutbare Maßnahmen nicht zu vermeiden ist (BGH, GRUR 2007, 339 = WRP 2007, 313 [Rn. 44] – Stufenleitern; GRUR 2010, 80 = WRP 2010, 94 [Rn. 27] – LIKEaBIKE), kann zwar das schutzwürdige Interesse der Abnehmer zu berücksichtigen sein, auf Anbieter eines mit dem Original kompatiblen Produktes ausweichen zu können, wenn sie dieses preiswerter oder schneller liefern können als der Originalhersteller. Dies gilt für den Nachbau der Hauptware selbst (über das Ersatz- und Zubehörteilgeschäft hinaus, das nicht bei demjenigen Originalhersteller monopolisiert werden soll, der den betreffenden Markt erschlossen hat) allerdings nur bei einem bereits in der Art der Ware angelegten Austausch- und Ergänzungsbedarf (BGH, GRUR 2000, 521 [525] = WRP 2000, 493 – Modulgerüst; Köhler / Bornkamm, a.a.O., Rn. 9.50 m.w.N.). Außerdem ist auch hier lediglich die Verwechslungsgefahr als unvermeidbar anzusehen, die auf technischen Gestaltungsmerkmalen beruhen, die zur Herstellung von Kompatibilität unverzichtbar sind; der Nachbauende hat dann – soweit möglich – geeignete und ihm ohne einen Kompatibilitätsverlust zumutbare anderweitige Vorkehrungen zu treffen, um die Gefahr einer Herkunftstäuschung auszuschließen oder jedenfalls zu mindern (BGH, a.a.O.).

bb)
Bei kompletten Regalsystemen für den Ladenbau wie dem der Klägerin ist (abweichend von einem modularen Baugerüst, bei dem ein Ersatz- und Ergänzungsbedarf durch ständig wechselnde Anforderungen und Anordnungen entsteht und das seiner Art nach erhöhtem Verschleiß ausgesetzt ist) schon eine Auslegung auf die fortlaufende Beschaffung kompatibler Ersatz- und Zusatzteile zweifelhaft (Senatsurteil vom 23.06.2006 – 6 U 13/06 = 81 O 89/04 LG Köln). Das bloße Interesse potentieller Abnehmer, in ihren Läden vorhandene Regalsysteme in gewissen zeitlichen Abständen um- oder auszubauen, kann dafür nach Auffassung des Senates nicht genügen (Senatsurteil vom 18.03.2011 – 6 U 139/10 = 81 O 147/09 LG Köln).

cc)
Aber sogar wenn – auf der Grundlage des bestrittenen Vorbringens der Beklagten – ein entsprechendes Kompatibilitätsinteresse der als Abnehmer in Betracht kommenden Ladeninhaber anzuerkennen sein sollte, folgt daraus ungeachtet der Freiheit des Wettbewerbs, die den Nachbau von nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehenden Produkten der Mitbewerber grundsätzlich einschließt, noch nicht die wettbewerbsrechtliche Unbedenklichkeit der hier in Rede stehenden identischen Nachahmung des wettbewerblich eigenartigen Regalsystems eines anderen Anbieters in seiner Gesamtheit, selbst wenn es sich bei dem Anbieter um den Marktführer unter einer begrenzten Zahl von Herstellern ähnlicher Regalsysteme in Deutschland handelt. Soweit die Beklagte (zuletzt mit Schriftsatz vom 07.06.2011 unter weitgehend wörtlicher Übernahme der Erwägungen aus dem Urteil BGH, GRUR 2000, 521 [525] = WRP 2000, 493 – Modulgerüst) das Gegenteil meint geltend machen zu können, verfehlt ihre Argumentation die konkreten Umstände des Streitfalles:

Wie oben (zu lit. a) festgestellt, wird der Gesamteindruck des Regalsystems der KIägerin außer durch seine technisch und funktional bedingten Elemente auch durch im weitesten Sinne ästhetische Merkmale bestimmt, die zwar insofern ebenfalls im Dienst des Gebrauchszwecks stehen, als sie die ansprechende Präsentation der auf den Ladenregalen auszustellenden Waren unterstützen, die jedoch – wie nicht allein der Vergleich mit den von den führenden Mitbewerbern gewählten abweichenden Gestaltungen, sondern bereits Augenschein und Lebenserfahrung erweisen – durchaus abweichend gewählt oder kombiniert werden könnten, ohne dass technische Funktion und Austauschbarkeit darunter litten. Auch erschließt sich dem Senat nicht, wieso es der Beklagten unmöglich oder unzumutbar sein sollte, sich etwa bei der Formgebung der Konsolen und Fachböden durch Aussparungen, Ergänzungen oder Winkelveränderungen im Bereich der nicht unmittelbar mit anderen Systembauteilen zu verbindenden Kanten und glatten Flächen oder durch eine die legitimen Interessen der Abnehmer an einer neutralen Farbgebung wahrende, im Farbton bzw. der Graustufe dennoch erkennbar abweichende Beschichtung deutlicher von dem Regalbauprogramm der KIägerin abzusetzen. Die Verwendbarkeit und Verkäuflichkeit entsprechender Systembauteile zur Ergänzung von bereits vorhandenen Regalsystemen der Klägerin – soweit es darauf ankommt – würde durch solche Änderungen um so weniger unzumutbar beeinträchtigt, als die Präsentation der Warenauslage in Ladengeschäften nicht erkennbar darunter leidet, wenn einzelne Fachböden oder Konsolen in ihrer Gestaltung von den übrigen abweichen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist jedenfalls kein Interesse an völliger – auch optischer – Kompatibilität im Bereich solcher Ladenbausysteme anzuerkennen, das in letzter Konsequenz dazu führen würde, gerade besonders erfolgreichen Anbietern ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gegenüber identischen Nachahmungen schlechthin zu versagen.

e)
Eine Vermeidung von Herkunftstäuschungen durch ergänzende Maßnahmen der Beklagten vermag der Senat ebenso wenig festzustellen.

aa)
Der Umstand, dass die Beklagte gegenüber ihren unmittelbaren Abnehmern sowie auf Ausstellungen und Fachmessen seit rund vier Jahren mit der Aussage „Look for the brand“ dafür wirbt, auf ihre Marke „eden“ zu achten, mag dazu beitragen, ihr Herstellerkennzeichen bekannt zu machen. Auf das streitbefangene Regalsystem bezogene Herkunftsverwechslungen durch Endabnehmer im oben (zu lit. c) dargestellten Sinn werden dadurch aber nicht verhindert, zumal mit der Werbekampagne nur die eigene Marke herausgestellt wird und der Hinweis unterbleibt, dass es sich bei den angebotenen Regalen nicht um die Originalprodukte, sondern um identische „tego-kompatible“ Nachbauten handelt.

bb)
Dass in der Vergangenheit entsprechende Hinweise gegenüber den Vertriebspartnern erfolgten und diese ihrerseits solche Hinweise in ihrer Werbung oder in Verkaufsgesprächen mit ihren jeweiligen Abnehmern erteilten,

liegt fern; die vorgelegten Vertriebsverträge aus dem Jahr 2007 und der Umstand, dass erst nach Mitteilung des Senatsurteils vom 18.03.2011 – 6 U 139/10 – an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Ergänzung ihres Vertriebsvertrages mit der M GmbH vom 08.04.2011 erfolgte (Anlage B 47, Bl. 626 ff. d.A.), sprechen dagegen.

Von einem zur Unbegründetheit des Verletzungsunterlassungsanspruchs führenden Wegfall der Wiederholungsgefahr durch die in dieser neuesten Vertragsergänzung liegende Verhaltensänderung der Beklagten kann ersichtlich keine Rede sein, zumal offen bleibt, ob die Beklagte willens und in der Lage ist, eine Herkunftstäuschung ihrer Abnehmer auf allen Absatzstufen durch die bloße Vereinbarung einer strafbewehrten Verpflichtung ihrer Vertriebspartnerin ohne eigene entsprechende strafbewehrte Unterwerfung gegenüber der Klägerin zuverlässig auszuschließen.

cc)
Ebenso wenig ist die Wiederholungsgefahr in Bezug auf den streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch der Klägerin durch die nunmehr im nicht nachgelassenen, daher in tatsächlicher Hinsicht unverwertbaren (§§ 296a, 525 ZPO) Schriftsatz vom 07.06.2011 abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung entfallen; Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) besteht nicht. Die Unterlassungerklärung ist nur für den Vertrieb von Fachböden und Säulen erfolgt und dahin eingeschränkt, dass die bereits in der Berufungsverhandlung präsentierte zusätzliche Markierung auf der rechten Seite der abgeschrägten Frontblende und zwei zusätzliche Einstanzungen des Zeichens

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in die Säule entsprechend dem als Anlage B 52 zu den Gerichtsakten gereichten Erzeugnis aus dem Verbotsbereich herausführen soll. Der Senat hält nicht dafür, dass diese eingeschränkte Unterlassungserklärung den nach Maßgabe dieses Urteils als begründet anzusehenden Verletzungsunterlassungsanspruch der Klägerin erledigt, da die angebotenen zusätzlichen Kennzeichnungen an den Feststellungen zum Vorliegen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung nichts Entscheidendes ändern.

f)
Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist nicht verwirkt. Der Umstand, dass sich die Konzerngesellschaft der Beklagten Eden Industries Ltd. vor dem Senat am 13.10.2006 in dem Verfahren 6 U 70/06 = 81 O 33/05 LG Köln durch strafbewehrte Erklärung zur Unterlassung des Vertriebs von Regalen in einer bestimmten auf einer Messe ausgestellten Gestaltung verpflichtet hat, begründete kein schutzwürdiges Vertrauen der nach diesem Termin gegründeten Beklagten, das nunmehr streitbefangene Regalsystem von der Klägerin ungehindert vertreiben zu dürfen – dies um so weniger, als die Klägerin bereits bald darauf gerichtlich gegen zwei Vertriebspartner der Beklagten vorging (diese ist den inzwischen beim Senat zu 6 U 60/11 und zu 6 U 61/11 anhängigen Verfahren Anfang 2008 als Streithelferin beigetreten).

2.
Die im Rechtsstreit nicht weiter thematisierten Annexansprüche der Klägerin auf Schadensersatzfeststellung und (vorbereitende, auch auf Mitteilung geeigneter Kontrolltatsachen gerichtete) Auskunft ergeben sich aus § 9 UWG und § 242 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der allein auf den Unterlassungsausspruch bezogene Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten gemäß § 712 ZPO bleibt ohne Erfolg. Ein gerade als Vollstreckungsschaden drohender, ohne Rücksicht auf die aufzubringende Sicherheit nicht zu ersetzender Nachteil der Beklagten ist nicht dargetan oder ersichtlich. Das auf ein bestimmtes Regalsystem bezogene titulierte Vertriebsverbot hindert sie nicht an einer gleichgelagerten, nach Maßgabe der Gründe dieses Urteils jedoch Herkunftstäuschungen ihrer Endabnehmer vermeidende Geschäftstätigkeit, so dass von einer Existenzbedrohung für den Fall der Vollstreckung keine Rede sein kann.

Das Urteil betrifft die tatrichterliche Bewertung eines Einzelfalls und wirft keine ungeklärten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, so dass kein Anlass bestand, gemäß § 543 ZPO die Revision zuzulassen.

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