OLG Köln: Keine fristlose Kündigung möglich, wenn Kunde der Geltung neuer AGB im laufenden Vertrag widerspricht

veröffentlicht am 11. Dezember 2014

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Köln, Beschluss vom 28.08.1995, Az. 16 W 45/95
§ 314 BGB n.F.

Das OLG Köln hat in diesem älteren Beschluss entschieden, dass einem Kunden nicht fristlos gekündigt werden kann, weil dieser in einem laufenden Vertragsverhältnis der Geltung neuer AGB widerspricht. Allerdings ließ der Senat eine ordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses durch das Unternehmen (hier: eine Bank) zu. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Köln

Beschluss

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18.05.1995 – 3 0 104/95 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Dasselbe gilt für die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die nach § 91 a Abs. 2 ZPO zulässige und form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist in der Sache teilweise begründet. Unter Berücksichtigung des bis zur Erledigung der Hauptsache bestehenden Sach- und Streitstandes entsprach es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.

Der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung war zulässig und zum Teil gerechtfertigt. Der Antragsteller hatte Anspruch darauf, auch über den 10./11.03.1995 hinaus zur Benutzung seiner EC-Karte zugelassen zu werden, allerdings nicht bis Ende 1996, sondern nur bis zum Wirksamwerden einer mit angemessener Frist ausgesprochenen ordnungsgemäßen Kündigung. Der zwischen den Parteien bestehende EC-Karten-Vertrag war ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis, für dessen Laufzeit die Geltungsdauer der EC-Karte bis Ende 1996 unerheblich war. Der Umstand, daß EC-Karten immer nur für eine bestimmte Zeitdauer ausgegeben werden und in regelmäßigem Turnus gegen ein neues Exemplar ausgewechselt zu werden pflegen, hat nur sicherheitstechnische Gründe, ohne daß der Ablauf der Geltungsdauer das Vertragsverhältnis beendet. Die Kündbarkeit eines EC-Karten-Vertrages richtet sich demzufolge nach Nr. 19 der AGB der Banken, wonach eine angemessene Kündigungsfrist einzuhalten war, die bei der Führung laufender Konten mit mindestens einem Monat festgelegt war. Für eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund bestand nämlich kein Anlaß, da der Scheckvertrag unstreitig jahrelang ohne Beanstandungen gelaufen war und der Widerspruch des Antragstellers gegen die ihm angesonnene Änderung der AGB kein vertragswidriges Verhalten darstellte. Der Senat ist der Auffassung, daß die Kündigung des EC-Karten-Vertrages für den Kunden dieselbe einschneidende Bedeutung hat wie die Kündigung des Giro-Vertrages, weil erst die EC-Karte ihm vielfältige Nutzungsmöglichkeiten erschließt, ohne die das Giro-Konto nur eine eingeschränkte Bedeutung hat. Ein Kunde, dem der EC-Karten-Vertrag ohne triftigen Grund gekündigt worden ist, wird nicht umhin können, seinerseits die gesamte Geschäftsverbindung aufzulösen und bei einem anderen Geldinstitut einen neuen Giro- nebst EC-Karten-Vertrag abzuschließen. Von daher ist es gerechtfertigt, auch für die isolierte Kündigung des EC-Karten-Vertrages eine Mindestfrist von einem Monat zugrunde zu legen. Dies bedeutet, daß die im Schreiben der Antragsgegnerin vom 21.02.1995 nicht nur angekündigte, sondern für den Fall der Aufrechterhaltung des Widerspruchs bereits verbindlich zum 28.02.1995 ausgesprochene Kündigung als solche jedenfalls unwirksam war, wobei es dahinstehen kann, ob sie auch wegen der besonderen Begleitumstände – Einsatz als Druckmittel zur Brechung des Widerstands des Antragstellers gegen die Anerkennung der geänderten AGB – rechtsmißbräuchlich und damit gänzlich unbeachtlich war oder ob sie zu einer Vertragsbeendigung nach Ablauf einer angemessenen Frist geführt hätte. Mit Monatsfrist war der EC-Karten-Vertrag der Parteien in jedem Falle seitens der Antragsgegnerin grundsätzlich kündbar, wenn nicht besondere Umstände – etwa der bevorstehende Urlaub des Antragstellers – eine noch weitere Rücksichtnahme geboten, was letztlich auf sich beruhen kann.

Auch wenn der Antragsteller einen falschen Antrag gestellt hat, der dahin lautete, der Antragsgegnerin die fristlose Kündigung des EC-Karten-Vertrages mit Wirkung vom 10./11.03.1995 zu untersagen, wäre er mit seinem Begehren teilweise durchgedrungen, weil sein Rechtsschutzziel eindeutig darauf gerichtet war, nicht ab 10./11.03.1995 von der Benutzung seiner EC-Karte ausgeschlossen zu werden, und es im Rahmen einer einstweiligen Verfügung dem Gericht obliegt, nach § 938 Abs. 1 ZPO die zur Zweckerreichung erforderlichen Maßnahmen zu treffen, ohne daß es sich streng an den gestellten Antrag zu halten hat. Allerdings hätte dem Begehren nur vorbehaltlich einer ordnungsgemäßen Kündigung der Antragsgegnerin mit angemessener Frist stattgegeben werden können.

Die Dringlichkeit der erstrebten Regelung war offenkundig.

Nach alledem entspricht es der Billigkeit, die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Die Kostenentscheidung des Senats beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert erster Instanz wird gemäß § 3 ZPO auf 8.018,52 DM (Konteneingänge für drei Monate) und ab 28.03.1995 auf die nach diesem Streitwert angefallenen Kosten des Verfahrens festgesetzt. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren bemißt sich nach den gesamten Verfahrenskosten erster Instanz.

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