OLG Köln: Rapidshare haftet nur EINGESCHRÄNKT für Urheberrechtsverstöße von Kunden nach Linkfreigabe an Dritte / Eingeschränkte Prüfpflicht des Hosters

veröffentlicht am 30. April 2010

OLG Köln, Urteil vom 21.09.2007, Az. 6 U 100/07
§§
19a; 97 Abs. 1 S. 1 UrhG

Das OLG Köln hat entschieden, dass der Rapidshare-Betreiber als Störer für Urheberrechtsverletzungen haftet, die durch Nutzung seines Hosting-Dienstes entstehen. Der Betreiber habe eine Prüfungsmöglichkeit in Form einer manuellen Kontrolle einschlägiger Link-Sammlungen durch hiermit betraute Mitarbeiter. Solche Link-Sammlungen zeichneten sich dadurch aus, dass eine Aufbereitung der dort erfassten Download-Links durch bestimmte Ordnungs- oder Suchfunktionen stattfinde, so dass hierüber mehr oder weniger gezielt nach Dateien eines bestimmten Inhalts gesucht werden könne. Auf diese Weise sei es im vorliegenden Fall der Antragstellerin mit Hilfe der Link-Resource www.s.org möglich gewesen, am 09.01.2007 vierzehn geschützte Musikwerke ihres Repertoires als Inhalt von Dateien auf dem Server des Antragsgegners zu ermitteln. Dem Betreiber sei es im Rahmen der von ihm geschuldeten Vorsorge zuzumuten, von dieser naheliegenden Überprüfungsmöglichkeit in Bezug auf die in der Abmahnung der Antragstellerin genannten Werke ebenfalls Gebrauch zu machen.

Der Berufung sei zuzugeben, dass die regelmäßige Kontrolle einer dreistelligen Zahl von Link-Resourcen im Internet, auf denen Verweise zu seinem Internet-Dienst und den dort gespeicherten Dateien enthalten sein mögen, die einem Diensteanbieter zumutbaren Überprüfungsmöglichkeiten sicherlich übersteige. Darum gehe es im Streitfall aber nicht. Dem Antragsgegner habe vielmehr schon bei Erlass der einstweiligen Verfügung (und erst recht nach deren Zustellung) bekannt sein müssen, dass mit der Link-Sammlung, die bisher unter der bezeichnenden Domain www.s.org abrufbar gewesen sei und in veränderter Weise noch heute abrufbar sei, eine besonders intensive inhaltliche Auswertung der auf dem Server der Antragsgegnerin gespeicherten Dateien stattfinde; die Gefahr, dass über diese Link-Sammlung erneut eine urheberrechtswidrige Veröffentlichung der in der Abmahnung der Antragstellerin genannten Musikwerke erfolge, sei besonders groß. Dieser Gefahr habe der Antragsgegner – notfalls unter personeller Erweiterung der mit der Kontrolle von Missbrauchsfällen betrauten „Abuse“-Abteilung – entgegenzuwirken.

Oberlandesgericht Köln

Urteil

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

gegen

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 07.09.2007
durch … für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 21.03.2007 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln, Az. 28 O 15/07 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die einstweilige Verfügung vom 11.01.2007 wird bestätigt, soweit damit Folgendes angeordnet worden ist:

Der Antragsgegner hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

die Musikwerke

als Datei seines Internetangebots www.s.de öffentlich zugänglich zu machen, wenn das jeweilige Musikwerk über einen zu der Datei führenden Link in der unter www.s.org und/oder www.m.j ansteuerbaren Link-Sammlung abgerufen werden kann.

Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner betreibt über die Internet-Seite www.s.de seit Ende 2004 einen sogenannten Sharehoster-Dienst (ein über die Seite www.s.com seit Oktober 2006 tätiges Schwesterunternehmen ist Antragsgegnerin in dem Parallelverfahren 6 U 86/07 OLG Köln). Internet-Nutzer können auf dem Server des Dienstes in einem einfachen automatisierten Vorgang – „mit einem Klick“ – Dateien bis zur Größe von 100 Megabyte speichern (hochladen). Der Antragsgegner teilt dem Nutzer die genaue Adresse (die URL) der Datei in der Form eines (Download-) Links mit, mit dessen Hilfe sie abgerufen und anderweitig gespeichert (heruntergeladen) werden kann, und ermöglicht ihm, den Download-Link zu verteilen, das heißt Dritten mitzuteilen; der Nutzer kann die Datei über ein Schaltfeld auch wieder löschen. Auf die Datei kann zugreifen, wer den Download-Link kennt. Das Hochladen erfordert eine kostenpflichtige Registrierung als Nutzer (bei s.de ist es außer über den kostenpflichtigen „Premium“-Zugang auch kostenlos möglich). Das Herunterladen ist grundsätzlich kostenlos, für registrierte Nutzer (Inhaber eines „Premium“-Zugangs) aber komfortabler. Ein Verzeichnis der auf seinem Server gespeicherten Dateien bietet der Antragsgegner nicht an. Im Internet gibt es jedoch (meist von nicht näher bekannten Agenturen im außereuropäischen Ausland betriebene) Seiten, welche die Download-Links zugänglich und den Inhalt der betreffenden Dateien über Index- und Suchfunktionen identifizierbar machen. Eine derartige Link-Resource (Link-Sammlung) war bis Anfang 2007 unter www.s.org ansteuerbar; inzwischen wird der Nutzer bei Eingabe dieser Domain automatisch zu der Seite www.m.j verwiesen.

Die antragstellende Verwertungsgesellschaft für musikalische Nutzungsrechte hatte dem Antragsgegner im November 2006 angezeigt, dass auf seinem Server 500 urheberrechtlich geschützte Werke ihres Repertoires abrufbar seien. In Bezug auf einige Musikstücke – darunter die vierzehn streitbefangenen Werke – mahnte sie ihn im Dezember 2006 ab. Der Antragsgegner antwortete, dass er die betreffenden Dateien gelöscht und in einen Software-Filter aufgenommen habe, der identische Dateien unabhängig vom Dateinamen wiedererkenne und ein erneutes Hochladen verhindere; er gab eine auf die jeweilige URL (den Download-Link) der Dateien bezogene strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, wies jedoch weitere Ansprüche zurück. Nachdem die Antragstellerin am 09.01.2007 über www.s.org festgestellt hatte, dass die streitbefangenen Werke wiederum – über andere Download-Links als zuvor – vom Server des Antragsgegners abrufbar waren, erwirkte sie am 11.01.2007 beim Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung, mit der dem Antragsgegner verboten worden ist, die in der Urteilsformel näher bezeichneten Musikwerke öffentlich zugänglich zu machen.

Nach Widerspruch des Antragsgegners hat das Landgericht die einstweilige Verfügung (unter klarstellender Bezugnahme auf die Domain des Antragsgegners) durch Urteil bestätigt. Dagegen richtet sich die Berufung des Antragsgegners, mit der unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die vollständige Zurückweisung des Unterlassungsbegehrens der Antragstellerin erstrebt. Diese verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Im Grundsatz zu Recht hat das Landgericht – auf dessen Urteil (ZUM 2007, 665) der Senat Bezug nimmt – den Antragsgegner nach vorangegangener Abmahnung der Antragstellerin als verpflichtet angesehen, das öffentliche Zugänglichmachen der streitbefangenen urheberrechtlich geschützten Musikwerke über sein Internetangebot zu unterlassen; jedoch beschränkt sich seine Unterlassungsverpflichtung – soweit im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes feststellbar – auf Rechtsverletzungen, die auf Grund einer dem Antragsgegner zumutbaren regelmäßigen Überprüfung der in der Urteilsformel genannten Link-Sammlung aufgedeckt und unterbunden werden können. Dabei war nicht zu entscheiden, ob ihn an solchen Rechtsverletzungen im Einzelfall ein eigenes Verschulden trifft, wie es für die Verhängung von Ordnungsmitteln oder für einen Schadensersatzanspruch der Antragstellerin gegen den Antragsgegner erforderlich wäre.

1.
Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes, die Aktivlegitimation der Antragstellerin und die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Musikwerke hat das Landgericht zutreffend bejaht.

2.
Ein urheberrechtswidriges öffentliches Zugänglichmachen der Werke gemäß § 19a UrhG liegt vor, sobald die auf dem Server der Antragsgegnerin als Datei gespeicherten Werke nicht nur für den Nutzer, der sie hochgeladen hat, sondern durch Bekanntgabe des betreffenden Download-Links auch für Dritte abrufbereit zur Verfügung stehen.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt ist es bei den streitbefangenen Musikwerken bereits zu entsprechenden, die Vermutung der Wiederholungsgefahr begründenden Urheberrechtsverletzungen gekommen, woraus sich ein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG ergibt. Dieser richtet sich – wie das Landgericht im Ausgangspunkt zu Recht angenommen hat – unter dem Gesichtspunkt der urheberrechtlichen Störerhaftung auch gegen den Antragsgegner.

a)
Der Inanspruchnahme des Antragsgegners steht nicht entgegen, dass sogenannte Webhoster, Sharehoster und andere Diensteanbieter, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln, für Rechtsverstöße im Zusammenhang mit fremden Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nur unter engen Voraussetzungen – nämlich in der Regel nur bei Kenntnis von der Rechtswidrigkeit – verantwortlich sind (§ 10 S. 1 Telemediengesetz [TMG], inhaltlich unverändert gegenüber dem bis zum 28.02.2007 geltenden § 11 S. 1 Teledienstegesetz [TDG]). Wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, finden die Haftungsprivilegien der §§ 7-10 TMG (vormals § 8-11 TDG) nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der auch der Senat folgt, nämlich keine Anwendung auf Unterlassungsansprüche (BGHZ 158, 236 [246 ff.] = GRUR 2004, 860 [862 f.] – Internetversteigerung I; BGH, GRUR 2007, 708 [710] – Internetversteigerung II).

b)
Die Voraussetzungen einer Haftung der Antragsgegner als Täter oder Teilnehmer der in Rede stehenden Urheberrechtsverletzungen sind im Rahmen eines summarischen Verfahrens, wie es das vorliegende Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung darstellt (§§ 936, 920 Abs. 2, 294 ZPO), allerdings nicht festzustellen.

Indem der Antragsgegner den Nutzern ihres Dienstes Speicherplatz zum Hochladen beliebiger Dateien zur Verfügung stellt und ihnen durch Mitteilung des Download-Links die Möglichkeit gibt, auch anderen Nutzern Zugriff auf die gespeicherten Dateien zu verschaffen, nimmt sie weder selbst noch durch die Antragsgegner zu 2.) oder 3.) eine Veröffentlichung ihres Inhalts vor, so dass ein täterschaftlicher Urheberrechtsverstoß ausscheidet. Über die Bekanntgabe des Download-Links und damit über das öffentliche Zugänglichmachen der Datei und ihres Inhalts entscheiden nicht die Antragsgegner, sondern der (hochladende) Nutzer. Auch eine Haftung als Teilnehmer an Urheberrechtsverletzungen der Nutzer kommt nicht in Betracht. Die Teilnehmerhaftung des Anstifters oder Gehilfen setzt zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die jeweils konkrete Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (BGHZ 148, 13 [17] = GRUR 2001, 1038 – ambiente.de; BGHZ 158, 236 [250] – Internetversteigerung I m.w.N.; BGH, GRUR 2007, 708 [710] – Internetversteigerung II). Davon kann nach dem im Streitfall zu Grunde zu legenden Sachverhalt nicht ausgegangen werden.

Es entspricht dem auf Vertraulichkeit setzenden Geschäftskonzept des Antragsgegners, dass sie von dem Inhalt der mit Hilfe eines automatischen Verfahrens auf ihrem Server gespeicherten Dateien weder vorher noch zu einem späteren Zeitpunkt bis zu der vom Nutzer veranlassten Bekanntgabe der Download-Links an Dritte Kenntnis nehmen. Soweit die Antragstellerin darlegt und nachzuweisen versucht, dass der Antragsgegner mit diesem Geschäftskonzept Urheberrechtsverletzungen – insbesondere durch unbefugtes Kopieren, Veröffentlichen und Verbreiten geschützter Werke der Musik – nicht nur bewusst in Kauf nähmen, sondern es sogar darauf anlegten, die Raubkopierszene zur Nutzung seines Dienstes einzuladen, genügt dies nicht für die Annahme, dass er gerade die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen vorsätzlich veranlasst oder unterstützt hätte. Selbst wenn hierfür auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerin – das letztlich auf einen Generalverdacht gegen Sharehoster-Dienste und ihre Nutzer hinausläuft – starke Indizien sprechen würden, hätte sie die maßgeblichen Anknüpfungstatsachen doch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Denn wie der Antragsgegner (insbesondere in seinem Schriftsatz vom 03.09.2007) seinerseits beispielhaft dargelegt und durch Urkunden sowie eidesstattliche Versicherungen ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten und weiterer Personen plausibel gemacht haben, sind legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes, für die ein beträchtliches technisches und wirtschaftliches Bedürfnis besteht, in großer Zahl vorhanden und üblich. Dass die Antragsgegner – wie sie selbst einräumen – mit gelegentlichen Urheberrechtsverstößen bei der Nutzung des Internet-Dienstes rechnen, reicht dagegen für einen wenigstens bedingten Anstifter- oder Gehilfenvorsatz nicht aus (vgl. für den Betreiber einer Versteigerungsplattform in Bezug auf Markenverletzungen BGH, GRUR 2007, 708 [710] – Internetversteigerung II).

c)
Die fehlende Glaubhaftmachung bedingt vorsätzlichen Handelns des Antragsgegners schließt seine Haftung als Störer nicht aus, wenngleich ihm insoweit nur zur Last zu legen ist, dass er es nach Verletzungshinweis und Abmahnung der Antragstellerin versäumt hat, die in der Urteilsformel genannten, auf seinen Internet-Dienst verweisende Link-Sammlung in Bezug auf neue, die konkret benannten Musikwerke betreffende Rechtsverletzungen zu kontrollieren.

aa)
Für eine Urheberrechtsverletzung oder die Verletzung eines anderen absoluten Schutzrechts (wie sie hier vorliegt, so dass es auf die – derzeit noch unentschiedene – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für Fälle des Verhaltensunrechts nicht ankommt) kann als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Guts beiträgt (BGHZ 148, 13 [17] – ambiente.de; BGH, WRP 2002, 532 = GRUR 2002, 618 [619] – Meißner Dekor; BGHZ 158, 236 [251] – Internetversteigerung I; BGH, GRUR 2007, 708 [711] – Internetversteigerung II). Weil die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt sie eine Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (st. Rspr.: BGH, WRP 1997, 325 = GRUR 1997, 313 [315 f.] – Architektenwettbewerb; GRUR 2007, 708 [711] – Internetversteigerung II m.w.N.). Eine erhöhte Prüfungspflicht besteht für ihn immer dann, wenn er vom Rechtsinhaber auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist; in diesem Fall muss er nicht nur den Zugang zu der konkreten Datei unverzüglich sperren (§ 10 S. 1 Nr. 2 TMG bzw. § 11 S. 1 Nr. 2 TDG), sondern darüber hinaus Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt (vgl. BGHZ 158, 236 [251 f.] – Internetversteigerung I; BGH, GRUR 2007, 708 [712] – Internetversteigerung II).

bb)
Für die Frage, welche Prüfung dem Antragsgegner – an deren adäquat ursächlichem Beitrag zu den eingetretenen Rechtsverletzungen keine ernsthaften Zweifel bestehen – zugemutet werden kann und muss, fallen dadurch erzielte wirtschaftliche Vorteile nicht ins Gewicht. In seinen den Betreiber einer Internetversteigerungs-Plattform betreffenden Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof allerdings als Zumutbarkeitskriterium berücksichtigt, dass dieser über die von den Nutzern geschuldete Provision am Verkauf von Piraterieware beteiligt ist. Dem gegenüber kann im Streitfall nach dem Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz nicht entscheidend darauf abgestellt werden, dass der Antragsgegner von Urheberrechtsverletzungen der Nutzer profitiert. Denn dass dies der Fall sei, hat die Antragstellerin gegenüber dem abweichenden Vorbringen des Antragsgegners nicht überwiegend glaubhaft machen können. Nach dem unstreitigen Sachverhalt wird ein regelmäßiges monatliches Entgelt nur für das (urheberrechtlich grundsätzlich neutrale) Hochladen von Dateien fällig, während das Herunterladen (und damit die potentiell urheberrechtswidrige Verbreitung) für sich genommen kostenfrei ist. Auch daraus, dass der Antragsgegner den Vorgang des Herunterladens für solche Nutzer attraktiver ausgestaltet, die sich zuvor kostenpflichtig registrieren lassen, kann nicht abgeleitet werden, dass er aus einer Nutzung seines Dienstes durch die Raubkopierszene wirtschaftliche Vorteile erzielt.

cc)
Gleichwohl hatte der Antragsgegner nach dem Hinweis der Antragstellerin auf die urheberrechtswidrige Veröffentlichung von geschützten Werken der Musik über seinen Internet-Dienst alle erfolgversprechenden und zumutbaren Möglichkeiten zu nutzen, um solche Verstöße in Zukunft möglichst zu unterbinden.

Welche technischen oder manuellen Möglichkeiten ihm in dieser Hinsicht zur Verfügung stehen, ist zwischen den Parteien des vorliegenden Verfahrens umstritten. Der Senat vermag mit den gegebenen Erkenntnismöglichkeiten – insbesondere ohne Einholung sachverständigen Rates, die einem eventuellen späteren Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss – nur festzustellen, dass dem Antragsgegner eine regelmäßige Überprüfung der in der Urteilsformel genannten Link-Resource möglich und zumutbar ist.

(1)
Nach dem in diesem Verfahren nicht widerlegten Vorbringen des Antragsgegners stehen dem Einsatz automatischer Filtersysteme – von den Parteien angesprochen worden sind insbesondere sogenannte MD5-Filter und Wortfilter – erhebliche technische Schwierigkeiten entgegen; hiernach verhindern insbesondere schon geringste Veränderungen der hochzuladenden Datei eine Identifizierung ihres potentiell rechtsverletzenden Inhalts. Hinzu kommt, dass der Einsatz solcher Filter nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien in der Berufungsverhandlung nur im Zeitpunkt des Hochladens erfolgen kann. Unter diesen Umständen ist ihre Eignung aber schon deshalb zweifelhaft, weil das Hochladen von Dateien mit urheberrechtlich geschützten Werken der Musik für sich genommen – ohne Mitteilung an die Öffentlichkeit – noch keine Rechtsverletzung darstellen muss (sondern etwa als private Vervielfältigung nach § 53 UrhG im Einzelfall durchaus erlaubt sein mag). Kommt es aber für das Erkennen eines rechtsverletzenden Nutzung wesentlich auf den mit dem Hochladen verfolgten Zweck an, so versagen letztlich alle an den Vorgang des Hochladens anknüpfenden automatischen Systeme, weil sie diesen Zweck nicht abbildenden können.

Geeignete technische Möglichkeiten, die bei Dateien mit urheberrechtlich geschützten Inhalten eine Weitergabe des Download-Links unterbinden könnten, ohne dass die Antragsgegner damit zugleich gegen ihre vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber legalen Nutzern seines Dienstes verstoßen würden, hat die Antragstellerin nicht überwiegend glaubhaft zu machen vermocht.

(2)
Als Prüfungsmöglichkeit verbleibt dem Antragsgegner danach allein die manuelle Kontrolle einschlägiger Link-Sammlungen durch hiermit betraute Mitarbeiter. Solche Link-Sammlungen zeichnen sich dadurch aus, dass eine Aufbereitung der dort erfassten Download-Links durch bestimmte Ordnungs- oder Suchfunktionen stattfindet, so dass hierüber mehr oder weniger gezielt nach Dateien eines bestimmten Inhalts gesucht werden kann. Auf diese Weise war es im vorliegenden Fall der Antragstellerin mit Hilfe der Link-Resource www.s.org möglich, am 09.01.2007 vierzehn geschützte Musikwerke ihres Repertoires als Inhalt von Dateien auf dem Server des Antragsgegners zu ermitteln.

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass es dem Antragsgegner im Rahmen der von ihm geschuldeten Vorsorge zuzumuten ist, von dieser naheliegenden Überprüfungsmöglichkeit in Bezug auf die in der Abmahnung der Antragstellerin genannten Werke ebenfalls Gebrauch zu machen. Der Berufung ist zuzugeben, dass die regelmäßige Kontrolle einer dreistelligen Zahl von Link-Resourcen im Internet, auf denen Verweise zu seinem Internet-Dienst und den dort gespeicherten Dateien enthalten sein mögen, die einem Diensteanbieter zumutbaren Überprüfungsmöglichkeiten sicherlich übersteigt. Darum geht es im Streitfall aber nicht. Dem Antragsgegner musste vielmehr schon bei Erlass der einstweiligen Verfügung (und erst recht nach deren Zustellung) bekannt sein, dass mit der Link-Sammlung, die bisher unter der bezeichnenden Domain www.s.org abrufbar war und in veränderter Weise noch heute abrufbar ist, eine besonders intensive inhaltliche Auswertung der auf dem Server der Antragsgegnerin gespeicherten Dateien stattfindet; die Gefahr, dass über diese Link-Sammlung erneut eine urheberrechtswidrige Veröffentlichung der in der Abmahnung der Antragstellerin genannten Musikwerke erfolgt, ist besonders groß. Dieser Gefahr hatte und hat der Antragsgegner – notfalls unter personeller Erweiterung der mit der Kontrolle von Missbrauchsfällen betrauten „Abuse“-Abteilung – entgegenzuwirken. Dass er in diese Richtung alles Zumutbare unternommen hätte, kann nicht festgestellt werden, wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

In der Berufungsverhandlung ist seitens des Antragsgegners lediglich vorgetragen worden, dass die Link-Resource durch eine Mitarbeiterin unmittelbar vor dem Termin mehrfach überprüft und dabei jeweils neue Hinweise auf Dateien mit den streitgegenständlichen Musikwerken gefunden worden seien. Damit steht aber gerade nicht fest, dass regelmäßige Kontrollen der Link-Sammlung ohnehin zu keiner effektiven Unterbindung von Rechtsverstößen führen könnten.

3.
Die nach alledem im Grundsatz zu bejahende Unterlassungsverpflichtung des Antragsgegners aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG bezieht sich allerdings nur auf die drohende Wiederholung desjenigen beanstandeten Verhaltens, aus der sich seine Störerhaftung ableitet. Auf Urheberrechtsverletzungen, die vom Antragsgegner nicht durch zumutbare Kontrollmaßnahmen verhindert werden können, ist auch das gerichtliche Unterlassungsgebot nicht zu erstrecken (vgl. BGH, GRUR 2007, 708 [712] – Internetversteigerung II). Wenngleich sich die Grenzen dessen, was dem Unterlassungsschuldner zuzumuten und in einem späteren Bestrafungsverfahren als schuldhafter Verstoß zur Last zu legen ist, in Fällen der vorliegenden Art möglicherweise nicht von vornherein präzise bestimmen lassen und deshalb im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes eine Verlagerung des Streits in das Vollstreckungsverfahren nicht völlig zu vermeiden ist (BGH, a.a.O.), war dem Antragsgegner doch nicht jedes öffentliche Zugänglichmachen der in der Urteilsformel genannten Musikwerke über sein Internetangebot zu untersagen, sondern nur eine Veröffentlichung, die er durch die gebotene Art und Weise der Kontrolle überhaupt hätte erkennen können und die nur deshalb auch geeignet ist, eine Verletzung seiner Prüfungspflichten widerzuspiegeln.

Die hiernach gebotene Beschränkung der Unterlassungsverpflichtung des Antragsgegners auf über die Link-Resource www.s.org nachvollziehbare Urheberrechtsverletzungen (und im Kern gleichartige Verletzungsfälle) konnte der Senat selbst vornehmen, weil das entsprechende Begehren von dem weitergehenden Unterlassungsantrag der Antragstellerin als ein „Minus“ mitumfasst ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Wenn auch die Unterlassungsverpflichtung der Antragsgegner im Grundsatz zu bestätigen war, bleibt der Urteilsausspruch infolge der vorzunehmenden Beschränkung doch so weit hinter dem deutlich umfassenderen ursprünglichen Antrag zurück, dass eine Aufhebung der Kosten angemessen erscheint.

Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.

I