OLG Köln: Zur Produktnachahmung eines diätetischen Lebensmittels

veröffentlicht am 28. Juli 2015

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Köln, Urteil vom 12.12.2014, Az. 6 U 28/14
§ 3 UWG, § 4 Nr. 9 a) und b) UWG

Das OLG Köln hat entschieden, dass seitens des Formula-Produkts „VITA-SED“ eine unlautere Nachahmung der seit langem bekannten Marke „Almased“ vorliegt. Eine nachschaffende Übernahme liege vor, da die Nachahmung wiedererkennbare wesentliche Elemente des Originals aufweise und sich nicht deutlich davon absetze. Vorliegend lägen deutliche Ähnlichkeiten in den prägenden Gestaltungsmerkmalen vor, so dass der Vertrieb von „VITA-SED“ in der bis dahin gebrauchten Aufmachung untersagt wurde. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Köln

Urteil

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.01.2014 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 81 O 92/13 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1.
Die Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verurteilt,

es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs diätetische Lebensmittel zur Bereitung von Mahlzeitenersatz für eine gewichtskontrollierende Ernährung in der folgenden Aufmachung anzubieten oder in den Verkehr zu bringen:

[Abb.]

2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der dieser aus der in Ziffer 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

3.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Umsätze und ihren Gewinn zu erteilen, die durch Handlungen gemäß Ziffer 1. erzielt wurden.

4.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin – unter Vorlage von Kopien der Rechnungen und Lieferscheine der Beklagten – Auskunft über die Mengen der ausgelieferten Produkte oder bestellten Produkte sowie über die Preise, die für die betreffenden Produkte bezahlt wurden, zu erteilen.

5.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.761,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.07.2013 zu zahlen.

6.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte mit Ausnahme der durch die Nebenintervention entstandenen Kosten; diese trägt die Nebenintervenientin selbst.

7.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt

– hinsichtlich des Unterlassungsgebots 200.000,00 EUR

– hinsichtlich der Auskunft: 15.000,00 €

– im Übrigen 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren, für die vollstreckende Partei 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

8.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen unlauterer Produktnachahmung in Anspruch und verlangt Unterlassung, Feststellung von Schadenersatz, Auskunft sowie Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten.

Die Klägerin stellt diätetische Lebensmittel her, unter anderem das Produkt „Almased“. Dieses ist ein so genanntes Formula-Produkt, das im Rahmen von Formula-Diäten zum Einsatz kommt und zur Zubereitung von Mahlzeitenersatz im Rahmen von Reduktionsdiäten geeignet ist. „Almased“ wird seit den 1980er Jahren angeboten, insbesondere in einer 500g-Dose und seit mindestens zehn Jahren in kerngleicher Aufmachung wie nachfolgend wiedergegeben:

[Abb.]

Das Produkt „Almased“ ist Marktführer in dem Produktsegment der diätetischen Lebensmittel zum Mahlzeitenersatz mit einem Umsatz von 80 % in diesem Segment. Die Klägerin bewirbt das Produkt regelmäßig im Fernsehen mit verschiedenen Werbespots sowie in den Printmedien und hat in den letzten Jahren Millionenbeträge in dieser Werbung investiert; wegen der Einzelheiten von Art und Umfang der Werbemaßnahmen wird auf die Ausführungen in der Klageschrift Bezug genommen. Eine Werbefigur der Klägerin ist eine brünette Frau, die in verschiedenen Fernsehspots einen gelben Bikini trägt und die die Klägerin als ihr „Almased-Gesicht“ bezeichnet:

[Abb.]

[Abb.]

Die Klägerin verfügt zur Frontseitengestaltung der Dose über eine Gemeinschaftsmarke wie aus der Anl. K8 zur Klageschrift ersichtlich, aus der sie ausdrücklich jedoch keine Ansprüche herleitet.

Die Beklagte betreibt ein internationales Einzelhandelsunternehmen als Discounter-Kette. Ihre Preis- und Sortimentspolitik beruht auf dem Prinzip, Basisartikel des täglichen Bedarfs in aller Regel unter Eigenmarken zu günstigen Preisen zu vertreiben. Die Beklagte hat im Februar 2013 das Formula-Produkt „VITA-SED“, das mit der Angabe „Multinorm“ vertrieben wird, in der aus dem Tenor ersichtlichen Ausstattung angeboten und auf den Markt gebracht. Unter der Handelsmarke „Multinorm“ stellen verschiedene Hersteller verschiedene Produkte her, die über die Beklagte vertrieben werden. Das streitgegenständliche Produkt wird von der Streithelferin für die Beklagte produziert.

Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl von Formula-Produkten zur Herstellung von Fertigdrinks. Hierzu gehören insbesondere die Produkte Multan, Beavita, Yokebe, Sedvital, Rossmann-Wellmix Diät-Vitalkost, dm-Diät Vitalkost u.a., wegen deren Ausstattungen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die von beiden Parteien zur Akte gereichten Ablichtungen aus dem Produktumfeld (Bl.5, 6, 212, 213, 227, 469, 470, 471 d.A.) Bezug genommen wird.

Die Klägerin hat die Beklagte und die Streithelferin wegen des Vertriebes der „VITA-SED“-Dose mit inhaltsgleichen Schreiben vom 27.02.2013 abgemahnt. Die Streithelferin hat eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, die die Klägerin nach ergänzender Erklärung einer Kostenübernahmebereitschaft angenommen hat. Gegen die Beklagte hat die Klägerin eine einstweilige Verfügung der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln (Az. 31 O 96/13) erwirkt. Nachdem die Beklagte keine Abschlusserklärung abgegeben hat, hat die Klägerin das vorliegende Hauptsachenverfahren eingeleitet, in dem die Beklagte der Streithelferin den Streit verkündet hat und diese dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist.

Die Antragstellerin hat Bewerbung und Vertrieb des „VITA-SED“-Produkts der Beklagten als unlautere Nachahmung ihrer „Almased“-Produktausstattung gemäß § 4 Nr. 9 a) und b) UWG beanstandet und ihren Unterlassungsanspruch ergänzend auf Nr. 13 der „Schwarzen Liste“ i.V.m. § 3 Abs. 3 UWG sowie § 5 Abs. 2 UWG gestützt.

Sie hat beantragt,

1. die Beklagte unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen,

es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs diätetische Lebensmittel zur Bereitung von Mahlzeitenersatz für eine gewichtskontrollierende Ernährung in der aus dem Tenor ersichtlichen Aufmachung anzubieten oder in den Verkehr zu bringen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der dieser aus der in Ziffer 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;

3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die Umsätze und ihren Gewinn zu erteilen, die durch Handlungen gemäß Ziffer 1. erzielt wurden;

4. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin – unter Vorlage von Kopien der Rechnungen und Lieferscheine der Beklagten – Auskunft über die Mengen der ausgelieferten Produkte oder bestellten Produkte sowie über die Preise, die für die betreffenden Produkte bezahlt wurden, zu erteilen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.761,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte und die Streithelferin haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Kammer für Handelssachen, an die der Rechtsstreit auf Antrag der Beklagten verwiesen worden ist, hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Sie beanstandet insbesondere, dass das angefochtene Urteil unzureichende Feststellungen zum Grad der wettbewerblichen Eigenart der Produktaufmachung der „ALMASED“-Dose enthalte, der im Hinblick auf die bestehende Wechselwirkung der maßgeblichen Umstände im Rahmen des § 4 Nr. 9 UWG nicht offen bleiben könne. Tatsächlich sei von einem erheblich gesteigerten Grad der wettbewerblichen Eigenart auszugehen, der auch dann nicht geschwächt wäre, wenn im wettbewerblichen Umfeld einzelne Elemente der eigenen Produktausstattung in abgewandelter Form verbreitet seien. Abgesehen davon, dass auch insoweit auf den Gesamteindruck abzustellen sei, habe die Beklagte nicht dargelegt, dass die bezeichneten Produkte aus dem wettbewerblichen Umfeld schon seit längerem auf dem Markt sind und welchen Bekanntheitsgrad oder Marktanteil sie haben. Die Prüfung des Vorliegens einer Nachahmung sei im angefochtenen Urteil rechtsfehlerhaft erfolgt, weil die gegenüberstehenden Produktaufmachungen durch das Landgericht direkt gegenübergestellt und im Detail miteinander verglichen worden seien. Auch seien bei der Bestimmung des Grades der Übereinstimmung der gegenüberstehenden Produktaufmachungen unzulässigerweise nur Elemente von Produktausstattungen aus dem wettbewerblichen Umfeld der Parteien in die Prüfung einbezogen worden. Die Herkunftstäuschung sei unter fehlerhafter Tatsachenfeststellung und unter Verstoß gegen materielles Recht verneint, eine Rufausbeutung erst gar nicht geprüft worden. Neben den bereits in erster Instanz genannten Anspruchsgrundlagen stützt die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch nunmehr ergänzend auch auf § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Abs. 3 UWG und § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFBG.

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen Zurückweisung der Berufung und verteidigen das angefochtene Urteil. Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen, nach dem die Produktaufmachungen der „Almased“-Dose und der „VITA-SED“-Dose im Gesamteindruck unähnlich seien und alle Gestaltungsmerkmale der „Almased“-Dose auf dem Markt vielfach aufträten; die „VITA-SED“-Dose lehne sich weniger an die Produktausstattung der Klägerin an als die Wettbewerbsprodukte. Die Beklagte und die Streithelferin behaupten, dass die von beiden Parteien in das Verfahren einbezogenen Produkte aus dem wettbewerblichen Umfeld nach wie vor auf dem Markt präsent seien; das Produkt „Multan“ lasse sich mindestens bis ins Jahr 2004 zurückverfolgen, „Beavita“ sei seit August 2013, „dm Diät Vitalkost“ sowie „Wellmix Vitalkost“ seien seit Oktober bzw. Juli 2011 und „Sedvital Slimsystem“ sei seit Anfang 2012 auf dem deutschen Markt; belastbare Zahlen zum Umfang des Vertriebes der Produkte seien nicht existent, aber auch nicht erforderlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO), auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zur Akte gereichten Originalprodukte der Parteien Bezug genommen.

II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.

1.
Die Zivilkammer ist im Rahmen des vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahrens ursprünglich rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass ein Unterlassungsanspruch besteht. Dieser ist begründet aus §§ 3, 4 Nr. 9 a), 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG, jedenfalls auch aus § 4 Nr. 9 b) UWG.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat angeschlossen hat, kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 21 – LIKEaBIKE; GRUR 2012, 1155 Tz. 16 – Sandmalkasten; GRUR 2013, 951 Tz. 14 – Regalsystem; GRUR 2013, 1052 Tz. 15 – Einkaufswagen III; Senat, GRUR-RR 2014, 25, 26f. – Kinderhochstuhl „Sit up“, jeweils m. w. N.).

a.
Die „Almased“-Dose der Klägerin weist eine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart auf:

Für die Annahme wettbewerblicher Eigenart genügt es, dass der Verkehr bei den in Rede stehenden Produkten Wert auf deren betriebliche Herkunft legt und aus deren Gestaltung Anhaltspunkte dafür gewinnen kann. Dafür wiederum ist maßgeblich, ob sich das unter Rückgriff auf vorhandene Formen und Stilelemente entwickelte Leistungsergebnis von anderen vergleichbaren Erzeugnissen in einem Maß abhebt, dass hierdurch im angesprochenen Verkehr die Vorstellung ausgelöst wird, dieses Produkt stamme aus einem bestimmten Betrieb (BGH, GRUR 2012, 1155 Tz. 19 – Sandmalkasten; GRUR 2013, 1052 Tz. 18 – Einkaufswagen III; Senat, GRUR-RR 2013, 24, 25 – Gute Laune Drops, jeweils m. w. N.). Abzustellen ist dabei nicht auf einzelne Gestaltungsmerkmale, sondern auf den durch seine prägenden Merkmale hervorgerufenen Gesamteindruck des jeweiligen Produkts (BGH GRUR 2010, 80 Tz. 32 – LIKEaBIKE; Senat, WRP 2013, 1500 Tz. 9 – PANDAS).

aa.
Im Ansatz ist auch das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Produktgestaltung der „Almased“-Dose der Klägerin von Hause aus wettbewerbliche Eigenart aufweist, ohne jedoch den Grad der wettbewerblichen Eigenart hinreichend zu bestimmen. Dieser Grad bestimmt den Schutzumfang der Produktaufmachung und ist im Hinblick auf die bestehende Wechselwirkung mit der Art und Weise und Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen bedeutsam.

Die „Almased“-Dose der Klägerin besitzt wettbewerbliche Eigenart aufgrund ihres Gesamteindrucks, der sich aus den einzelnen, vom Landgericht auf Seite 16 des angefochtenen Urteils zutreffend aufgeführten Gestaltungsmerkmalen zusammensetzt. Die Dose besitzt ein charakteristisches Design bestehend aus der Grundfarbe Gelb mit einem Farbverlauf nach oben heller werdend in Richtung Weiß, dem grünen Schriftzug „Almased“ mit einem darunter liegenden ebenfalls grünen Dreieck, der Kennzeichnung der angegebenen Inhaltsstoffe Soja, Joghurt und Honig durch drei ineinander verschlungene Pfeile in drei unterschiedlichen Farben, die jeweils einen Kreis bilden und insgesamt den Eindruck eines Dreiecks erwecken, einem roten Störer mit der Aufschrift „100 % Natur“ und schließlich der runden Dosenform in der Produktgröße 500g mit weißem Deckel. Die „Almased“-Dose stellt in ihrer konkreten Ausgestaltung kein Allerweltsprodukt dar, sondern ist in ihrer Gesamterscheinung auf die Herkunft aus einem bestimmten Betrieb hinzuweisen geeignet. Die Ausformung und Kombination der vom Landgericht aufgezählten Designmerkmale verleiht dem Produkt ein individuelles Gesamterscheinungsbild, das aus Sicht des Verbrauchers den Rückschluss auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zulässt.

bb.
Eine Schwächung der mangels besonderer Originalität von Hause allerdings nur durchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart durch das Umfeld ist nicht anzunehmen. Eine Schwächung der wettbewerblichen Eigenart käme nur in Betracht, wenn im Produktumfeld nicht nur einzelne Gestaltungselemente verwendet, sondern andere Produkte einen vergleichbaren Gesamteindruck aufweisen würden (vgl. Senat GRUR-RR 2014, 117, juris Tz. 16 m.w.N. – Knoppers).

Bei der Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes obliegt es zunächst dem Anspruchsteller, die klagebegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen, insbesondere also die Merkmale darzutun, aus denen sich die wettbewerbliche Eigenart ergibt. Stützt er sich auf eine dem Erzeugnis innewohnende Eigenart, wird häufig die Vorlage des Produkts ausreichen, für das der Nachahmungsschutz begehrt wird. Ist der Anspruchsteller insoweit seiner Darlegungs- und Beweislast nachgekommen, ist es grundsätzlich Sache des Anspruchsgegners, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass die in Rede stehenden Merkmale einzeln oder auch in der fraglichen Verbindung bereits vorbekannt oder inzwischen üblich geworden sind (BGH, GRUR 1998, 477, 479 – Trachtenjanker; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4 Rn. 9.78). Insbesondere muss er dabei die Marktbedeutung von Produkten darlegen, mit denen er die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts in Frage stellen will (BGH, GRUR 2005, 600, 602 – Handtuchklemmen; Senat GRUR-RR 2014, 25, 28 – Kinderhochstuhl „Sit-Up“; Senat Urteil v. 18.07.2014, Az. 6 U 4/14, zitiert nach juris, Rn, 46 ff – Freischwinger-Stuhl).

Dazu ist es allerdings nicht zwingend erforderlich, Absatzzahlen der Wettbewerber zu benennen, die dem Anspruchsgegner in der Regel nicht bekannt sein werden. Bei der Prüfung der „hinreichenden Bekanntheit“ des nachgeahmten Produkts kann diese nicht nur aus hohen Absatzzahlen, sondern auch aus entsprechenden Werbeanstrengungen abgeleitet werden (BGH, GRUR 2013, 951 = WRP 2013, 1188 Tz. 27 – Regalsystem; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2013, § 4 Rn. 9.41a).

Der Vortrag der Beklagten und Streithelferin ist nach den aufgezeigten Maßstäben tatsächlich für alle Entgegenhaltungen unzureichend. Ansatzweise vorgetragen haben sie zur Marktpräsenz der – teilweise auch von der Klägerin in den Rechtsstreit eingeführten Produkte – erstmals in der Berufungserwiderung. Die Klägerin hat sich dazu in ihrer Replik vom 27.10.2014 mit Nichtwissen erklärt und den Vortrag im Übrigen als unzureichend und unerheblich gerügt.

Zu dem Produkt „Beavita“ (Bl. 398 d.A.) hat die Beklagte vorgetragen, dieses sei seit August 2013 auf dem Markt. Die Klägerin verweist demgegenüber zu Recht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der die im selben zeitlichen Rahmen oder – wie im Streitfall – sogar erst danach liegende Aufnahme des Vertriebs der Drittprodukte nicht zu einer Einschränkung der Annahme wettbewerblicher Eigenart zu Gunsten der klägerischen Ausstattung führt (vgl. BGH GRUR 1985, 876, juris Tz. 15 – Tchibo/Rolex). Im Übrigen fehlt es zu „Beavita“ an jedem Vortrag zur Marktbedeutung, Werbeaufwand und/oder Art und Umfang des Vertriebes.

Zu dem Produkt „Multan“ (Bl. 399 d.A.) hat die Beklagte vorgetragen, dass sich seine Marktpräsenz bis in das Jahr 2004 zurückverfolgen lasse. Die Klägerin rügt dieses Vorbringen zu Recht als unsubstantiiert, da nicht ersichtlich ist, auf welche konkrete Aufmachung sich diese Zeitangabe bezieht. Eine von ihr durchgeführte Google-Recherche hat zumindest zwei abweichende Produktgestaltungen von „Multan“ ergeben. Im Übrigen weist die Ausstattung von „Multan“, auf die sich bereits die Klägerin erstinstanzlich bezogen hat, zwar die gleiche Form und eine ähnliche farbliche Gestaltung auf, weicht jedoch in einem für den maßgeblichen Gesamteindruck der „Almased“-Dose prägenden Gestaltungsmerkmal ab, indem die Inhaltsstoffe in natura auf einem Teller abgebildet sind und nicht stilisiert durch kreisförmig ineinander führende Pfeile wiedergegeben werden. Dadurch gewinnt die „Multan“-Dose insgesamt eine andere Gesamtanmutung.

Auch zu dem ebenfalls bereits erstinstanzlich von der Klägerin eingeführten Produkt „Yokebe“ (Bl. 400 d.A.) hat die insoweit darlegungspflichtige Beklagte keine Angaben zu dessen Marktpräsenz gemacht. Jedenfalls weist dieses insbesondere aufgrund der überwiegend grünen Grundfarbe, aber auch aufgrund der gänzlich anders gestalteten, mittig platzierten Angabe der Inhaltsstoffe einen deutlich abweichenden Gesamteindruck auf.

Gleiches gilt im Ergebnis für das Produkt „SedVital SlimSystem“ (Bl. 401). Bei diesem ist zunächst zu bemerken, dass es als Einziges im wettbewerblichen Umfeld – neben den Produkten der Parteien – in der Produktbezeichnung den Bestandteil „Sed“ aufweist. Soweit die Beklagte darlegt, es werde seit Anfang 2012 vertrieben, gilt das zu dem Produkt „Beavita“ Ausgeführte: Die Aufnahme des Vertriebs des Drittprodukts nur gut ein Jahr vor der Einführung des streitgegenständlichen Produkts der Beklagten führt nach den zitierten Rechtsprechungsgrundsätzen nicht zu einer Einschränkung der Annahme wettbewerbliche Eigenart der seit vielen Jahren vertriebenen klägerischen Ausstattung. Im Übrigen fehlt es auch hier an Vortrag zu einer hinreichenden Marktbedeutung des Produkts.

Ob die über die Drogeriemärkte „Rossmann“ bzw. „dm“ vertriebenen Produkte „Wellmix Diät Vitalkost“ (Bl. 403 d.A.) bzw. „dm-Diät Vitalkost“ (Bl. 402 d.A.), deren Vertriebsbeginn von der Beklagten mit Juli 2011 bzw. Oktober 2011 angegeben wird, in einem nach der genannten Maßgabe bereits ausreichenden Zeitraum vertrieben worden sind, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob der Vertrieb über die bekannten Drogeriemärkte für die Annahme einer gewissen Marktpräsenz ausreicht. Jedenfalls sind beide Produkte in ihren maßgeblichen Grundelementen, etwa der Grundfarbe blau, der durch Sechsecke wiedergegebenen Inhaltsstoffe und des hälftig aus einem Foto bestehenden, geteilten Verpackungsaufbaus bei dem Produkt von „dm“, oder der in einer Schleife wiedergegebenen Inhaltsstoffe und der in roter Farbe abgesetzten Produktbezeichnung, die sich in der roten Farbe des Deckels wieder findet, bei dem Produkt von „Rossmann“ anders ausgestaltet bzw. mit anderen Ausstattungsmerkmalen kombiniert, woraus sich eine andere Gesamtanmutung ergibt. Entsprechendes gilt auch für das Produkt „Body Slim Vitalkost“ (Bl. 404), das schon aufgrund der ins Auge springenden Farbgebung Lila, aber auch des dreigeteilten Verpackungsaufbaus im Gesamteindruck erheblich abweicht.

In der Berufungsinstanz stützt sich die Beklagte zusätzlich auf die Produkte „Sunlife Diätdrink Blance“ (Bl. 469), „Nutrimexx Diätdrink“ und „Alsiroyal Fatburner Diät-Drink“ (Bl. 470 d.A.), bei denen sich schon auf den ersten Blick kaum Übereinstimmungen mit „Almased“ feststellen lassen. Das Produkt Produkt „Optisterol“ (Bl. 471d.A.) weist zwar zumindest hinsichtlich der Grundfarbe gelb und der grünen Produktbezeichnung mit roter Unterschrift gewisse Übereinstimmung mit dem Produkt der Klägerin auf, auch dieses wird jedoch erst seit Anfang des Jahres 2014 vertrieben und ist damit sogar erst zeitgleich mit dem erstinstanzlichen Urteil in den Markt eingeführt worden. Es ist schon deshalb nicht geeignet, der Ausstattung der „Almased“-Dose die Hinweisfunktion zugunsten der Klägerin zu nehmen.

cc.
Die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts kann schließlich aufgrund seiner hohen Bekanntheit gesteigert sein (BGH, GRUR 2012, 1155 = WRP 2012, 1379 Tz. 38 – Sandmalkasten; GRUR 2013, 951 = WRP 2013, 1189 Tz. 27 – Regalsystem; GRUR 2013, 1052 = WRP 2013, 1339 Tz. 25 – Einkaufswagen III).

Auch das Landgericht ist insoweit zutreffend von einer gesteigerten Bekanntheit infolge der unstreitigen Marktanteile und der intensiven Bewerbung des Produkts ausgegangen. „Almased“ wird seit mindestens zehn Jahren in kerngleicher Ausstattung vertrieben und ist mit großem Abstand Marktführer in dem Produktsegment der diätetischen Lebensmittel zu Mahlzeitenersatz mit einem Umsatz von 80 % in diesem Segment. Die Klägerin bewirbt das Produkt regelmäßig im Fernsehen mit verschiedenen Werbespots sowie in den Printmedien und hat in den letzten Jahren Millionenbeträge in dieser Werbung investiert. Der entsprechende, von der Beklagten im übrigen nicht bestrittene Vortrag zu Bekanntheit und Werbeaufwendungen wird bestätigt durch den als Anlage K 23 vorgelegten Artikel aus der Zeitung „Die Welt“ (Bl. 244 ff d.A.), in dem die Erfolgsgeschichte des Diätpulvers der Klägerin beschrieben wird. Diese Bekanntheit führt zu einer erheblichen Steigerung der originär durchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart, die dementsprechend im Ergebnis schon als hoch angesehen werden kann.

b.
Bei der Beurteilung der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit von Produkten ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den Original und Nachahmung bei ihrer bestimmungsgemäßen Benutzung dem Betrachter vermitteln (BGH, GRUR 2005, 600, 602 – Handtuchklemmen; GRUR 2007, 795 Tz. 32 – Handtaschen; GRUR 2009, 1069 Tz. 20 – Knoblauchwürste). Dabei ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die fraglichen Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung auf Grund eines Erinnerungseindrucks gewinnt. Dabei treten regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor, so dass es mehr auf die Übereinstimmungen als die Unterschiede ankommt (BGH, GRUR 2007, 795 Tz. 34 – Handtaschen; GRUR 2010, 80 Tz 41 – LIKEaBIKE; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4 Rn. 9.43).

Eine nahezu identische Übernahme ist gegeben, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist (BGH, GRUR 2000, 521, 524 – Modulgerüst I; GRUR 2010, 1125 Tz. 25 – Femur-Teil). Dabei kommt es darauf an, ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts begründen (BGH, GRUR 2010, 1125 Tz. 25 – Femur-Teil). Eine nachschaffende Übernahme liegt dagegen bereits vor, wenn die Nachahmung wiedererkennbare wesentliche Elemente des Originals aufweist und sich nicht deutlich davon absetzt. Geringfügige Abweichungen vom Original sind unerheblich, solange das Original als Vorbild erkennbar bleibt (vgl. BGH, GRUR 1992, 523, 524 – Betonsteinelemente; Senat, Urt. v. 18. 7. 2014 – 6 U 4/14; KG, GRUR-RR 2003, 84, 85 – Tatty Teddy; OLG Hamburg, MarkenR 2011, 275, 280 = juris Tz. 55; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4 Rn. 9.37).

Vorliegend bestehen zwischen den Produktaufmachungen von „Almased“ und „VITA-SED“ so deutliche Ähnlichkeiten in den prägenden Gestaltungsmerkmalen beider Produktaufmachungen, dass von einer nachschaffenden Leistungsübernahme durch die Beklagte bzw. Streithelferin auszugehen ist, in der das Original der Klägerin als Vorbild erkennbar bleibt und die Beklagte sich nicht hinreichend von diesem absetzt (vgl. zu diesem Kriterium Senat, a.a.O., juris Rn.18 m.w.N. – Knoppers).

Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Verbrauchers, der die in Rede stehenden Produktaufmachungen keiner analysierenden Betrachtung unterzieht und unmittelbar miteinander vergleicht, sondern auf Grund seines Erinnerungseindrucks in Beziehung setzt (vgl.Senat, a.a.O., Rn. 19 m.w.N.), lehnt sich die angegriffene Aufmachung der Beklagten bzw. Streithelferin an die Gesamtanmutung der „Almased“-Dose in einer Weise an, die über eine bloße Übernahme der gestalterischen Grundidee hinausgeht, die für sich genommen keinem Sonderschutz zugänglich wäre und deshalb auch nicht im Wege des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes für einen Wettbewerber monopolisiert werden darf (BGH, GRUR 2005, GRUR 2005, 166 [168] = WRP 2005, 88 – Puppenausstattungen; GRUR 2009, 1069 = WRP 2009, 1374 [Rn. 21] – Knoblauchwürste; Senat, WRP 2012, 1128 – „Die Blaue Couch“; Urteil vom 26.07.2013 – 6 U 28/13 – Pandas). Um eine solche Grundidee handelt es sich bei der Angabe der Inhaltsstoffe Soja, Joghurt und Honig auf der Verpackung, um auf wesentliche Zutaten des Produkts hinzuweisen. Dass auch die Streithelferin auf ihrer Produktverpackung die identischen drei Inhaltsstoffe nennt, kann insofern für sich genommen noch nicht den Vorwurf einer unlauteren Nachahmung begründen. Darin erschöpft sich die Ähnlichkeit der Produktaufmachungen der Parteien aber nicht.

Im Gesamteindruck nähert sich die Produktausstattung der Antragsgegnerin derjenigen des Originals vielmehr auch in Bezug auf die konkrete Umsetzung der gestalterischen Grundidee an, wobei gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sind, die die wettbewerbliche Eigenart des Produkts ausmachen, für das Schutz beansprucht wird (vgl. zu diesem Aspekt BGH, GRUR 2007, 795 = WRP 2007, 1076 [Rn. 32] – Handtaschen): So entsprechen sich die mittig platzierte stilisierte Wiedergabe der Inhaltsstoffe durch Kreise mit ineinander verweisenden Pfeilen in drei verschiedenen Farben, die insgesamt den Eindruck eines Dreiecks vermitteln, mag dieses bei „VITAL-SED“ auch etwas kompakter erscheinen. Es bestehen weitere Übereinstimmungen bei der Auswahl und Anordnung der zentralen Gestaltungsmittel: So hat das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass die Produktbezeichnung „VITA-SED“ ebenso wie „Almased“ aus drei Silben besteht, bei denen die zweite Silbe auf A endet und die dritte Silbe „SED“ mit der Produktbezeichnung der Klägerin identisch ist; es kann weder festgestellt werden, dass das Suffix „SED“ im relevanten Produktumfeld – wie von der Beklagten behauptet – „häufig“ verwendet wird, da sich dieser allein bei dem Produkt „Sedvital“ und dort vorangestellt und auch mit ansonsten abweichender Ausstattung wiederfindet, noch ist anzunehmen, dass dieser rein beschreibend ist, da dem Verkehr weder bekannt noch für den Verbraucher hinreichend erkennbar ist, dass die genannte Buchstabenfolge für „Soja Eiweiß Diät“ stehen soll. Hinzu kommt – neben einer einheitlichen Form und dem Material der Dose und ihres jeweils weißen Deckels – die ähnliche Hintergrundfarbe der Dose in den Grundfarben gelb/weiß, wobei bei der Klägerin die Farbe gelb dominiert, die nach oben hin heller wird, die sich in identischem Farbton aber im unteren und seitlichen Bereich der „VITA-SED“-Dose wiederfindet; soweit letztere auch in der Mitte und oben zu etwa 2/3 der Gesamtfläche in Weiß gehalten ist, handelt es sich nicht um eine Farbe, die – wie etwa eine Signalfarbe oder ein anderer bunter Farbton – deutlich von dem „Almased-Gelb“ abweicht. Hinzu kommt schließlich der einheitliche Aufbau der Verpackung mit der oben angebrachten Produktbezeichnung, den darunter befindlichen Angaben über Wirkungsweise und Anwendungsziele, dem Störeraufdruck und insbesondere der mittig platzierten Kennzeichnung der Inhaltsstoffe. Sämtliche Gestaltungsmittel von „VITA-SED“ führen zu einer insgesamt die Aufmachung des Originalerzeugnisses der Klägerin nachahmenden Gestaltung. Der Senat verkennt nicht, dass einige dieser Merkmale für sich genommen naheliegend oder sogar branchenüblich sein mögen und dass überdies bei fast jedem Einzelelement auch Unterschiede feststellbar sind: Die Farbe der Produktbezeichnung ist eine andere, bei „VITA-SED“ überwiegt Weiß als Grundfarbe, das „Dreieck“ der Inhaltsstoffe ist kompakter, die Pfeile verweisen jeweils in den anderen Kreis, die Dose der Beklagten enthält zudem die Angabe der Handelsmarke „Multinorm“ und das Foto einer brünetten Frau. Das letztgenannte Gestaltungselement, d.h. das Foto einer Werbefigur bzw. eines Webegesichts, ist als „Zutat“ ohnehin ein übliches Werbemittel, das im Streitfall auch im Hinblick darauf nicht zur hinreichenden Unterscheidung geeignet ist, dass auch die Klägerin in der Werbung für ihr Produkt das in hohem Maße ähnliche Werbegesicht einer brünetten Frau auftreten lässt. Dieses wird der Verbraucher daher nach dem maßgeblichen Erinnerungseindruck auch und gerade mit der Klägerin verbinden. Jedenfalls überwiegen in der Kombination aller Einzelmerkmale und im maßgeblichen Gesamteindruck die für eine nachschaffende Leistungsübernahme sprechenden Aspekte.

c.
Auch wenn bei einer lediglich nachschaffenden Übernahme die Anforderungen an die wettbewerbliche Eigenart und die sonstigen, die Unlauterkeit begründenden Merkmale höher sind als bei einer (fast) identischen Übernahme (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4 Rn. 9.36), führt die Gesamtabwägung vor dem Hintergrund der aufgrund einer hohen Bekanntheit gesteigerten wettbewerblichen Eigenart von „Almased“ gleichwohl zu dem Ergebnis, dass hier eine wettbewerblich unzulässige Nachahmung vorliegt.

aa.
Diese ist bereits unter dem Gesichtspunkt einer Herkunftstäuschung gemäß § 4 Nr. 9 a) UWG anzunehmen.

Unter den genannten Umständen wird ein erheblicher Anteil der angesprochenen Verbraucher die Produkte zwar wegen der unterschiedlichen Produktbezeichnungen „Almased“ und „VITA-SED“ nicht unmittelbar miteinander verwechseln. Aufgrund der einander angenäherten Ausstattungen der Verpackungsgestaltungen sowie der enormen Bekanntheit der „Almased“-Dose wird er jedoch wegen der vergleichbaren Gesamtaufmachung der „VITA-SED“ einer Fehlvorstellung darüber erliegen, dass es sich bei letzterem Diätdrink um eine Zweitmarke im Sinne einer Ausstattungsvariante der Klägerin handele, zumindest aber irrig annehmen, die Streithelferin stehe mit dem Hersteller von „Almased“ in lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen oder sonstigen organisatorischen Verbindungen. Die Preis- und Sortimentspolitik der Beklagten beruht auf dem Prinzip, Basisartikel des täglichen Bedarfs in aller Regel unter Eigenmarken zu günstigen Preisen zu vertreiben.

Die von der Streithelferin auf der Schauseite der Verpackung angebrachte Kennzeichnung „Multinorm“ vermag derartige betriebliche Herkunftstäuschungen im vorliegenden Fall nicht auszuschließen. Eine deutlich erkennbare (vgl. Köhler a.a.O. § 4 Rn. 9.44) bzw. auffällig angebrachte unterschiedliche Herstellerangabe spricht zwar grundsätzlich gegen eine Herkunftstäuschung auch im weiteren Sinne (vgl. BGH GRUR 2001, 251, 254 – Messerkennzeichnung; GRUR 2001, 443, 445 f. – Vienetta; GRUR 2009, 1069 Rn. 14, 16 – Knoblauchwürste). Bei „Multinorm“ handelt es sich jedoch unstreitig und dem Senat aus eigener Sachkunde bekannt um eine Handelsmarke der Beklagten, unter der sie verschiedene Produkte von verschiedenen Herstellern anbietet und vertreibt und die der Verkehr als solche kennt und erkennt.

bb.
edenfalls sind unabhängig von der Frage, ob eine vermeidbare Herkunftstäuschung vorliegt, auch die Voraussetzungen einer Rufausbeutung, also einer unangemessenen Ausnutzung der Wertschätzung des Produkts der Klägerin gemäß § 4 Nr. 9 b) 1. Var. UWG erfüllt.

Es liegt auf der Hand und bedarf mangels diesbezüglicher substantiierter Einwendungen der Beklagten und Streithelferin keiner näheren Begründung, dass der Ausstattung des von der Klägerin seit mindestens zehn Jahren erfolgreich vermarkteten Produkts „Almased“ neben hoher wettbewerblicher Eigenart eine durch die Werbeanstrengungen der Klägerin geförderte positive Gütevorstellung, also ein „guter Ruf“ zukommt.

Eine unlautere Rufausnutzung kann auch ohne Herkunftstäuschung der angesprochenen Verkehrskreise auf einer Anlehnung an eine fremde Leistung beruhen, sofern eine erkennbare Bezugnahme auf den Mitbewerber oder seine Produkte vorliegt. Die Frage, ob dadurch eine Gütevorstellung im Sinn des § 4 Nr. 9 b) UWG unangemessen ausgenutzt wird, ist jeweils im Wege einer Gesamtwürdigung zu beantworten, bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, zu berücksichtigen sind. Dabei kann grundsätzlich schon die Annäherung an die verkehrsbekannten Merkmale eines fremden Produkts als solche zu einer für die Annahme einer Rufausbeutung erforderlichen Übertragung der Gütevorstellung führen (BGH, GRUR 2010, 1125 Tz. 42 – Femur-Teil; GRUR 2013, 1052 Tz. 38 – Einkaufswagen III; Senat, GRUR-RR 2006, 278, 279 f. – Arbeitselement für Resektoskopie; GRUR-RR 2014, 65, 68 – Pandas).

§ 4 Nr. 9 b) UWG hat einen eigenständigen Anwendungsbereich in den Fällen, in denen eine Herkunftstäuschung (in der meist zugleich auch eine Rufausbeutung liegen würde) ausgeschlossen ist (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4 Rn. 9.53). Die zu dieser Vorschrift ergangene Rechtsprechung ist aber nicht so zu verstehen, dass unter bestimmten Voraussetzungen das Merkmal der Herkunftstäuschung ersatzlos entfallen kann; es müssen vielmehr andere Umstände hinzutreten, die geeignet sind, die Unlauterkeit der Nachahmung zu begründen. Andernfalls fehlt es an einer „unangemessenen“ Rufausbeutung (Senat, GRUR-RR 2014, 30, 33 – Küchenarmaturen; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 3. Aufl. 2013, § 4 Rn. 155; MünchKomm-UWG/Wiebe, 2. Aufl. 2014, § 4 Rn. 191 ff.).

Solche besonderen Umstände können vorliegen, wenn sich ein Wettbewerber ohne sachlichen Grund in so starkem Maß an die bekannte Aufmachung eines Konkurrenzprodukts anlehnt, dass er sich an das „Image“ des Originals „anhängt“ und auf diese Weise unlauter an der vom Anbieter des Konkurrenzprodukts durch eigene, unter Umständen intensive und langjährige Anstrengungen am Markt erworbenen Wertschätzung partizipiert (Senat, NJOZ 2010, 1130, 1131 – Der Eisbär hustet nicht; GRUR-RR 2014, 65, 68 – Pandas). Allerdings reicht es für eine Rufausbeutung nicht aus, wenn lediglich Assoziationen an ein fremdes Produkt und damit Aufmerksamkeit erweckt werden (BGH, GRUR 2005, 349, 353 – Klemmbausteine III; GRUR 2010, 1125 Tz. 42 – Femur-Teil; GRUR 2013, 1052 Tz. 38 – Einkaufswagen III; Senat, NJOZ 2010, 1130, 1131 – Der Eisbär hustet nicht; GRUR-RR 2014, 65, 68 – Pandas).

Der „guter Ruf“ des „Almased“-Produkts mit einem Marktanteil von 80 % ist auch das Resultat ganz erheblicher Werbeaufwendungen der Klägerin, die diese im Einzelnen in der Klageschrift dargelegt hat und die von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt bestritten worden sind. Diese Investitionen und die nicht zuletzt hierdurch geförderte Bekanntheit hat sich die Beklagte bzw. Streithelferin nach Lage der Dinge in unangemessener Weise zunutze gemacht, indem sie ihr bei einem Lebensmitteldiscounter platziertes Nachahmungsprodukt „VITA-SED“ in einer Weise ausgestattet hat, die trotz vorhandener Unterschiede in einzelnen Elementen im Gesamteindruck eine deutliche Anlehnung an das bekannte Original erkennen lässt und so bei den angesprochenen Verbrauchern zu einer durch die Produktbezeichnung und die Angabe der Handelsmarke nicht verhinderte Übertragung von Gütevorstellung entführt. Bei der gebotenen Gesamtabwägung fällt auch ins Gewicht, dass auf der Dose eine junge, schlanke und brünette Frau mit „Pferdeschwanz“ abgebildet ist, die ein Zwilling der „Almased-Frau“ in der Werbung für „Almased“ sein könnte, zu der die Klägerin – gestützt durch den bereits erwähnten Artikel aus der Zeitung „Die Welt“ – vorgetragen hat, dass diese für „Almased“ steht und im Verkehr als „Frau im gelben Bikini“ bekannt ist. Die Abbildung einer zum Verwechseln ähnlichen Frau nimmt erkennbar auf die Werbefigur der Klägerin und damit das Produkt „Almased“ Bezug. Dies kann nicht anders ausgelegt werden, als dass die angegriffene Ausstattung sich bewusst an die Gestaltung des Produkts der Klägerin angelehnt und den Bezug zu dieser besonders hergestellt hat. Die Streithelferin bzw. Beklagte ist ersichtlich bemüht, die Marktstellung, die die Antragstellerin erreicht hat, für ihr Produkt auszunutzen. Die Gründe, die die Streithelferin für die Auswahl und Abbildung der brünetten Frau angegeben hat, überzeugen nicht. Die Gesichter auf den anderen von ihr in die Schriftsätze eingeblendeten „Multinorm“-Produkten stellen einen anderen Frauentyp mit hellerer Haarfarbe dar. Im Übrigen belegen gerade die von der Beklagten bzw. Streithelferin angeführten Vergleichspackungen, dass diese sich planvoll an die klägerische Ausstattung annähern. Mit ihrem Anliegen, mit der beanstandeten Ausstattung tatsächlich ein „Corporate Design“ fortzuführen, steht es nicht im Einklang, dass die Produktbezeichnung nicht wie bisher einheitlich für alle Geschmacksrichtungen „Diät-Drink“, sondern für die Geschmacksrichtungen Vanille nunmehr „VITA-SED“ mit dem im zweiten Bestandteil mit der klägerischen Produktbezeichnung identischen Suffix „SED“ lautet.

2.
Die geltend gemachten Annexansprüche sind begründet aus §§ 242, 288, 291 BGB, 9 UWG, 12 Abs. 1 S 2 UWG. Einwendungen zu Grund und Höhe dieser Ansprüche haben die Beklagte und Streithelferhelferin nicht erhoben.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der zu entscheidende Sachverhalt ist im Wege der tatrichterlichen Anwendung gesetzlicher und höchstrichterlich geklärter Rechtsgrundsätze zu der unlauteren Nachahmung von Produktausstattungen an Hand individueller Einzelfallumstände zu beurteilen.

Vorinstanz:
LG Köln, Az. 81 O 92/13

I