OLG Köln: Ist die Nachahmung einer Idee unzulässig?

veröffentlicht am 17. September 2009

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Köln, Urteil vom 28.08.2009, Az. 6 U 225/08
§§ 2; 24; 97 Abs. 1 S. 1 UrhG, §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 9 a) und b) UWG

Das OLG Köln vertritt die Rechtsauffassung, dass ein Urheberrechtsschutz nur hinsichtlich einer konkreten Ausgestaltung des jeweiligen Werks (hier: einer elektronischen Lernhilfe) in Anspruch genommen werden kann. Für die Lernhilfen der Klägerin wurde ein urheberrechtlicher Schutz als Werke der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG oder als Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 abgelehnt. Im konkreten Fall stellten sich die angegriffenen Kontrollgeräte als freie Benutzung (§ 24 UrhG) dar. Die Funktionsweise der Geräte, welche die Beklagte für ihre Geräte übernommen habe, sei dagegen nicht schutzfähig. Im Übrigen wurde auch ein wettbewerbsrechtlicher Schutz wegen Nachahmung abgelehnt.

Ohne Erfolg mache die Klägerin geltend, ihre Idee sei als formaler und/oder inhaltlicher Teil des Werks zu schützen und als solcher unzulässig von der Beklagten übernommen worden. Eine Idee werde, so der Senat, nicht abstrakt geschützt. Schutz nach dem Urheberrechtsgesetzt genieße vielmehr lediglich das Werk, also eine konkrete Werkgestaltung mit einem konkreten Inhalt in ihrer individuellen Formgebung (vgl. BGH GRUR 1987, 704, 706 – Warenlexika). Dass die in dem Werk liegende persönliche geistige Schöpfung (vgl. § 2 Abs. 2 UrhG) auf einer Idee beruhe und diese Idee in dem Werk erkennbar sein könne, bedeute daher nicht, dass die Idee selbst geschützt wäre. In dem genannten vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall habe sich der Schutz daher auf die konkrete Auswahl, Einteilung und Anordnung des Materials bezogen. Soweit in dieser Entscheidung von der Schutzfähigkeit der Konzeption die Rede sei, ergebe sich hieraus nichts anderes. Aus dem Zusammenhang ergebe sich, dass der Bundesgerichtshof mit dem Begriff „Konzeption“ nicht die Idee, den Rechtsstand der Warenzeichen zu systematisieren, gemeint habe, sondern dass die geschützte „Konzeption“ in der konkreten Darstellung bestehe, die auf dieser Idee beruhe (und dort nahezu unverändert übernommen worden sei). Dieses Verständnis der Entscheidung werde dadurch bestätigt, dass bei einem Spiel nicht die Spielregel als solche geschützt werden könne, sondern allenfalls ihre Darstellung (vgl. BGH GRUR 1952, 51, 52 – Zahlenlotto), und eine Werbekonzeption (BGH GRUR 2000, 317, 318 – Werbefotos) und ein Sendeformat (BGH GRUR 2003, 876, 878 – Sendeformat) als solche keinen urheberrechtlichen Schutz genössen. Daraus folge, dass nicht die Idee einer Fehlerkontrolle mittels Kippschaltern bzw. beidseitig bedruckten Plättchen geschützt sei, obwohl diese eine erhebliche geistige Leistung darstelle. Geschützt sei diese Idee lediglich insoweit, wie sie in einer geistig wahrnehmbaren Formgestaltung verkörpert sei. In den Kontrollgeräten selbst lasse sich die von den Parteien gemeinsam genutzte Idee jedoch nicht erkennen; die Kontrollgeräte wichen vielmehr in ihrer Gestaltung, wie ausgeführt, so erheblich voneinander ab, dass eine unfreie Bearbeitung (§ 23 UrhG) nicht angenommen werden könne. Die von Prof. … in den von der Klägerin vorgelegten Rechtsgutachten vertretene Auffassung liefe dagegen darauf hinaus, der abstrakten Idee Urheberrechtsschutz zu verleihen. Dies zeige sich deutlich darin, dass er annehme, der Schutz einer Konzeption könne unabhängig von Abweichungen in der äußeren Gestalt verletzt werden (vgl. S. 21 des Gutachtens vom 22.06.2004 – Bl. 274). Das Werk im Sinne des Urhebergesetzes lasse sich jedoch nicht von seiner äußeren Gestalt trennen.

Die Klägerin könne ihr Begehren nicht auf §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 9 a) UWG stützen. Auch das Lauterkeitsrecht gewähre keinen Ideenschutz, sondern schütze nur das konkrete Leistungsergebnis. Zwar wiesen die Produkte der Klägerin eine erhebliche wettbewerbliche Eigenart auf. Die konkreten Ausgestaltungen wichen jedoch so erheblich voneinander ab, dass es bereits fraglich erscheine, ob die Beklagte die Produkte der Klägerin nachgeahmt habe. Jedenfalls erscheine eine Täuschung über die betriebliche Herkunft der Kontrollgeräte angesichts der dargestellten Unterschiede ausgeschlossen.

Für einen Anspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 9 b) UWG gälten ebenfalls die Bedenken, ob die Beklagte die konkreten Leistungsergebnisse nachgeahmt habe. Jedenfalls aber liege eine Ausnutzung der Wertschätzung der klägerischen Produkte nicht vor. Für einen Imagetransfer sei der Abstand zwischen den Produkten – wie ausgeführt – zu groß. Zudem sei nicht erkennbar, dass sich der gute Ruf der Produkte der Klägerin vorrangig auf die Kontrollgeräte beziehe. Diese könnten zwar Spaß am Lernen vermitteln, entscheidend sei aber der Inhalt der Aufgabenhefte, die jedoch deshalb nicht angegriffen worden seien, weil sie keine erkennbaren Übereinstimmungen enthielten.

Das OLG Köln ließ die Revision zu. Die Frage, ob und inwieweit bei der gegenständlichen Ausgestaltung einer Idee auch diese Idee selbst urheberrechtlichen Schutz genieße, sei in der Literatur umstritten und werde jeweils unter Berufung auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 900.000,00 EUR
Klage: 750.000,00 EUR; Widerklage: 150.000,00 EUR

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