OLG Köln: Zur Nachahmung / freien Bearbeitung eines Kamin-Designs

veröffentlicht am 7. Oktober 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Köln, Urteil vom 26.06.2009, Az. 6 U 199/08
§§ 2 Abs. 1 Nr. 4; 16; 17; 23; 31; 97 Abs. 1 UrhG

Das OLG Köln hat darauf hingewiesen, dass die gerichtlichen Anträge zur Ahndung der Nachahmung eines Kamin-Designs präzise zu formulieren sind. Es bestätigte die Zulässigkeit des Antrags, soweit er sich auf das Verbot der konkreten Verletzungsform bezog, wie er im Klageantrag mit der Einleitung „insbesondere“ – also beispielhaft – durch die eingeblendeten Abbildungen der Verletzermodelle zum Ausdruck gebracht worden sei. Den verbalisierten Teil des Unterlassungsbegehrens beanstandete der Senat indes. Die Fassung der dort angeführten „Kombinationsmerkmale“ sei in verschiedenen Punkten so weit, dass sie über das vom Schutzumfang des geschützten Kamins gedeckte berechtigte Unterlassungsverlangen der Klägerin hinausgingen. Insbesondere fehle es an einer hinreichenden Bestimmtheit dieses – letztlich subjektiven – Eindrucks im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn auf den visuellen Eindruck eines optisch im Raum „schwebenden“ Sichtfensters Bezug genommen werde. Dies führe unbotsmäßig zu einer Verlagerung der Entscheidung über den Verbotsumfang in das Vollstreckungsverfahren.

Nach der vom OLG Köln geteilten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, gegen die verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestünden (BVerfG, GRUR 2005, 410 – Laufendes Auge), unterliege die urheberrechtliche Schutzfähigkeit (§ 2 Abs. 2 UrhG) im Bereich der angewandten Kunst höheren Anforderungen als im Bereich der zweckfreien bildenden Kunst; sie erfordere, da sich schon die geschmacksmusterfähige Gestaltung von der nicht geschützten Durchschnitts­gestaltung abheben müsse, einen noch weiteren Abstand, das heiße ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung (vgl. nur BGH, GRUR 1995, 581 [582] – Silberdistel; BGHZ 138, 143 [147] = GRUR 1998, 30 – Les-Paul-Gitarren; GRUR 2004, 941 [942] – Metallbett). Der Urheberrechtsfähigkeit eines Einrichtungs- oder sonstigen Gebrauchsgegenstandes stehe sein praktischer Zweck freilich nicht entgegen; vielmehr komme es darauf an, ob sich in ihm auf Grund seines den Formensinn ansprechenden Gehalts eine Gestaltungshöhe offenbare, die es nach den im Leben herrschenden Anschauungen rechtfertige, von Kunst zu sprechen (vgl. BGH, GRUR 1987, 903 [904] – Le-Corbusier-Möbel). Maßgeblich seien die Anschauungen zur Zeit der ersten Formgestaltung, wobei es Sache des Anspruchsgegners sei, durch konkrete Entgegenhaltungen darzulegen, dass die Schutzfähigkeit nicht gegeben oder der Schutzumfang eingeschränkt sei, weil der Gestalter auf vorbekanntes Formengut zurückgegriffen habe (vgl. BGH, GRUR 1981, 820 [822] – Stahlrohrstuhl II; GRUR 2008, 984 [985] – St. Gottfried m.w.N.).

Die für die freie Benutzung eines älteren geschützten Werks erforderliche Selbständigkeit des neuen Werks setze dagegen voraus, dass dieses einen ausreichenden Abstand zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werks halte, was nur dann der Fall sei, wenn angesichts der Individualität und Eigenart des neuen Werks die Züge des benutzten Werks verblassen würden (BGHZ 122, 53 [60] = GRUR 1994, 206 – Alcolix; BGHZ 141, 267 [280] = GRUR 1999, 984 – Laras Tochter; BGHZ 154, 260 = GRUR 2003, 956 [958] = WRP 2003, 1235 – Gies-Adler; BGH, GRUR 2009, 403 [406] = WRP 2009, 308 – Metall auf Metall). So liege es hier aber nicht: Vielmehr übernehme das angegriffene Modell gerade die charakteristischen, den eigenpersönlichen Gehalt des geschützten Modells ausmachenden Elemente. (Die in der Vorderansicht auffällige Reduzierung auf Zylinder- und Rechteckform mit dem Kontrast von Zwei- und Dreidimensionalität und die ungewöhnlich große verglaste Vorderseite der Brennkammer mit der Anmutung eines einerseits sehr großen, andererseits leicht-schwebenden Flachbildschirms, durch den das brennende Feuer wie in einer medialen Darstellung in Szene gesetzt wird, fänden sich auch in dem geschützten Modell).

I