OLG München: Bei Urheberrechtsstreitigkeiten gilt nicht ohne weiteres der Grundsatz vom „Fliegenden Gerichtsstand“

veröffentlicht am 29. Juni 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG München, Beschluss vom 07.05.2009, Az. 31 AR 232/09
§ 97 UrhG, § 32 ZPO, § 2 NRWGeschmMRKonzVO

Das OLG München hat darauf hingewiesen, dass eine Berufung auf den Grundsatz des sogenannten „fliegenden Gerichtsstandes“ keineswegs ein Selbstgänger ist.
Die Klägerin, ein kartographischer Verlag mit Sitz im Bezirk des Amtsgerichts München, betrieb eine Internetseite, von der aus Stadtpläne u.ä. unentgeltlich aufgerufen werden konnten, wobei darauf hingewiesen wurde, dass die Nutzung solcher Kartographien nur gegen Entgelt gestattet sei. Sie begehrte von der Beklagten, die ihren Sitz im Zuständigkeitsbereich des AG Hagen hatte, Schadensersatz in Höhe von 1.050,00 EUR wegen Urheberrechtsverletzung infolge einer unberechtigten Verwendung einer Internet-Karthographie. Das angerufene AG München wies darauf hin, dass es an ausreichendem Vortrag zur bestimmungsgemäßen Aufrufbarkeit der Internetseite der Beklagten fehle. Nachdem hierauf kein Vortrag erfolgte, die Klägerin vielmehr lediglich einen entsprechenden Verweisungsantrag stellte, verwies es den Rechtsstreit an das für den Sitz der Beklagten für Urheberrechtsverletzungen örtlich zuständige Amtsgericht Bochum. Dieses lehnte die Übernahme ab. Das OLG München erklärte das AG München für unzuständig.

Bei Urheberrechtsverletzungen, so der Senat, sei Ort der Verletzungshandlung nicht der Ort, an dem die Lizenz einzuholen gewesen wäre, sondern der Ort, an dem die nur entgeltlich gestattete Handlung vorgenommen wird (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 32 Rn. 17). Das Amtsgericht München habe vor Verweisung durch rechtlichen Hinweis zu erkennen gegeben, dass es den Tatsachenvortrag zu den seine Zuständigkeit nach § 32 ZPO begründenden Umständen für nicht ausreichend halte, und dabei zutreffend nach der bestimmungsgemäßen Aufrufbarkeit der Internetseite der Beklagten gefragt. Auf die bestimmungsgemäße Aufrufbarkeit der Internetseite der Klägerin, zu der die Klägerin vorgetragen habe, kommt es im erörterten Zusammenhang nicht an.

In der neueren Rechtsprechung sei „ohnehin eine Tendenz zu beobachten, den ‚fliegenden Gerichtsstand der bestimmungsgemäßen Verbreitung‘, der als zu ausufernd empfunden wird, einzuschränken und zusätzlich einen gewissen Ortsbezug bzw. die bestimmungsgemäße Auswirkung des Verstoßes im betreffenden Gerichtsbezirk zu fordern (vgl. für das Wettbewerbsrecht BGH GRUR 2006, 513; OLG Bremen EWiR 2000, 651; zum Urheberrecht KG Berlin GRUR-RR 2002, 343; Danckwerts GRUR 2007, 104; vgl. jetzt auch Zöller/Vollkommer 27. Aufl. § 32 Rn. 17, anders noch Vorauflage). Es wird die Meinung vertreten, auf den konkreten Internetauftritt des Urheberrechtsverletzers abzustellen und zu prüfen, ob sich daraus Umstände ergeben, die für einen lokal begrenzten Auswirkungskreis der Internetseite sprechen (vgl. Danckwerts a.a.O.S. 107 m.w.N.).“ Für all das habe der Sachvortrag der Klägerin nichts hergegeben; es sei nicht einmal die bestimmungsgemäße Aufrufbarkeit der Internetseite der Beklagten im Bezirk des Amtsgerichts München vorgetragen worden. Bei dieser Sachlage habe das AG München seine Zuständigkeit durchaus verneinen können.

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