OLG München: Die falsche Behauptung, ein Unternehmen habe ein Werk unerlaubt kopiert, stellt eine schadensersatzpflichtige Kreditgefährdung dar

veröffentlicht am 7. März 2010

OLG MÜnchen, Urteil vom 26.06.2008, Az. 29 U 1537/08
§§ 823 Abs. 1; 824; 1004 Abs. 1 S. 2 BGB

Das OLG München hat entschieden, dass die nicht den Tatsachen entsprechende Behauptung, die Videofilmproduktion eines Dritten stelle eine (teilweise) Kopie einer eigenen Produktion dar, einen schadensersatzpflichtigen Eingriff wegen Kreditgefährdung darstellen kann.

Der Klägerin stehe in entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Kreditgefährdung (§ 824 BGB) ein Anspruch auf Unterlassung der Behauptung zu, sie habe zwei Teilabschnitte aus dem Film der Beklagten herauskopiert und an den Beginn des Films für die … AG gesetzt. Bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen unwahrer Tatsachenbehauptungen gehe § 824 BGB entsprechenden Ansprüchen aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor (vgl. BGH NJW 2006, 830 – Kirch/Deutsche Bank Tz. 93 f.). Gemäß § 824 Abs. 1 BGB sei zum Schadensersatz verpflichtet, wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behaupte oder verbreite, die geeignet sei, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen. In entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehe bei Vorliegen von Wiederholungsgefahr nicht nur ein Schadensersatz-, sondern auch ein Unterlassungsanspruch (vgl. BGH GRUR 1994, 915 [918] – Börsenjournalist; Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2004, § 824 Rz. 54 m. w. N.).

Es handele sich nicht nur um eine Meinungsäußerung, sondern um eine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung:  Die angegriffene Aussage beziehe sich ausschließlich auf Handlungen, die die Klägerin vorgenommen haben solle, und sei deshalb von einem objektiven Bezug zur Wirklichkeit geprägt; ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit könne gegebenenfalls durch Beweisaufnahme festgestellt werden. Der Begriff des Herauskopierens werde von den vom Internetauftritt der Beklagten angesprochenen Kreisen – dem allgemeinen Wortsinn entsprechend – als identische Übernahme verstanden. Das bloße Verwenden von Ausgangsmaterial, das zwar im Zusammenhang mit dem Film der Beklagten hergestellt worden sei, in diesen aber keinen Eingang gefunden habe, werde vom Sinngehalt dieses Begriffs nicht erfasst; die identische Übernahme eines bereits bestehenden Filmabschnitts und das eigenständige Zusammenstellen ähnlicher Szenen zu einem neuen Filmabschnitt unterschieden sich sowohl im Handlungsablauf als auch in der damit verbundenen Vorwerfbarkeit in einem solchen Maße, dass die angegriffene Äußerung von einem verständigen Adressaten nicht in dem zweitgenannten Sinn verstanden werde. Die Aussage erschöpfe sich mithin in der Behauptung eines bestimmten Vorgangs und ist deshalb mangels eigenen Wertungsgehalts ausschließlich Tatsachenbehauptung.

Die angegriffene Behauptung sei kreditgefährdend i. S. d. § 824 Abs. 1 BGB, weil sie geeignet sei, Nachteile für deren Erwerbstätigkeit herbeizuführen. Sie erwecke den Eindruck, die Klägerin nehme ungenehmigte Zweitverwertungen vor, und könne dadurch das Vertrauen in deren Zuverlässigkeit erschüttern.

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