OLG Nürnberg: Bewerbung der E-Zigarette „Clever Smoke“ mit der Aussage „die gesündere Art zu rauchen“ ist wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden

veröffentlicht am 20. Dezember 2013

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Nürnberg, Urteil vom 28.05.2013, Az. 3 U 2161/12 – rechtskräftig
§ 3 UWG, § 5 UWG, § 5a UWG, § 8 UWG

Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass die Bewerbung der E-Zigarette „Clever Smoke“ mit der Aussage, die E-Zigarette sei die „gesündere Art zu rauchen“ und eine „geniale Alternative für den vollen Rauchgenuss“, wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte beanstandet, dass das Produkt Alkohol enthalte, so dass der Hersteller die E-Zigarette nicht schwangeren Frauen, entwöhnten Alkoholikern oder bestimmten Personen mit Atemwegserkrankungen empfahl. Der Senat vertrat die Rechtsansicht, dass aus Sicht des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers die Werbung weder in Einzelheiten noch in der Gesamtschau den Eindruck vermittle, dass das „Rauchen“ einer E-Zigarette gesundheitlich völlig unbedenklich sei. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Nürnberg

Urteil

In dem Rechtsstreit

erlässt das Oberlandesgericht Nümberg -3. Zivilsenat- durch … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2013 folgendes Endurteil:

I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Am­berg vom 15.10.2012 abgeändert.

II.
Die Klage wird abgewiesen.

III.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beklagte hat in einem Werbeblatt für die Zeit vom 02.02.2012 bis 04.02.2012 für eine sog. E-Zigarette mit folgender Anzeige geworben:

[Abb.]

Der Kläger sieht hierin einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot der §§ 5, 5a UWG.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen nimmt der Senat im Übrigen auf das angefochtene Urteil Bezug (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) .

Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Die streitgegenständliche Werbung erwecke für den durchschnittlichen Verbraucher den Eindruck, dass das Produkt gesundheitlich völlig unbedenklich sei. Erst nach dem Kauf könne durch das Studieren der Anleitung festgestellt werden, dass für bestimmte Zielgruppen Risiken bestünden.

Gegen dieses Urteil wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung des Sachvortrages die Be­klagte, die mit ihrer Berufung Klageabweisung begehrt.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.

II.

1.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, weil dem Kläger ein Unterlassungsan­spruch gemäß §§ 3, 5, 5a, 8 UWG nicht zusteht.

a)
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung, wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung u.a..

Vorliegend wird in der streitgegenständlichen Werbung neben dem Preisvorteil für den Raucher darauf hingewiesen, dass die E-Zigarette kein Nikotin und Teer enthalte und es sich deshalb um die „gesündere Art zu rauchen“ handele. Aus der Sicht des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers wird durch die vorliegende Werbung weder in Einzelheiten noch in der Gesamtschau der Eindruck erweckt, dass das „Rauchen“ einer E-Zigarette gesundheitlich völlig unbedenklich sei. Dies kann weder aus der oben genannten Aussage, noch daraus entnommen werden, dass die Aromen auf Unbedenklichkeit geprüft seien.

b)
Eine Irreführung liegt auch nicht darin, dass darauf hingewiesen wird, dass die Aromen auf Un­bedenklichkeit geprüft wurden. Denn dies ist tatsächlich geschehen, wie sich aus dem Sachverständigengutachten der … vom 02.12.2011 ergibt (Anlage K3). Inhaltliche Mängel dieses Gutachtens werden nicht geltend gemacht.

c)
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen § 5 a UWG vor, weil erst in der Bedienungsanleitung für bestimmte Personengruppen die Konsultation eines Arztes empfohlen wird.

Es handelt sich hierbei um Personen, bei denen der in den Aromakapseln enthaltene Alkohol zu Schädigungen führen kann (Schwangere, trockene Alkoholiker), um solche, die auf Propylenglykol (verantwortlich für die Nebelbildung) allergisch reagieren und um solche, die Atemwegs-, Gefäß-, oder Herzkreislauferkrankungen haben.

Denn der Verkehr erwartet nicht ohne weiteres die Offenlegung aller – auch wenig vorteilhafter ­Eigenschaften einer Ware (BGH, NJW 1996, 3078 – Fertiglesebrille). Zum einen wird vorliegend, wenn auch erst in der Bedienungsanleitung, ja auf die denkbaren Risiken für bestimmte Perso­nengruppen hingewiesen. Zum anderen handelt es sich um Hinweise an ganz bestimmte einzel­ner Personengruppen, bei denen aufgrund der Funktionsweise der E-Zigarette eine Gefährdung zumindest nicht ausgeschlossen werden kann.

Weil – wie oben festgestellt – der Eindruck der völligen gesundheitlichen Unbedenklichkeit gerade nicht erweckt wird, führen diese Angaben erst im Packungsinhalt auch nicht zu einer Irreführung des Verbrauchers.

2.
Kosten: § 91 ZPO.

3.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. 10, § 711, § 713 ZPO.

4.
Die Voraussetzungen tür die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

I