OLG Nürnberg: Werbung mit „Oberpfälzer Bierkönigin“ nicht unlauter, auch wenn nur eine Brauerei repräsentiert wird

veröffentlicht am 1. August 2011

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Nürnberg, Urteil vom 07.06.2011, Az. 3 U 2521/10
§§ 3 Abs. 1 und 3, 4 Nr. 1, 4 Nr. 10, 4 Nr. 3, 6 Abs. 2 Nr. 5, 5 Abs. 1 Satz 2 UWG

Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass eine von einer Brauerei gewählte „Bierkönigin“ als „Oberpfälzer Bierkönigin“ bezeichnet werden darf, auch wenn sie nur besagte Brauerei repräsentiert. Es liege keine unlautere Werbung vor, auch wenn die Vorstellung des Verbrauchers durch die regionale Bezeichnung fehlgeleitet werden könne. Dies allein reiche jedoch nicht aus, um die angegriffene geschäftliche Handlung der Beklagten unzulässig zu machen. Es gebe keine Grundlage für eine fehlende Lauterkeit: Es handele sich nicht um eine Werbung mit einem Gütezeichen o.ä., welche eine Genehmigung erfordere; eine Behinderungabsicht oder ein unsachlicher Einfluss könne nicht festgestellt werden; eine Irreführung über das Unternehmen des Werbenden liege ebenfalls nicht vor, ebensowenig wie eine herabsetzende vergleichende Werbung. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Nürnberg

Urteil

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung

erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg -3. Zivilsenat- durch … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2011 folgendes Endurteil

I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 30.11.2010, Az. 1 HKO 1424/10 abgeändert.

II.
Die Klage wird abgewiesen.

III.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Beide Parteien betreiben Brauereien mit Sitz in der Oberpfalz Die Beklagte führt jährlich die Wahl einer Oberpfälzer Bierkönigin samt -prinzessinnen durch, so auch im Mai 2010 für das Jahr 2010/2011. Die gewählten Damen werden von der Beklagten eingekleidet und treten dann in der aus der folgenden Kopie (Anlage K 10) ersichtlichen Art und Weise mit jeweils aktualisierten Jahreszahlen auf ihren Schärpen auf.

Kopie Anlage K 10

Auf Ihrer Website (Anlage K 11) präsentierte die Beklagte die für 20101/2011 neu gewählte Königin samt Prinzessinnen zusammen mit ihrem Prokuristen unter der Überschrift „Oberpfälzer Bierkönigin“. Darunter heißt es :

„B. präsentierte beim Jubiläumsfest ein neues Hoheitstrio“.

Die Bierkönigin samt -prinzessinnen werden von der Beklagten anderen Brauereien nicht zur Verfügung gestellt; dies wurde der Klägerin auf eine Anfrage hin im Mai 2010 mitgeteilt.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe noch im Jahr 2008/2009 ihre Bierkönigin als „Bierkönigin der Brauerei B.“ bezeichnet. Wenn sie nun die neu bestellte Königin als „Oberpfälzer Bierkönigin“ bezeichne, sei das Verhalten der Beklagten aus mehreren Gründen unlauter nach den Bestimmungen des UWG einzustufen:

Es liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 UWG vor, da das Handeln der Klägerin Interessen von Mitbewerbern spürbar beeinträchtige.

Der Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen werde von der Beklagten verschleiert (§ 4 Nr. 3 UWG).

Die Beklagte behindere auch ihre Mitbewerber, weil sie eine freihaltebedürftige Kennzeichnung verwende.

Sie führe den Verbraucher irre im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG, da dieser denke, die gewählte Königin samt Prinzessinnen stehe für die gesamten Oberpfälzer Brauereien. Die Beklagte betreibe so auch eine herabsetzende vergleichende Werbung nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG gegenüber den restlichen Oberpfälzer Brauereien.

Die Beklagte argumentiert dagegen, dass sie mit dem auf der Schärpe vorhandenen Zusatz „B…. das Bier, das uns zu Freunden macht“, hinreichend deutlich mache, dass die gewählten Damen erkennbar als Repräsentantinnen ausschließlich der Brauerei B. und deren Biere aufträten. Die von der Klägerin genannten Tatbestände des UWG seien deswegen nicht erfüllt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in erster Instanz gewählten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Klägerin hat in erster Instanz folgenden Antrag gestellt:

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, Personen, deren Aufgabe es ist, ausschließlich die Unternehmen B. und/oder K. und/oder ausschließlich die von diesen Unternehmen erzeugten Biere zu repräsentieren, nicht aber für alle Brauereien der Oberpfalz und deren Biere zu werben, bei geschäftlichen Handlungen als „Die Oberpfälzer Bierkönigin“ oder „Die Oberpfälzer Bierprinzessin“ oder „Die Oberpfälzer Bierprinzessinnen“ zu bezeichnen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Erstgericht hat dem Klageantrag stattgegeben, da die Beklagte sich unlauter nach § 3 Abs. 1 UWG verhalte. Aufgrund des konkreten Auftritts der drei Damen nehme der Verbraucher an, dass die Beklagte zwar Hauptsponsor für die Wahl der Oberpfälzer Bierkönigin samt Prinzessinnen sei, dass jedoch die gewählte Königin samt Prinzessinnen alle Oberpfälzer Brauereien repräsentieren würden.

Die Beklagte maße sich eine Aufwertung ihrer Werbeträgerinnen an, die einem Gütezeichen oder Qualitätskennzeichen i. S. v. § 3 Abs. 3 Anfang Ziff. 2 UWG mit dem Tatbestandsmerkmal „o. ä.“ gleichstehe, ohne eine Genehmigung des Bezirks oder eines entsprechenden Verbandes zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Ersturteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und beantragt:

1. Das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 30.11.2010 (Az. 1 HKO 1424/10) in der Fassung der Verfügung vom 30.11.2010 und des Beschlusses vom 29.12.2010 wird abgeändert.
2. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung der beiderseits gestellten Anträge wiederholen und vertiefen die Parteien ihren beiderseitigen Sach- und Rechtsvortrag.

II.
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Denn die von der Klägerin durch die Anlagen K 10 und K 11 dokumentierten Verletzungshandlungen stellen keine unlauteren geschäftlichen Handlungen nach den Bestimmungen des UWG dar.

1.
Vor einer Subsumtion dieser Verletzungshandlungen unter die von der Klägerin aufgeführten Bestimmungen des UWG ist zunächst zu klären, welchen Personenkreis die Klägerin mit ihrer Werbung ansprechen will und ob dieser den Auftritt der Bierkönigin samt Prinzessinnen tatsächlich so interpretiert wie die Klägerin und ihr folgend das Erstgericht.

a)
Angesprochen wird hier der Endverbraucher, der die Produkte der Brauerei B. konsumieren soll. Ein anderer Adressatenkreis ist auch aus dem Sachvortrag der Klägerin nicht ersichtlich.

b)
Der Senat teilt den Ausgangspunkt des Erstgerichts und der Klägerin, dass die Beklagte nach den von der Klägerin vorgelegten Anlagen K 10 und K 11 nicht hinreichend klarstellt, dass die Wahl einer Oberpfälzer Bierkönigin samt Prinzessinnen allein in ihrem Interesse erfolgt, um die gewählten Personen ausschließlich für die eigene Werbung einzusetzen. Denn sowohl durch die Aufmachung der aus der Anlage K 10 ersichtlichen Schärpe als auch der hervorgerufenen Überschrift im Internetauftritt K 11 werden die Worte „Oberpfälzer Bierkönigin“ deutlich heraus gestellt. Zwar wird sowohl auf der Schärpe als auch im Internetauftritt stets ein Bezug zur Beklagten hergestellt. Das Erstgericht hat jedoch zutreffend insbesondere durch die Bezugnahme auf die konkrete Ausgestaltung der Schärpe begründet, warum dieser Bezug nicht ausreicht, um klarzustellen, dass die Beklagte hier nicht nur als Sponsor einer Oberpfälzer Bierkönigin und ihrer Prinzessinnen auftreten will, sondern diese ausschließlich für eigene Werbezwecke hat wählen lassen und dementsprechend auch nur zu diesem Zweck einsetzt. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Ausführungen im Ersturteil auf Seite 5 und Seite 6 oben (Bl. 97, 98 d. A.) Bezug genommen.

Durch diese ausschließlich von der Beklagten selbst gestalteten Anlagen K 10 und K 11 wird auch das Argument der Beklagten widerlegt, dass allein die Presse die verkürzte Bezeichnung einer „Oberpfälzer Bierkönigin“ gebrauche.

Auch die Versuche der Beklagten, diesen Eindruck durch andere Werbeträger, wie z. B. ihre Autogrammkarten (Anlage B 4) zu korrigieren, vermag den Eindruck, den die genannten Anlagen K 10 und K 11 hervorgerufen haben, nicht zu beseitigen, da der Verbraucher diese nicht immer gleichzeitig nebeneinander sieht.

2.
Dieses von der Beklagten hervorgerufene fehlgeleitete Verbraucherverständnis allein reicht jedoch nicht aus, um die angegriffene geschäftliche Handlung der Beklagten unzulässig zu machen, da zusätzlich die hier fehlende Unlauterkeit des angegriffenen Verhaltens erforderlich wäre.

a)
Verstoß gegen § 3 Abs. 1, 3 UWG i.V.m. Nr. 2 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG:

Die Beklagte verwendet nicht ein Gütezeichen oder ein Qualifikationskennzeichen ohne die erforderliche Genehmigung.

(1)
Eine direkte Anwendung dieser Bestimmung scheidet bereits deshalb aus, weil sie nur unternehmens- oder produktbezogene Angaben erfasst und dies auf die streitgegenständlichen Bezeichnungen nicht zutrifft. Ausgehend von dem unter 1. dargelegten Verbraucherverständnis enthalten die Titel „Oberpfälzer Bierkönigin“ und „Oberpfälzer Bierprinzessin“ keinen Hinweis auf Unternehmen oder Produkte der Beklagten.

(2)
Auch die vom Erstgericht vorgenommene analoge Anwendung dieser Bestimmung kommt nach Auffassung des Senates nicht in Betracht. Das Auftreten der vorgenannten „Hoheiten“ wird nämlich vom Verbraucher nicht als Hinweis auf die Qualität der beworbenen Biere verstanden.

(3)
Darüber hinaus kann auch nicht von einem Genehmigungserfordernis ausgegangen werden. Die Klägerin hat die von ihr behauptete Unlauterkeit in erster Instanz nie auf die fehlende Genehmigung gestützt. Selbst wenn in der Berufungsinstanz davon auszugehen ist, dass die Klägerin dieses rechtliche Argument des Erstgerichts aufgegriffen hat, so hat sie jedoch auch in der zweiter Instanz nicht dargelegt, warum und nach welchen Vorschriften eine solche Genehmigung des Bezirkes oder eines Verbandes überhaupt erforderlich sei.

(4)
Im Übrigen wäre ein solcher Verstoß auch nicht streitgegenständlich. Der Klageantrag wird, wie soeben dargelegt, nicht mit einer Verletzungshandlung bedingt durch eine fehlende Genehmigung begründet. Vielmehr stört sich die Klägerin allein daran, dass die Oberpfälzer Bierkönigin samt Prinzessinnen nicht von allen Oberpfälzer Brauereien zu Werbezwecken eingesetzt werden darf. Insoweit ist die vom Erstgericht angenommene fehlende Genehmigung für die Klägerin offensichtlich bedeutungslos.

b)
Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG:

Aus dem Hervorrufen eines Irrtums kann bei dem angesprochenen Verkehrsverständnis entgegen der Auffassung des Landgerichts auch kein Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG hergeleitet werden. Nach dieser Bestimmung ist eine geschäftliche Handlung dann unlauter, wenn sie über das Vorliegen einer Werbung täuscht, insbesondere wenn ihr der Anschein von Neutralität und Objektivität gegeben wird (vgl. auch Piper/Sosnitza, UWG, 5. A., § 3 RN 3/3). Dies ist bei den von der Klägerin gerügten Verletzungshandlungen jedoch nicht der Fall. Zwar mag der angesprochene Verbraucher glauben, dass Bierkönig und -prinzessinnen von einer neutralen Stelle gekürt worden sind. Dies ändert jedoch nicht daran, dass deren Auftritt bei Veranstaltungen der Beklagten und deren Internetpräsentation durch die Beklagte offensichtlich der Werbung für die Beklagte und ihre Produkte dient.

c)
Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG:

Im Ergebnis zutreffend hat das Erstgericht einen Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG verneint. Zwar setzt die Verwirklichung diese Tatbestandes nicht zwingend das Vorliegen einer Behinderungsabsicht voraus (vgl. auch BGH GRUR 2007, 800, 802 Rn. 22 – „Außendienstmitarbeiter“). Es fehlt hier jedoch bereits an den erforderlichen objektiven Unlauterkeitskriterien. Sie liegen bei nachteiligen Auswirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen vor, wenn diese auf einem nicht marktkonformen Verhalten beruhen (s. Piper/Ohly, aaO, § 4 RN. 10/10). Die Tatsache, dass die mit der Wahl und dem jeweiligen Einsatz der Bierkönigin verbundenen Werbemaßnahmen Erfolg für die Beklagte haben, ist aber nicht unlauter, sondern durch den Grundsatz des freien Wettbewerbs geschützt und als marktkonformes Verhalten anzusehen.

Die Klägerin kann sich insbesondere nicht auf eine Monopolisierung der streitgegenständlichen Begriffe durch die Beklagte berufen. Dies hat nämlich weder versucht, an ihnen markenrechtliche Schutzrechte zu erlangen noch hat sie andere Aktivitäten unternommen, um die Inthronisation weiterer Bierköniginnen durch die Klägerin oder eine andere Brauerei zu verhindern. Soweit sich die Beklagte weigert, die „Oberpfälzer Bierkönigin, -prinzessinnen“ anderen Brauereien zur Verfügung zu stellen, findet dies seine sachliche Rechtfertigung darin, dass die Aufwendungen für die Werbeidee, die hinter der Wahl und der Vermarktung der Bierkönigin steht, ausschließlich von ihr getragen werden. Zudem wäre die Klägerin ihrerseits nicht gehindert, eine eigene „Oberpfälzer Bierkönigin“ zu wählen.

d)
Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG:

Diese Bestimmung schützt die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers vor unangemessenem unsachlichem Einfluss. Eine derartige Einflussnahme kann dann bejaht werden, wenn die Einwirkung auf den Kunden so nachhaltig ist, dass dieser bei Anlegung eines objektiven Maßstabes nicht mehr imstande ist, Vor- und Nachteile eines Angebotes kritisch zu würdigen, mit anderen Worten die Rationalität der Verbraucherentscheidung völlig in den Hintergrund tritt (Piper/ Sosnitza, aaO, § 4 RN. 1/12).

Bei Heranziehung dieser Kriterien ist ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG nicht gegeben. Denn der angesprochene Kunde wird die Werbung allenfalls so verstehen, dass die für das Gebiet der Oberpfalz gewählte Bierkönigin für die Beklagte und ihre Produkte Werbung betreibt. Er wird dies aber mit der Vorstellung verbinden, dass diese das in gleicher Weise für andere Brauereien tut. Wäre es anders, d. h. würde er die Bierkönigin nur der Beklagten zuordnen, würde es von vorneherein an einer wettbewerbsrechtlich relevanten Täuschung fehlen.

Wenn der Verbraucher jedoch die Werbung im erstgenannten Sinne versteht, liegt allenfalls eine Aufmerksamkeitswerbung zur Steigerung des Bekanntheitsgrades der Beklagten vor, weil es an einer konkreten Einflussnahme auf die Nachfrageentscheidung fehlt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Sponsorings oder eines Pseudo-Sponsorings. Soweit in diesem Zusammenhang von der Klägerin in der Berufungserwiderung auf das Auswahlverfahren der „Bierhoheiten“ zurückgegriffen wird, ist festzuhalten, dass das Wahlverfahren nicht streitgegenständlich ist, da die Klage nur auf die Unterlassung der Verwendung der konkreten Bezeichnung der Titel gerichtet ist.

Im Übrigen setzt unlauteres Sponsoring voraus, dass ein Unternehmen (Sponsor) einem Dritten finanzielle Unterstützung gewährt, um von diesem bei Veranstaltungen oder in den Medien genannt zu werden, ohne dass die gewährte Unterstützung nach außen hin transparent wird. Dies ist hier nicht der Fall, da die Bierkönigin auf Veranstaltungen der Beklagten unter Verwendung von sichtbaren Hinweisen auf die Beklagte auftritt. Damit ist für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar, dass es sich um eine von der Beklagten geförderte Werbemaßnahme handelt.

e)
Verstoß gegen § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG:

Auch gegen diese Bestimmung verstößt das Verhalten der Beklagten nicht. Die Vorschrift erfasst eine Irreführung über das Unternehmen des Werbenden, wobei sich verschiedene Fallgruppen einer unternehmensbezogenen Irreführung unterscheiden lassen (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm, UWG, 29. A., § 5 RN. 5.2), die hier jedoch alle nicht in Betracht kommen. Weder liegt eine irreführende Unternehmensbezeichnung vor noch wird über Eigenschaften der Beklagten (z. B. Alter, Größe und Bedeutung) getäuscht. Auch ein Irrtum über die Befähigung und die Qualifikation der Mitarbeiter der Beklagten wird durch die bloße Verleihung des Titels nicht erregt.

f)
Verstoß gegen § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG:

Die Beklagte betreibt keine herabsetzende vergleichende Werbung. Auch hier ist wieder auf die Sicht des angesprochenen Verbrauchers abzustellen. Die Klägerin konnte nicht darlegen, dass der Verbraucher durch den Auftritt von Bierkönigin samt Prinzessinnen bei der Veranstaltung einer Brauerei oder für eine Brauerei davon ausgeht, dass dadurch die Produkte anderer Brauereien als minderwertiger dargestellt werden sollen.

g)
Verstoß gegen § 3 Abs. 1 UWG:

Schließlich ergibt sich die Unlauterkeit auch nicht aus § 3 Abs. 1 UWG.

(1)
Ein zulässiger Rückgriff auf diese generalklauselartige Bestimmung ist nur in eingeschränktem Umfang möglich, insbesondere dann wenn eine neuartige geschäftliche Handlung vorliegt, für die sich aus den Beispielstatbeständen der §§ 4 – 6 UWG keine Bewertungsmaßstäbe ableiten lassen oder wenn diese Tatbestände keine umfassende Beurteilung der Interessen aller Marktteilnehmer ermöglichen (s. Köhler/Bornkamm, aaO, § 3 RN. 65b m. w. Nwn.). Diese Voraussetzung ist nach Auffassung des Senats hier nicht gegeben, da sowohl § 4 Nr. 1 UWG als auch § 4 Nr. 3 UWG vorrangige Spezialregelungen enthalten, auch wenn deren Tatbestände vorliegend nicht verwirklicht sind.

(2)
Darüber hinaus setzt ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 UWG voraus, dass eine Handlung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen von Marktteilnehmern geeignet ist. Auch an dieser Relevanz fehlt es hier. Auch wenn, wie oben unter 1. a) dargelegt, der Verbraucher davon ausgeht, dass die ihm präsentierte Königin samt Prinzessinnen ein Werbeträger für alle Oberpfälzer und nicht nur eine Brauerei sein soll, führt dies allein nicht zu einer erheblichen Täuschung. Schließlich ordnet der Verbraucher Wahl und Auftritt der Königin und Prinzessinnen als gelungenen Werbegag ein, der – so der eigene Sachvortrag der Klägerin – inzwischen von vielen anderen Brauereien ebenfalls praktiziert wird; man denke nur an die neu gewählte „Bayerische Bierkönigin“.

Die Entscheidung des Verbrauchers, eine Veranstaltung der Beklagten mit dortigem Konsum zu besuchen, bzw. Produkte der Beklagten zu erwerben, wird von dieser Vorstellung, alle Oberpfälzer Brauereien würden von dieser Bierkönigin repräsentiert, nicht beeinflusst. Es ist für den Verbraucher bei seiner Entscheidung, Bier der Beklagten zu konsumieren oder eine ihrer Veranstaltungen zu besuchen, unerheblich, ob ihm ein ausschließlich für Werbezwecke der Beklagten oder auch für andere Brauereien eingesetzter Werbeträger entgegentritt.

Denn es ist für den Verbraucher auf jeden Fall klar erkennbar, dass die ihm präsentierte Oberpfälzer Bierkönigin samt Prinzessinnen von jemand bestellt worden ist, der ein erkennbares Absatzinteresse am Bier hat. Der Verbraucher weiß, dass die Wahl der Bierkönigin eng mit Absatzinteressen von Brauereien verbunden ist. Wie stark die Interessen und Einflussnahme der einzelnen Brauereien an der Wahl und dem tatsächlichen Einsatz der gewählten Personen sind, ist für die Kaufentscheidung des Verbrauchers bedeutungslos.

Auf die Berufung der Beklagten war somit das Endurteil des Landgerichts Regensburg abzuändern und die Klage abzuweisen.

3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO). Die Voraussetzung für die Zulassung einer Revision (§ 543 ZPO) sind nicht erfüllt.

4.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 3 ZPO. Entgegen dem Vorbringen im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 31.05.2011 war eine Anhebung des vom Erstgericht für angemessen erachteten Streitwertes nicht veranlasst.

Maßgeblich für die Bemessung ist ausschließlich das wirtschaftliche Klägerinteresse an der Anspruchsverwirklichung (s. BGH GRUR 1990, 1052.1053 – Streitwertbemessung), wobei den Parteiangaben indizielle Bedeutung zukommt (vgl. OLG München WRP 2008, 972, 976). Allerdings obliegt es dabei dem erkennenden Gericht, im Rahmen seiner Ermessensausübung zu überprüfen, ob sich die Wertangaben in objektiv vertretbaren Grenzen gehalten haben. Bei Betrachtung der Gefährlichkeit der zu unterbindenden Handlung („Angriffsfaktor“) anhand des der Klägerin drohenden Schadens erscheint der angegebene Wert von 20.000 Euro sachgerecht.

Vorinstanz:
LG Regensburg, Az. 1 HK O 1424/10

Die Entscheidung findet sich auch bei openjur.de (hier).

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