OVG NRW: Gesundheitsministerium darf nicht vor E-Zigaretten warnen

veröffentlicht am 24. April 2012

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOVG NRW, Beschluss vom 23.04.2012, Az. 13 B 127/12
§ 3 Nr. 1 MPG

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium nicht vor E-Zigaretten warnen darf. Dies ist allerdings weniger darauf zurückzuführen, das E-Zigaretten gesundheitlich unbedenklich sind, als vielmehr darauf, dass E-Zigaretten nicht, wie vom Gesundheitsministerium behauptet, Arzneimittel seien. Das Gesundheitsministerium hatte E-Zigaretten als Arzneimittel angesehen, die nicht zugelassen seien und der Handel mit nicht als Arzneimittel zugelassenen E-Zigaretten strafbar sei. In a nutshell: „Die E-Zigarette und ein nikotinhaltiges Liquid unterfielen weder dem Arzneimittelgesetz noch dem Medizinproduktegesetz. Das Liquid erfülle nicht die gesetzlich normierten Voraussetzungen eines Arzneimittels. Es stehe nicht die Entwöhnung vom Nikotinkonsum oder die Linderung einer Nikotinabhängigkeit im Vordergrund. Die E-Zigarette nebst Zubehör habe auch keine für ein Arzneimittel erforderliche therapeutische oder prophylaktische Zweckbestimmung.Was wir davon halten? Ist uns völlig klar. Die Entwöhnung vom Nikotinkonsum steht nicht im Vordergrund, denn E-Zigaretten zu rauchen ist lediglich die neue Form der Coolness. Fehlt nur noch, dass der Marlboro-Mann auf einem Esel davonreitet. Zur Pressemitteilung vom 23.04.2012:

„Mit Beschluss vom 23.04.2012 hat der 13. Senat des Oberverwaltungsgerichts dem Land Nordrhein-Westfalen (Antragsgegner) durch einstweilige Anordnung die in einer „Pressemeldung“ vom 16. Dezember 2011 enthaltenen Warnungen vor E Zigaretten untersagt.

In dieser „Pressemeldung“ hatte das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium vor nikotinhaltigen E-Zigaretten gewarnt, da diese als Arzneimittel anzusehen, aber nicht zugelassen seien und der Handel mit nicht als Arzneimittel zugelassenen E Zigaretten strafbar sei. Am selben Tag informierte das Ministerium die Bezirksregierungen über die nach seiner Meinung bestehende Rechtslage. Nikotin sei eine pharmakologisch wirkende Substanz und nikotinhaltige Liquids unterlägen als Funktionsarzneimittel dem Arzneimittelrecht. Die E-Zigarette als Applikator unterliege dem Medizinproduktegesetz. Der Erlass wurde auch allen Apotheken im Bereich der Apothekerkammer Nordrhein zur Kenntnis gegeben und zwar mit dem Zusatz „Bitte informieren Sie auch Ihre Mitarbeiter/innen“.

Die Antragstellerin, die E-Zigaretten produziert und vertreibt, beantragte beim Verwaltungsgericht Düsseldorf, dem Ministerium diese Äußerungen im Wege einer einstweiliger Anordnung zu untersagen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht ab.

Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht mit dem eingangs erwähnten Beschluss die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geändert und dem Antragsbegehren im Wesentlichen stattgegeben.

Zur Begründung hat es ausgeführt: Mit Rücksicht auf die Berichterstattung in den Medien zur Verkehrsfähigkeit der E-Zigarette spreche Überwiegendes dafür, dass die streitigen Äußerungen des Ministeriums wie ein Verbot wirkten. Deshalb sei die rechtliche Einschätzung des Ministeriums nicht nur auf seine Vertretbarkeit zu überprüfen, vielmehr habe das Gericht eine eigene rechtliche Wertung am Maßstab des Arzneimittelgesetzes und des Medizinproduktegesetzes vorzunehmen. Danach seien die in der „Pressemeldung“ und in dem Erlass enthaltenen Äußerungen rechtswidrig. Die E-Zigarette und ein nikotinhaltiges Liquid unterfielen weder dem Arzneimittelgesetz noch dem Medizinproduktegesetz. Das Liquid erfülle nicht die gesetzlich normierten Voraussetzungen eines Arzneimittels. Es stehe nicht die Entwöhnung vom Nikotinkonsum oder die Linderung einer Nikotinabhängigkeit im Vordergrund. Die E-Zigarette nebst Zubehör habe auch keine für ein Arzneimittel erforderliche therapeutische oder prophylaktische Zweckbestimmung.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.“

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