OVG Schleswig: Steuerpflichtiger hat Anspruch auf Einsicht in die eigenen Steuerakten

veröffentlicht am 11. Dezember 2012

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOVG Schleswig, Urteil vom 06.12.2012, Az. 4 LB 11/12 – nicht rechtskräftig
§ 1 Abs. 1 IFG

Das OVG Schleswig hat entschieden, dass ein Steuerpflichtiger Anspruch auf Einsicht in die eigenen Steuerakten hat, da auch diese dem Informationszugangsgesetz (hier) unterliegen. Was wir davon halten? Bemerkenswert: Die Behörde und das Finanzministerium des Landes verweigerten die Akteneinsicht mit Hinweis auf eine Verwaltungsvorschrift des Bundesfinanzministeriums, wonach Akteneinsicht in Fällen drohender Schadensersatzforderungen abzulehnen sei! Mit anderen Worten: Die vom Bürger finanzierte Behörde soll dem Bürger Schaden zufügen und ihm zusätzlich faktisch seine Regressansprüche nehmen können. Soll hier ein Staat im Staat etabliert werden? Zur Pressemitteilung des Senats vom 07.12.2012:

„Das Finanzamt darf einem Steuerpflichtigen die Einsichtnahme in die Akten zur eigenen steuerlichen Veranlagung nicht mit der Begründung verweigern, dass dadurch eine Amtshaftungsklage vorbereitet werden soll. Das hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig gestern entschieden.

Im konkreten Fall hatte ein Bürger, der dem Finanzamt vorwirft, ihn durch überhöhte Steuerfestsetzungen in die Insolvenz getrieben zu haben, Einsicht in die eigenen Einkommensteuerakten aus abgeschlossenen Veranlagungsverfahren beantragt. Die Behörde und das Finanzministerium des Landes beriefen sich auf eine Verwaltungsvorschrift des Bundesfinanzministeriums, wonach Akteneinsicht in Fällen drohender Schadensersatzforderungen abzulehnen sei. Ein allgemeiner Informationsanspruch sei hier ausgeschlossen, weil die Abgabenordnung bewusst keine Akteneinsicht vorsehe.

Dem sind die Richter des Oberverwaltungsgerichts nicht gefolgt. Der Kläger habe einen Anspruch auf Akteneinsicht aus dem Informationszugangsgesetz Schleswig-Holstein gegenüber dem Finanzamt. Die in diesem Gesetz geregelten Ablehnungsgründe lägen nicht vor. Hinzu komme ein datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch des Klägers.

Gegen das Urteil vom 6. Dezember 2012 (Az 4 LB 11/12) kann beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt werden.“

Auf die Pressemitteilung hingewiesen hat der Rechtsassessor Michael Kaiser (hier).

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