Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- LG Berlin: Satirische Darstellung unterfällt ohne bestehendes öffentliches Interesse nicht der Kunstfreiheitveröffentlicht am 19. November 2012
LG Berlin, Urteil vom 19.01.2010, Az. 27 O 1147/09
§ 185 ff StGB; Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG; § 22 KUG, 23 KUG; § 823 BGB, § 1004 Abs. 1 analog BGBDas LG Berlin hat entschieden, dass eine satirische oder karikierende Presseberichterstattung eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen kann, wenn kein öffentliches Informationsinteresse besteht. Vorliegend hatte der Antragsgegner hinsichtlich einer Skulptur am Verlagsgebäude des Antragstellers, welche einen nackten Mann mit einem 16 m langen Penis darstellt, in seinem Blog Vermutungen angestellt, wem diese Skulptur wohl nachempfunden sei und war zu dem Schluss gekommen, dass dies wohl der Antragsteller wäre. Dies wertete das Gericht als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, da es der Antragsteller nicht hinnehmen müsse, von der Antragsgegnerin auf diese Weise dem Publikum vorgeführt und allein zu Unterhaltungsinteressen vermarktet zu werden. Ein öffentliches Informationsinteresse hinsichtlich der Person des Antragstellers bestehe nicht. Zum Volltext der Entscheidung:
- ArbG Duisburg: Auch die Beleidigung von Kollegen auf Facebook kann Kündigungsgrund seinveröffentlicht am 1. November 2012
ArbG Duisburg, Urteil vom 26.09.2012, Az. 5 Ca 949/12
Das ArbG Duisburg hat entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der seine Kollegen auf Facebook als „Speckrollen“ und „Klugscheißer“ bezeichnete, grundsätzlich rechtmäßig ist. Das LAG Hamm hatte vor Kurzem ähnlich für eine Beleidigung des Arbeitgebers entschieden (hier). Es handele sich bei solchen Äußerungen um nachhaltige Eingriffe in die Rechte der Betroffenen, da solche Einträge immer wieder nachgelesen werden könnten. Es komme nicht darauf an, ob der Eintrag öffentlich oder nur für „Freunde“ lesbar war, da die betroffenen Kollegen facebook-„Freunde“ waren und die Einträge gelesen hätten. Im vorliegenden Fall sei die Kündigung trotzdem unwirksam gewesen, weil 1) die Kollegen nicht namentlich identifizierbar waren und 2) eine „Affekthandlung“ des Beleidigenden angenommen wurde. - LG Hamburg: Die Herabwürdigung einer Person ist nicht von der Meinungsfreiheit gedecktveröffentlicht am 19. Oktober 2012
LG Hamburg, Urteil vom 02.03.2010, Az. 325 O 442/09
§ 823 BGB, § 1004 BGB; Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 1 GGDas LG Hamburg hat entschieden, dass die Äußerung über einen Autor „in einem anderen Zeitalter haben Leute wie er … Juden als die Ursache allen Übels ausgemacht“ dessen Persönlichkeitsrecht verletzt. Diese Äußerung sei von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt, da sie auf die Herabsetzung einer Persönlichkeit abziele und die Auseinandersetzung in der Sache nicht fördere. Im Einzelfall habe eine Abwägung zu erfolgen. Zum Volltext der Entscheidung:
- LAG Hamm: Kündigung nach Chef-Beleidigung auf Facebook ist rechtmäßigveröffentlicht am 12. Oktober 2012
LAG Hamm, Urteil vom 10.10.2012, Az. 3 Sa 644/12
§ 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG, § 626 Abs. 1 BGBDas Landesarbeitsgericht in Hamm hat entschieden, dass eine fristlose Kündigung wegen Beleidigung des Arbeitgebers auf Facebook rechtmäßig war. Der betroffene Auszubildende hatte seinen Chef auf seiner Facebook-Seite als „Ausbeuter“ und „Menschenschinder“ bezeichnet. Dies sei nach Auffassung des Gerichts eine so schwerwiegende Beleidigung, dass der Arbeitgeber nicht auf mildere Mittel wie Gespräche oder eine Abmahnung verwiesen werden musste. Der Meinung der Vorinstanz (ArbG Bochum), dass die Äußerungen des Azubis von Unreife und geringer Ernsthaftigkeit zeugten und deshalb die besondere Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für Auszubildende überwiege, schloss sich das LAG nicht an. Der beleidigende Auszubildende sei immerhin schon 27 Jahre alt gewesen, da könne man verlangen, dass er sich über die Konsequenzen seines Handelns Gedanken mache. Zum Volltext (hier).
- AG Königs Wusterhausen: Kein Schmerzensgeld bei schriftsätzlicher beleidigender Äußerungen innerhalb eines Gerichtsverfahrens / „Antragssteller ist schlicht zu faul, zu arbeiten“veröffentlicht am 25. September 2012
AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 11.04.2012, Az. 20 C 569/11
§ 823 BGBDas AG Königs Wusterhausen hat entschieden, dass einer Klage, gerichtet auf die Zahlung von Schmerzensgeld durch die schriftsätzlich vorgetragene Erklärung, der Antragsteller sei schlicht zu faul zu arbeiten, das erforderliche Rechtschutzbedürfnis fehle. Die Äußerungen des Beklagten (in einem anderen Gerichtsverfahren erfolgt) dienten der Rechtsverteidigung und mithin der Wahrnehmung berechtigter Interessen. In gerichtlichen Verfahren sei der Ehrschutz eingeschränkt. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- LG Oldenburg: Bei Beleidigungen im Internet (hier: Facebook) ist vor Erhebung der Klage grundsätzlich ein außergerichtliches Schiedsverfahren zu eröffnenveröffentlicht am 13. September 2012
LG Oldenburg, Urteil vom 21.08.2012, Az. 5 T 529/12
§ 1 Abs. 1 NSchÄG, § 2 Nr. 4 NSchÄG, § 185 StGBDas LG Oldenburg hat entschieden, dass bei reinen Beleidigungen im Internet (hier: Facebook) vor Klageerhebung ein außergerichtliches Schiedsverfahren vor einer Schiedsstelle eingeleitet werden muss. Dies ergebe sich aus § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Schlichtungsgesetzes (NSchÄG). Eine Ausnahme nach § 2 Nr. 4 NSchÄG mit der Folge einer direkten Klagemöglichkeit sei vorliegend nicht anzunehmen, da es sich bei Verunglimpfungen auf Facebook-Seiten nicht um Streitigkeiten über Veröffentlichungen in Rundfunk und Presse handele. Die Kammer wies allerdings darauf hin, dass die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn sich zu der Ehrverletzung eine konkrete Drohung gegen die durch das Gewaltschutzgesetz geschützten Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit richte. Dies sei jedoch vorliegend noch nicht allein deshalb der Fall, weil der Beklagte dem Kläger über Facebook mitgeteilt habe „… ich wünsche dir und deiner Rasse den Tod“.
- LG Köln: eBay-Bewertung „Nepperei“ kann bei unvollständiger Lieferung rechtmäßig seinveröffentlicht am 7. September 2012
LG Köln, Urteil vom 10.07.2012, Az. 11 S 339/11
Art. 5 GGDas LG Köln hat entschieden, dass die negative Bewertung eines eBay-Verkäufers mit „VORSICHT Nepperei! Lieferte nur 30% der Beilagen! Keine Einsicht! Strafanzeige!“ rechtmäßig ist. Der Verkäufer einer Micky-Maus-Hefte Sammlung aus 1995 hatte den Jahrgang als „fast kompl. Sammlung BEILAGEN“ beworben, allerdings von den ursprünglich 24 nur 7 geliefert und Nachlieferungen ausgeschlossen. Die Vorinstanz hatte noch geurteilt, dass die Wortwahl „Nepperei“ für den Sachverhalt grundlos übertrieben sei; das LG sah das Grundrecht der Meinungsfreiheit jedoch als stärker an. Eine Schmähkritik liege nicht vor und durch die unrichtigen Angaben des Verkäufers liege die Annahme eines Betruges nahe. Somit sei die Wortwahl des Käufers keine bloße Herabsetzung.
- LG Berlin: Im Gegensatz zum Normalbürger dürfen Rapper schon mal deftiger beleidigen, da dies „nicht für bare Münze genommen“ wirdveröffentlicht am 30. August 2012
LG Berlin, Urteil vom 13.08.2012, Az. 33 O 434/11
§ 185 StGB, § 186 StGB, § 187 StBG, Art 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGBDas LG Berlin hat entschieden, dass ein bekannter deutscher Rapper wegen der Beleidigung einer „Big Brother“-Teilnehmerin u.a. mit den Worten „Die Nutte!“ und „Die Kacke!“ an diese ein Schmerzensgeld zu zahlen habe. Die nicht bestrittenen günstigen wirtschaftlichen Verhaltnisse des Beklagten, der stark beleidigende Charakter der Äußerungen mit seinen Auswirkungen auf die Psyche der Klägerin, die Dauer der allgemeinen Abrufbarkeit der Äußerungen im Internet und die zweifellos erforderliche Genugtuung der Klägerin erforderten eine Geldentschädigung von 8.000,00 EUR. Ein höherer Betrag erschien dem Gericht unangebracht: Bei der Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung sei zu berücksichtigen, dass Äußerungen von Rappern wie B… mit ihrer teilweise unsachlichen und überzogenen Tendenz vom verständigen Durchschnittsbürger nicht für bare Münze genommen würden. Weiter sei zu berücksichtigen gewesen, dass sich die Klägerin freiwillig in eine Situation begeben habe, die zwangsläufig die teilweise Preisgabe mindestens ihrer Privatsphäre bewirkt habe. Weiter sei zu berücksichtigen, dass es der Klägerin letztlich nur um den Erhalt einer möglichst hohen Zahlung ging: Dafür spreche die deutlich überzogene Forderung von 100.000,00 EUR bei gleichzeitiger Wiederholung der angegriffenen Äußerungen gegenüber der Presse. Die Klägerin habe gegenüber einem völlig neuen und großen Adressatenkreis (Leser des Berliner Kuriers und RTL-Konsumenten) die Äußerungen freiwillig überhaupt erst in Umlauf gebracht. Zum Volltext der Entscheidung (hier).
- OLG Naumburg: Keine Beleidigung durch Bezichtigung der Stasi-Mitgliedschaft oder durch die Bezeichung eines Staatsanwalts als „Rechtsbrecher“veröffentlicht am 28. August 2012
OLG Naumburg, Beschluss vom 10.11.2011, Az. 2 Ss 156/11
Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, § 186 StGB, § 193 StGBDas OLG Naumburg hat entschieden, dass die Bezichtigung einer Stasi-Mitgliedschaft nicht ohne Weiteres als Beleidigung aufgefasst werden darf, da es sich hierbei um eine dem Beweis zugängliche Behauptung handele. Streitgegenständlich war die schriftliche Erklärung „In der JVA MD wurde die MSF-Tätigkeit [Red.: Wurde von dem Gericht als Arbeit für das Ministerium für Staatssicherheit / MfS / sog. „Stasi“ gewertet] von Dr. X. als Strafvollzugsarzt bekannt und ich habe Anspruch auf ärztliche Fürsorge, auch vom Gericht, aber die wurde verweigert. Die Körperverletzung ist eindeutig nachgewiesen und ich lehne diesen befangenen Arzt erneut ab,…“. Auch die Äußerung gegenüber einem Polizeibeamten, „Oberstaatsanwalt … ist ein Rechtsbrecher und seine Tage bei der Justiz sind gezählt“ wertete das Gericht nicht als Beleidigung, sondern als zulässige Meinungsäußerung. Zum Volltext der Entscheidung (mehr …)
- OLG Frankfurt a.M.: Vergleich zwischen dem Vorgehen eines Polizisten und „SS-Methoden“ ist keine Beleidigungveröffentlicht am 15. August 2012
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 20.03.2012, Az. 2 Ss 329/11
Art. 5 Abs. 1 GG; § 185 StGB, § 193 StGBDas OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Äußerung gegenüber einem Polizisten im Rahmen einer Personenkontrolle, dass dessen Vorgehen „an Methoden der SS“ erinnere, von der Meinungsfreiheit gedeckt ist und keine Beleidigung darstellt. Es sei entscheidend, dass sich die Kritik des Angeklagten in erster Linie gegen die angewendeten Maßnahmen gewendet habe, insbesondere die gezielte Auswahl der Person des Angeklagten mit dunkler Hautfarbe sowie die Aufforderung zur Vorlage eines Ausweises. Der Angeklagte habe daher das polizeiliche Vorgehen unter dem Schutz der Meinungsfreiheit einer kritischen Würdigung mit stark polemisierender Wortwahl unterziehen dürfen. Von einer persönlichen Beleidigung des Beamten habe der Angeklagte auch ausdrücklich Abstand genommen („dann sagen Sie doch, dass ich ein Nazi bin“ – „Nein, das sage ich nicht“). Zum Volltext der Entscheidung: