Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- BGH: Zur Reichweite des Zitatrechts – Blühende Landschaftenveröffentlicht am 19. Juni 2012
BGH, Urteil vom 30.11.2011, Az. I ZR 212/10
§ 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG; Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG
Der BGH hat entschieden, dass ein Zitatrecht hinsichtlich älterer Zeitungsartikel oder -bilder in einem Kunstwerk (Buchband) durchaus in einem weiteren Umfang besteht als bei nichtkünstlerischen Werken, der Künstler sich jedoch immer mit den zitierten Stellen auseinandersetzen muss. Der BGH hob ein Urteil des OLG Brandenburg auf (hier), da letztere Voraussetzung nicht erfüllt gewesen sei. Der in Rede stehende Autor habe eine ganze Reihe von Artikel und Bildern der „Märkischen Oderzeitung“ verwendet, ohne dass diese als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen und damit der Erleichterung der geistigen Auseinandersetzung dienten. Nur dann seien die Übernahmen jedoch vom Zitatrecht gedeckt. Es reiche nicht aus, dass die zitierten Werke in einer bloß äußerlichen zusammenhanglosen Weise eingefügt und angehängt würden. Zum Volltext der Entscheidung: - OLG Köln: Irreführende Werbung für Buch-Bildband mit „wieder erhältlich“, wenn Neuauflage nicht mit Original übereinstimmtveröffentlicht am 26. September 2011
OLG Köln, Urteil vom 11.06.2010, Az. 6 U 23/10
§ 5 UWGDas OLG Köln hat entschieden, dass die Bewerbung eines Buch(bild)bandes u.a. mit der Wendung „wieder erhältlich“ irreführend ist, wenn die Neuauflage sich wesentlich vom früheren Original unterscheidet. Vorliegend wurde ein Bildband neuaufgelegt, dessen Originalauflage mehrere Rekorde gebrochen hatte, z.B. hinsichtlich des Gewichtes und des Preises. In der von der Antragsgegnerin beworbenen Neuauflage waren allerdings insgesamt 74 Bilder durch andere ersetzt worden. Die Bewerbung mit u.a. „wieder erhältlich“, „neue Ausgabe“ oder „ist wieder da“ sei jedoch geeignet, die Fehlvorstellung beim Publikum hervorzurufen, dass es sich um eine inhaltlich identische Ausgabe (nur in verkleinerter Form) handele. Dadurch werde eine Kaufentscheidung in erheblicher Weise beeinflusst, so dass die Werbung zu untersagen war. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Hamburg: Zur unberechtigten Anlehnung an Werke von Astrid Lindgren / Die doppelte Pippielottaveröffentlicht am 6. Juli 2011
LG Hamburg, Beschluss vom 28.04.2009, Az. 308 O 200/09
§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; 16 Abs. 1; 17 Abs. 1; 19 a; 97 Abs. 1 UrhGDas LG Hamburg hat entschieden, dass ohne Einwilligung der Erbengemeinschaft Astrid Lindgren (einer entsprechend berechtigten Gesellschaft schwedischen Rechts) keine Bücher verbreitet werden dürfen, welche sich an den von Astrid Lindgren geschaffenen Charakter „Pippi Langstrumpf“ anlehnen. Im vorliegenden Fall ging es um das Buch „Die doppelte Pippielotta“. Der Beschluss wurde bestätigt durch OLG Hamburg, Urteil vom 03.03.2011, Az. 5 U 140/09. Zum Volltext der einstweiligen Verfügung:
(mehr …) - LG Hamburg: Buchhändler haftet nicht für rechtswidrige Buchinhalteveröffentlicht am 22. Mai 2011
LG Hamburg, Urteil vom 11.03.2011, Az. 308 O 16/11
§§ 97 Abs. 1 S.1, 17 Abs. 1 UrhGDas LG Hamburg hat entschieden, dass ein Buchhändler grundsätzlich nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn sich in seinem Sortiment ein Buch befindet, dessen Inhalte Rechte Dritter verletzen. Die Haftung als Verbreiter eines rechtswidrigen Werks sei auf Grund des verfassungsrechtlich garantierten Rechts auf Medienfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) einzuschränken. Da ein Buchhändler nicht mit der Erstellung, sondern lediglich dem Vertrieb der Bücher befasst sei, letzteres allerdings in großen Mengen, habe er keine realistische Kontrollmöglichkeit, einer rechtlichen Inanspruchnahme vorzubeugen. Was wir davon halten? Vorstehendes gilt nur dann, wenn der betreffende Buchhändler vor der Unterlassungsaufforderung keine weitere Post erhalten hat, etwa den Hinweis auf den Rechtsverstoß in einem konkreten Werk oder möglicherweise auch dann, wenn dies der Fachpresse zu entnehmen war. Gerade dieser „Warnschuss“-Hinweis ist für den in seinen Rechten Verletzten allerdings in der Regel zu aufwändig, zumal er die Kosten für die notwendigen tausenden von Hinweisen nicht erstattet bekommt. Vgl. zur Haftung von Buchhändlern für Rechtsverletzungen Dritter auch LG Berlin und LG Düsseldorf.
- LG München I: Einen Italiener als möglichen Mafia-Angehörigen darzustellen, ist rechtswidrigveröffentlicht am 3. Dezember 2010
LG München I, Urteil vom 10.11.2010, Az. 9 O 19400/10
§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analogDas LG München hat entschieden, dass der italienische Betreiber einer Pizzeria es nicht hinnehmen muss, in einem Buch als Angehöriger einer Mafiaorganisation bezeichnet zu werden. Das Gericht teilte in einer Pressemeldung mit: „Zwar dürfen die Medien … bereits über den Verdacht einer Straftat berichten, wenn ein Mindestbestand an Beweistatsachen vorliegt, der für den Wahrheitsgehalt der Information spricht und ihr damit „Öffentlichkeitswert“ verleiht. Dabei sind allerdings vor dem Hintergrund des durch Art. 1, 2 GG geschützten Persönlichkeitsrechts des Betroffenen die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht umso höher anzusetzen, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird. … Auch müssen die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente benannt werden. Vor der Veröffentlichung ist regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen.“ Diesen Anforderungen war der Autor des streitgegenständlichen Buches nicht nachgekommen. Es handele sich im Wesentlichen um pauschale Anschuldigungen. Es fehle auch daran, dass der Autor die Richtigkeit dieser Behauptungen durch eine Eigenrecherche verifiziert hätte. Zurückhaltung sei auch insofern geboten gewesen, als bislang weder deutsche noch italienische Behörden und Gerichte die im Raum stehenden Indizien für ausreichend hielten, um eine Verurteilung als hinreichend wahrscheinlich anzusehen.
- OLG Brandenburg: Kunstfreiheit geht dem Urheberrecht vorveröffentlicht am 15. November 2010
OLG Brandenburg, Urteil vom 09.11.2010, Az. 6 U 14/10
Art. 5 Abs. 3 GGDas OLG Brandenburg hat gemäß einer Pressemitteilung entschieden, dass die Kunstfreiheit dem Urheberrecht vorgehen kann: Der Beklagte hatte in einem Buch, welches sich mit politischen und sozialen Erscheinungen in einem bestimmten Bezirk beschäftigte, Zeitungsartikel und Lichtbilder des klagenden Zeitungsverlages eingefügt. Dieser klagte auf Unterlassung wegen der Verletzung von Urheberrechten. Das OLG nahm zwar einen Eingriff in das Urheberrecht an, sah diesen allerdings als durch die Kunstfreiheit gerechtfertigt an. Das Buch stelle eine literarische Collage dar, zudem sei der urheberrechtliche Eingriff nur geringfügig. Der wirtschaftliche Wert bei Tagesereignissen sei zudem bei der damaligen Veröffentlichung überwiegend erschöpft gewesen. Der Beklagte habe auch nicht um Erlaubnis fragen müssen; durch eine solche Auflage werde die künstlerische Freiheit zu sehr eingeschränkt. UPDATE: Das Urteil wurde zwischenzeitlich vom BGH aufgehoben (hier).
- LG Köln: Keine Rückruf-Aktion für Bücher, die nur eine falsche Tatsachenbehauptung enthaltenveröffentlicht am 14. Oktober 2010
LG Köln, Urteil vom 04.08.2010, Az. 28 O 636/09
§§ 823, 1004 BGBDas LG Köln hat entschieden, dass ein Satz in einem Buch, der eine falsche Tatsachenbehauptung darstellt, unterlassen werden muss. Die Frage, ob sich diese Verpflichtung nur auf künftige Exemplare des Buches bezieht oder ob ein Rückruf bereits gedruckter Exemplare erfolgen muss, machte das Gericht von der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung abhängig. Im entschiedenen Fall bezog sich der Anspruch der Klägerin auf einen einzigen Satz, dessen Behauptung zudem viele Jahre strittig gewesen sei. Unter Abwägung aller Umstände, insbesondere der Zumutbarkeit einer Rückrufaktion für den betroffenen Verlag, kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Änderung/Entfernung der streitigen Passage nur in zukünftig noch zu druckenden Exemplaren erfolgen müsse.
- OLG Hamburg: Zur Irreführung des Verbrauchers bei Werbung mit dem falschen Erscheinungsdatum eines Buchesveröffentlicht am 25. Juli 2010
OLG Hamburg, Beschluss vom 27.07.2009, Az. 5 W 76/09
§ 5 Abs. 1 UWGDas OLG Hamburg hat entschieden, dass die wahrheitswidrige Werbung mit dem Erscheinungsdatum eines Buches geeignet ist, den Verbraucher in die Irre zu führen. So wurde einem Einzelhandelsunternehmen verboten, im geschäftlichen Verkehr noch nicht erschienene Bücher unter Angabe eines Lieferdatum zur Vorstellung anzubieten, das vor dem verlagsseitig angekündigten Erscheinungstermin liegt. Der Streitwert wurde auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
- LG Hamburg: Berühmte Werke der Literatur dürfen nur in engen Grenzen bearbeitet werden / „Die doppelte Pippielotta“veröffentlicht am 13. August 2009
LG Hamburg, Beschluss vom 28.04.2009, Az. 308 O 200/09
§§ 2, 16, 17, 19a, 97 UrhGIn dieser Entscheidung des LG Hamburg war über die Urheberrechtswidrigkeit eines Buches zu urteilen, welches sich unverkennbar an die „Pippi Langstrumpf“-Bücher der schwedischen Autorin Astrid Lindgren anlehnte. Der Antragsgegner hatte das von ihm verfasste Werk „Die doppelte Pippielotta“ über seine Webseite zum Verkauf angeboten und darüber hinaus auf dieser Webseite eine umfangreiche Leseprobe zur Verfügung gestellt. Er vertrat die Auffassung, dass es sich bei seinem Werk um eine freie (und damit erlaubte) Bearbeitung der Vorlage von Lindgren handele. Für eine solche Bearbeitung hatte der BGH jedoch in der Entscheidung „Laras Tochter“ strenge Kriterien aufgestellt. Ein selbständiges Werk unter freier Benutzung eines geschützten Werkes setze daher voraus, dass „die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werkes verblassen“. In der Regel geschehe dies, indem „die dem geschützten älteren Werk entlehnten Züge in dem neuen Werk in der Weise zurücktreten, dass … das ältere [Werk] … nur noch als Anregung zu neuem, selbständigen Werkschaffen erscheint“.
(mehr …) - LG Berlin: Händler haftet nicht für Urheberrechtsverstöße des Verlagsveröffentlicht am 5. Januar 2009
LG Berlin, Urteil vom 14.11.2008, Az. 15 O 120/08
§§ 17 Abs. 1, 97 Abs. 1 UrhGVertreibt ein Buchhändler ein Werk, welches gegen fremde Urheberrechte verstößt, so handelt der Buchhändler nicht, wie es das Urheberrechtsgesetz voraussetzt, als Täter, sondern lediglich als wissensloses Werkzeug des in eigener Verantwortung handelnden Verlags. Damit haftet der Buchhändler durch das Anbieten des fraglichen Buches auch nicht ohne weiteres als Störer für eine Urheberrechtsverletzung. Anmerkung: Ähnlich entschieden haben auch LG Düsseldorf und LG Hamburg.
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