Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- BVerfG: Die Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als „Winkeladvokatur“ kann vom Recht auf Meinungsfreiheit umfasst seinveröffentlicht am 20. Juli 2015
BVerfG, Urteil vom 02.07.2013, Az. 1 BvR 1751/12
Art. 5 GGDas BVerfG hat entschieden, dass die Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als „Winkeladvokatur“ vom Recht auf Meinungsfreiheit umfasst sein kann. Zwar sei die Äußerung als Schmähkritik einzustufen, weil die Bezeichnung „Winkeladvokatur“ des erforderlichen Sachbezugs entbehre und als bloße Diffamierung angesehen werden müsse. Das OLG Köln habe indes nicht stark genug gewichtet, dass die Äußerung zunächst nur gegenüber der Rechtsanwaltskammer getätigt und dann in einen Zivilprozess eingeführt worden sei, in dem nur die Prozessbeteiligten und das Gericht von ihr hätten Kenntnis nehmen können. Das Oberlandesgericht habe zudem nicht hinreichend in seine Erwägungen eingestellt, dass der Vorwurf des Winkeladvokaten nur eine begrenzt gewichtige Herabsetzung allein in der beruflichen Ehre bedeute und den Kläger damit lediglich in seiner Sozialsphäre betreffe, zumal der Beschwerdeführer sich wörtlich allein auf die Kanzlei und nicht auf die Person bezogen und den Begriff Winkeladvokatur in Anführungszeichen gesetzt habe. Was wir davon halten? Das Urteil sollte nicht als Freibrief verstanden werden, Rechtsanwälte als „Winkeladvokaten“ zu bezeichnen, auch nicht unter dem Schutz eines laufenden gerichtlichen Zivilverfahrens. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- OLG München: Beim Vorgehen gegen eine negative Bewertung muss die angebliche Unwahrheit einer Behauptung vom Kläger bewiesen werdenveröffentlicht am 6. März 2015
OLG München, Beschluss vom 12.02.2015, Az. 27 U 3365/14
§ 823 BGB, § 1004 BGB; Art. 5 GGDas OLG München hat entschieden, dass eine negative Bewertung auf einer Online-Handelsplattform nur dann einen Schadensersatzanspruch auslöst, wenn die angebliche Unwahrheit der Behauptung vom klagenden Onlinehändler nachgewiesen wird. Vorliegend wurde um eine angeblich falsche Montageanleitung gestritten. Zum Beweis der Richtigkeit der Anleitung genüge es jedoch nicht, diese vorzulegen und auf eine Vielzahl problemloser Verkäufe zu verweisen. Es müsse der tatsächliche Inhalt der Anleitung unter Beweis gestellt werden. Zum Volltext der Entscheidung:
- BGH: Zur Abgrenzung von Meinungsäußerung und Schmähkritik gegenüber Unternehmenveröffentlicht am 30. Januar 2015
BGH, Urteil vom 16.12.2014, Az. VI ZR 39/14
§ 823 BGB Ah, § 824 BGB; Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 12 GG; Art. 8 Abs. 1 MRK, Art. 10 Abs. 1 MRKDer BGH hat entschieden, dass Kritik an einem Wirtschaftsunternehmen auch bei scharfer und überzogener Formulierung in der Regel von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt ist und nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik zu bewerten ist. Ein allgemeiner Schutz vor abwertenden Meinungsäußerungen bestehe nicht. Für die Qualifizierung als Schmähkritik müsse hinzutreten, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund stehe, der an den Pranger gestellt werden solle. Zum Volltext der Entscheidung:
- BVerfG: Verleihung des „Denkzettels für strukturellen und systeminternen Rassismus“ durch den Flüchtlingsrat ist verfassungsgemäßveröffentlicht am 2. September 2013
BVerfG, Beschluss vom 24.07.2013, Az. 1 BvR 444/13
Art. 5 Abs. 1 GG
Das BVerfG hat entschieden, dass die Verleihung des „Denkzettels für strukturellen und systeminternen Rassismus“ im Jahre 2010 an das Rechtsamt einer Stadt von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt war. Zwar sei scharfe Kritik am Vorgehen des Rechtsamts im Umgang mit einem gehörlosen Flüchtlings geübt worden, es habe sich jedoch nicht um Schmähkritik oder – wie die Strafgerichte annahmen – um üble Nachrede gehandelt. Maßnahmen der öffentlichen Gewalt müssten ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen auch scharf kritisiert werden können. Dies gehöre zum Kernbereich der Meinungsfreiheit, weshalb deren Gewicht in diesem Zusammenhang besonders hoch zu veranschlagen sei. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …) - OLG Köln: Die Herabsetzung von ehemaligen Mitarbeitern kann wettbewerbswidrig seinveröffentlicht am 29. Mai 2013
OLG Köln, Urteil vom 06.02.2013, Az. 6 U 127/12
§ 4 Nr. 7 UWGDas OLG Köln hat entschieden, dass herabsetzende Äußerungen über einen ehemaligen Mitarbeiter (hier: Handelsvertreter eines Schuhvertriebs) wettbewerbswidrig sein können. Vorliegend hatte das Unternehmen in einer E-Mail an Angestellte und andere Handelsvertreter u.a. ausgeführt „Herr C. hat uns daher keine andere Wahl gelassen, ihn mit sofortiger Wirkung zu kündigen“ oder „Daher sollten alle Abteilungen Maßnahmen ergreifen, dass Herr C. keine Informationen, Produkte, Gelder etc. bezieht und er aus den internen Informationssystemen abgemeldet wird“. Zwischen dem Unternehmen und dem Handelsvertreter bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, auch wenn sie auf verschiedenen Vertriebsstufen tätig seien. Da die Behauptung der sofortigen Kündigung unwahr sei und zudem versucht werde, auf das Verhalten der Adressaten Einfluss zu nehmen, seien die Grenzen einer sachlich gebotenen Information überschritten. Zum Volltext der Entscheidung:
- BVerfG: Die Bezeichnung eines Internetforen-Nutzers als „rechtsradikal“ unterfällt der Meinungsfreiheitveröffentlicht am 15. November 2012
BVerfG, Urteil vom 17.09.2012, Az. 1 BvR 2979/10
Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, Art. 103 Abs. 1 GGDas BVerfG hat entschieden, dass die Bezeichnung eines Forennutzers im Internet als u.a. „rechtsradikal“ als Werturteil einzustufen ist und damit der Meinungsäußerungsfreiheit unterfällt, sofern die Äußerung nicht als Schmähkritik zu klassifizieren ist. Letzteres sei nur dann der Fall, wenn kein Sachbezug zur Diskussion mehr gegeben sei, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund stehe. Im letzteren Fall gehe das Allgemeine Persönlichkeitsrecht vor. Vorliegend wies das Werturteil durch das diskutierte Thema jedoch sehr wohl noch Sachbezug auf, so dass der Kläger gegen das dagegen ausgesprochene gerichtliche Verbot vorgehen durfte. Zum Volltext der Entscheidung:
- OLG Celle: Ehrenrührige Behauptungen im Gerichtsverfahren erlaubt?veröffentlicht am 6. November 2012
OLG Celle, Urteil vom 25.10.2012, Az. 13 U 156/12
§ 823 BGB, § 824 BGB, § 286 ZPO, § 922 ZPO, § 936 ZPODas OLG Celle hat entschieden, dass bei ehrenrührigen Tatsachenbehauptungen, die im Rahmen eines Gerichtsverfahrens fallen, in der Regel das Rechtsschutzbedürfnis für ein Unterlassungsverlangen fehlt. Vorliegend hatte die Verfügungsbeklagte im Ausgangsverfahren einen Vermögensverfall der Verfügungsklägerin behauptet. Nach Auffassung des Gerichts könne diese Äußerung nicht im Rahmen eines Verfügungsverfahrens untersagt werden, da die beanstandete Tatsachenbehauptung nicht „wissentlich unwahr oder leichtfertig unhaltbar“ gewesen sei. Ein darüber hinaus gehender Schutz sei nicht zu gewähren, da nach der Rechtsprechung des BGH das Ausgangsverfahren nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden solle. Die Parteien sollten alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung ihrer Rechte für erforderlich hielten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt werde. Zum Volltext der Entscheidung:
- BVerfG: Bezeichnung als „Dummschwätzer“ ist nicht zwingend unzulässigveröffentlicht am 4. April 2012
BVerfG, Urteil vom 05.12.2008, Az. 1 BvR 1318/07
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GGDas BVerfG hat entschieden, dass die Bezeichnung eines Stadtratsmitglieds als „Dummschwätzer“ nicht zwangsläufig eine (strafbare) Beleidigung ist. Der Begriff der Schmähkritik sei eng zu definieren und erst, wenn die Diffamierung der Person im Vordergrund stehe, habe eine solche Äußerung als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzustehen. Vorliegend sei die strafrechtliche Verurteilung (!) des Beschwerdeführers unter unzureichender Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht erfolgt. Wenn sich das Schimpfwort nur als die sprachlich pointierte Bewertung im Kontext einer bestimmten Aussage des Betroffenen darstelle, wenn also der Gemeinte als »Dummschwätzer« tituliert werde, weil er nach Auffassung des Äußernden (im Rahmen einer Sachauseinandersetzung) dumme Aussagen getroffen habe, sei von einem zulässigen Werturteil auszugehen. Zum Volltext der Entscheidung:
- KG Berlin: Bezeichnung eines Doping-Gutachten als „bezahltes Gutachten“ ist äußerungsrechtlich zulässig – auch wenn mangelnde Neutralität unterstellt wirdveröffentlicht am 13. März 2012
KG Berlin, Urteil vom 20.06.2011, Az. 10 U 170/10
§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 823 Abs. 1 BGB; Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 1 Abs. 1 GGDas KG Berlin hat entschieden, dass die Bezeichnung eines privat beauftragten Gutachtens zum (Nicht)Vorliegen von Blutdoping als „bezahltes Gutachten“ zulässig ist. Im Kontext werde durch diese A?ußerung zum Ausdruck gebracht, dass die Kla?gerin den Gutachter beauftragt habe und das Gutachten zu dem gewu?nschten Ergebnis gekommen sei. Auch werde zum Ausdruck gebracht, dass andere Gutachter zu anderen Ergebnissen kommen ko?nnten, dem Gutachten also nur ein beschra?nkter Aussagewert zukomme. Diese Auffassung sei von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin, weil dem Leser des streitgegenständlichen Artikels nahegelegt werde, dass die Kla?gerin durch die Bezahlung versucht habe, das Ergebnis zu beeinflussen, sah das Gericht nicht. Zum Volltext der Entscheidung:
- AG Bremen: Negative Bewertung bei eBay wird nicht entfernt, obwohl die Verkaufsabwicklung formal rechtmäßig warveröffentlicht am 11. Februar 2010
AG Bremen, Urteil vom 27.11.2009, Az. 9 C 412/09
§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 1 BGBEin interessantes Urteil präsentiert das Amtsgericht Bremen zur Thema „Negative eBay-Bewertung“. Unsere Kanzlei war nicht beteiligt. Die Argumentation, mit der die Entfernung einer negativen Bewertung abgelehnt wurde, überzeugt nicht. Obwohl die Verkaufsabwicklung durch den Onlinehändler de lege lata rechtmäßig war (i.e. keine Erstattung von Hinsendekosten) wurde der Käuferin auf der Internethandelsplattform eBay das Recht zugestanden, den Verkäufer mit einer Negativbewertung des Wortlauts „Vorsicht bei Reklamation! Übelste Abzocke bei Versandkosten!!!“ zu überziehen. (mehr …)