Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- British High Court of Justice: Kein fliegender Gerichtsstand in Urheberrechtsanlegenheiten mit Internetbezug / Zuständig ist das Gericht am Begehungsort (Server)veröffentlicht am 23. November 2010
British High Court, Urteil vom 17.11.2010, Az. [2010] EWHC 2911 (Ch)
Der British High Court of Justice hat eine hierzulande – mit Ausnahmen vgl. hier und hier – geklärte Rechtsfrage zur Zuständigkeit der Gerichte bei urheberrechtlichen Verstößen im Internet (vgl. z.B. hier und hier) überraschend anders entschieden: Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk im Internet verbreitet, so ist nach Auffassung des Britischen Gerichts nicht etwa der Erfolgsort, also jeder Ort, an dem das rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Werk abrufbar ist, entscheidend, sondern der Begehungsort, mithin der Ort, an dem der Server steht, über welchen das Werk in das Internet eingespeist wurde. Das Gericht berief sich bei seiner Entscheidung auf die ähnliche Rechtslage bei der Übertragung von Fernseh- und Radiosendungen. Auch dort werde die gerichtliche Zuständigkeit nach der Frage beurteilt, wo der Ort belegen sei, von dem das Radio- oder Fernsehsignal ausgesendet werde. Das Gericht verwies im Übrigen auch auf die europäische Kabel-Satelliten-Richtlinie (93/83/EG). Der High Court legte zwar Wert darauf, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handele. Doch dürfte die Ähnlichkeit weiterer urheberrechtlicher Probleme (z.B. zum Filesharing) dazu führen, dass die Rechtsansicht allgemeine Gültigkeit erhält. Eine Vorlage an den EuGH, was in Hinblick auf die entgegenstehende deutsche Rechtsprechung durchaus angebracht gewesen wäre, ersparte sich das Gericht, da die Klage auch aus diversen anderen Gründen abzuweisen sei. Zitat: „The case might fail on a variety of other grounds, such as absence of copying. A reference to the CJEU [Anmerkung: EuGH] in the circumstances of this case is, in my judgment, unnecessary.“
- KG Berlin: Auch versehentliche öffentliche Zugänglichmachung sowie lediglich abstrakte Aufrufmöglichkeit eines geschützten Werkes können Vertragsstrafe auslösenveröffentlicht am 16. November 2010
KG Berlin, Beschluss vom 28.04.2010, Az. 24 W 40/10
§ 19 a UrhGDas KG Berlin hat entschieden, dass es einen Verstoß gegen eine abgegebene Unterlassungserklärung darstellt, wenn ein urheberrechtlich geschützter Stadtplanausschnitt lediglich durch Eingabe der vollständigen URL aufrufbar ist. Das versehentliche Verbleiben auf dem Server des Beklagten und ledigliche Löschen der Verlinkungen sei nicht ausreichend zur Erfüllung der Unterlassungs- verpflichtung gewesen. Somit habe der Beklagte eine Vertragsstrafe verwirkt. Die Umstände der Verwirkung, insbesondere die Unwahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Zugriffs, seien bei der Höhe der Vertragsstrafe zu berücksichtigen. Ähnlich hatte bereits das AG Charlottenburg entschieden. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Köln: Fast 1.200,00 EUR Kosten für das Filesharing eines Computerspielsveröffentlicht am 2. November 2010
LG Köln, Urteil vom 17.09.2010, Az. 28 O 508/10
§ 97a UrhGDas LG Köln hat per Anerkenntnisurteil einen Filesharer verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, ein Computerspiel ohne Zustimmung der Klägerin im Internet der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, insbesondere im Rahmen der Teilnahme an so genannten Peer-to-Peer-Netzwerken. Der Beklagte wurde verurteilt, an die Klägerin 1.161,80 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Der Streitwert wurde auf 11.161,80 EUR festgesetzt. Was wir davon halten? Möglicherweise wurde auch in diesem Fall der Kollege oder die Kollegin, welche(r) das Anerkenntnis aussprach (vgl. § 78 ZPO), zu spät eingeschaltet. Schade eigentlich.
- OLG Köln: Wie das „öffentliche Zugänglichmachen“ einer Musikdatei glaubhaft gemacht wirdveröffentlicht am 17. Dezember 2009
OLG Köln, Beschluss vom 11.09.2009, Az. 6 W 95/09
§ 19a UrhGDas OLG Köln hat auf die Voraussetzungen hingewiesen, nach denen das öffentliche Zugänglichmachen einer Musikdatei im Verfügungsverfahren als glaubhaft gemacht gilt. Anders als im Rahmen einer Zivilklage ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht der Beweis der für eine Partei günstigen Tatsachen erforderlich, es genügt die ledigliche Glaubhaftmachung. So sei es nach Auffassung des Gerichts legitim für den Antragsteller, sich auf die Unterlagen eines anderen Verfahrens zu berufen (das Verfahren, welches einen Provider zur Auskunft über die Inhaberschaft einer IP-Adresse verpflichtet), wenn sichergestellt sei, dass auch der Antragsgegner, der an diesem Verfahren nicht beteiligt war, Einsicht in diese Unterlagen nehmen könne. Weiterhin reiche es für die Verifizierung der streitgegenständlichen Datei aus, wenn ein Zeuge aus der mit Ermittlungen beauftragten Firma an Eides Statt versichere, dass er die angebotene Datei abgerufen und einem Hörvergleich unterzogen habe. Berufe der Antragsgegner sich darauf, dass sein Internetanschluss missbräuchlich genutzt worden sei, sei dies wiederum von ihm glaubhaft zu machen, die bloße Behauptung genüge nicht. Grundsätzlich werde seine Verantwortlichkeit als Anschlussinhaber vermutet.