VG München: Die Verlosung eines Hauses ist unerlaubtes Glücksspiel

veröffentlicht am 29. Juli 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammVG München, Beschluss vom 09.02.2009, Az. M 22 S 09.300
§§ 3 Abs. 1, 9 Abs. 1 S. 2 GlüStV

Das VG München hat entschieden, dass die Hausverlosung in Form eines gemischten Gewinn- und Glückspiels insgesamt als verbotenes Glücksspiel zu qualifizieren und somit verboten ist. Der Antragsteller wandte sich mit einer „Anfrage zur rechtlichen Prüfung über die Durchführung einer Quizveranstaltung“ im Herbst/Winter 2008 in verschiedenen Schreiben an die Regierung der … Danach sollten aus 48.000 Teilnehmern im Rahmen eines Quiz-Turniers im K.O.-Verfahren in mehreren Durchgängen 100 Sieger ermittelt werden, denen dann durch Losziehung 100 Preise (als Hauptpreis die Doppelhaushälfte, als weitere Preise z.B. ein Kleinwagen, Fernsehgeräte, MP3-Player und Speicherstifte) zugewiesen werden sollten. Die Webseite www. … .de sei zwischenzeitlich erstellt und veröffentlicht worden, der Antragsteller bat um Durchsicht der Webseite und um einen Negativbescheid“, aus dem hervorgehen sollte, dass es sich hierbei nicht um ein Glücksspiel, sondern um ein zulässiges Gewinnspiel ohne strafrechtliche Relevanz handle. Der Antragsteller bat um Vorabübersendung einer Kopie per Fax oder Email.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid untersagte die Regierung von … dem Antragsteller, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in der unter www. …. hinterlegten Weise über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln (Ziffer 1) und drohte für den Fall, dass der Antragsteller der Untersagungsanordnung zuwiderhandeln sollte, ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000,00 EUR an. Hiergegen wendete sich der Antragssteller.

Das Verwaltungsgericht wies den Antrag des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz als unbegründet zurück. Im vorliegenden Fall werde bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglich, aber auch ausreichend sei, die Klage wohl erfolglos bleiben. Die Regierung von … habe dem Antragsteller zu Recht als zuständige Behörde (Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland – AGGlüStV – vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922) die Veranstaltung und Vermittlung des Spiels „…“ im Internet untersagt und sich dabei zutreffend auf die Rechtsgrundlage des § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV gestützt. Die streitgegenständliche Anordnung bezögen sich allein auf das Spiel in seiner konkreten Ausgestaltung, in der es zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheids angeboten worden sei, also in Kombination eines vorgeschalteten Quizteils, den – nach Zahlung der geforderten 19,00 EUR für die Teilnahme – alle Teilnehmer durchlaufen, und der dann stattfindenden Verlosung von 100 Gewinnen (einschließlich des Hauptgewinns in Gestalt des Hausgrundstücks) unter den 100 durch den Quizteil qualifizierten Teilnehmer.

Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV für ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde lägen vor. Bei dem vom Antragsteller auf der Webseite www. … angebotenen Spiel in seiner konkreten Ausgestaltung als Kombination aus Quizteil und anschließender Verlosung handele es sich um ein Glücksspiel im Sinne des GlüStV.Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel dann vor, wenn im Rahmen eines Spiels

(1) für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und
(2) die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhänge.

Im vorliegenden Fall hänge die Entscheidung über die Zuteilung der Preise, insbesondere über den Hauptgewinn in Gestalt des Hausgrundstücks, allein vom Zufall ab, da die einzelnen Gewinner durch Losentscheid bestimmt würden. Denn das vom Antragsteller angebotene und rechtlich zu qualifizierende „Spiel“ bestehe aus dem eingangs zu absolvierenden Quizteil und aus der abschließenden Verlosung der Preise unter den durch den Quizteil qualifizierten 100 Schlussteilnehmern. Beide Teile zusammen bildeten das vom Antragsteller angebotene Gewinnspiel. Der Antragsteller biete gerade nicht isoliert die Teilnahme an einem Internet-Quiz an, sondern vielmehr die Chance, ein Hausgrundstück zu erwerben. Der Erwerb dieses Hauptpreises sei die Motivation der Teilnehmer, die Gebühr von 19,00 EUR zu zahlen und den Quizteil zu durchlaufen. Es sei den Teilnehmern gerade nicht möglich, durch Geschicklichkeit den Ausgang „des Spiels“, nämlich die Zuteilung der einzelnen Preise, insbesondere des Hauptgewinns, zu bestimmen (vgl. Tröndle/Fischer, Kommentar zum StGB, 54. Aufl. 2007, Rn 8 zu § 284). Der Ausgang des vom Antragsteller angebotenen „Spiels“ als untrennbarer Kombination aus Quiz und Verlosung werde vielmehr durch Losentscheid bestimmt. Bei einer derartigen Spielgestaltung als Kombination eines vorgeschalteten Geschicklichkeitsspiels und eines folgenden Glücksspiels, die erst zusammen den Gewinn eines Preises ermögliche, sei daher – bei Erfüllung der weiteren Voraussetzung der Entgeltlichkeit – insgesamt (ebenso wie für den umgekehrten Fall des vorgeschalteten Glücksspiels und des nachfolgenden Geschicklichkeitsspiels) von einem Glücksspiel auszugehen (OLG Düsseldorf vom 23.9.2003 Az. I-20 U 39/03,20 U 39/03 „Bei Anruf Millionär“ unter Bezugnahme auf BGH vom 26.1.1956 BGHSt 9, 39).

Selbst wenn die Entscheidung über die Glücksspieleigenschaft des Spiels danach beurteilt werden müsste, welches der beiden Elemente überwiege und damit die rechtliche Qualifizierung des gesamten Spiels bestimmr, könnte sich das Gericht jedenfalls der vom Antragsteller vertretenen Argumentation, der Schwerpunkt des von ihm angebotenen Spiels liege auf dem Quiz-Turnier, weshalb das Spiel insgesamt als Geschicklichkeitsspiel anzusehen sei, nicht anschließen. Bereits der Name des Spiels und der hierfür eingerichteten Webseite „…“ rückr das als Hauptgewinn ausgelobte Hausgrundstück in den Mittelpunkt des gesamten Spiels; dieser Hauptgewinn dominierr auch optisch die Webseite, er sei bildlich dargestellt und ausführlich beschrieben, während der als 2. Preis ausgelobte Kleinwagen nicht einmal seinem Fabrikat nach eindeutig bestimmt sei. Die Darstellung des Spiels ziele also darauf ab, Mitspieler wegen der Aussicht auf den Hauptgewinn zur Teilnahme zu ermuntern, dieser Hauptgewinn sei auch bei realistischer Betrachtungsweise die alleinige Motivation der Interessenten für eine Teilnahme am Spiel und die Entrichtung des geforderten Entgeltes von 19,00 EUR. Da der Hauptgewinn jedoch unstreitig durch Losentscheid zugeteilt werde, sei das Spiel auch bei einer Qualifizierung nach seinem überwiegenden Element nicht als Geschicklichkeitsspiel zu beurteilen.

Auch die weitere Voraussetzung des § 3 Abs. 1 GlüStV, dass für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird, sei im vorliegenden Fall gegeben. Unter „Entgelt“ werde eine geldwerte Gegenleistung zu verstehen, jedoch komme es im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut gerade nicht darauf an, ob dieses Entgelt auch einen „Einsatz“ im Sinne der strafrechtlichen Begriffsbestimmung des Glücksspiels in §§ 284 ff StGB darstellen würde (so auch Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Rn. 4 zu § 3). Im vorliegenden Fall sei Voraussetzung für eine Teilnahme an der Verlosung der Gewinne, dass durch die Zahlung des Betrags von 19,00 EUR die Zulassung zum Spiel erworben werde. Der Antragsteller verlangt also für den Erwerb der Gewinnchance, wie von § 3 Abs. 1 GlüStV für die Annahme der Glücksspieleigenschaft gefordert, ein Entgelt. Dass die Zahlung des geforderten Entgeltes noch nicht einmal die Teilnahme an der Verlosung sichere, sondern sich der Teilnehmer als weitere Voraussetzung noch in einem Quizteil gegen andere Teilnehmer durchsetzen müsse, ändere nichts an der rechtlichen Qualifizierung der geforderten 19,00 EUR als „Entgelt“ für den „Erwerb einer Gewinnchance“, da die Entrichtung des Entgelts unabdingbare Voraussetzung dafür sei, überhaupt zum Quizteil zugelassen zu werden und dadurch die Chance auf einen der Gewinne zu erlangen (Voraussetzungen des Glücksspiels im Übrigen wurden ausgeführt.).

Auf die Entscheidung hingewiesen hat Rechtsanwalt Falco Henkel.

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