AG Kassel: Pflicht zur Urhebernennung kann in den AGB des Urhebers festgelegt werden

veröffentlicht am 9. Oktober 2014

Rechtsanwalt Dr. Ole DammAG Kassel, Urteil vom 17.06.2014, Az. 410 C 3000/13
§ 97 UrhG, § 13 S. 2 UrhG

Das AG Kassel hat entschieden, dass die Pflicht zur Urhebernennung bei Einräumung eines einfachen Nutzungsrechts auch in den AGB des Urhebers, die dem Nutzungsvertrag bzw. der Rechnung für die Nutzung beigefügt werden, festgelegt werden kann. Durch Annahme des Vertragsangebots mit Zahlung der Rechnung seien die AGB wirksam einbezogen worden. Zum Volltext der Entscheidung:


Amtsgericht Kassel

Urteil

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 620,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.02.2012 sowie weitere 101,40 € zu bezahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen unterlassener Urheberbenennung.

Im Jahr 2010 setzten sich die Parteien über die Verwendung von Lichtbildern auseinander, auf denen das Objekt „Stilwerk“ in Düsseldorf abgebildet ist. Mit Schreiben vom 25.06.2010 (Bl. 14 d.A.) schrieb der Kläger der Beklagten, er sei mit der Verwendung der Lichtbilder verwendet, wenn seine Rechnung mit der Nr. 2010/032 (Bl. 15 d.A.) vom selben Tag über 620,00 € für zwei Lichtbilder zuzüglich Verpackungskosten und Umsatzsteuer ausgeglichen werde. Weiter erklärte der Kläger, er übertrage der Beklagten das einfache Nutzungsrecht an den Lichtbildern gemäß seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die genannte Rechnung bezahlte die Beklagte. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen (auf Blatt 16 d.A. wird Bezug genommen) heißt es in der Nummer 4 u.a.: „Bei jeder Bildveröffentlichung ist der Bildautor als Urheber zu benennen. Die Benennung muss am Bild erfolgen. Ausnahmen sind schriftlich zu vereinbaren.“ Die Beklagte bezahlte den geforderten Betrag. Anfang 2012 stellte der Kläger fest, dass die Beklagte Lichtbilder ohne Urheberbenennung auf ihrer Internet-Seite veröffentlicht hatte.

Der Kläger behauptet, professioneller Fotograf zu sein und die Lichtbilder gefertigt zu haben. Die Beklagte habe bei der Veröffentlichung seiner Lichtbilder auf ihrer Internet-Seite gegen sein Urhebernennungsrecht aus § 13 UrhG verstoßen. Deswegen stehe ihm ein Entschädigungsanspruch in Höhe der Lizenzgebühr zu. Weiter begehrt er die Erstattung der ihm vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet neben der Fotografeneigenschaft die Urheberschaft des Klägers. Das auf den Lichtbildern abgebildete Bauwerk habe sie im Jahr 1999 entwickelt, geplant und die Arbeitsvorbereitung für die Bauausführung erstellt. Am 22. und 25.06.2010 hätten darüber hinaus Telefonate zwischen dem Kläger und den Geschäftsführern der Beklagten stattgefunden. Darin sei seitens der Beklagten erklärt worden, im Zusammenhang mit der gefundenen Regelung sei nicht über die AGB des Klägers gesprochen worden. Eine Anerkennung irgendwelche Rechte des Klägers sei nicht erfolgt. Die Übersendung der AGB mit der Rechnung vom 25.06.2010 genüge nicht den Anforderungen an die wirksame Einbeziehung derselben. Aufgrund der Einigung im Jahre 2010 könne die Beklagte frei mit den Lichtbildern verfahren. Schließlich sei der geforderte Betrag zu hoch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 97 UrhG i.V.m. § 13 S. 2 UrhG.

Gemäß § 13 S. 2 UrhG hat jeder Urheber das Recht, als solcher bei der Benutzung seines Werkes genannt zu werden. Wie diese Nennung zu erfolgen hat, hängt von der Art und Weise des betroffenen Werkes ab. Maßgeblich können auch Verkehrsgepflogenheiten oder Branchenübungen seien. Bei Fotografien entspricht es der Verkehrsübung, den Urheber in engem räumlichen Zusammenhang namentlich zu nennen, etwa in Form einer Bildunterschrift (vgl. Wandtke/Bullinger/Bullinger, § 13 UrhG Rn. 25). Daran fehlt es hier unstreitig.

Der Kläger ist in diesem Zusammenhang als Urheber anzusehen. Die Beklagte hatte nämlich aufgrund der Bezahlung des Rechnungsbetrages aus der Rechnung vom 25.06.2010 nicht nur das Vertragsangebot des Klägers angenommen, sondern zugleich konkludent dessen Urhebereigenschaft bezüglich der beiden Lichtbilder tatsächlich zugestanden. Denn anderenfalls hätte für die Beklagte gar kein Anlass bestanden, sich auf das Vertragsangebot einzulassen. Dies hat zumindest zur Folge, dass die Beklagte nunmehr dafür darlegungs- und beweisbelastet ist, dass es sich beim Kläger nicht um den Urheber der Lichtbilder handelt. Insoweit hat sie jedoch Vortrag nicht gehalten. Darüber hinaus erscheint ihr Bestreiten der Urhebereigenschaft des Klägers auch gleichsam ins Blaue hinein zu erfolgen.

Ob es sich dann bei dem Kläger um einen professionellen Fotografen handelt oder nicht, kann dahingestellt bleiben. Denn die Urhebereigenschaft hängt nicht an der Profession des Urhebers, sondern daran, ob er das Werk geschaffen hat oder nicht.

Ohne Bedeutung ist weiterhin der Umstand, dass Gegenstand des Lichtbildes ein möglicherweise urheberrechtlich geschütztes Recht aus der Sphäre der Beklagten ist. Denn es ist nicht erkennbar, dass es sich bei den streitgegenständlichen Lichtbildern nicht um eine eigenständige Schöpfung handelt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es sich um ein eigenständiges Medium handelt. Der Kläger ist Urheber eines Lichtbildes, während die Beklagten allenfalls an einem völlig anders gearteten Werk irgendwelche Rechte haben könnte. Sollten die Anfertigung von Lichtbildern des Objekts der Beklagten (oder eines der Beklagten zuzurechnende Dritten) ihrerseits einer Vergütung oder Lizenz bedürfen, so wäre dies bei der Anfertigung bzw. beim Erwerb des Nutzungsrechts an den Lichtbildern zu berücksichtigen. Da die Parteien hierüber eine abschließende Regelung im Zusammenhang mit der Rechnung vom 25.06.2010 getroffen haben, ist deswegen an dieser Stelle nicht (mehr) darüber zu befinden.

Das Verhältnis der Parteien war zudem durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers geprägt. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass der Kläger seine AGB ihren mit der Rechnung zusammen übersendet hatte. Da die Annahme seines Vertragsangebotes durch die Zahlung des Rechnungsbetrages seitens der Beklagten erfolgte, waren damit die AGB in das Verhältnis der Parteien einbezogen. Hierbei berücksichtigt das Gericht, das sich bei der Beklagten zudem um eine juristische Person des Handelsrechts handelt, mithin ihr gegenüber allgemeinen Geschäftsbedingungen für einfach im Vertragsverhältnis einbezogen werden können, so auch durch stillschweigende Akzeptanz (s. Münchener Kommentar/Basedow, § 305 BGB Rdnr. 95).

Vor diesem Hintergrund bedarf es an dieser Stelle keiner Entscheidung über die Frage, ob es im konkreten Verhältnis eine Äußerung des Klägers als Urheber bedurfte, dass er auf seinen Urheberbenennungsrecht besteht oder ob es zulässig gewesen sein könnte, die Lichtbilder auch ohne die Nennung seines Namens zur veröffentlichen bzw. sonstig zu nutzen. Denn in Nr. 4 der AGB hat der Kläger unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er auf sein Urheberbenennungsrecht besteht. Für einen etwaigen Verzicht des Klägers auf sein Urheberbenennungsrecht sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Insbesondere liegt in der entgeltlichen Einräumung einer Nutzungsberechtigung wie vorliegend geschehen regelmäßig kein solcher Verzicht. Denn insoweit ist Schutzgut nicht die ökonomische Verwertung des Werkes, sondern das Urheberpersönlichkeitsrecht, welches dazu führt, dass der Urheber auch dann zu nennen ist, wenn er sich vertraglich der Verwertungsrechte an seinem Werk entledigt hat. Denn das Urheberpersönlichkeitsrecht geht nicht aufgrund einer vertraglichen Abrede unter.

Die Konsequenz der Verletzung dieses Rechts die zu einem Schadenersatzanspruch des Klägers als Urheber, weil damit nicht nur sein Urheberpersönlichkeitsrecht eingeschränkt wurde, sondern auch die Vermutungswirkung des § 10 Abs. 1 UrhG ausgehebelt ist. Dieser Schadensersatzanspruch wird typischerweise mit einem Betrag in Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühren bemessen, dem so genannten hundertprozentigen Verletzerzuschlag (h.M., z.B. Dreyer in HK-UrhR, § 13 UrhG Rdnr. 50 m.w.N.). Das Gericht hat im vorliegenden Verfahren keinen Anlass, von diesem Ansatz abzuweichen. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass hier eine atypische Fallkonstellation vorliegt, die einen niedrigeren Satz gebietet, etwa im Falle von e-bay-Anzeigen.

Hinreichendes Indiz für die Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr ist regelmäßig das vereinbarte Entgelt für die Nutzung des Lichtbildes an sich. Das Gericht kann deswegen ohne weitere Beweisaufnahme sich an der von der Beklagten akzeptierten Rechnung des Klägers vom 25.06.2010 orientieren und den dort genannten Betrag der Entscheidung zugrunde legen.

Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 280, 286, 288 ZPO.

Der Kläger kann weiter unter Verzugsschadensersatzgesichtspunkten die ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten als solche zweckentsprechende Rechtsverfolgung in geltend gemachter Höhe erstattet verlangen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

I