AG Köln: Keine Täuschung über Abschluss eines „Branchenbuch-Vertrags“, wenn dieser als Korrekturbogen aufgemacht ist

veröffentlicht am 31. August 2011

Rechtsanwalt Dr. Ole DammAG Köln, Urteil vom 06.06.2011, Az. 114 C 128/11
§§ 611 Abs. 1, 123 Abs. 1, 142, 305 c BGB

Das AG Köln hat entschieden, dass ein Vertrag über die Veröffentlichung einer Adresse in einem Internetportal („Branchenbuch-Vertrag“) für 569,05 EUR/Jahr nicht anfechtbar ist. Zwar habe das Angebotsformular durchaus Ähnlichkeiten mit einem Korrekturbogen gehabt (Ergänzen oder korrigieren Sie bitte bei Annahme fehlende oder fehlerhafte Daten.“), jedoch sei durch die Formulierung „bei Annahme“ klar erkennbar gewesen, dass es sich um ein Angebot zum Vertragsschluss gehandelt habe. Auch die Kosten von 39,85 € zzgl. 19% Mehrwertsteuer im Monat seien verständlich angegeben und nicht als überraschende Klausel zu werten. Eine Anfechtung des Vertrags wegen Täuschung oder eine Ungültigkeit der Zahlungsverpflichtung komme nicht in Betracht. Dieser Entscheidung des AG Köln stehen zahlreiche Entscheidungen gegenüber, die durchaus betrügerische Absichten hinter solchen Formularen erkennen und eine Anfechtung zulassen (vgl. u.a. LG Flensburg, LG Düsseldorf, LG Hamburg, ). Zum Volltext der Entscheidung:


Amtsgericht Köln

Urteil

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 569,06 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2010 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gem. § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin kann vom Beklagten die Zahlung des mit Rechnung vom 06.12.2010 in Rechnung gestellten Betrags i.H.v. 569,06 € als Vergütung gem. § 611 Abs. 1 BGB verlangen.

Zwischen den Parteien ist ein Vertrag über die Veröffentlichung der Firmendaten des vom Beklagten betriebenen Unternehmens auf dem Internetportal der Klägerin XXX abgeschlossen worden.

Die Klägerin hatte dem Beklagten mit Schreiben vom 19.11.2010 ein entsprechendes Angebot unterbreitet. Dieses Angebot hat der Beklagte durch Unterzeichnung und Rücksendung am 23.11.2010 angenommen.

Der Vertrag ist auch nicht wegen der vom Beklagten mit Schreiben vom 01.12.2010 erklärten Anfechtung gem. § 142 BGB als nichtig anzusehen. Es fehlt bereits am Vorliegen eines Anfechtungsgrundes.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist vorliegend nicht der Tatbestand des § 123 Abs. 1 BGB erfüllt. Dieser setzt voraus, dass der Anfechtungserklärende zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist.

Der Beklagte ist von der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt getäuscht worden. Zwar kann eine zur Anfechtung berechtigende Täuschung auch darin bestehen, dass Tatsachen entstellt werden, etwa wenn ein Angebotsschreiben durch seine Aufmachung den Eindruck eines behördlichen Schreibens oder einer Rechnung vermitteln soll. Dies ist im konkreten Fall aus nachfolgenden Gründen jedoch nicht der Fall:

Das Schreiben der Klägerin wird mit folgenden Worten eingeleitet „Ergänzen oder korrigieren Sie bitte bei Annahme fehlende oder fehlerhafte Daten.“ (Unterstreichung erfolgte durch Unterzeichnende). Aus dieser Formulierung ist für einen aufmerksamen Leser bereits ersichtlich, dass es sich um ein Angebot handelt, dessen Annahme der freien Entscheidung des Adressaten unterliegt. Optisch hervorgehoben durch eine kastenförmige Umrandung heißt es wenig später sodann „Die Daten bei Annahme des Angebots nochmals auf ihre Richtigkeit kontrollieren…“. Spätestens an dieser Stelle ist für den Adressaten eindeutig erkennbar, dass es sich weder um ein behördliches Schreiben noch um eine Rechnung handelt. Die rechte Spalte des Schreibens trägt ferner die Überschrift „Eintragungsangebot zur Empfehlung ihres Betriebes“. Im ersten Abschnitt der rechten Spalte wird um Überprüfung der Daten für den Fall der Annahme gebeten. In der Folge werden die Leistungen eines Basiseintrags erläutert und darauf hingewiesen, dass dessen Kosten sich auf 39,85 € zzgl. 19% Mehrwertsteuer im Monat belaufen.

Im letzten Abschnitt, welcher durch die Worte „Bitte beachten“ eingeleitet wird, erfolgt ein expliziter Hinweis darauf, dass es sich um ein behörden- und kammerunabhängiges Angebot handelt und zwischen den Parteien bisher keine Geschäftsbeziehung besteht. Es wird darauf hingewiesen, dass durch die Unterzeichnung der Basiseintrag für 2 Jahre verbindlich bestellt wird und die umseitig allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten, welche auch auf der Internetseite XXX einsehbar sind.

Nach sorgfältiger Lektüre des Schreibens konnte unter Berücksichtigung der oben genannten Gesichtspunkte für den Empfänger kein Zweifel daran bestehen, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines Dienstleistungsvertrages handelt. Die äußere Gestaltung des Schreibens der XXX war auch nicht so prägend, dass der Beklagte veranlasst gewesen wäre, sich mit dem Text und dem Inhalt nicht genau zu befassen. Soweit also bei diesem ein Irrtum über Art umd Unfang des streitgegenständlichen Schreibens entstanden sein sollte, beruht dieser jedenfalls nicht auf einer Täuschungshandlung der Klägerin.

Die AGB der Klägerin sind Bestandteil des Vertrages geworden. AGB werden dann in den Vertrag wirksam mit einbezogen, wenn der Verwender die andere Vertragspartei auf sie hinweist und ihr die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Art und Weise von ihnen Kenntnis zu nehmen. Vom Beklagten wurde nicht bestritten, dass diese auf der Rückseite des Angebotsschreibens abgedruckt waren. Aber auch der Hinweis auf die Veröffentlichung im Internet allein, wie sie hier zusätzlich erfolgt ist, wäre gem. den o.g. Voraussetzungen ausreichend gewesen.

Die in den AGB enthaltene Klausel zur Vergütung der Dienstleistung ist entgegen der Auffassung des Beklagten ebenfalls Vertragsbestandteil geworden. § 305c BGB ist vorliegend nicht einschlägig. Es handelt sich nicht um eine überraschende Klausel.

Die Vereinbarung einer Vergütung stellt keine Bestimmung dar, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich ist, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihr nicht zu rechnen brauchte. Bei einem Dienstleistungsvertrag, wie er hier abgeschlossen wurde, wäre es vielmehr äußerst ungewöhnlich, falls dieser ohne eine Vergütungsvereinbarung zustande gekommen wäre.

Schließlich ist der Vertrag auch nicht nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, insbesondere liegt unter Berücksichtigung der o.g. Ausführungen kein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden vor.

Die vom Beklagten erhobenen Einwendungen sind somit allesamt unbegründet.

Die zuerkannten Zinsen ergeben sich aus § 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 569,06 €.

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