AGH Baden-Württemberg: Eine Bearbeitungszeit von 5 Monaten für die Bearbeitung eines Fachanwaltsantrags ist zu lang

veröffentlicht am 9. März 2010

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtAGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.08.2008, Az. AGH 25/2008 (II)
§ 223 Abs. 2 BRAO

Der Anwaltsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg hat entschieden, dass ein Fachanwaltsantrag, soweit alle notwendigen Unterlagen vorliegen, innerhalb von drei Monaten (negativ oder positiv) zu bescheiden ist. Die zuständige Rechtsanwaltskammer hat notfalls die organisatorischen Grundlagen für eine möglichst zügige Bearbeitung zu schaffen. Die Schaffung eines gemeinsamen Prüfungsausschusses für einen bestimmten Fachanwaltstitel bedeute noch nicht, dass die Rechtsanwaltskammer die Verantwortung für eine zeitnahe Bescheidung von Anträgen auf eine kooperierende Rechtsanwaltskammer übertragen könne.

Zitat: „Der Antrag des Antragstellers vom 29.11.2007 war bei der Antragsgegnerin am 03.12.2007 eingegangen. Von dort war der Antrag am 04.12.2007 an die zuständige Geschäftsstelle des Ausschusses „Fachanwalt/Fachanwältin für Erbrecht“ bei der Rechtsanwaltskammer Karlsruhe weitergeleitet worden, die ihn am 10.12.2007 an den Vorsitzenden des Gemeinsamen Prüfungsausschusses „Fachanwalt/Fachanwältin für Erbrecht“ weiterleitete. Von dort wurde der Antrag nach Prüfung der Vollständigkeit am 20.12.2007 an den Berichterstatter übermittelt. Dessen Zwischenverfügung und die darin gestellten Fragen vom 04.03.2008 wurden vom Antragsteller am 14.04.2008 beantwortet. Nachdem offensichtlich weitere Nachfragen nicht mehr notwendig waren und die Voraussetzungen für die Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwalt für Erbrecht“ somit gegeben waren, dauerte es doch noch bis zum 12.06.2008, bis die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Fachanwaltsbezeichnung verlieh.

Der Senat hat bereits über die Frage entschieden, ob und wann „zureichende Gründe“ im Sinne des § 223 Abs. 2 BRAO vorliegen, und ist hierbei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Rechtsanwaltskammer die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen dafür schaffen muss, um den ihr übertragenen Aufgaben in der gesetzlichen Art und Weise nachkommen zu können und eine rasche Entscheidung über Fachanwaltsanträge zu ermöglichen. Gerade um eine zeitnahe Bescheidung von Anträgen auf Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung zu ermöglichen, müsse notfalls auch ein weiterer Prüfungsausschuss gebildet werden (Beschluss vom 05.04.2003, BRAK-Mitt 2003,134).

Wenn die Antragsgegnerin sich dafür entschieden hat, zusammen mit der Rechtsanwaltskammer Karlsruhe einen Gemeinsamen Prüfungsausschuss „Fachanwalt/Fachanwältin für Erbrecht“ zu bilden, darf dies nicht bedeuten, dass die Antragsgegnerin die Verantwortung für eine zeitnahe Bescheidung von Anträgen auf die Rechtsanwaltskammer Karlsruhe überträgt; vielmehr muss sie weiterhin selbst dafür Sorge tragen, dass Anträge auf Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung zeitnah beschieden werden – sei es positiv oder negativ.

Die Antragsgegnerin hat keine Gründe vorgetragen, weshalb ein Zeitraum von drei Monaten zwischen Eingang des Antrags des Antragstellers bei der Antragsgegnerin und zwischen der Verfügung des Berichterstatters des Gemeinsamen Prüfungsausschusses notwendig war und weshalb seit Beantwortung der gestellten Nachfragen durch den Antragsteller am 14.04.2008 nochmals fast zwei Monate verstrichen sind, bis ihm unter dem 12.6.2008 (endlich) die Bezeichnung nFachanwalt für Erbrecht“ verliehen wurde.

Die Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung hat Bedeutung für die verfassungsrechtlich gewährleistete Berufsausübung der Bewerber (BVerfG, Beschluss vom 12.02.1998, BRAK-Mitt 1998, 145), so dass unter Beachtung der aus Artikel 12 Abs. 1 GG sich ergebenden verfahrensrechtlichen Anforderungen ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an einer möglichst raschen Entscheidung seines Antrags besteht.

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