BGH: Angabe von Grundpreisen erst in der Artikelbeschreibung unzureichend

veröffentlicht am 13. Oktober 2009

BGH, Urteil vom 26.02.2009, Az. I ZR 163/06
§§ 1, 2, 4 PAngV

Der BGH hat entschieden, dass es nicht zulässig ist, den Grundpreis von Waren in einem Internetshop, die z.B. nach Gewicht, Länge oder Volumen angegeben werden, erst in der Artikelbeschreibung anzugeben, die beim Anklicken des Produkts gezeigt wird. Der Grundpreis sei in unmittelbarer Nähe zum Endpreis anzugeben, was nur dann der Fall sei, wenn beide Preise auf einen Blick wahrgenommen werden könnten.  Werde auf einer Vorseite, z.B. der Startseite, der Artikel nur mit dem Endpreis beworben, sei dies wettbewerbsrechtlich unzulässig, da der Kunde vor seiner Kaufentscheidung nicht zwangsläufig die weiter beschreibende Produktseite aufrufen müsse. Wenn eine Werbung unter Angabe von Preisen erfolge, sei auch für die Werbung die Preisangabenverordnung zu beachten, da sie lediglich ein Minus zum eigentlichen Angebot darstelle.

Bundesgerichtshof

Urteil

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2009 durch … für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt – 21. Zivilkammer – vom 26. Juli 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Beklagte vertreibt über das Internet Tierpflegeprodukte. Sie gab am 28. September 2004 gegenüber der Klägerin, der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. In dieser verpflichtete sie sich unter anderem, es zu unterlassen, in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung im Internet oder sonst werblich für Produkte des Sortiments ohne Angabe eines Grundpreises nach der Preisangabenverordnung zu werben. Für den Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung verpflichtete sie sich zu einer an die Klägerin zu zahlenden und von dieser nach billigem Ermessen festzusetzenden Vertragsstrafe.

Am 22. November 2004 warb die Beklagte auf ihrer Startseite im Internet mit einem Sonderangebot für das Produkt „Dr. Clauder’s Hufpflege“ zum Preis von 3,99 €. Über diesem Preis war verkleinert und durchgestrichen der Preis von 4,99 € dargestellt. Der Grundpreis von 0,80 € pro 100 ml war erst auf einer weiteren Seite angegeben, zu der man durch Anklicken des Produkts gelangte.

Nach Auffassung der Klägerin hat die Beklagte mit dieser Präsentation für ihr Produkt im Internet ohne Angabe eines Grundpreises nach der Preisangabenverordnung geworben und damit die vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt. Das Amtsgericht hat der von ihr deswegen erhobenen Klage auf Zahlung von 3.000 € nebst Zinsen stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe ihre im September 2004 übernommene Unterlassungsverpflichtung dadurch verletzt, dass sie in der von der Klägerin beanstandeten Werbung von November 2004 den Grundpreis des Hufpflegemittels nicht in unmittelbarer Nähe des Endpreises angegeben habe. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Startseite sei der erste Eindruck, den ein Kunde von einem Internetunternehmen und dessen Angebot erhalte. Dem Kunden müsse daher deutlich vor Augen geführt werden, dass er zur Erlangung weiterer Produktinformationen einen Link betätigen müsse; dabei müsse auch erkennbar sein, welche Informationen auf der Zusatzseite bereitgehalten würden. Das Hufpflegemittel stelle für die angesprochene Zielgruppe einen Artikel des täglichen Bedarfs dar. Viele Verbraucher seien daher an einer weiterführenden Produktbeschreibung nicht interessiert und träfen deshalb ihre Kaufentscheidung, ohne die weiterführende Seite angeklickt und die Grundpreisangabe wahrgenommen zu haben. Die Beklagte habe auch schuldhaft gegen den Unterlassungsvertrag verstoßen.

II.
Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

1.
Nach Auffassung der Revision fehlt es bereits deshalb an einem Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung vom 28. September 2004, weil die Beklagte das fragliche Hufpflegemittel auf der Startseite ihres Internetauftritts am 22. November 2004 in einer seinen unmittelbaren Erwerb ermöglichenden Weise dargestellt und daher nicht, wie nach dem insoweit klaren Wortlaut der Unterlassungserklärung erforderlich, beworben, sondern bereits angeboten habe. Dem kann nicht zugestimmt werden.

Allerdings muss zwischen dem Anbieten von Waren gegenüber Letztverbrauchern (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 PAngV und – im Blick auf das im Streitfall in Rede stehende Erfordernis der Angabe des Grundpreises – § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV) und dem Werben dafür (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 2 Abs. 1 Satz 2 PAngV) schon deshalb unterschieden werden, weil das Werben im Gegensatz zum Anbieten nur dann den Vorschriften der Preisangabenverordnung unterliegt, wenn es unter Angabe von Preisen erfolgt (vgl. BGHZ 155, 301, 304 – Telefonischer Auskunftsdienst; BGH, Urt. v. 9.6.2004 – I ZR 187/02, GRUR 2004, 960, 961 = WRP 2004, 1359 – 500 DM-Gutschein für Autokauf; OLG Köln OLG-Rep 2004, 374; OLG Stuttgart MMR 2008, 754; Köhler in Hefer-mehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 1 PAngV Rdn. 8, jeweils m.w.N.). Dieser Umstand ändert aber nichts daran, dass die Werbung nach der Preisangabenverordnung im Verhältnis zum Angebot kein Aliud, sondern ein Minus im Sinne einer Vorstufe zu einem Angebot ist. Die Werbung ist daher den für Angebote generell geltenden Anforderungen nur dann unterworfen, wenn sie in qualifizierter Form – unter Angabe von Preisen – erfolgt (Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 1 PAngV Rdn. 14). Dementsprechend stellt ein Anbieten in diesem Zusammenhang regelmäßig auch eine Werbung dar (Fezer/Wenglorz, UWG, § 4-S14 Rdn. 83 m.w.N.).

2.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den Grundpreis für das Hufpflegemittel nicht – wie nach § 2 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit Satz 1 PAngV erforderlich – in unmittelbarer Nähe des Endpreises angegeben. Nicht ausreichend sei es, den Grundpreis erst in der allgemeinen Produktbeschreibung zu nennen, die nur über ein Anklicken des Produkts erreicht werden könne und damit nicht von allen Kunden aufgerufen werde. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.

a)
Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Bestimmungen in § 1 Abs. 6 Satz 2 und § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV über den Ort, an dem die Preisangaben zu machen seien, entsprechend ihrer Bedeutung und unter Berücksichtigung des § 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV nach der allgemeinen Verkehrsauffassung auszulegen seien, die Preisangabenverordnung gemäß § 1 Abs. 6 Satz 3 PAngV ein abgestuftes Sys-tem der Formenstrenge kenne und der Grundpreis gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 PAngV gegebenenfalls im Blick auf den Endpreis vernachlässigt werden könne.

Die Preisangabenverordnung sieht keine Abstufung der formalen Anforderungen an Endpreisangaben einerseits und Grundpreisangaben andererseits vor. Insbesondere gelten die in § 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV statuierten Grundsätze der Preisklarheit und Preiswahrheit ausdrücklich für alle nach der Preisangabenverordnung zu machenden Angaben und damit für Grundpreise in gleicher Weise wie für Endpreise (MünchKomm.UWG/Ernst, Anh. §§ 1-7 G § 1 PAngV Rdn. 49). Dasselbe gilt für das in § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV geregelte Erfordernis der eindeutigen Zuordnung der erforderlichen Angaben zu dem Angebot oder der Werbung (MünchKomm.UWG/Ernst aaO § 1 PAngV Rdn. 52). Die Hervorhebung des Endpreises ist gemäß § 1 Abs. 6 Satz 3 PAngV nur dann geboten, wenn eine Preisaufgliederung vorliegt, das heißt neben dem Endpreis auch Preisbestandteile ausgewiesen sind (MünchKomm. UWG/Ernst aaO § 1 PAngV Rdn. 61; Piper in Piper/Ohly aaO § 1 PAngV Rdn. 58); die Angabe des Grund-preises neben dem Endpreis stellt dabei allerdings keine solche Preisaufgliede-rung dar (Piper in Piper/Ohly aaO § 2 PAngV Rdn. 3; Köhler in Hefer-mehl/Köhler/Bornkamm aaO § 2 PAngV Rdn. 1; MünchKomm.UWG/Ernst aaO § 2 PAngV Rdn. 10 m.w.N.). Die Bestimmung des § 2 Abs.1 Satz 3 PAngV, nach der auf die Angabe des Grundpreises verzichtet werden kann, wenn dieser mit dem Endpreis identisch ist, lässt ebenfalls keine Abstufung der an Endpreisangaben einerseits und Grundpreisangaben andererseits zu stellenden Anforderungen erkennen. Sie trägt lediglich dem Umstand Rechnung, dass in einem solchen Fall das Erfordernis der Angabe der beiden – gleichen – Preise nebeneinander eine überflüssige Förmelei darstellte (vgl. Gelberg in Landmann/Rohmer, GewO, Stand Mai 2008, § 2 PAngV Rdn. 8).

b)
Die Revision macht ferner geltend, für die Frage, ob der elektronische Verweis (Link) für den Verbraucher klar erkennbar sei, sei die Verkehrsauffassung maßgeblich; der durchschnittlich versierte Internetnutzer wisse, dass sich auf einer Homepage regelmäßig weitere Informationen durch Anklicken etwa der dargestellten Produkte in Erfahrung bringen ließen. Auch mit diesem Einwand hat die Revision keinen Erfolg. Sie berücksichtigt dabei nicht hinreichend, dass der Grundpreis gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV in unmittelbarer Nähe des Endpreises anzugeben ist. Dies setzt voraus, dass beide Preise auf einen Blick wahrgenommen werden können (Harte/Henning/Völker, UWG, 2. Aufl., § 2 PAngV Rdn. 8; Fezer/Wenglorz aaO § 4-S14 Rdn. 152; MünchKomm.UWG/Ernst aaO § 2 PAngV Rdn. 9). Die bloße unmittelbare Erreichbarkeit, wie sie gemäß § 5 Abs. 1 TMG für die von den Diensteanbietern verfügbar zu haltenden Informationen genügt, reicht insoweit entgegen der Auffassung der Revision im Hinblick auf den klaren Wortlaut der Regelung in der Preisangabenverordnung nicht aus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bestimmungen des Telemediengesetzes ausdrücklich nur einen Mindeststandard festlegen.

c)
Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt lässt sich nicht mit demjenigen vergleichen, der der Senatsentscheidung „Internet-Reservierungssystem“ (BGH, Urt. v. 3.4.2003 – I ZR 222/00, GRUR 2003, 889 = WRP 2003, 1222) zugrunde lag. Nach den dort getroffenen Feststellungen wurden die Kunden bereits im Rahmen der Werbung klar und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die bei einer zu buchenden Flugreise neben dem Flugtarif anfallenden Steuern und Gebühren vom jeweiligen Flugziel und der Flugroute abhingen und der endgültige Flugpreis daher erst nach der Auswahl der gewünschten Flugverbindung angezeigt werden könne (BGH GRUR 2003, 889, 890). Dagegen fehlte es bei der Werbung der Beklagten, die die Klägerin als Verstoß gegen die zwischen den Parteien bestehende Vertragsstrafenvereinbarung beanstandet, an einer entsprechenden, von vornherein gegebenen Unterrichtung der Kunden über den Grundpreis. Es kommt hinzu, dass der Grundpreis einer Ware i.S. des § 2 PAngV nicht wie der endgültige Preis einer Flugreise variabel und daher auch kein Grund ersichtlich ist, der den Werbenden hinderte, den Grundpreis entsprechend der Bestimmung des § 2 PAngV in unmittelbarer Nähe und damit so anzugeben, dass beide Preise auf einen Blick wahrgenommen werden können.

d)
Die vorliegende Beurteilung steht auch nicht in Widerspruch zu dem Senatsurteil „Versandkosten“ (BGH, Urt. v. 4.10.2007 – I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 = WRP 2008, 98). Der Senat hat dort ausgesprochen (aaO Tz. 31), dass die gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PAngV anzugebenden Versandkosten bei über das Internet erfolgenden Bestellungen nicht notwendig in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Preis des Produkts auszuweisen sind, sondern auch noch alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gemacht werden können, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss. Er hat dies damit begründet, dass dem Verbraucher bereits seit längerem geläufig ist, dass im Versandhandel neben dem Endpreis üblicherweise Liefer- und Versandkosten anfallen und diese Drittkosten neben dem Warenpreis gesondert und nicht auf die Ware, sondern auf die Sendung erhoben werden (aaO Tz. 31 mit Hinweis auf BGH, Urt. v. 14.11.1996 – I ZR 162/94, GRUR 1997, 479, 480 = WRP 1997, 431 – Münzangebot). Demgegenüber ist das Erfordernis, bei Warenangeboten nach näherer Maßgabe des § 2 PAngV neben dem Endpreis auch den Grundpreis anzugeben, im Bewusstsein der Letztverbraucher bei weitem weniger verankert. Im Hinblick darauf ist in diesem Bereich eine strengere Beurteilung geboten. Sie entspricht außerdem dem unterschiedlichen Wortlaut der Bestimmungen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV ist der Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Endpreises anzugeben. Demgegenüber ist die Angabe, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen, gemäß § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV dem Angebot oder der Werbung (lediglich) eindeutig zuzuordnen. Einen unmittelbaren räumlichen Bezug dieser Angabe zu dem Angebot oder der Werbung fordert das Gesetz daher nicht (vgl. BGH GRUR 2008, 84 Tz. 29 – Versandkosten; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 1 PAngV Rdn. 13a; Rohnke, GRUR 2007, 381, 382).

Unter diesen Umständen kommt es auf die zusätzlichen Erwägungen des Berufungsgerichts nicht an, bei dem hier in Rede stehenden Produkt handele es sich um einen Artikel des täglichen Bedarfs mit der Folge, dass häufig vor dem Kauf kein Interesse an weiteren Produktbeschreibungen bestehe.

e)
Gemäß § 4 Abs. 4 PAngV können nach Katalogen oder Warenlisten oder auf Bildschirmen angebotene Waren dadurch ausgezeichnet werden, dass die Preise unmittelbar bei den Abbildungen oder Beschreibungen der Waren oder in mit den Katalogen oder Warenlisten im Zusammenhang stehenden Preisverzeichnissen angegeben werden. Dieser Bestimmung kommt vor allem für die Angebote des Versandhandels und der Buch- und Schallplattenclubs sowie im Neuwagenhandel Bedeutung zu (vgl. Harte/Henning/Völker aaO § 4 PAngV Rdn. 14; Fezer/Wenglorz aaO § 4-S14 Rdn. 174; MünchKomm.UWG/Ernst aaO § 4 PAngV Rdn. 13). Sie regelt die Form der Preisangabe den bei solchen Angeboten bestehenden Erfordernissen Rechnung tragend relativ großzügig (vgl. Harte/Henning/Völker aaO § 4 PAngV Rdn. 16). Entgegen der Ansicht der Revision kann sie aber nicht entsprechend auf die Regelung über die – bereits bei der Werbung bestehende – Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises gemäß § 2 PAngV übertragen werden. Die Gründe, die für die Lockerung der Anforderungen bei der Preisauszeichnung von Waren gelten, die nach Katalogen oder Warenlisten oder auf Bildschirmen angeboten werden, spielen bei der Grundpreisangabe gemäß § 2 PAngV keine Rolle.

III.
Nach allem hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg und ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Vorinstanzen:
AG Seligenstadt, Entscheidung vom 17.03.2006, Az. 1 C 58/05 (03)
LG Darmstadt, Entscheidung vom 26.07.2006, Az. 21 S 83/06

I