BGH, Urteil vom 04.02.2010, Az. I ZR 66/09
§§ 3, 4 Nr. 11 UWG; 4 Abs. 4 UKlaG; 1 Abs. 1, 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV
Der BGH hat entschieden, dass auch für die Bewerbung eines Luxuswagens (hier: Lamborghini Gallardo Spyder) die Vorschriften der Pkw-Energieverbrauchs kennzeichnungsverordnung eingehalten werden müssen. Dies betreffe insbesondere die Angabe über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen. Die Vorschriften stellten eine Marktverhaltensregelung dar. Es komme daher nicht darauf an, dass für Verbraucher, die sich für ein Luxusfahrzeug wie das von der Beklagten beworbene interessieren, der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von allenfalls untergeordneter Bedeutung seien. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte mit ihrem Verhalten die durch die Pkw-EnVKV geschützten Informationsinteressen der Verbraucher beeinträchtige. Nach der Lebenserfahrung könne im Übrigen nicht davon ausgegangen werden, dass Verbraucher, die sich für den Erwerb eines Fahrzeugs der Oberklasse interessieren, nicht an günstigen Verbrauchs- und Abgaswerten interessiert seien und daher entsprechende Informationen unbeachtet ließen. Zum Volltext der Entscheidung:
Bundesgerichtshof
Urteil
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2010 durch für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 2. April 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Beklagte betreibt ein Autohaus. Am 28. Februar 2007 ließ sie in der Zeitschrift „Auto Motor und Sport“ die im nachstehend wiedergegebenen Tenor des landgerichtlichen Urteils vergrößert abgebildete Werbeanzeige veröffentlichen.
Die Klägerin ist ein im Vereinsregister und in der beim Bundesamt für Justiz geführten Liste qualifizierter Einrichtungen i.S. des § 4 UKlaG eingetragener Verein. Sie bezweckt nach ihrer Satzung den Natur- und Umweltschutz sowie die aufklärende Verbraucherberatung insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland zu fördern und zur Beschaffung der erforderlichen Mittel beizutragen.
Nach Ansicht der Klägerin ist das in der Anzeige vom 28. Februar 2007 beworbene Fahrzeug Gallardo Spyder kein eigenständiger „Typ“, sondern lediglich eine „Variante“ des Fahrzeugtyps Gallardo. Die Beklagte hätte daher – so die Klägerin – in der Anzeige gemäß § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 der Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen (Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung – Pkw-EnVKV) den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen des Fahrzeugs angeben müssen. Da sie dies unterlassen habe, habe sie rechtswidrig und zugleich auch wettbewerbswidrig gehandelt.
Der von der Klägerin deshalb nach erfolgloser Abmahnung erhobenen Klage hat das Landgericht – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – stattgegeben und die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für neue Personenkraftwagen der Variante „Gallardo Spyder“ der Marke Lamborghini in Zeitungen und Zeitschriften zu werben, ohne in den Werbeschriften Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen i.S. des § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV (in der jeweils gültigen Fassung) zu machen, insbesondere wenn dies dadurch geschieht, dass in einer Zeitschriftenwerbung wie folgt geworben wird:
ohne dabei Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen zu machen.
Außerdem hat das Landgericht der Klägerin den Ersatz der Kosten für die von ihr ausgesprochene Abmahnung der Beklagten in Höhe von 214 € nebst Zinsen zugesprochen.
Die von der Beklagten hiergegen eingelegte Berufung ist ohne Erfolg geblieben.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Klägerin sei nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt. Aus dem Umstand, dass sie nach ihrer Satzung die Verbraucher weder aufzuklären noch zu beraten, sondern lediglich entsprechende Aktivitäten zu fördern habe, folgten keine begründeten Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen für ihre Eintragung in die Liste qualifizierter Einrichtungen, die eine Verfahrensaussetzung zur Überprüfung der Eintragung durch das Bundesamt der Justiz rechtfertigten.
Die Klage sei auch begründet. Die Vorschriften der Pkw-EnVKV über zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen zu machende Angaben seien Marktverhaltensregelungen i.S. von § 4 Nr. 11 UWG. Die angegriffene Werbeanzeige stelle keine nur allgemein auf die Marke Lamborghini oder den Fahrzeugtyp Gallardo bezogene und damit ohne Angaben über Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen zulässige bloße Imagewerbung, sondern eine Werbeschrift für Neuwagen dar und hätte daher die entsprechenden Angaben enthalten müssen. Dieser Rechtsverstoß sei auch wettbewerbsrechtlich erheblich.
II.
Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1.
Das Berufungsgericht hat die Klägerin mit Recht als gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG in Verbindung mit der insoweit konstitutiven Eintragung in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG klagebefugt und die Klage daher als zulässig angesehen. Es besteht auch kein Anlass, das Verfahren gemäß § 4 Abs. 4 UKlaG zur (nochmaligen) Klärung der Frage auszusetzen, ob die Klägerin die einschlägigen Eintragungsvoraussetzungen erfüllt. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass an das Vorliegen begründeter Zweifel i.S. des § 4 Abs. 4 UKlaG strenge Anforderungen zu stellen sind, weil anderenfalls die effektive Durchsetzung der Ansprüche aus §§ 1, 2 UKlaG gefährdet wäre (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl., § 4 UKlaG Rdn. 10; Münch-Komm. ZPO/Micklitz, 3. Aufl., § 4 UKlaG Rdn. 41 f.). Soweit die Revision demgegenüber hervorhebt, dass die Satzung der Klägerin nur die Beratung der Verbraucher, nicht dagegen deren Aufklärung erwähnt, vernachlässigt sie im Übrigen, dass der satzungsmäßige Zweck der Klägerin gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit § 2 Abs. 2 lit. h ihrer Satzung „insbesondere“ durch Maßnahmen zur Förderung des Verbraucherschutzes und der Verbraucherberatung verfolgt werden soll. Diese Formulierung umfasst neben der Beratung durchaus auch die Aufklärung.
2.
Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin gestellten Unterlassungsantrag mit Recht als begründet angesehen (§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 3, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG; § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 i.V. mit Anlage 4 Abschn. I Nr. 3 Pkw-EnVKV).
a)
Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG) und dazu eine ihrer Auffassung nach von der Beklagten im Februar 2007 begangene Zuwiderhandlung vorgetragen. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtet ist, ist er nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es andernfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 17.7.2008 – I ZR 139/05, GRUR 2009, 73 Tz. 15 = WRP 2009, 48 – Tele-fonieren für 0 Cent!; Urt. v. 22.4.2009 – I ZR 14/07, GRUR 2009, 1180 Tz. 23 = WRP 2009, 1510 – 0,00 Grundgebühr). Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt.
aa)
DasGesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1414; nachfolgend: UWG 2004), das zur Zeit der von der Klägerin beanstandeten Verhaltensweise der Beklagten gegolten hat, ist zwar nach Verkündung des Berufungsurteils durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949) mit Wirkung ab 30. Dezember 2008 geändert worden. Diese Gesetzesänderung, die der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken in das deutsche Recht diente, ist für den Streitfall jedoch ohne Bedeutung. Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG 2004 als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 des nunmehr geltenden UWG 2008. Der Wortlaut des § 4 Nr. 11 UWG ist gleich geblieben. Dasselbe gilt für die Regelungen in § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV sowie die dortige Anlage 4.
bb)
Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken hat in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt (vgl. Art. 4 der Richtlinie; BGH, Beschl. v. 5.6.2008 – I ZR 4/06, GRUR 2008, 807 Tz. 17 = WRP 2008, 1175 – Millionen-Chance) und regelt daher die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern wie insbesondere die in diesem Verhältnis bestehenden Informationspflichten abschließend. Dementsprechend kann ein Verstoß gegen solche nationalen Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG nur noch insoweit begründen, als die betreffenden – hier: in der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung aufgestellten – Informationspflichten eine Grundlage im Gemeinschaftsrecht haben (vgl. Erwägungsgrund 15 Satz 2 der Richtlinie 2005/29/EG; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 6a und 6b; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., Einf. PAngV Rdn. 24; Ebert-Weidenfeller in Götting/Nordemann, UWG, § 4 Rdn. 11.13). Diese Voraussetzung ist – wie nachfolgend unter II 2 c im Einzelnen ausgeführt – vorliegend erfüllt.
b)
Das Berufungsgericht hat die den Herstellern und Händlern in § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV auferlegte Verpflichtung sicherzustellen, dass die von ihnen verwendeten Werbeschriften Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 enthalten, mit Recht als Marktverhaltensregelung angesehen (ebenso OLG Oldenburg GRUR-RR 2007, 83, 84 = WRP 2007, 96; OLG Köln WRP 2007, 680, 682; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.131a; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 113; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 209; Ebert-Weidenfeller in Götting/Nordemann aaO § 4 Rdn. 11.84; Goldmann, WRP 2007, 38, 41). Die Angabe der entsprechenden Verbrauchs- bzw. Emissionswerte soll gemäß Art. 1 der Richtlinie 1999/94/EG über die Bereitstellung von Verbraucherinformationen über den Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen beim Marketing für neue Personenkraftwagen, die durch die Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung in das deutsche Recht umgesetzt wurde, sicherstellen, dass die Verbraucher Informationen über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von neuen Personenkraftwagen, die in der Gemeinschaft zum Kauf oder Leasing angeboten werden, erhalten und so ihre Entscheidung in voller Sachkenntnis treffen können. Die in § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV enthaltene Regelung dient daher nicht etwa allein dem Interesse der Allgemeinheit an einem wirksamen Umweltschutz. Soweit die Revision gegenteiliger Ansicht ist, berücksichtigt sie nicht genügend, dass der Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeugs für dessen laufende Betriebskosten und damit auch für den Wiederverkaufswert von maßgeblicher Bedeutung ist. Dementsprechend ist die Kenntnis der Verbrauchswerte, deren Vermittlung die Regelung der § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV dient, für die Kaufentscheidung der Werbeadressaten von Bedeutung. Im Hinblick darauf, dass die Kraftfahrzeugsteuer in absehbarer Zeit nicht mehr nach dem Hubraum der Fahrzeugmotoren, sondern nach der Menge der CO2-Emissionen bemessen werden soll, gilt dasselbe auch für die in dieser Hinsicht zu machende Angabe. Überdies schützt die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und – dem folgend – auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht etwa allein die wirtschaftlichen Interessen des Verbrauchers, sondern – wie sich aus Art. 2 lit. e der Richtlinie ergibt – ohne Beschränkung auf diesen Bereich schlechthin seine Fähigkeit, geschäftliche Entscheidungen auf informierter Grundlage zu treffen. Dementsprechend kann die Unlauterkeit einer geschäftlichen Handlung nicht mit der Begründung verneint werden, diese Handlung beeinträchtige lediglich ideelle – etwa auf dem Gebiet des Umweltschutzes liegende – Interessen des Verbrauchers.
c)
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte mit der streitgegenständlichen Werbung die Grenzen überschritten hat, innerhalb deren gemäß § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV i.V. mit Abschnitt I Nr. 3 der Anlage 4 zu dieser Verordnung Werbung ausnahmsweise ohne Angabe der Verbrauchs- und CO2-Werte zulässig ist.
aa)
Gemäß § 5 Abs. 1 EnVKV haben Hersteller und Händler, die Werbeschriften erstellen, erstellen lassen, weitergeben oder auf andere Weise verwenden, sicherzustellen, dass in diesen Schriften Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 zu der Verordnung gemacht werden. Nach Abschnitt I Nr. 3 dieser Anlage ist die Angabe der genannten Werte nicht erforderlich, wenn lediglich für eine Fabrikmarke oder für einen Typ geworben wird und auch keine Angaben zur Motorisierung gemacht werden. Gemäß § 2 Nr. 16 Pkw-EnVKV sind für die Bestimmung der Begriffe „Typ“, „Variante“ und „Version“ die Unterteilungen einer bestimmten Fabrikmarke nach Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 1999/94/EG maßgeblich. Danach bezeichnen die genannten drei Begriffe die vom Hersteller gemäß Anhang II B der Richtlinie 70/156/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnisse für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (bzw. der inzwischen an die Stelle dieser Richtlinie getretenen Richtlinie 2007/46/EG zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge) angegebenen Unterteilungen einer bestimmten Fabrikmarke, die durch die Typen-, Varianten- und Versionsnummern im alphanumerischen Code eindeutig identifiziert werden. Das Berufungsgericht hat es daher mit Recht als unerheblich angesehen, ob der beworbene Lamborghini Gallardo Spyder bei technischer Betrachtung objektiv die Anforderungen an einen eigenständigen „Typ“ erfüllte, sondern für allein maßgeblich erachtet, dass der Hersteller des Fahrzeugs eine Betriebserlaubnis für den Typ Gallardo und die Variante Gallardo Spyder beantragt und erhalten hat. Unerheblich ist daher insbesondere auch, dass es nach der Beurteilung des Sachverständigen N. angesichts der ganz wesentlichen Unterschiede zwischen dem beworbenen Gallardo Spyder und den geschlossenen Karosserieformen Gallardo Coupé und Gallardo Superleggera nahegelegen hätte, für den Spyder eine selbständige Typgenehmigung zu beantragen.
bb)
Diese – formale – Betrachtungsweise ist ferner nicht deshalb zu korrigieren, weil die nationale Bestimmung richtlinienkonform auszulegen ist. Allerdings weicht die Regelung in Abschnitt I Nr. 3 der Anlage 4 zur Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung nicht unerheblich von der Regelung im letzten Satz des Anhangs IV der Richtlinie 1999/94/EG ab. Nach dieser Bestimmung muss in Werbeschriften für neue Personenkraftwagen, in denen lediglich auf die Fabrikmarke und nicht auf ein bestimmtes Modell verwiesen wird, der Kraftstoffverbrauch nicht angegeben werden. Die dortige Regelung ist jedenfalls von ihrem Wortlaut her insofern enger als die im Abschnitt I Nr. 3 der Anlage 4 zur Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung, als die Verpflichtung zur Angabe über die CO2-Emissionen nach ihr in keinem Fall und bei einer Werbung für einen bestimmten Typ auch die Verpflichtung zur Angabe über den Kraftstoffverbrauch jedenfalls dann nicht entfällt, wenn die Baureihe nur aus einem Modell besteht (vgl. Art. 2 Nr. 11 der Richtlinie 1999/94/EG; Goldmann, WRP 2007, 38, 42 f.). Bei diesen Gegebenheiten kann aber allen-falls eine richtlinienkonforme einschränkende Auslegung der zur Freistellung führenden Regelung in Abschnitt I Nr. 3 der Anlage 4 zur Pkw-Energiever-brauchskennzeichnungsverordnung geboten sein (vgl. Begründung des Ver-ordnungsentwurfs, BR-Drucks. 143/04, S. 25 [wo allerdings von der Richtlinienkonformität der geplanten nationalen Regelung ausgegangen wird]). Eine – für die Revision günstige – ausdehnende Auslegung der dort getroffenen Ausnah-meregelung widerspräche dagegen dem Gemeinschaftsrecht.
d)
Das Berufungsgericht ist schließlich mit Recht davon ausgegangen, dass die beanstandete Werbung der Beklagten geeignet ist, die durch die § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV geschützten Interessen von Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen und diese damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten (§ 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 UWG 2008), und dass die unlautere Verhaltensweise der Beklagten auch keinen Bagatellverstoß i.S. des § 3 UWG 2004 darstellt (vgl. OLG Oldenburg GRUR-RR 2007, 83, 85; OLG Köln WRP 2007, 680, 682; K&R 2010, 61, 62; OLG Naumburg, Urt. v. 8.6.2007 – 10 U 13/07, juris Tz. 52 f.; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3 Rdn. 148; Goldmann, WRP 2007, 38, 41; a.A. Helm, Festschrift für Bechtold, 2006, S. 155, 165 f.).
Dem für die fehlende Spürbarkeit bzw. einen Bagatellverstoß angeführten Umstand, dass die beanstandete Werbung in einer Kleinanzeige enthalten war, steht gegenüber, dass diese Anzeige in einer Fachzeitschrift erschienen ist, die bei den an Kraftfahrzeugen besonders interessierten Kreisen weite Verbreitung findet. Es kommt hinzu, dass die Beklagte den Adressaten ihrer Werbung Informationen vorenthält, die sie gemäß Art. 6 i.V. mit Anlage IV der Richtlinie 1999/94/EG und der die dortigen Vorgaben umsetzenden Bestimmungen der § 1 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 i.V. mit Anlage 4 Pkw-EnVKV zu machen hat. Diese Informationen sind gemäß § 5a UWG 2008, mit dem Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken in das deutsche Recht umge-setzt worden ist, als wesentlich i.S. des § 5a Abs. 2 UWG 2008 anzusehen. Schon aus diesem Grund kann ihre Vorenthaltung nicht als unerheblich i.S. des § 3 UWG 2004 bzw. nicht spürbar i.S. von § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 UWG 2008 angesehen werden.
Es kommt danach auch nicht darauf an, dass – wie die Revision geltend macht – für Verbraucher, die sich für ein Luxusfahrzeug wie das von der Beklagten beworbene interessieren, der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von allenfalls untergeordneter Bedeutung sind. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte mit ihrem Verhalten die durch die Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung geschützten Informationsinteressen der Verbraucher beeinträchtigt (vgl. OLG Oldenburg GRUR-RR 2007, 83, 85; OLG Naumburg, Urt. v. 8.6.2007 – 10 U 13/07, juris Tz. 53; OLG Köln K&R 2010, 61, 62; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3 Rdn. 148; Goldmann, WRP 2007, 38, 41). Nach der Lebenserfahrung kann im Übrigen nicht davon ausgegangen werden, dass Verbraucher, die sich für den Erwerb eines Fahrzeugs der Oberklasse interessieren, nicht an günstigen Verbrauchs- und Abgaswerten interessiert sind und daher entsprechende Informationen unbeachtet lassen.
3.
Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass die Klägerin die Beklagte berechtigterweise abgemahnt hat und von dieser deshalb die ihr dadurch entstandenen, pauschal berechneten Unkosten ersetzt verlangen kann (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 04.12.2007, Az. 31 O 185/07 KfH
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 02.04.2009, Az. 2 U 3/08