BGH, Urteil vom 21.12.2011, Az. I ZR 196/10
§ 677 BGB, § 683 S. 1 BGB, § 670 BGB, § 140 Abs. 1 MarkenG
Der BGH hat entschieden, dass bei einer Abmahnung im Bereich des gewerblichen Rechtschutzes nicht generell die Kosten für einen Rechtsanwalt und einen Patentanwalt gefordert werden können. Die Notwendigkeit der außergerichtlichen Mitwirkung eines Patentanwalts neben einem Rechtsanwalt könne nicht im Wege einer typisierenden Betrachtungsweise für komplexe oder bedeutsame Angelegenheiten generell bejaht werden. Hiervon abgesehen hat der Senat auch darauf hingewiesen, dass ein Verfügungsverfahren (Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung) wegen einer Markenverletzung als Kennzeichenstreitsachen gem. § 140 Abs. 1 MarkenG zu verstehen ist.
Zum Volltext der Entscheidung:
Bundesgerichtshof
Urteil
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21.12.2011 durch … für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg – 3. Zivilsenat – vom 26.10.2010 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht in Höhe eines Betrages von 1.895,10 EUR nebst Zinsen zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth – 4. Kammer für Handelssachen – vom 21.04.2010 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Beklagte in Ziffer II. des Urteilsausspruchs zur Zahlung von mehr als 6.572,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2009 verurteilt worden ist.
Die Kosten der Rechtsmittelinstanzen werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin zu 3/10 und die Beklagte zu 7/10 zu tragen.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte nach einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung auf Erstattung von Patentanwaltskosten in Anspruch.
Die Beklagte erwirkte gegen die Klägerin wegen einer vermeintlichen Verletzung verschiedener Marken am 11. April 2006 beim Landgericht Nürnberg-Fürth eine einstweilige Verfügung, die der Klägerin den Vertrieb und das Angebot von Schuhen untersagte, die mit einer bestimmten Streifenkennzeichnung versehen waren. Die Klägerin beauftragte Rechtsanwälte mit der Prüfung der Erfolgsaussichten eines Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung. Die Rechtsanwälte der Klägerin zeigten dem Landgericht die Vertretung der Klägerin und die Mitwirkung eines Patentanwalts an.
Die Beklagte erhob gegen die Klägerin beim Landgericht Stuttgart die Hauptsacheklage. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Beklagte legte gegen diese Entscheidung zunächst Berufung ein, nahm diese dann aber zurück. Nachdem damit das Urteil des Landgerichts Stuttgart rechtskräftig geworden war, verzichtete die Beklagte auf die Rechte aus der beim Landgericht Nürnberg-Fürth erwirkten einstweiligen Verfügung. Das Landgericht Nürnberg-Fürth erklärte die einstweilige Verfügung daraufhin für wirkungslos.
Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 5. Juni 2008 auf, ihre Verpflichtung zur Erstattung aller der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verfahren der einstweiligen Verfügung entstandenen Kosten anzuerkennen. Mit Anerkenntnisurteil vom 6. Juni 2008 verpflichtete das Landgericht Düsseldorf die Beklagte, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Geltendmachung von Markenrechten gegen das Anbieten und Vertreiben näher bezeichneter Sportschuhe, insbesondere durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Nürnberg-Fürth, entstanden ist oder noch entstehen wird.
Die Klägerin hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit – soweit noch von Bedeutung – auf Erstattung der Kosten für Rechtsanwälte und Patentanwälte in Höhe von insgesamt 8.467,20 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Mit ihrer Berufung hat die Beklagte beantragt, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit ihre Verurteilung einen Betrag in Höhe von 4.920,50 € nebst Zinsen übersteigt.
Sie hat sich dagegen gewandt, dass das Landgericht der Klägerin neben Rechtsanwaltskosten zusätzlich Patentanwaltskosten in Höhe von 3.556,70 € zuerkannt hat. Diese Patentanwaltskosten setzen sich zusammen aus einer Verfahrensgebühr von 1.661,60 € für die gerichtliche Tätigkeit im Verfahren der einstweiligen Verfügung beim Landgericht Nürnberg-Fürth, einer Geschäftsgebühr von 1.507,20 € für die vorgerichtliche Vertretung im Hauptsacheprozess vor dem Landgericht Stuttgart und einer Geschäftsgebühr von 387,90 € für die vorgerichtliche Tätigkeit im Schadensersatzprozess vor dem Landgericht Düsseldorf (jeweils einschließlich einer Auslagenpauschale von 20 €). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Schlussantrag in der Berufungsinstanz weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei zur Zahlung der geltend gemachten Patentanwaltsgebühren verpflichtet. Es hat dazu ausgeführt:
Da die Beklagte die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu Grund und Höhe ihrer Zahlungsverpflichtung nicht angegriffen habe, stelle sich allein die Frage, ob eine Prüfung der Erforderlichkeit der Patentanwaltskosten nach § 140 Abs. 3 MarkenG entfalle. Denn die Klägerin habe nicht konkret vorgetragen, warum es erforderlich gewesen sei, für die abgerechneten Tätigkeiten neben einem Rechtsanwalt zusätzlich einen Patentanwalt einzuschalten.
Die für gerichtliche Patentanwaltskosten geltende Bestimmung des § 140 Abs. 3 MarkenG sei auf außergerichtliche Patentanwaltskosten entsprechend anwendbar. Wenn für den Zeitraum ab Einreichung der Klage die Notwendigkeit der zusätzlichen Beauftragung eines Patentanwalts nicht zu prüfen sei, könne diese Prüfung erst recht für den Zeitraum vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens unterbleiben.
Allerdings dürfe keine Besserstellung des Patentanwalts gegenüber dem Rechtsanwalt erfolgen. Deshalb müssten auch hinsichtlich der außergerichtlichen Patentanwaltskosten die Voraussetzungen einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage erfüllt sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen werde allerdings in aller Regel – und so auch hier – bereits im Zusammenhang mit den geltend gemachten Rechtsanwaltskosten geprüft, so dass eine nochmalige Prüfung in Bezug auf die Patentanwaltskosten nicht notwendig sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten zwar die Erstattung der gerichtlichen, nicht aber die Erstattung der außergerichtlichen Patentanwaltskosten beanspruchen.
1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, das Landgericht habe Grund und Höhe der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der geltend gemachten Patentanwaltskosten zutreffend bejaht; dabei hat das Berufungsgericht die Frage, ob die Erforderlichkeit dieser Kosten zu prüfen ist, zunächst offengelassen. Das Landgericht hat angenommen, die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der Kosten von 1.661,60 € für die gerichtliche Tätigkeit des Patentanwalts im Verfahren der einstweiligen Verfügung beim Landgericht Nürnberg-Fürth ergebe sich aus dem Anerkenntnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. Juni 2008. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten von 1.507,20 € für die vorgerichtliche Tätigkeit des Patentanwalts im Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Stuttgart sei jedenfalls nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gegeben. Die Kosten von 387,90 € für die vorgerichtliche Tätigkeit des Patentanwalts bei der Geltendmachung von Schadensersatz im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf habe die Beklagte der Klägerin sowohl aus dem Gesichtspunkt des Verzugs als auch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu erstatten. Gegen diese Beurteilung hat die Revision keine Rügen erhoben. Sie lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, es stelle sich die Frage, ob die für gerichtliche Patentanwaltskosten geltende Bestimmung des § 140 Abs. 3 MarkenG auf außergerichtliche Patentanwaltskosten entsprechend anwendbar sei. Das Berufungsgericht hat diese Frage bejaht und die Beklagte daher zur Erstattung der geltend gemachten Patentanwaltsgebühren für verpflichtet erachtet, obwohl die Klägerin die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Patentanwalts nicht dargelegt hat. Diese Beurteilung hält einer Nachprüfung nur hinsichtlich der gerichtlichen (dazu a), nicht aber bezüglich der außergerichtlichen (dazu b) Patentanwaltskosten stand. Hinsichtlich der außergerichtlichen Patentanwaltskosten stellt sich die Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (dazu c).
a) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte der Klägerin die Kosten von 1.661,60 € für die gerichtliche Tätigkeit des Patentanwalts im Verfahren der einstweiligen Verfügung beim Landgericht Nürnberg-Fürth zu erstatten hat. Die Frage nach der entsprechenden Anwendbarkeit des § 140 Abs. 3 MarkenG auf außergerichtliche Patentanwaltskosten stellt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts insoweit allerdings nicht. Die im Verfahren der einstweiligen Verfügung entstandenen Kosten sind nach der bereits unmittelbar anwendbaren Regelung des § 140 Abs. 3 MarkenG ohne Prüfung der Erforderlichkeit zu erstatten.
Nach § 140 Abs. 3 MarkenG sind von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, die Gebühren nach § 13 RVG und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.
Bei Kennzeichenstreitsachen handelt es sich um alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der im Markengesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (§ 140 Abs. 1 MarkenG). Zu den Klagen im Sinne dieser Bestimmung zählen auch Verfahren der einstweiligen Verfügung (OLG Stuttgart, GRUR-RR 2009, 79; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, § 140 Rn. 6; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rn. 9; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 140 MarkenG Rn. 7, jeweils mwN; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 2. Aufl., § 140 MarkenG Rn. 13).
Hinsichtlich der durch die Mitwirklung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstandenen Kosten ist nicht zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig war. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Patentanwalt gegenüber dem Rechtsanwalt eine „Mehrleistung“ erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 – I ZB 37/02, GRUR 2003, 639, 640 = WRP 2003, 755 – Kosten des Patentanwalts I; Urteil vom 24. Februar 2011 – I ZR 181/09, GRUR 2011, 754 Rn. 17 = WRP 2011, 1057 – Kosten des Patentanwalts II).
b) Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Kosten von 1.507,20 € für die vorgerichtliche Tätigkeit des Patentanwalts im Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Stuttgart und hinsichtlich der Kosten von 387,90 € für die vorgerichtliche Tätig-keit des Patentanwalts zur Geltendmachung von Schadensersatz im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf zuerkannt hat, obwohl die Klägerin nicht darge-legt hat, dass die vorgerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts in diesen Verfahren erforderlich war. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die für gerichtliche Patentanwaltskosten geltende Bestimmung des § 140 Abs. 3 MarkenG auf außergerichtliche Patentanwaltskosten nicht entsprechend anwendbar.
aa) Der Bundesgerichtshof hat – nach Verkündung des Berufungsurteils – entschieden, dass sich der Regelung des § 140 Abs. 3 MarkenG nicht die Wertung des Gesetzes entnehmen lässt, dass auch die Kosten für die außergerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts in einer kennzeichenrechtlichen Angelegenheit ohne Prüfung der Erforderlichkeit immer zu erstatten sind, sofern ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch dem Grunde nach gegeben ist. Dies hätte zur Folge, dass in Kennzeichenstreitsachen die durch die Einschaltung eines Patentanwalts entstandenen außergerichtlichen Kosten unter leichteren Voraussetzungen zu erstatten wären als die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandenen außergerichtlichen Kosten. Für eine solche Privilegierung der patentanwaltlichen gegenüber der rechtsanwaltlichen Tätigkeit gibt es keinen Grund (BGH, GRUR 2011, 754 Rn. 16-19 – Kosten des Patent-anwalts II, mwN).
Die Kosten für die außergerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache sind – anders als das Berufungsgericht gemeint hat – auch dann nicht ohne Prüfung ihrer Erforderlichkeit zu erstatten, wenn die Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts in dieser Kennzeichenstreitsache als erforderlich anzusehen und daher zu ersetzen sind. Ist ein Rechtsanwalt nach seinen kennzeichenrechtlichen Fähigkeiten allein dazu imstande, den Fall rechtlich zu beurteilen, ist es nicht nötig, zusätzlich noch einen Patentanwalt einzuschalten. Es bedarf daher grundsätzlich einer gesonderten Prüfung, ob es notwendig war, zur außergerichtlichen Verfolgung einer Markenverletzung neben einem Rechtsanwalt auch noch einen Patentanwalt zu beauftragen (BGH, GRUR 2011, 754 Rn. 20-23 – Kosten des Patentanwalts II, mwN).
Der Bundesgerichtshof hat für den Fall, dass neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abmahnung wegen einer Markenverletzung mitgewirkt hat, entschieden, dass die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nur beansprucht werden kann, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Diese Voraussetzung ist in der Regel allenfalls dann erfüllt, wenn der Patentanwalt dabei Aufgaben übernommen hat, die – wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage – zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören (BGH, GRUR 2011, 754 Rn. 24-33 – Kosten des Patentanwalts II).
bb) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung gelten diese Grundsätze nicht nur für den Fall der Mitwirkung eines Patentanwalts an der Rechtsverfolgung einer Markenverletzung im Wege der Abmahnung, sondern auch für den – hier gegebenen – Fall der Mitwirkung eines Patentanwalts an der Rechtsverteidigung zur Abwehr einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung. Es gibt keinen Grund, die beiden Fallgestaltungen unterschiedlich zu beurteilen. Hat neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abwehr einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung mitgewirkt, kann die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten daher nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Diese Voraussetzung ist allenfalls dann erfüllt, wenn der Patentanwalt dabei Aufgaben übernommen hat, die zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören.
cc) Die Revisionserwiderung macht weiter vergeblich geltend, bei komplexen und bedeutsamen Angelegenheiten müsse die zusätzliche Beauftragung eines Patentanwalts jedenfalls bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise als erforderlich erachtet werden. Bei einer komplexen Angelegenheit, bei der es auf unterschiedlichste tatsächliche und rechtliche Fragestellungen ankommen könne, vermöge der Geschädigte zum Zeitpunkt der Auftragserteilung nicht vorauszusehen, ob im Laufe der möglicherweise durch drei Instanzen und über viele Jahre hinweg geführten Auseinandersetzung typische patentanwaltliche Tätigkeiten erforderlich seien. Hinzu komme, dass bei komplexen Streitigkeiten typische patentanwaltliche Tätigkeiten, wie etwa Recherchen zum Registerstand, auch außerhalb der eigentlichen zeichenrechtlichen Problematik relevant werden könnten, etwa wenn im Rahmen von Vergleichsverhandlungen zu prüfen sei, ob sich die Parteien auf eine von beiden Seiten als zulässig erachtete Zeichenform einigen könnten. Außerdem sei der Ausgang der Auseinandersetzung für die Klägerin von weitreichender und über den konkreten Fall weit hinausgehender Bedeutung gewesen. Auch deshalb sei sie nicht im Kosteninteresse der Beklagten gehalten gewesen, auf eine zweite Meinung zu verzichten.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann die Notwendigkeit der außergerichtlichen Mitwirkung eines Patentanwalts neben einem Rechtsanwalt nicht im Wege einer typisierenden Betrachtungsweise für komplexe oder bedeutsame Angelegenheiten generell bejaht werden. Das ist schon deshalb nicht möglich, weil sich die Frage, ob eine Angelegenheit komplex oder bedeutsam ist und die außergerichtliche Einschaltung nicht nur eines Rechtsanwalts, sondern auch eines Patentanwalts erfordert, einer typisierenden und generalisierenden Betrachtungsweise entzieht. Hat neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt außergerichtlich in einer Kennzeichenrechtssache mitgewirkt, kann die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten daher nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts im konkreten Fall erforderlich war.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin nicht konkret vorgetragen, warum es erforderlich war, für die abgerechneten Tätigkeiten neben einem Rechtsanwalt zusätzlich einen Patentanwalt einzuschalten. Insbesondere ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von der Klägerin vorgetragen, dass Recherchen zum Registerstand durchgeführt wurden und notwendig waren. Die Revisionserwiderung zeigt auch nicht auf, dass das Berufungsgericht bei seinen Feststellungen entscheidungserhebliches Vorbringen der Klägerin übergangen hat. Die Revisionserwiderung macht vergeblich geltend, es habe sich um eine zeichenrechtliche Auseinandersetzung zwischen zwei Großunternehmen gehandelt, die von beiden Seiten mit hohem Aufwand geführt worden sei. Dieser Umstand lässt für sich genommen nicht auf die Notwendigkeit der außergerichtlichen Mitwirkung eines Patentanwalts neben einem Rechtsanwalt schließen. Eine die zusätzliche Einschaltung eines Patentanwalts erfordernde Komplexität des Falles ergibt sich entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht daraus, dass die Entscheidungen der Gerichte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einerseits und im Hauptsacheverfahren andererseits voneinander abweichen. Die Klägerin war ferner nicht daran gehindert, die zweite Meinung eines Patentanwalts zu der aus ihrer Sicht bedeutsamen Angelegenheit einzuholen. Sie ist lediglich nicht dazu berechtigt, von der Beklagten die Erstattung der Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit dieses Patentanwalts zu verlangen, ohne deren Erforderlichkeit darzulegen und nachzuweisen.
dd) Die Revision macht schließlich vergeblich geltend, der Klägerin stehe ein Kostenerstattungsanspruch jedenfalls deshalb zu, weil zum Zeitpunkt der Beauftragung im Jahr 2007 die Einschaltung eines Patentanwalts unter den Umständen des Streitfalls die absolute Regel gewesen sei und sie deshalb auf eine Kostenerstattung habe vertrauen dürfen (vgl. BGH, GRUR 2011, 754 Rn. 36 f. – Kosten des Patentanwalts II).
c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich der Kosten für die vorgerichtliche Tätigkeit des Patentanwalts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Ein Anspruch auf Erstattung dieser Kosten kann nicht – anstatt auf die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag oder des Verzugs (vgl. oben Rn. 15) – auf das Anerkenntnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. Juni 2008 gestützt werden.
Durch dieses Anerkenntnisurteil ist rechtskräftig festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Geltendmachung von Markenrechten gegen das Anbieten und Verbreiten der näher bezeichneten Sportschuhe, insbesondere durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Nürnberg-Fürth, entstanden ist oder noch entstehen wird.
Die Revisionserwiderung macht vergeblich geltend, die Kostenerstattung richte sich aufgrund des Anerkenntnisurteils nicht danach, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines gesetzlichen Haftungstatbestandes – wie die Erforderlichkeit der Aufwendungen – erfüllt seien. Es komme vielmehr allein darauf an, ob die unberechtigte Geltendmachung der Markenrechte für den entstandenen Schaden – die aufgewendeten Patentanwaltskosten – kausal gewesen sei; dies sei ohne weiteres zu bejahen.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hat der Schädiger nicht alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen, sondern nur solche Kosten, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich waren (BGH, Urteil vom 8. November 1994 – VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 352; Urteil vom 6. Mai 2004 – I ZR 2/03, GRUR 2004, 789 f. = WRP 2004, 903 – Selbstauftrag). Es gibt keinen Grund für die Annahme, das Anerkenntnisurteil begründe eine von diesem Grundsatz abweichende, strengere Haftung der Beklagten. Da die Klägerin nicht dargelegt hat, dass die außergerichtlichen Kosten des Patentanwalts erforderlich waren (vgl. oben Rn. 21 ff.), kann sie deren Erstattung daher auch nicht aufgrund des Anerkenntnisurteils verlangen.
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht in Höhe eines Betrages von 1.895,10 € (1.507,20 € + 387,90 €) zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des Landgerichts im Kostenpunkt und insoweit abzuändern, als die Beklagte in Ziffer II. des Urteilsausspruchs zur Zahlung von mehr als 6.572,10 € (8.467,20 € – 1.895,10 €) nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. November 2009 verurteilt worden ist. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 21.04.2010, Az. 4 HKO 9420/09
OLG Nürnberg, Urteil vom 26.10.2010, Az. 3 U 951/10